Fotos & Bilder zum Beitrag:
Der Kreuzweg im Schlosspark
zu Bendorf-Sayn
Kommentiert von Dieter Kittlauß
Aus der Foto-Sammlung W.Kutsche
Erste Station: Jesus wird zum Tode verurteilt
Hintergrund
Alle vier Evangelien berichten, dass die jüdischen
Selbstverwaltungsorgane (Synhedrion, Hohepriester, Älteste,
Schriftgelehrte) den gefangenen Jesus zu Pilatus führen ließen, dem
römischen Statthalter, der wegen des bevorstehenden Osterfestes (Pascha)
gerade in Jerusalem weilte. Dies wäre durchaus erklärbar, da die
Todesstrafe nur die römische Besatzungsmacht verhängen durfte. Von
hier aus wäre auch nach zu vollziehen, dass die Evangelienberichte die
Vorwürfe gegen Jesus politisch begründen. Im Lukasevangelium
heißt es: " Wir haben festgestellt, dass er unser Volk aufwiegelt und
verbietet, dem Kaiser Steuern zu zahlen; und dass er behauptet, er sei der
Messiaskönig." (Lk 23,2) Manche Exegeten halten jedoch die von den
Evangelien geschilderten Einzelheiten nicht als historisch, sondern als
bildhafte Aussage für die Ablehnung Jesu in seinem Volk. Der Ablauf
entspricht durchaus damaliger Praxis: Verhaftung durch die jüdische
Tempelpolizei, Übergabe an die Römer wegen extremistischer
Tätigkeit, Verurteilung, Auspeitschung, Gang zum Exekutionsplatz,
Kreuzigung mit anderen Aufrührern, schnell einsetzender Tod. Alle
Evangelien erhalten ihre Endfassung erst nach der Zerstörung Jerusalems
und als der Bruch zwischen dem traditionellen Judentum und der noch kleinen
Jesusbewegung schon ganz tief war. Von hier aus sind die antijüdischen
Tendenzen in den Passionsgeschichten zu verstehen. Die Mehrheit der Christen
lehnt heute diesen Antisemitismus als Irrweg ab. Der historische Pilatus war
nach jüdischen Aussagen korrupt, grausam und starrsinnig. Er provozierte
die Juden durch das Aufstellen kaiserlicher Standarten, entnahm dem
Tempelschatz Gelder zum Äquaduktbau und ließ samaritische Pilger auf
dem heiligen Berg Garizim überfallen und töten. Auf Verlangen der
Juden abberufen, soll Pilatus unter Kaiser Caligula Selbstmord verübt
haben oder unter Nero hingerichtet worden sein.
Bild:
Drei Personen werden gezeigt. Jesus ist überdimensional
dargestellt, er ist die Hauptperson. Noch steht er am Anfang seines
Leidensweges und doch trägt er schon die Palme des Sieges in der Hand. Er
ist mit einem Mantel und einem Untergewand (Toga) bekleidet. Links wäscht
sich Pilatus die Hände. Er hat dem Druck nachgegeben und Jesus verurteilt,
aber er will sich die Hände nicht schmutzig machen. Links unten ein hoher
Vertreter des Judentums. Er verweist auf den Hinrichtungsberg. Alle Personen
schauen nach Osten (Ex oriente lux = aus dem Osten kommt das Heil).
Deutung:
Auch in unserer Zeit gibt es die Freiheitsberaubung ohne
Rechtsgrundlage und unter Missachtung aller Menschenrechte. Es gibt auch immer
noch die Todesstrafe. Nach Meldungen der Medien, sind im letzten Jahr in China
mehr als 5000 Menschen exekutiert worden. "Jesus vor Pilatus" ist ein
eindringliches Bild für die Unmenschlichkeit in der ganzen
Menschheitsgeschichte. Die Händewaschung des Pilatus (Mt 27,24) erinnert
an die vielen Handlanger und Schreibtischtäter. Das Schweigen Jesu (Mt
27,14) steht für das Verstummen der Opfer. Die Passionsgeschichten sind
auch eine Warnung vor Unterdrückung im religiösen Gewand. Religion
als "Weisung für ein geglücktes Leben" kann entarten zu Fanatismus,
Blindheit und Überheblichkeit. Die Passionsgeschichten sind
Hoffnungsgeschichten. Sie wollen Mut machen zum Leben in einer Welt, die nicht
nur schön und friedlich ist. |