Fotos & Bilder zum Beitrag:

Der Kreuzweg im Schlosspark zu Bendorf-Sayn

Kommentiert von Dieter Kittlauß

Aus der Foto-Sammlung W.Kutsche



Vierte Station: Jesus begegnet seiner Mutter

Hintergrund:

In der antiken Literatur war es üblich, wie schon vorher erklärt wurde, der Biografie eines bedeutenden Menschen eine eigene Kindheitsgeschichte vorzuschalten. Hörer und Leser sollten spüren, dass mit diesem Menschen, von dem hier erzählt wird, von Anfang an etwas Besonderes war. Dabei griff man gerne auf wundersame Geschichten zurück und hatte auch keine Probleme, die Historie völlig umzugestalten. So fügt der Autor des Matthäusevangeliums in die von ihm gestaltete Kindheitsgeschichte die wundersame Flucht nach Ägypten ein und gibt auch selbst die Deutung: In der Person Jesus hat sich der Satz aus der prophetischen Hosea - Überlieferung "Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen" erfüllt. Der damalige bibelkundige Hörer verstand das: Jesus ist der Retter seines Volkes, von dem schon die Propheten gesprochen haben. Deshalb haben wir im Matthäus- und im Lukasevangelium die wunderbaren Kindheitsgeschichten, die sicherlich zur Weltliteratur gehören, erfahren aber wenig Genaues über die Kindheit und Jugend Jesu, statt dessen jedoch geballte theologische Aussagen: seinen Glauben, sein Gottesbild, seine Hoffnung, seine Interpretation von Leben, seine Werteskala, seine vielen Wegweisungen. Von Jesu Familie wissen wir nicht viel, sicher aber den Namen seiner Mutter. Im Lukasevangelium heißt es: "der Name der jungen Frau war Mirjam.". Mirjam oder Maria, wie wir es in der lateinischen Übersetzung sagen, war die Mutter Jesu.

Bild:

Jesus und seine Mutter füllen das Bild aus. Jesus hebt die Hand. Will er seine Mutter grüßen? Oder will er sie beiseite schieben? Oder ist es bereits eine Andeutung auf die späteren Christusdarstellungen, wo der Kyrios feierlich die Hand hebt? Jedenfalls verlangsamt Jesus seinen Schritt nicht. Es ist fast so, als ob das massive Kreuz ihn voranschiebt. Man hat den Eindruck, dass Jesus seine Muter nicht anschaut. Auch in den letzten Stunden seines Lebens bleibt Jesus ganz der radikale Prophet, der sich durch Familienbindungen nicht beirren lässt. Seine Mutter trägt einen Ganzkörperschleier, nur das Gesicht und die rechte Hand ist frei. Sie hält die Hand an die Wange, stützt sich den Kopf, will Jesus entgegengehen und bleibt doch wie angewurzelt stehen.

Deutung:

Der bewegende Film "Rosenstraße" unter der Regie von Margarethe von Trotha erzählt die Geschichte von Frauen, die 1943 durch ihren Straßenprotest die Freilassung ihrer jüdischen Männer erzwingen. In Argentinien waren es die trauernden Frauen, die Gerechtigkeit forderten. In Russland sind es die schwarzen Witwen, die Aufklärung verlangen. Wenn man eine Tageszeitung aus dem Jahre 1943 aufschlägt, kann man seitenlang die Traueranzeigen der Mütter lesen, deren Söhne und Männer im Krieg getötet wurden. Es stimmt nicht, dass Frauen das schwache Geschlecht sind. Wenn es um Leben oder Sterben geht, sind sie die Starken.


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