Fotos & Bilder zum Beitrag:
Der Kreuzweg im Schlosspark
zu Bendorf-Sayn
Kommentiert von Dieter Kittlauß
Aus der Foto-Sammlung W.Kutsche
Neunte Station: Jesus fällt zum dritten Mal unter dem
Kreuz
Hintergrund:
Alle vier Evangelisten bringen innerhalb der Leidensgeschichte die
Szene vom krähenden Hahn. Die Fassung bei Markus dürfte das
dahinterliegende Geschehen am ehesten wiedergeben: Petrus war im Hof,
während Jesus von Vertretern des Hohen Rates, der jüdischen
Selbstverwaltung, verhört wurde. Er wärmte sich an einem Feuer. Eine
Magd erkennt ihn und spricht dies zweimal aus. "Und nach einer kleinen Weile
sagten die Umstehenden noch einmal zu Petrus: Du gehörst wirklich zu
ihnen. Du bist ja auch ein Galliläer. Da fing er an sich selbst zu
verwünschen und zu schwören: Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem
ihr redet. Und sogleich krähte der Hahn zum zweiten Mal. Da erinnerte sich
Petrus an das Wort, wie Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal
kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er fing an zu weinen." (Mk.
14,70 - 72) Die fromme Überlieferung lässt Petrus dreimal leugnen und
Jesus dreimal unter dem Kreuz fallen. Es ist eine theologische Aussage:
Zwischen der erlebten Grausamkeit und dem menschlichen Handeln anderer besteht
ein direkter Zusammenhang.
Bild:
Der Künstler gibt die Dramatik wieder. Beim ersten Fall sind
zwei Personen beteiligt; beim zweiten Fall sind es drei Personen, jetzt aber
sind es vier. Jesus liegt niedergestreckt am Boden. Die Büttel zerren
Jesus an den Stricken, der Soldat schlägt mit seiner Keule und der
Ratsvertreter hebt höhnisch den Finger hoch. Als Hintergrund ist nur die
Mauer zu sehen.
Deutung:
In Mythen und Märchen hat die Zahl Drei eine herausragende
Bedeutung. Drei Aufgaben haben die Heldinnen und Helden zu erfüllen, die
zumeist unlösbar scheinen. Dreimal muss die Königstochter Stroh zu
Gold spinnen und drei Tage gibt ihr Rumpelstilzchen Zeit, seinen wahren Namen
zu erraten. Über drei Berge muss gewandert werden, oft in der Begegnung
mit dreiköpfigen Drachen und Schlangen. Auf diesem mythologischen
Hintergrund wurden die drei Stürze des Kreuzträgers Jesus als die
letzten drei Bewährungen verstanden. Obwohl die Volksfrömmigkeit oft
das Leiden und Mitfühlen in den Vordergrund stellte, liegt der tiefste
Sinn dieses Bildes ( =Jesus fällt in die Knie und zu Boden) im dreifachen
Aufstehen und Weitergehen. In eigentlich völlig aussichtsloser Lage
dennoch weiter leben, das ist die Botschaft dieser drei Kreuzwegstationen. Die
Frage "Wer ist schuld daran?" hat keine existentielle Bedeutung, entscheidend
allein ist das eigene Aufstehen und Weitergehen. Eine amerikanische Soziologin
hat ein Buch mit dem Titel "Rache ist süß" geschrieben. Mit ihren
Studierenden hat sie viele Formen der persönlichen Rachegefühle
untersucht. Am Schluss kommt sie zu der Folgerung: Die beste Rache ist es
immer, wenn trotz des Erlittenen das eigene Weiterleben gelingt. |