Fotos & Bilder zum Beitrag:
Der Kreuzweg im Schlosspark
zu Bendorf-Sayn
Kommentiert von Dieter Kittlauß
Aus der Foto-Sammlung W.Kutsche
Zehnte Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt
Hintergrund:
Nach den Evangelien wird Jesus zweimal ausgezogen. Im
Markusevangelium wird geschildert, dass die römischen Soldaten im Amtssitz
des Pilatus Jesus verspotteten, indem sie ihn auszogen, einen alten roten
Mantel umhängten und ihm einen Kranz aus Dornenreisig auf den Kopf
drückten. "Sie schlugen ihn mit einem Rohr aufs Haupt, spukten ihn an,
beugten die Knie vor ihm und huldigten ihm. Und als sie ihn verspottet hatten,
zogen sie ihm den Purpurmantel wieder aus und seine eigenen Kleider an."
(Mk15,19 - 20) Rohe Soldaten - Späße. Später heißt es
kurz und knapp: "Und sie kreuzigten ihn und verteilten seine Kleider, indem sie
das Los darüber warfen, was jeder bekommen sollte." (Mk15,27) Hier geht es
aber dem Evangelisten nicht um einen historischen Bericht, sondern er zitiert
aus dem Psalm 22, um damit den kundigen Leser darauf hinzuweisen, dass hier die
alten Prophezeiungen erfüllt worden sind. Auch Johannes geht es mit seiner
Passage über die vier Teile und den einen Rock, den die Soldaten nicht
zerteilen, um diese theologische Aussage (Joh. 19, 23 ff). Wir sind es
gewöhnt, dass der Schmerzensmann mit einem Lendentuch dargestellt ist . Es
dürfte aber sicher sein, dass Jesus gänzlich nackt war. Bereits ab 5.
Jahrhundert wurde der nackte Körper als schamlos empfunden, auch wollte
man nicht wahrhaben, dass Jesus als Jude beschnitten war. Deshalb wurden oft
Bilder nachträglich mit einem Lendenschurz versehen. Auf manchen Bildern
legt Maria ihren Schleier um Jesus, um seine Genitalien zu verhüllen.
Unter den sog. Heiligtümern im Aaachener Münster ist auch das
Lendentuch Jesu zu sehen. Man darf diese religiösen Bräuche
allerdings nicht magisch verstehen.
Bild:
Das Bild ist völlig symmetrisch aufgebaut. In der Mitte steht
Jesus in völlig passiver Haltung. Er ist wie erstarrt. Dagegen sind die
beiden Büttel aktiv, indem sie ihm die Kleidung vom Körper zerren.
Das Kreuz liegt dahinter bereit. Sie Szene ist außerhalb der Stadt.
"Schädelstätte" heißt ja der Ort.
Deutung:
Wenn Menschen in ihrer Ohnmacht nackt ausgezogen werden, will man
ihnen ihre letzte Würde rauben. Dies gilt auch heute. Bei den
Massenerschießungen durch die Säuberungskommandos der SS in Ostpolen
und Russland wurden alle gezwungen, sich auszuziehen, bevor sie durch
Genickschuss oder mit Maschinengewehr erschossen und in die Grube geworfen
wurden. Vor den Gaskammern der Konzentrationslager mussten sich Männer und
Frauen ausziehen. Die Männer des 10. Juli 1944 wurden mit nacktem
Oberkörper erhängt und während sie langsam starben, zogen ihnen
die Henker die Hosen herunter. Durch die Bilder des Kreuzweges werden wir
erinnert, dass auch heute massenweise Menschen ihrer Würde beraubt
werden. |