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der Homepage der Die "Hungergräfin"Die Geschichte einer Landesfürstin im 30jährigen Krieg von Hermann Müller (Mitglied der GGH)In den Erzählungen die sich um die verschiedensten Frauengestalten, die irgendwie im Laufe der Jahrhunderte mit dem Sayner Grafengeschlecht in verwandtschaftlicher Verbindung standen, um ihr Leben und Wirken ranken, wie z.B. die Gräfin Mechthilde von Landsberg- Neuerburg, die Gemahlin Heinrich III. von Sayn, oder deren Nichte, die hl. Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, oder die Grafenwitwe Loretta von Sponheim-Starkenburg, ferner die sogenannte "einbeinige" Gräfin Elisabeth von Sierk, die Gattin Gerhard II. von Sayn, und schließlich Leonilla, Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn, ist auf eine bemerkenswerte Regentin, die während des Dreißigjährigen Krieges in ihrem zähen und mutigen Kampf um die Herrschaft der Grafschaft Sayn großes Aufsehen erregte und als sogenannte "Hungergräfin" in die Geschichte einging, hinzuweisen. Auch ihre Auseinandersetzungen mit der Abtei Maria Laach und dem Kurstaat Trier um den Marktflecken Bendorf verdienen, besonders geschildert zu werden. Doch zunächst die geschichtliche Entwicklung bis dahin. Als Graf Heinrich IV. von Sayn ohne männliche Erben 1606 auf Burg Sayn starb, trat Graf Wilhelm von Sayn-Wittgenstein, der dessen Nichte, Anna Elisabeth, geheiratet hatte, die Herrschaft an. Aber bereits 1608 erlag die Gräfin einer schweren Krankheit. Sie hinterließ zwei Töchter und einen Sohn Ernst, der von schwächlicher Konstitution seit seiner Geburt war. Sein Vater, Graf Wilhelm, vermählte sich nochmals mit Anna Ottilie von Nassau-Weilburg, die ihm eine Tochter und drei Söhne gebar: Wilhelm, Ludwig und Christian. Graf Wilhelm von Sayn-Wittgenstein starb 1623, nachdem der große Krieg schon fünf Jahre im Reich tobte, doch bisher die Rheinlande verschont hatte. Der Sohn aus erster Ehe, Graf Ernst, übernahm die Regentschaft, wobei ihn seine junge Frau, Gräfin Luise Juliane von Erbach (Odenwald), tatkräftig unterstützte, denn seine Gesundheit ließ nach wie vor zu wünschen übrig. Graf Ernst hatte ein schweres Erbe angetreten, denn alle Anträge auf Belehnung mit der Grafschaft Sayn wurden von den Lehnsträger, die Kurtrier unterstützte, zurückgewiesen. Zudem stand der Graf noch von seinem Vater her im Prozeß gegen den Trierer Kurfürsten, der die Stammburg Sayn seit 1606 besetzt hielt, und neben weiteren ehemals Sayn'schen Gebieten nicht mehr zurückgab. Als 1626 dann durch einen endgültigen Rechtsspruch des Reichskammergerichtes alte von Kurtrier besetzten Gebiete diesem auch zugesprochen wurden, stand es um die Restgraftschaft Sayn schlecht. Wo war das mächtige Gebiet geblieben, das einst der große Graf Heinrich III. und später nochmals der kluge Graf Gerhard II. erworben und durch Verträge mit den starken Nachbarn, Kurtrier und Kurköln, abgesichert hatte? Durch den Wandel der Konfession in der Grafschaft und dessen rücksichtslose Durchführung und durch eine ungeschickte Finanzpolitik waren die einstigen Verbündeten zu lauernden Gläubigern und gefährlichen Gegnern geworden, die nun in diesen unbeständigen Kriegszeiten drohten, bei der erstbesten Gelegenheit den Rest der Grafschaft zu besetzen. Hinzu kam noch, daß die Stiefmutter des Grafen Ernst, die Gräfin Witwe Anna Ottilie sich nach dem Sieg des kaiserlichen Feldherrn Tilly bei Stadtlohn über den protestantischen Herzog Christian von Braunschweig im August 1623 von ihrem Witwensitz Schloß Friedewald an jenen wandte, damit er unter Umständen mit Einmarsch seiner Kriegsvölker, die bereits im Siegkreis standen, ihre Erbansprüche für ihre Söhne Wilhelm, Ludwig und Christian gegen ihren Stiefsohn, den Grafen Ernst, unterstützte. Tatsächlich schickte Tilly einen wirr zusammengerotteten Kriegshaufen, darunter auch viele kurkölnische Landsknechte, unter dem Kommando seines Neffen, Werner Tserclas von Tilly, in den Westerwald mit Stoßrichtung auf die Stadt Altenkirchen, da Hachenburg, der Sitz der gräflichen Regierung stark verteidigt wurde. Obwohl Sayn'sche Truppen, allerdings weit in der Minderzahl, in Waldkämpfen den Vormarsch der Kaiserlichen aufzuhalten versuchten, kündeten brennende Dörfer immer näher an Altenkirchen die Niederlage schon an. Bald war die Stadt genommen, in der der Befehlshaber der Kurkölner, namens Görtzenich, sein Hauptquartier aufschlug und die Bevölkerung derart drangsalierte, daß man ihn beim kaiserlichen Hof in Wien anschuldigte, sodaß er nach einiger Zeit von kaiserlichen Offizieren festgenommen und nach einem Prozeß hingerichtet wurde. Während rings im Land Elend und Not herrschte, gebar im Schloß zu Hachenburg Gräfin Luise Juliane ein Mädchen, obwohl dringend ein Junge als Erbe erwünscht war. Denn sonst würden die Stiefbrüder ihres Mannes von Kurköln die Herrschaft über die Grafschaft erlangen. Es war wieder einmal der Fluch der Regierenden jener Zeit (und mancherorts auch heute noch), neben dem alles andere unwesentlich ist, nämlich einen Sohn und Erben zu bekommen! In all diesen Niederlagen geschah das Wunderbare, daß Tilly seine Truppen abzog. Wohl streiften noch Abteilungen der Kurkölner durch das Land, auf dessen Durchgangsstraßen bunte Schlangen Kriegsvolks aller Parteien entlangzogen, doch arrangierte man sich mit diesen, da sie sich meist in den Dörfern und Städten nicht lange aufhielten. In diesen Monaten der relativen Ruhe bereiste die Gräfin Luise Juliane, die ihren Gatten krank in Hachenburg zurücklassen mußte, ihre Lande helfend und lindernd und zwang auch die Kirchspiele und größeren Ortschaften nach der Einführung einer allgemeinen Schulpflicht zur Errichtung von Schulen. Mittlerweile gebar sie ihr zweites Kind, wiederum ein Mädchen. Im Frühjahr 1628 erfolgte dann ganz überraschend der Einmarsch Kurtrierischer Truppen in den landschaftlich schönsten und größten Teil der Grafschaft mit den Kirchspielen Daaden, Kirchen und Gebhardshain, insgesamt 46 Ortschaften. Das gräfliche Paar hatte sich in die Schloßresidenz von Altenkirchen zurückgezogen, wo Luise Juliane im folgenden Jahr 1629 wiederum niederkam und endlich einen Knaben gebar, den Erbgrafen Ludwig. Aber im Lande herrschten Pest und Hungersnot. Zudem traf eine neue bedrohliche Feindansage ein: Kurköln begann ein Heer aufzustellen, um die restliche Grafschaft zu besetzen und nicht auch noch Kurtrier zu überlassen, nachdem die Abtei Laach bereits das Amt Bendorf unter ihre Herrschaft brachte. Und auch die Stiefverwandten, die nach dem Abzug Tillys im Schloß Berleburg im Bergischen Land Zuflucht fanden, versuchten, durch die Geburt des Erbgrafen alarmiert, wieder ihre Erbansprüche geltend zu machen. So vergingen die Monate in Angst und Bangen. Da erfolgte in der Johannisnacht 1631 die Landung eines starken schwedischen Heeres in Pommern unter König Gustav Adolf, dem es in erster Linie darum ging, die schwedische Großmachtstellung durch Eroberung auch der deutschen Ostseeländer zu vollenden, nachdem er zuvor erfolgreiche Feldzüge im Baltikum und in Polen geführt hatte. Er stieß sofort Oderaufwärts nach Süden vor, schlug Tilly mit seinen Kaiserlichen bei Breitenfeld und hatte nun freie Bahn bis zum Main, wo er Würzburg einnahm und sich gegen Westen wandte. Ende des Jahre 1631 eroberte er Frankfurt und Mainz und schlug sein Winterlager auf. Schwedische Truppen standen bereits im Taunus und an der Grenze zur Grafschaft Sayn. Mit Unterstützung Frankreichs gelang es dem Kurfürsten von Trier, Philipp von Sötern, zu nächst mit Gustav Adolf einen Waffenstillstand auszuhandeln, sodaß die unmittelbare Einmarschgefahr in den Kurstaat gebannt war. Diese Pause benutzte das Grafenpaar, um in einer waghalsigen und recht beschwerlichen Reise durch Freund und Feind den schwedischen König, der sich als "Schwertführer des Protestantismus im Reich" verstand, in Frankfurt aufzusuchen und um Hilfe zu bitten. Und tatsächlich empfing Gustav Adolf inmitten seines Hofstaates und im Beisein seines Kanzlers Axel Oxenstierna den Grafen Ernst von Sayn-Wittgenstein und dessen Gemahlin Luise Juliane sehr huldvoll, hörte sich die Klagen über das fast zehnjährige Besatzungsschicksal des Landes um Rhein, Wied und Sieg an und auch die Bitte um baldige Hilfe, die Kurtrierer und Kurkölner zu vertreiben, damit endlich das Land zur Ruhe komme. Gern gab er diesem Ersuchen nach, da es ganz in der Linie seiner Politik zu weiteren Eroberungen lag. In den nächsten Wochen kam es zum Abschluß eines Vertrages, der die Entsendung schwedischer Truppen in die Grafschaft Sayn vorsah. Weiter sollte an die dann schwedische Besatzung eine regelmäßige Abgabe an Steuergeldern und Naturprodukten erfolgen, da sie ausschließlich von der Grafschaft unterhalten werden sollte. Diese Abmachungen lösten später, sowohl bei den beiden Kurfürsten von Trier und Köln, als auch bei der Grafenwitwe in Berleburg Proteste und Verachtung hervor, denn man hatte bisher die Auseinandersetzungen um die Grafschaft als eine innerdeutsche Angelegenheit betrachtet. Nun sollte der Schwedenkönig, der schärfste Gegner des Reiches ins Spiel kommen. Graf Ernst selbst litt so sehr unter seiner Zwangslage, daß er bald. danach in Frankfurt starb, nachdem er bereits im bedenklichen Zustand die Reise dorthin angetreten hatte. Gräfin Luise Juliane stand nach dem Tode ihres Gatten Ernst von Sayn-Wittgenstein in Frankfurt, wo er mit den Schweden um Unterstützung verhandelt hatte, allein mit ihrem Gefolge. Durch die Aufregungen kam sie zudem mit der Geburt ihrer dritten Tochter vorzeitig nieder. Da forderte von Berleburg her Graf Kasimir Ludwig zu Sayn-Wittgenstein, der Sippenälteste ihrer Stiefverwandten, daß vor der Mündigkeit ihres dreijährigen Sohnes, des Erbgrafen Ludwig, von der gesamten Familie ein Regent zu stellen sei und sie keineswegs allein die Herrschaft über die Grafschaft ausüben könne. Aber die Gräfin konnte mit Unterstützung des Schwedenkönigs Gustav Adolf nachweisen, daß ihr Mann vor seinem Tode ein Testament verfaßt hatte, in dem er seinen Sohn Ludwig zum rechtmäßigen Erben einsetzte. Da dieser ja noch unmündig war, übertrug er die Vormundschaft über alle seine Kinder seiner Gattin, sowie dem Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt. Das Testament wurde mit Recht von den drei Stiefbrüdern des Erblassers angefochten. Doch verstand es Gräfin Juliane, in einem lang sich hinziehenden Prozeß schließlich beim Reichskammergericht mit einer Verfügung vom 12. Sept. 1642 ihre Erbansprüche für sich und ihre Kinder durchzusetzen. Schon bei der Beisetzung ihres Mannes in der Schloßkirche zu Hachenburg fungierte sie als Landesfürstin und nahm sogleich die Regierungsgeschäfte wieder auf, die sie schon vorher fast ausschließlich geleitet hatte. Für Gustav Adolf bedeutete diese Auseinandersetzung um die Grafschaft Sayn letztlich eine Nebensache, da für ihn der Vorstoß nach Süddeutschland gegen den Kaiser das Hauptziel war, In raschem Vormarsch eroberte er Bayern, besiegte Tilly in der Schlacht am Lech und besetzte München und Nürnberg. Tilly, am Lech verwundet, starb in Ingolstadt, das der Kurfürst Maximilian von Bayern zu halten vermochte. Kaiser Ferdinand II. von Habsburg sah nun nur noch darin die Rettung des Reiches, indem er seinem früheren Feldherrn, dem genialen Albrecht von Wallenstein, Herzog von Friedland, der wegen Machtstrebens in Ungnade gefallen war, wieder den Oberbefehl übertrug. In wenigen Wochen brachte Wallenstein ein Heer zusammen, drillte es hart und unbarmherzig mit drakonischen Strafen, sodaß er sich den Ruf eines "Henkerherzogs" einhandelte. Aber mit seinen disziplinierten, straff kommandierten Truppen vertrieb er die Landsknechtshaufen der Kurfürsten von Sachsen und von der Pfalz, obwohl jene zahlenmäßig weit überlegen, aus Böhmen, um den Rücken frei zu haben gegen die Schweden, denen er dann in Nürnberg in einem befestigten Lager gegenüberstand. Sieben Wochen hindurch warteten beide auf eine Entscheidungsschlacht, nachdem zunächst ein schwedischer Überraschungsangriff von Wallenstein zurückgeschlagen worden war. Dann zog plötzlich Gustav Adolf mit seiner gesamten Streitmacht gegen Südosten, um auf Wien, die Kaiserstadt, direkt vorzustoßen. Mit bewundernswerter Kaltblütigkeit ignorierte Wallenstein die Operation des Schwedenkönigs und stürzte sich auf dessen Verbündete. So plünderte er Sachsen, dessen Kurfürst dringend Gustav Adolf wieder zu Hilfe rief, der auch in Gewaltmärschen zurückeilte. In der Schlacht bei Lützen, die mit äußerster Verbitterung und beiderseits hohen Verlusten bis in die Nacht geführt wurde, konnten die Schweden das Feld behaupten, doch wurde dieser Sieg schwer mit dem Tode ihres Königs bezahlt. Ihre Generale Horn und Baner führten den Krieg im Reichsgebiet weiter, aber sie vermochten nicht, die klare Strategie ihres Königs fortzuführen, sodaß sie ihre Streitkräfte an vielen verschiedenen Kriegsschauplätzen einsetzten. So auch im Rheinland, wo unter dem Oberbefehl General Horn, des Schwiegersohnes des Kanzlers Oxenstierna, ein schwedischer Vormarsch in Stärke von 14 000 Mann mit der Unterstützung des protestantischen Grafen von Nassau-Idstein in einer großangelegten Zangenbewegung durch den Taunus und entlang des Rheines begann. Ungehindert besetzten die Schweden die Grafschaft Sayn mit Altenkirchen, vertrieben die Kurkölner, bis sie auf die kurtrierer Truppen bei der Feste Freusburg stießen. Unter ihrem Kommandanten, Matthias Nagel, hielten diese das befestigte Schloß mit großer Tapferkeit, bis die Schweden schwere Geschütze heranschafften. Nach der Erstürmung erhielt zunächst Gräfin Luise Juliane Schloß und Herrschaft Freusburg zurück, während in der eigentlichen Residenz in Hachenburg das schwedische Hauptquartier aufgeschlagen wurde. Die flußabwärts des Rheins vorstoßenden schwedischen Verbände, verstärkt durch Truppen des Pfalzgrafen Christian von Birkenfeld und Bernhard von Weimar, kämpften zunächst den Hunsrück von starken spanischen Kriegsvölkern frei. Diese konnten unter General Cordova zusammen mit kaiserlichen Truppen vom befestigten Trier aus aber eine Gegenoffensive starten, wobei auch Koblenz als östliche Ausgangsbasis genutzt wurde. Als jedoch kurtrierische kaiserliche und spanische Landsknechte in Koblenz gegen den Willen des Kurfürsten, Philipp von Sötern, einrückten, zog sich jener auf die Festung Ehrenbreitstein zurück und nahm Verbindung mit den Franzosen auf, die sich unter ihrem Marschall Charnacé vom Saargebiet her durch den Hunsrück schlugen und nachts heimlich vom Kurfürsten in die Festung gelassen wurden. Bald darauf stand der schwedische General Horn vor Koblenz, das die Spanier hartnäckig verteidigten. Als die Schweden ihre Geschütze einsetzten und die Verteidiger auch von der Festung Ehrenbreitstein (Hermannstein) von den Franzosen beschossen wurden, kapitulierten sie. Die Festung blieb in französischer Hand, während der Kurfürst sich wieder nach Koblenz begab. Sein Verrat kam ihm teuer zu stehen, denn als er später in Trier bei einem Vorstoß der Spanier und Kaiserlichen in deren Hände fiel, wurde er nach Wien geschafft, wo man ihn zehn Jahre in Haft hielt. Von Koblenz aus drangen die Schweden weiter flußabwärts vor, brannten das Franziskanerinnenkloster Besselich in Mallendar nieder, plünderten das Augustinerchorherrenstift auf Niederwerth und steckten anschließend die ehemals herrliche, dreischiffige Basilika der Augustinerinnen in Schönstatt, von der heute nur noch einer der beiden Türme steht, in Brand, ehe sie ihre Verbündeten, eine Abteilung Braunsfeldscher Landsknechte in Stärke von 800 Mann und 156 Pferden mit Wagen in den Marktflecken Bendorf schickten. Obwohl diese dort als Schutzmacht der Gräfin Luise Juliane auftraten, scheuten sie sich nicht, alles zu requirieren, was in Kellern, Scheunen und Stallungen zu finden war. Dann nahmen sich die Schweden das befestigte Sayn mit der kurtrierschen Besatzung vor, wozu schwedische Einheiten von Vallendar her in Marsch gesetzt wurden. Über den Sturm auf Sayn liegt ein Bericht eines Bruders aus der Praemonstratenser-Abtei vor, namens Infirmarius. Demnach forderten die Schweden die Kurtrierer zur Übergabe von Ort und Burgen auf. Sie sollten ohne Umschweife das große Tor im Westturm (heutiger Schloßturm) innerhalb der Ringmauer öffnen. Auf die Ablehnung hin brachten die Schweden einige leichtere Geschütze (Feldschlangen) in Stellung, eröffneten das Feuer und setzten zum Sturm an. Nach heftiger Gegenwehr der schwachen Besatzung und der Sayner drangen sie in den Ort ein, erkämpften sich den Zugang zu den Burgen, die sie in Brand legten und brachen den letzten Widerstand der Einwohner in den engen Gassen. Drangsal und Plünderung ließen diese in Jammern und Wehklagen ausbrechen, sodaß man es bis zur Abtei hören konnte, wo die Mönche sich voll Schrecken in den Chor der Kirche zurückzogen, nachdem sie noch rasch die kostbare Reliquie des St. Simonsarmes im Brunnen hinter der Kirche versteckt hatten. Doch plötzlich, so berichtet Bruder Infirmarius weiter, wurde es draußen still. Ein Bote meldete dem Abt, daß ein Regiment Kaiserlicher durch das Brextal in Anmarsch sei mit dem Auftrag, das kurtrierische Sayn und Engers vor den Schweden zu schützen. In der Abtei wurden die Soldaten kurz mit Brot und Getränken gestärkt, ehe sie in Gefechtsordnung gegen die Schweden vorgingen, die übel im Ort gehaust hatten und sich nun geschwind am Osttor sammelten, um gegen die Abtei zu stürmen. Das Aufeinanderprallen der beiden Kriegshaufen war mörderisch. So hörten die Mönche heftiges Schießen, das Auftreffen der Hellebarden und Spieße, die Schreie der Verwundeten und dazwischen die Kommandos der Feldobersten beider Seiten. Doch plötzlich endete alles in einer betäubenden Detonation: Bei den Schweden war ein Munitionswagen mit Pulverfässern in die Luft geflogen. Zerfetzte Menschenleiber, verbrannte Körper, Schwerverwundete lagen ringsum bis in den Klostergarten, darunter auch der schwedische Oberst, der sich geschlagen gab. Die Verwundeten beider Seiten wurden bis zum Abend in der Krankenabteilung des Klosters verbunden und versorgt. In der Nacht, in der ein schweres Gewitter niederging, starb der schwedische Oberst, und viele übrigen Verwundeten erlebten auch nicht mehr den Morgen. Die Ortschaft Sayn und auch die Praemonstratenser-Abtei waren noch gerade so davon gekommen, während die einst stolzen Burgen nur noch als Ruinen zurückblieben. Auch Burg und Ort Grenzau wurden zu gleicher Zeit von schwedischen Kriegsscharen heimgesucht, denn Graf Ernst von Isenburg-Grenzau war ein Freund des Kaisers, in dessen Dienste er im Felde stand. Während die dicken Mauern der Burg mit ihrem hochragenden, dreieckigen Turm dem schweren Kanonenbeschuß standhielten, brach jedoch das Tor, sodaß sie in kurzem Kampf genommen wurde. Der Burgvogt aber, der bei dem Sturm mit ein paar Leuten ins Brexbachtal fliehen konnte, kam nachts, nachdem die Hauptmacht der Schweden mit dem Geschütztross in Richtung Selters abgezogen war, mit seinen Mannen durch einen unterirdischen Gang wieder in die Burg zurück und überraschte die Besatzung, die beim Saufen und Würfelspiel sich im Hauptraum gelagert hatte. Im blutigen Ringen wurde sie niedergemacht und in den Burggraben geworfen. Rheinabwärts ging der schwedische Vorstoß tief ins Neuwieder Becken, da eine Vereinigung mit den Westerwälder Truppen angestrebt wurde. Denn diese hatten unter dem Befehl Graf Baudissins sich von Altenkirchen in Richtung Wiedtal in Marsch gesetzt, wobei sie auch an der Neuerburg, dem ehemaligen Witwensitz der Gräfin Mechthilde von Sayn (gest. 1291) vorbeizogen. Sie schossen die Burg in Brand, stürmten sie aber nicht, da sie in Eile waren. Ein weiterer schwedisches Heerhaufen drang von Bendorf her bis Heimbach vor. Als am Palmsonntag die Einwohner von einer Wallfahrt nach Hausenborn aus dem Wald über dem Sayntal zu ihrem Dorf zurückkamen, sahen sie fremde Landsknechte ihr Vieh aus den Ställen treiben. Da tauchte ein kaiserlicher Reiterverband, Hatzfeldsche Berittene, überraschend von Engers her auf, der in der allgemeinen Verwirrung sofort Attacke ritt und die Schweden in kurzem Gefecht in die Flucht schlug. Vor Schrecken verließ der Abt der nahen Praemonstratenserabtei Rommersdorf mit seinen Leuten das unsichere Gebiet und zog nach Leutesdorf. Denn das Land am Mittelrhein war nun Kriegsgebiet geworden, und zwar beiderseits des Stromes, da am 12. Juli 1632 bereits ein schwedischer Kriegshaufen von 10 000 Mann von Koblenz aus sowohl die Mosel aufwärts, als auch auf der linken Rheinseite abwärts vorstieß, um die Kaiserlichen und Spanier zu vertreiben. Doch auf dem Maifeld leistete die kleine Stadt Mayen hartnäckigen Widerstand, und, wie die Chronik karg und knapp berichtet "ward Mayen erbärmlich ausgeplündert und in Brand gesteckt." Treis, Cochem, Trabach fielen den Schweden in die Hände. Auch das stark befestigte Andernach fiel; aber bald standen hier die Spanier wieder vor den Mauern in starker Übermacht. Der schwedische Kommandant Josias Rantzau, später Feldmarschall Ludwigs XIV., verteidigte jedoch Andernach mit großer Umsicht, sodaß die Belagerer schließlich wieder abzogen. Als die Schweden nach einiger Zeit Andernach räumten, sprengten sie alle Türme und Mauerwehren, sodaß ganze Straßenzüge mit in Trümmern sanken. Der Krieg wurde schon hart auf Kosten der armen Bevölkerung geführt. - Wie schon erwähnt, waren die Franzosen durch die Machenschaften des Trierer Kurfürsten Philipp von Sötern in den Besitz der Festung Ehrenbreitstein gekommen, als die Schweden Koblenz belagerten und stürmten. Diese übergaben später den Franzosen die Stadt, bis 1635 bayrische Truppen unter General Götz vom Süden her anrückten. Der französische Kommandant Marquis de Bussy zog sich mit seinen 15.000 Mann und Kriegsvorräten über den Fluß nach Ehrenbreitstein zurück und verschanzte sich in der Festung, die sofort von den Bayern eingeschlossen wurde. Die Wasserzufuhr vom Roten Hahn (Arenberg) wurde unterbunden und jegliche Verbindung des Umlandes mit den Franzosen abgeschnitten. In dieser Lage wandte sich der französische Kardinal Richelieu vergeblich um Unterstützung an den Landgrafen von Hessen, dessen Truppen bereits in der oberen Grafschaft Sayn zusammen mit den Schweden gegen Kurkölner und Spanier gebunden waren. Da erklärte sich schließlich der hessische Oberst Melander mit französischen Gelde bereit, 150 Proviantwagen unter Eskorte von 400 Musketieren vom Bergischen Land her durch den Westerwald zur Festung zu schaffen. Als der gefürchtete kaiserliche Reitergeneral Jan von Werth, der gerade in Köln seine Vermählung mit der Gräfin Spaur feierte, davon erfuhr, daß der Transport bereits die Sieg überschritten habe und auf der Hohen - Straße gegen Süden rasch vorankomme, ritt er sofort mit 80 Reitern den Rhein aufwärts los, setzte bei Engers über den Fluß, zog eine bei Montabaur stehende bayrische Kavallerieabteilung noch zu sich und überfiel am nächsten Tag in aller Frühe bei Grenzhausen die Proviantkolonne. Die Franzosen auf der Festung, vom Heranrollen der Verpflegungswagen unterrichtet, schossen bereits Salut, als Jan von Werth zuschlug und alles noch abfing. Ihm wurde nun auch die weitere Belagerung übertragen, wozu er noch mit Schiffen aus Köln schweres Geschütz kommen ließ, das bei Bendorf gelandet wurde. Die Belagerung zog sich aber über 14 Monate hin, bei der während eines französischen Ausfalls der Ort Ehrenbreitstein in Schutt und Asche sank, darunter auch das Augustinereremitenkloster, in dem Martin Luther einige Zeit geweilt haben soll. Die Kaiserlichen besetzten Ehrenbreitstein und hielten es bis weit nach dem Kriege in ihrer Hand. Ihre Kommandanten wurden oft in dieser Zeit der Schrecken der Umgebung, wenn sie mit ihren Einsatztruppen in den Ortschaften auftauchten, so auch in Bendorf. Im Laufe des Jahres 1636 wurden die Schweden nach Norddeutschland zurückgedrängt, um zwei Jahre später verstärkt wieder vorzustoßen. Aber in dieser Zeit mußten sie auch den Westerwald mit der Grafschaft Sayn räumen. Gräfin Luise Juliane atmete auf, da sie ihr Land frei von der Besatzung hatte, die der Bevölkerung wenig Schutz, dafür aber viel Not und Drangsal gebracht hatte. Da starb am 16. Juli 1636 der junge Erbgraf Ludwig, ihr einziger Sohn, überraschend nach kurzer Krankheit, sodaß mit seinem Tode der letzte männliche Sproß der regierenden Linie erloschen war. Kaum hatte sie die Schloßkirche zu Hachenburg, in der Graf Ludwig neben seinem Vater beigesetzt wurde, verlassen und sich in das dortige Schloß zurückgezogen, als sie bereits Graf Ludwig Casimir, der Senior ihrer Stiefverwandten, aufsuchte und ihr mitteilte, daß der Kurfürst von Köln, Walram Graf von Jülich, die Grafschaft Sayn als erloschenes kölnisches Manneslehen für verfallen erklärte und dem Bischof von Osnabrück übertragen habe. Dessen Beamte seien schon unterwegs. Um die Huldigung der Bevölkerung auf den neuen Herrn zu verhindern, schlug er der Gräfin vor, ihm die Einwilligung schriftlich zu geben, daß er vorerst im Namen der beiden Linien Sayn-Wittgenstein die Regentschaft übernehme, zumal in ihrer Familie kein männlicher Nachkomme. mehr lebe. Ihre Töchter sollten eine gebührende Abfindungssumme erhalten. Dieser Vorschlag war durchaus berechtigt und einleuchtend. So unterschrieb zunächst auch Gräfin Luise Juliane das diesbezügliche Dokument. Anschließend durchreiste Graf Ludwig Casimir die Sayner Lande und ließ sich als Regent huldigen. Dies hinderte den Bischof von Osnabrück nicht, seine Truppen dennoch nach Hachenburg zu schicken, wo sie die gräfliche Familie zur Räumung des Schlosses aufforderten. Inzwischen hatte Gräfin Luise Juliane aber die Abdankungsurkunde widerrufen, da sie diese angeblich in Erschöpfung unterzeichnet habe. Sie erklärte, weiterhin als Landesfürstin die Geschicke der Grafschaft zu leiten, ordnete die Schließung der Schloßtore an und weigerte sich konsequent, Hachenburg zu verlassen. Die osnabrück'schen Soldaten riegelten alle Zugänge zum Schloß ab und versuchten, die gräfliche Familie auszuhungern. Tagelang darbte diese, da kaum Vorräte vorhanden waren, blieb unbeugsam, woraufhin Luise Juliane voll Achtung von der Bevölkerung "Hungergräfin" genannt wurde. Schließlich verließ sie nachts heimlich mit ihren Töchtern das Schloß und begab sich zur Freusburg, wo sie ja auch während der schwedischen Besetzung residiert hatte. Aber hier wurde sie bald von kurtrierschen Truppen eingeschlossen und zur Räumung aufgefordert. Wiederum hungerte und darbte sie, bis es nicht mehr ertragbar war und sie nachts fliehen konnte. Im äußersten Nordosten der Grafschaft, in Schloß Friedewald, fand sie endlich Zuflucht mit ihren Töchtern. Schutz gewährten ihr hier in der Nähe stehende hessische Truppen. - Doch nicht nur Kurköln und Kurtrier erklärten die Grafschaft nach dem Tode des Erbgrafen als erloschenes Manneslehen, sondern auch die Abtei Laach fühlte sich in ihren Rechten auf das Amt Bendorf, das sie bereits seit Jahren durch ihre Vögte und Beamten verwalten ließ, bestätigt. In dieser Notlage wandte sich die Gräfin wiederum an das Reichskammergericht und erwirkte am 14. Oktober 1636 und am 9. Janu1637 gegen Kurköln und gegen den Bischof von Osnabrück ein kaiserliches Mandat, das klar untersagte, ihr den ererbten Besitz streitig zu machen. Aber diese Anordnung blieb in der gesetzlosen Zeit der Kriegswirren unbeachtet. Im Gegenteil erschien der Kommandant der Festung Ehrenbreitstein, Freiherr Heinrich von Metternich, am 26. Januar 1638 in Bendorf und vertrieb die Beamten von der Abtei Laach. Er erklärte Bendorf für ein pfälzisches Lehen, das ihm verliehen werden sollte. Doch der größte Teil der Bürgerschaft hatte sich nach Sayn geflüchtet, wurde aber von dort durch seine Soldaten zurückgeholt, in das Rathaus zu Bendorf gesperrt und durch Hunger und andere Repressalien zur Huldigung gezwungen. Metternich blieb über mehrere Jahre im Besitz Bendorfs, in denen er dort nicht zum Besten wirtschaftete, viele wichtige Urkunden und Dokumente über Gemarkungsgrenzen wegschaffte, so daß später der Stadt mit Nachbargemeinden schwerer Schaden erwuchs, wie z.B. mit dem Ort Nauort um den Wald bei Grenzau. Im Deutschen Reich tobte der fürchterliche Krieg nun schon
Jahrzehnte hindurch, legte Dörfer und Städte in Asche,
verwüstete Äcker und Felder und ließ die Bevölkerung durch
Gewalttaten schlimmster Art, Hunger und Seuchen zugrundegehen. Als Streit der
Gewissen hatte er begonnen: Reformation gegen Katholizismus; bald aber
wußte keiner mehr von all den deutschen und ausländischen
Fürsten, die mit ihren Heeren aufeinandertrafen, worum es eigentlich noch
ging. - Nach dem Tode Tillys, König Gustavs II Adolf und Wallensteins, der
in Eger ermordet wurde, verwahrlosten ihre stolzen Heere. Plündernd und
schändend verwüsteten sie die Gebiete, die sie durchzogen. Keine
Seite hatte mehr die Kraft zum entscheidenden Sieg, und der Krieg wurde nur
noch des Krieges willen geführt. Als der Mittelrhein beim Einbruch der
Schweden 1632 Kriegsgebiet wurde, trafen auch hier Söldnerhaufen aller
Parteien aufeinander. Kleine Ortschaften und abgelegene Weiler waren ihnen
preisgegeben, sofern sie keine Ringmauern oder andere
Verteidigungsmöglichkeiten hatten. Meist flohen die Bewohner in die
Wälder, wo sie sich versteckten oder auch verschanzten. Dieser Krieg
artete gegen Ausgang des Ringens derart aus, daß die Menschen besonders
vor den ausländischen Kriegshaufen wie Schweden und Spaniern panischen
Schrecken empfanden. Unvergessen ist der Vers, mit dem damals die Mütter
ihre Kinder zur Ruhe brachten: Auch im Neuwieder Becken wurden viele Ortschaften von der Kriegsfurie heimgesucht. Das im heutigen Block Heimbach einst gelegene Dorf Reil und der dahinter gelegene Ort Langendorf, an dessen Stelle später (1653) Graf. Friedrich III. von Wied seine neue Stadt gründete, wurden vollständig dem Erdboden gleichgemacht, daß man heute weder ihre Namen auf der Landkarte, noch im Gedächtnis der Menschen findet. Auch das in der Nähe von Kettig gelegene Dorf Werle, dem eine große Propstei nebst prächtiger Kirche vorstand, ging damals in Flammen auf und verschwand für immer. Die Verluste an Menschenleben in den letzten zehn Jahren dieses Krieges wurden allein im Erzbistum Trier auf 300 000 geschätzt und beliefen sich fast auf die Hälfte der ehemaligen, vor den kriegerischen Ereignissen ermittelten Bevölkerungszahl. Von Schloß Friedewald aus führte Gräfin Luise Juliane von Sayn-Wittgenstein ihren verzweifelten Kampf um die Herrschaft über die Grafschaft ungebrochen weiter. Da weite Gebiete von Kurkölner und Kurtrierer Truppen besetzt waren und Altenkirchen nebst Hachenburg unter der Verwaltung des Grafen Ludwig Casimir von Sayn-Wittgenstein- Berleburg, des Seniors der Berleburger Linie, standen, wandte sie sich erneut an den Hof nach Wien. Denn hier war inzwischen ein neuer Kaiser, Ferdinand III. von Habsburg, bemüht, den alles zerstörenden Krieg zu beenden. In juristisch gut verfaßten Schreiben bat sie um Schutz und erreichte, daß Kurköln und Kurtrier zur Räumung der Grafschaft aufgefordert wurden. Aber Wien und der Kaiser waren weit; weder die beiden Kurstaaten, noch Graf Ludwig Casimir, der überdies rechtlich weit besser stand, da ja tatsächlich der männliche Erbe in Luise Julianes Familie fehlte, störten sich keineswegs an den kaiserlichen Anordnungen. Da wurde Graf Ludwig Casimir am 6. Juli 1643 auf einer Reise bei Wetter in der Nähe Marburgs überfallen und ermordet. Der schärfste Gegner der Gräfin war somit ausgeschaltet, und ihre Stiefschwäger, die Grafen Wilhelm Ludwig und Christian, versuchten zum letzten Male auf gütlichem Wege ihre Erbansprüche durchzusetzen, indem sie der Gräfin Luise Juliane vorschlugen, bei hoher Abfindung für ihre beiden Töchter auf die weitere Herrschaft zu verzichten. Als sie konsequent ablehnte, einigten sich die drei Brüder, daß sie dem jüngsten von ihnen, Graf Christian, die ganze Grafschaft überließen bei späterer Entschädigung. Graf Christian, ein tüchtiger Soldat im Heere des Herzogs Bernhard von Weimar, marschierte daraufhin mit einem angeworbenen Söldnerheer in die Grafschaft, in Seel- und Burbach, in die Vogtei Rosbach, in den Bann Maxsain, in Höchstenbach, Almersbach, Schöneberg, Stadt und Amt Altenkirchen ein und ließ sich huldigen. Auch in Bendorf erschien er mit seinen Truppen und ließ sich den Huldigungseid schwören, nachdem er die Beamten von Maria Laach vertrieben hatte. Aber hier schaltete sich der kurtriersche Kommandant von der Festung Ehrenbreitstein ein, der mit dem Anmarsch drohte, falls Maria Laach nicht wieder seine Verwaltung über Bendorf ausüben könne. Graf Christian zog daraufhin mit seinen Soldaten ab, denn mit Kurtrier wollte er in keinen Streit geraten. Kaum waren jedoch die Leute von Laach wieder im Amt Bendorf, als auf Drängen von Gräfin Luise Juliane der Landgraf Georg von Hessen-Darmstadt, der als Vormund ihrer Töchter fungierte, mit starkem Kriegsvolk in Bendorf einrückte und abermals die Beamten aus Laach vertrieb. Aber fünf Tage später marschierten vom Ehrenbreitstein her kurtriersche Truppen heran und erstürmten die von den Hessen mit Wällen und Palisaden zu einem Kastell umgewandelte Bendorfer Kirche. Die Hessen mußten wieder abziehen und erneut den Laachern nach dem Willen Kurtriers die Stadt überlassen. So konnte auch Gräfin Luise Juliane in Bendorf ihre weitere Herrschaft nicht mit bewaffneter Hand durchsetzen. Sie wandte sich daher mit Unterstützung mächtiger protestantischer Fürsten an den Friedenskongreß zu Münster, der seit 1643 tagte und nach schwierigen Verhandlungen während drei Jahren endlich diesen furchtbaren Krieg beendigen konnte. Die schwedischen Delegierten sicherten der Sayner Gräfin volle Unterstützung zu, sodaß ihrem Gesuch um die Wiedererlangung der Herrschaft über die gesamte Grafschaft ohne weitere Prüfung der immerhin recht widersprüchlichen Rechtsansichten stattgegeben wurde. Durch Art. IV, § 36 des Westfälischen Friedens wurden Gräfin Luise Juliane und die Erbtöchter Johannette und Ernestine in der Herrschaft bestätigt. Alle berechtigten Einwände, daß nur ein männlicher Erbe hierzu laut Nachfolgegesetz die Regentschaft anzutreten habe, wurden mißachtet Der jahrzehntelange hartnäckige Kampf der Gräfin in oft aussichtsloser Lage brachte ihr doch den Erfolg, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Denn erst 1649 räumte Kurköln das Gebiet um Hachenburg, 1652 Kurtrier Freusburg und Umland und erst ein Jahr später die Abtei Laach das Amt Bendorf. Während am Rhein sich Kurtrier noch von Vallendar zurückzog, behielt es nach wie vor Sayn, Mülhofen, einen Teil des Kirchspiels Heimbach, Irlich und Urmitz neben Zollanteilen von Engers. - Gräfin Luise Juliane hatte 1647 ihre jüngere 15jährige Tochter Johannette mit dem Bruder ihres Beschützers von Hessen-Darmstadt, Landgraf Johann II., verheiratet; doch verstarb jener 1651, ohne Kinder zu hinterlassen. Im selben Jahr heiratete die ältere Tochter Ernestine den um vier Jahre jüngeren Grafen Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim. Johannette verheiratete sich einige Jahre später wieder, und zwar mit dem Herzog Johann Georg von Sachsen-Eisenach. Anno 1652, als Ernestine 26 und Johannette 20 Jahre alt wurden, legte die Mutter die Regentschaft nieder und zog sich von der Residenz Hachenburg nach Schloß Friedewald zurück. Die beiden Töchter regierten anfangs gemeinsam, teilten aber später die Grafschaft derart, daß Johannette in Altenkirchen residierte und sich Gräfin von Sayn-Altenkirchen nannte, während Ernestine als Gräfin von Sayn-Hachenburg ihrem Landesteil vorstand. Bendorf, das in der Teilungsurkunde als "Lieblingsort und wertvolles Familienkleinod" bezeichnet wird, wurde gemeinsam verwaltet, was ihm aber nicht zum Nutzen gedieh. Denn seine Stellung unter beiden Herrschaften führte zu endlosen Zwistigkeiten zwischen den Vögten und ihren Beamten und hemmte nachhaltig die Weiterentwicklung des Marktfleckens. 1662 starb Ernestine und ihr Gatte, Graf Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim übernahm nun gänzlich die Regentschaft in Hachenburg, während in Altenkirchen längst Herzog Johann Georg von Sachsen-Eisenach anstelle seiner Gemahlin diesen Teil der Grafschaft regierte. So war also die alte Grafschaft Sayn schließlich, nachdem ihr Jahrhunderte hindurch Angehörige des Stammhauses vorstanden, geteilt unter fremde Herrschaft gelangt. Erst 1848 konnte Fürst Ludwig Adolf Friedrich zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg die ehemals sayn'schen Besitzungen mit der Stammburg wieder erwerben, jedoch blieben die übrigen Gebiete seinerzeit verloren, wenn auch nach einem sich über 160 Jahre hinziehenden Prozeß 1803 beim Reichsdeputationsausschuß wenigstens eine gewisse Geldentschädigung geregelt wurde. Im Alter von 67, Jahren starb am 28. September 1670 die Gräfin Luise Juliane, die "Hungergräfin", als die sie im Gedächtnis der Bevölkerung blieb, in Friedewald. Sie wurde vor dem Hochaltar der Schloßkirche zu Hachenburg neben ihrem Gatten und ihrem Sohn in einem mit Ornamenten und Bibelversen verzierten Sarg beigesetzt. Ihr zu Ehren prägte man eine kleine Silbermünze, auf der zu lesen ist: "IN MEMORIAM DOMINAE LOYSA COMITISSAE SAYNENSIS DE STEMMATE ERBACENTI NETAE 1604, DE FUNCTAE ANNO 1670." (Rückseite:) "Ich habe den Hafen erreicht, lebet wohl, Glück und Hoffnung!" Geehrte Besucherinnen und Besucher, wir danken Ihnen für
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