Zwei alte
Beschreibungen des Ortes Bendorf
Mitgeteilt von A. Elsen, Bendorf.
Bendorf im Jahre 1746.
Im Jahre 1746 erstattete der damalige Amtsverwalter Johann Arnold
Ebhard einen Bericht über "Amt und Flecken Benndorf", der interessante
Einblicke in das Wirtschafts- und Erwerbsleben seiner Zeit gestattet. Der
Bericht ist besonders dadurch wertvoll, weil kaum 20 Jahre vorher erst die
Eisen- und Hüttenindustrie in Bendorf und überhaupt im Neuwieder
Becken Fuß gefaßt hatte. Je wichtiger diese Industrie in der
Nachzeit für die Entwicklung des Ortes werden sollte, umso wichtiger
erscheinen auch die ersten Anfänge industrieller Ansiedlung. Der Bericht
hat folgenden Wortlaut:
Der Flecken Benndorff liegt zwischen denen Churtrierischen Aemtern
Vallendar und Engers, deren jener oberhalb am Rhein gegen Morgen, dieses aber
unterhalb Rheins gegen Abend gelegen, gegen Mitternacht stoßt er auf das
Gräfl. Wiedische Kirchspiel Grenzhausen und auf das Trierische Kirchspiel
Nauroth, gegen Mittag aber macht der Rhein die Grentze. Das ganze territorium
hat in der Breite von Morgen gegen Abend ohngefähr 1/2 Stunde, in der
Länge aber von Mittag gegen Mitternacht fast zwei Stunden. Das Erdreich
ist durchgehends, sonderlich nach der Rheinseite zu, sehr gut und fruchtbar,
hat schönen Obst- und Wießwachs, gute Weinberge und Ackerbau,
ziemliche Waldung und viele Lehmhecken.
Der Flecken selbst ist ziemlich groß mit Ringmauren und 4
Thoren und 183 Einwohnern, nebst 2 Beysassen und 9 Juden-Familien. von denen
ersteren 35 lutherischer, 17 reformierter und 133 catholischer Religion sind.
Die evangelische Religion-Verwante haben eine räum-liche Kirche, worin
alle Einwohner ohne Ausnahme eingepfarrt sind, die catholische aber gleich
darneben eine Capelle. Die Unterthanen nehren sich mehrentheils außer
etlichen, so auf dem Bergwerk ar-beiten, vom Acker- und Weinbau, darneben wird
aber auch mit Wein, Frucht und anderen Sachen Handel getrieben.
Unter denen vielen, mehrenteils adlichen Höfen, hat es hier
auch einen herrschaftlichen Hof, welcher in relatione des Syburger Mittel- und
des Laacher-Niederhofs der herrschaftliche Oberhof genannt wird. Darzu
gehören außer denen erfaßbaren Gütern auch
herrschaftliche ländereyen, Weinberge, Wießen und Hecken, welche
entweder gegen den Dritten an privatos überlasen oder sonsten verpachtet
werden.
Außerhalb des Fleckens kommt in Betracht:
1. das Fehr übern Rhein, welches zwar ca. annum 1000 et 70
(Anm. W.K.: hier müsste es 700 heißen) von hiesiger Landesherrschaft
an 2 trierische Unterthanen in dem hier gegenüber gelegen Ort Sebastian -
Engers verpachtet, auch 1709 von neuem an 2 hiesige Bürger
überlassen, auf contradiction von Churtrier aber nachgehens wieder
hinterstellet worden.
2. Etliche Gebäude, wohin gehören
a) die zwo herrschaftlichen Mühlen, worzu alle Einwohner
gebauet sind, b) die herrschaftliche Ziegelhütte, welche eine Stunde
vom Flecken gelegen, c) die Eisen-Schmelzhütte, welche in gutem Stande
und von Herr Commerzienrath Remy betrieben wird, d) der Eisenhammer hinter
Steinebrück, Herrn Hoffmann aus Rotterdam gehörig.
3. Die Eisenbergwerke. Solche Sind wegen Kostbarkeit der Werker in
sehr gutem Stande und an gutem Ertz ergiebig und haben viele sowohl
einheimische als auch ausländische dabey ihre reichliche Nahrung,
gnädigste Herrschaft ziehet von dem gewonnenen Stein den Zehnten.
Im Walde wird die Euler- und Tobackspfeifen-Erde gegraben, davon
erstere an die Kannenbecker in Grenzhausen, letztere aber an Anton Kirberger
verpachtet ist. Die Sand- oder Bruchsteine, deren in etlichen Gruben hier
gehauen werden, thun beym bauen gute Dienste und tragen gnädigster
Herrschaft eine jährliche Pacht.
Zum hiesigen Amt gehöret endlich gewissermaßen das
Wiedische Dorf Alsbach, allwo ein gnädigster Herrschaft zuständige
Hof, wozu die Höfer von herrschaftwegen an- und in Pflichten genommen
werden und auch in ihrem Forst oder Wald dero Hoheit und Jurisdiktion
unterwürfig sind, dabero von hier aus alljährlich der
Bürgermeister und die Förster daselbst angesetzt werden.
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Beschreibungen des Ortes Bendorf
Bendorf im Jahre
1787
Mitgeteilt von A. Richter, Mechernich.
In alten, aus dem Ende des 18. Jahrhunderts stammenden
Aufzeichnungen finden wir ausführliche Notizen von unbekannter Hand
über die Geschichte von Bendorf, sowie eine Beschreibung des Fleckens zur
Zeit der Niederschrift; diese ist, wie aus einer Bemerkung hervorgeht, im
Februar des Jahres 1787 verfaßt worden. Die geschichtlichen Notizen
bringen nichts, was der Forschung nicht bekannt wäre; dagegen ist die
Mehrzahl der anderen Aufzeichnungen kulturgeschichtlich interessant. Wir
bringen hier einen Auszug in der Schreibweise Originals:
"Der Boden um Bendorf herum ist leicht zu bebauen. Am Pflug wird
nur einer, sehr selten zwei Ochsen gebraucht, den ein Knabe von 4 Jahren
regieren kann, und die Erde gibt alle Getreidearten reichlich zurück.
Waizen, Korn und Gerste sind die gewöhnlichsten Sorten; Spelz und Haber
gedeihen wegen Hitze und Fettigkeit des Bodens nicht. Das Korn reicht aber zum
Bedürfnis der Einwohner nicht aus, denn dieses erfordert noch einen
jährlichen Ankauf von ungefähr 1000 Maltern, welcher Abgang jedoch
vom gezogenen Wein, Waizen, Gersten, weißen Bohnen, allerley Sorten guten
Obsts überflüssig ersetzt wird. Das Bendorfer Obst, worunter viele
ausländische Sorten sind, wird vorzüglich als besonders zart und edel
geschätzt und an vielen Orten verkauft. Vor 80 Jahren ist nur ein
Borsdorfer Apfelbaum hier gewesen, dessen Früchte, weil man sie nicht
gekannt, den Schweinen hingeworfen wurden; jetzt sind sie häufig, und wird
die Last, wie sie eine Weibsperson auf dem Kopf trägt, mit 1-2 Rthlr,
bezahlt.
Außer dem Handel, der mit Wein, Früchten,
Holländischen und anderen Waaren getrieben wird, macht einen Hauptzweig
der Nahrung das Eisen- Berg- und Hüttenwerk aus, dessen Betrieb unter der
Firma Remy, Hoffmann in Comp, bekannt ist. Dieses Werk bringt im Flecken viel
Geld in Umlauf. Nur wäre zu wünschen, daß es aus eigenen
Bendorfischen Waldungen mit den benötigten Kohlen könnte versehen
werden, welche jetzt auf der Mosel aus fremden Wäldern müssen
beygefahren werden. Auch das Sayner Hütten- und Hammerwerk verschafft dem
Flecken eine Nahrungsquelle; denn Bendorfer Fuhrleute und Krämer verdienen
daher viel Geld.
Zwei andere Landesprodukte sind noch merkwürdig, die nicht
allenthalben und nur an wenig Orten gefunden werden.
1. die Töpfer- und Pfeifenerde, 2. die Sand- oder
Dausteine.
Die beyden Erdsorten werden im Walde gegraben, und die
Töpfererde wird von der benachbarten Kannenbecker-Zunft in Grenzhausen,
welche das bekannte steinerne Geschirr backt, und wovon auch ein Meister zu
Bendorf wohnt, zu ihrem Handwerk verbraucht; die Pfeifenerde aber wird meistens
nach Holland und in andere Länder verführt, wovon die
Landesherrschaft jährlich 4-500 Gulden Pachtgelder zieht. Der Beamte
Ebhard zu Bendorf hat zweiy verweiste junge Bürgersöhne in eine
auswärtige Pfeifenfabrik in die Lehre gethan und macht sich Hoffnung, an
diesen Kindern zwey gute Meister ansässig zu machen
Die Sand- oder Dausteine werden in freyen Felde aus einer 10 bis
15 Schuh unter der Erde liegenden, dicht auf einander gebackenen Maße
groben Sand- oder Bimssteine mit breiten Beilen, ausgehauen, sie sind beym
Bauwesen ein sehr nützliches und leichtes Material, werden auf dem Rhein,
der Mosel und Lahn stark verführt und haben ihr Daseyn wahrscheinlich von
sehr alten Zeiten her einer Ueberschwemmung, wovon sie Bodensatz geblieben, zu
verdanken, welches nicht nur die über die Masse ganz regelmäßig
und horizontal liegenden Schichten reineren Sandes, sondern auch die in der
Masse sich zuweilen befindlichen Knochen, Schneckenhäuschen,
Stückchen Holz und Blätter zu bestätigen scheinen
Mit allerley guten Handwerken ist der Flecken hinlänglich
versehen, diese haben sich, die Kramer, Hutmacher, Strumpf- und Wollenweber,
Becker und Gärtner in zwey Zünfte, nämlich in die Hammer-Zunft
und die Rothgerber- und Schusterzunft eingeteilt. Es verdient aber keine
Werkstätte den Namen einer Fabrike oder Manufactur, man müßte
denn eine Werkstätte, wo zwey Brüder mit einfachen Instrumenten
allerley selbst erfundenes Kinderspielwerk von Holz verfertigen, das weit und
breit verwendet wird, darunter rechnen.
An Gebäuden enthält Bendorf 203 Häuser und 166
Scheuern und Nebengebauten, wozu im Ort selbst noch das herrschaftliche
Kelterhaus und die Zehndscheuer, außerhalb aber die herrschaftliche
Ziegelhütte, die Eisenschmelz, der Laager Hof und eine Oelmühle
kommen. Im Flecken zahlet man außer denen die im Wittwen- und ledigen
Stande leben, 207 christl und 13 judische Ehen und Familien, welche mit ihren
Kindern und fremdem Gesinde eine Anzahl von Seelen ausmachen.
Oeffentliche Betteley, die sonst aus den benachbarten Dorfern
außerordentlich und fast unerträglich war, wird seit einigen Jahren
nicht mehr zugegeben. Ein Policeydiener muß die Straßen rein halten
die Almosen werden von zwey vorzüglichen Burgern in einer verschlossenen
Büchse eingesammelt, bey Amt abgezahlt und hievon nicht nur wahre
einheimische Arme ernährt und in Krankheiten verpflegt, sondern auch armen
Kindern zur Erlernung eines Handwerks, des Rechnens, Schreibens etc
Unterstützung verschafft, fremden armem Reisenden ein gutes Viaticum
mitgeteilt und Collectanten aus den Beytragen abgefertigt, welche die Kirchen-,
Hospital- und Gemeinde-Aeraria jährlich dazu hergeben müssen.
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