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Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in:
Rhein-Zeitung, Koblenz , 26. Mai 1982
und im:
Heimat-Jahrbuch 1983
Des Landkreises Neuwied

Der Hopfenanbau im Sayntal

Von Karlheinz Schönberger †
(Gründungsmitglied der GGH)

Botanik

Der Hopfen (Humulus lupulus), der zu der Familie der Hanfgewächse und der Ordnung der Nesselgewächse gehört, ist ein Windblütler mit getrennten männlichen und weiblichen Pflanzen an Stangen in sogenannten Hopfengärten, weil nur diese aus den Blüten Dolden bilden und nur dann einen hohen Brauwert besitzen, wenn sie nicht befruchtet werden. Ein weiteres Charakteristikum dieser Nutzpflanze besteht darin, daß es sich um eine Schling- oder Windepflanze handelt. Der Hopfen zählt zu der selteneren Gruppe der Rechtswinder wie das Geißblatt, der im Uhrzeigersinn in die Höhe klettert. Im Gegensatz dazu ist die Stangenbohne ein linkswindender Schlinger, weil ihre Windungen in der entgegengesetzten Richtung des Uhrzeigers verlaufen.

Der Kulturhopfen ist eine ausdauernde Pflanze, der ein Alter von 50 Jahren erreichen kann. Die Nutzung der Hopfenpflanzen erfolgt aber, nur über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren, dem dann wegen des sinkenden Ertrages die Rodung folgt. Lediglich der Wurzelstock, das Kernstück der Pflanze, dient als Reservespeicher und ist ausdauernd. Die oberirdischen Teile sind krautartig und werden jedes Jahr abgeschnitten. Das weit verzweigte Wurzelsystem dringt in eine Tiefe von 4 m und mehr und ermöglicht es der Hopfenpflanze, Nährstoffe und Wasser auch aus größeren Tiefen zu nutzen. Neben dem mehrjährigen Wurzelstock werden in den oberen Bodenschichten jedes Jahr Adventivwurzeln gebildet, die während der Hauptvegetationsperiode zusätzlich der Ernährung aus den oberen Bodenschichten dienen. Die aus dem Wurzelstock treibenden Triebe halten sich mit Klimmhaaren am Pfahl fest und erreichen vom Wachstumsbeginn bis April bis Anfang Juli eine Höhe von 7 m. Der Hopfen blüht von Anfang bis Mitte Juli. Die weiblichen Blüten sind Blütenstände mit bis zu 60 Einzelblüten. Die zapfenartigen Gebilde (Dolden), die den Bitterstoff Lupulin enthalten, der dem Bier den würzig bitteren Geschmack und durch den Gerbstoffgehalt der Zapfen eine größere Haltbarkeit verleihen, werden Ende August bis Anfang September geerntet.

Geschichte:

Der Hopfenanbau wurde in Deutschland mit großer Wahrscheinlichkeit zur Zeit der Völkerwanderung von den Wenden eingeführt. Im Mittelalter beschränkte er sich auf Klöster, fürstliche Hofhaltungen und Städte, weil nur diesen das "Biersieden" erlaubt war.

In unserem heimischen Bereich wird diese Sonderkultur erstmals für das Jahr 1725 bezeugt, die dann im ausgehenden 19. Jahrhundert ihre größte Ausdehnung erfuhr. Die Kultur des Hopfens, die im Sayntal den Nagelschmieden als Nebenerwerb diente, hat in den schroffen Steilhängen manchen Tropfen Schweiß gekostet. Jeder, der über ein Stückchen Land verfügte, und wenn die Parzelle auch noch so klein war, hatte seinen "Hopfengarten", wie man das in Katasterplänen und Büchern des Grundbuchamtes heute noch nach lesen kann.

Pflege, Ernte und Absatz:

Die erste Frühjahrsarbeit bestand neben dem Düngen mit Stallmist im Aufdecken und Schneiden der Hopfenstöcke. Dann begann man mit dem Setzen der mehreren Meter hohen Hopfenstangen, wozu mit einem schweren, eigens hierfür gefertigten Locheisen mit vierkantiger Spitze tiefe Löcher in den Boden getrieben wurden, damit die Stangen durch den Wind nicht umgelegt wurden. Dieses Verfahren war mit einem hohen Aufwand an Arbeit und Holz verbunden. Von 40- 60 Trieben, die im Frühjahr von jedem Stock herauswachsen, wurden die 2 - 3 kräftigsten und möglichst gleichlangen Triebe "angeleitet", d.h. sie wurden um den Pfahl gewunden. Die übrigen Triebe wurden entfernt. Da die Triebe vom Wind während des Wachstums gelegentlich wieder abgetrieben wurden, mußte auch später noch einige Male "nachgeleitet" werden. Diese Tätigkeit, die teilweise unter Zuhilfenahme einer Leiter notwendig war, mußte sehr behutsam durchgeführt werden, um ein Abbrechen der jungen Triebe zu verhindern. Der Hopfen wurde mit "Lind" gebunden, d.h. Fasern von Linden, die lange Zeit zum Wässern im Bach lagen und dann als Bindematerial Verwendung fanden. Einer intenisven Bodenbearbeitung, die der Lockerung, Durchlüftung, Regelung des Wasserhaushaltes, Förderung des Bodenlebens, Unterbringung von wirtschaftseigenem Dung und der Unkrautbekämpfung diente, wurde größte Bedeutung beigemessen.

Anfang bis Mitte Juli, wenn der Hopfen seine Höhe erreicht hat, beginnt er zu blühen oder "anzufliegen". Voller Erwartung sahen die Hopfenpflanzer nun dem Ansetzen der "Flocken" entgegen.

Die letzte große Arbeitsspitze war die Ernte, die sich oft über den ganzen Monat September erstreckte. Während dieser Zeit herrschte in Isenburg ein geschäftiges Treiben. Schon lange vor Erntebeginn bewarb man sich um Hilfskräfte, die als "Hopfenpflücker" halfen, den Arbeitsanfall zu bewältigen. Den Männern oblag das Ausheben der gewaltigen Hopfen-Stangen, die auf Böcke gelegt wurden, auf denen dann die Ranken abgewickelt, in meterlange Stücke geschnitten und in Bündeln gebunden nach Hause gefahren wurden. In den Stuben saßen dann die Frauen und Mädchen und schnitten die "Flocken", die Frucht des Hopfens, von den Zweigen in die Körbe. Die Ernte war aber mit der Pflücke noch nicht abgeschlossen. Der Hopfen ist ein Grüngut mit einem Wassergehalt von rund 80 % und wurde, um ihn haltbar zu machen - zum Trocknen auf den Speicher gebracht, wo er mit viel Fingerspitzengefühl behandelt und täglich gewendet werden mußte. Sogar die Ranken wurden getrocknet und als Bindematerial für Schanzen, Heu usw. wieder einer Verwertung zugeführt. Wenn dann in den Hängen des Sayntales überall wieder die langen Stangen in zahlreichen Pyramiden zur Überwinterung aufgestellt wurden, glich Isenburg einem riesigen Feldlager von Zelten.

In den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts, die besonders gravierend den hier besprochenen Raum durch Armut und Entbehrungen prägten, mag sich mancher nach hartem Tagewerk nach einer deftigen Mahlzeit gesehnt haben. Zum Frühstück gab es ein Stück Schwarzbrot, über das ein Schnaps — der Liter ,,Grenzhäuser" kostete damals 60 Pfennig — geschüttet wurde. Trotzdem hatten Gemeinschaftsgeist und Nachbarschaftshilfe einen hohen Stellenwert. Die Burschen und Mädchen hatten das Singen und Lachen in den "Hoppestuben" nicht verlernt. So manche Mär aus längst entschwundenen Tagen wurde wieder wach.

Waren nun die Erntearbeiten abgeschlossen, kamen die Händler, um den Hopfen aufzukaufen, der in Riesensäcken, die ein Fassungsvermögen von 1- Zentner hatten, gefüllt wurde. Die örtliche Agentur hatte zeitweise der Isenburger Johann Bäcker inne, der vom Zentner Hopfen eine Provision von 1,50 Mark hatte. Für die Preisbildung war der Hopfenmarkt in Nürnberg richtungsweisend. Das Jahr 1882 zählte für unsere Hopfenbau treibende Gegend zu den besten, die wir hatten. Durch die in fast allen Hopfenproduktionsländern, besonders in England, erfolgte Mißernte, erreichten die Preise eine bisher noch nicht dagewesene Höhe. Es wurde ein Durchschnittspreis von 300,- 330,- Mark pro Zentner erzielt. Daß bei solchen Resultaten die Lust zur Erweiterung des Hopfenanbaus angeregt wurde, war verständlich. Die unterschiedliche Jahreswitterung war aber auch oft die Ursache für erhebliche Ertragsschwankungen. Qualität und Quantität blieben oft hinter den gesteckten Erwartungen zurück. So hatte man im Jahre 1893 eine Mißernte zu verbuchen, weil der Hopfen verbrannte, und 1900, weil der größte Teil der Pflanzen erfror. Es gab auch Jahre, wie 1909, wo das Ernteergebnis zwar sehr gut ausfiel, aber kaum eine Nachfrage bestand. Starke Preisschwankungen haben dazu geführt, daß der Preis zeitweise auf 50,- Mark je Zentner gesunken war, womit die Produktionskosten kaum zur Hälfte gedeckt waren.

Als Mittel im Preisgefüge des Hopfens konnte man mit einem Preis von 120,- 180,- Mark rechnen. Der "Spalter"-Hopfer, der sich durch ein besonders feines Aroma auszeichnete, wurde ebenfalls hier angebaut und im Preis bedeutend höher bewertet.

Der Hopfen, der als Spezialkultur auf der einen Seite einen hohen Gewinn erwarten läßt, ist dafür auf der anderen Seite äußerst arbeits- und kapitalaufwendig. Wenn nun durch Mißernten, die aufgrund klimatischer Einflüsse verursacht wurden oder durch die preisbildenden Kräfte von Angebot und Nachfrage extrem niedrige Verkaufserlöse erzielt wurden, hatte dies tiefgreifende Folgen. Der Nagelschmied, der auf diesen Nebenerwerb angewiesen war, konnte nun die im Laufe des Jahres entstandenen Lebenshaltungskosten, die beim Krämer, Bäcker, Schuster usw. angewachsen waren, nicht mehr bezahlen. Er war gezwungen, ein Stück Land zu verpfänden. So ist es zu erklären, daß die Gewerbetreibenden die größten Grundbesitzer wurden.

1914 wurde der letzte Hopfen in Isenburg angebaut. Wenn man bedenkt, daß 1980 die gesamte Hopfenanbaufläche in Rheinland-Pfalz 11 ha betrug, auf der rund 300 Zentner geerntet wurden, waren 60 Zentner vor 100 Jahren für eine kleine Gemeinde mit zum Teil sehr steinigen Parzellen in den Hängen ein respektables Ergebnis. Am Ufergebüsch des Saynbaches mit seinen Nebenbächen finden wir noch häufig die Wildform dieser Windepflanze, die uns an die einstigen Hopfenkulturen, die den veränderten Marktverhältnissen zum Opfer gefallen sind, erinnern. Während der Hopfen als Bier veredelnde Zutat im schönen Sayntal lange zur Historie geworden ist, hat der Bierkonsum dagegen eine ungeahnte Steigerung erfahren.





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