Dr. Charlotte Schiffler (1909 - 1992)

von Dieter Kittlauß

Aus der Feder von Frau Charlotte (Lotte) Schiffler:


"Nicht Du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt Dich."Römer 11, 18

Die Wurzel des alten Ölbaums, der Synagoge, hat das Christentum ernährt. Das Alte Testament ist, ohne Abstrich, ebenso Frohe Botschaft wie die Bücher des Neuen Testamentes. Jesus Christus war Jude, wie Maria seine Mutter. Diese Botschaft wurde uns in unseren Tagen durch das Vatikanische Konzil neu nahegebracht. Eine Gnade, die uns die Augen geöffnet hat für eine Glaubensfülle, die neu entdeckt wurde, nach schrecklichen Zeiten der Geschichte, in denen die Christen diese Wurzel abgestritten und verleugnet, ja vergiftet hatten.
Daß gerade das Christentum Judenverfolgung hervorgerufen hat, daß antisemitische Tendenzen im "Neuen Testament", juden-feindliche Darstellungen vor allem im Johannes- Evangelium, zugegeben werden müssen, ist unsere Wiedergutmachungsaufgabe heute. Ein Dokument der vatikanischen Kommission im Sekretariat für die Einheit der Christen in Rom ist vor kurzem erschienen. Es macht unser Leitthema in diesem Heft aktuell. In der Presse heißt es: "Die katholische Kirche rückt ihr Bild des Judentums gerade." in Rom wurde während der Pressekonferenz am 24. Juni 1985 darauf hingewiesen, daß in Katechese und in Predigt die einzigartige Beziehung zwischen Christentum und Judentum wegen des gemeinsamen Erbes gepflegt werden müßte. Sie ist "unverzichtbare Gegenwart" und müsse organisch in die gesamte, religiöse Unterweisung eingearbeitet werden. Das Dokument sagt weiter: "Es ist dringend und wichtig, gerade heute unsere Gläubigen objektiv über das Judentum zu orientieren, weil eine neue Gefahr eines Antisemitismus besteht, der wir widerstehen müssen."
So wie Chagalls leuchtende Bilder über dem christlichen Altar in Mainz stehen - Bilder des jüdischen Malers, aus der chassidischen Glaubenswelt des Ostens belebt, mit Engeln, Kreuz und Heiligen -‚ so kann auch unsere Zukunft im Beten und in täglicher Gottesliebe reicher werden durch die Welt der Propheten und Heiligen aus dem Stammbaum Jesu.
Mit herzlichen Grüßen ihre