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der Homepage der Die Gesellschaft für Geschichte und Heimatkunde (GGH) hat es sich zur Aufgabe gemacht Ihnen, wenn Sie wollen, ein wenig über unsere Heimatstadt Bendorf zu berichten. Unser Angebot richtet sich in der Hauptsache an geschichtlich und heimatkundlich Interessierte und ist mehr am Text orientiert. Mehr über Bendorf und unser Angebot auf unserer Startseite Erinnerungen an Charlotte Klein"Ich war so traurig, als ich heute morgen Ihren Brief las. (...)
Sie waren nicht nur eine großartige Tutorin, sondern wirklich auch eine
Quelle von Hilfe und Unterstützung -für die Universität als auch
für mich persönlich. Ich hoffe, Sie haben aufregende Pläne
für Ihren Ruhestand, denn ich kann Sie mir auch nicht einen Augenblick
lang still dasitzend vorstellen und dem nachgehen, was man ein normales
Tagewerk nennen könnte. Dank noch einmal für alles, was Sie getan
haben!" "Obwohl ich Charlotte Klein nur einmal begegnet bin, wurde ich von
ihrer dynamischen Persönlichkeit und dem Reichtum ihres Wissens
unmittelbar beeindruckt. Sie besaß Führungsqualitäten,
Entscheidungskraft und einen ausgeprägten Sinn für Humor. Ich
fühlte, daß ich innerlich reicher geworden war, nachdem ich
Schwester Charlotte Klein kennengelernt hatte." Charlotte Klein verkörperte alles, was vornehm, gütig
und aufrichtig war. Ich freute mich immer über ihre Lebendigkeit und die
anregenden und lebhaften Gespräche mit ihr." Aus einem Brief
anläßlich ihres Todes an Mary Kelly von einer früheren
Studentin " Charlotte war eine wundervolle Freundin und eine inspirierende
Tutorin. Sie bereicherte mein Leben, und ich werde mich immer mit großer
Dankbarkeit ihrer erinnern." Wenn Rebhuhn, dann RebhuhnCharlotte Klein war jedoch keine einseitige "Lehrmeisterin". Ja, daß sie das für mich überhaupt gewesen war, wurde mir erst spät bewußt. So zurückhaltend verhielt sie sich in allem, was ihre Arbeit betraf. Auch war ihr jede Art von Indoktrination und Intoleranz, vor allem auf religiösem Gebiet, zuwider. Dagegen machte es ihr Freude, mich beim Kennenlernen ihres geliebten London, besonders auch seiner großartigen kulturellen Schätze, zu begleiten - wann immer ihre Zeit es zuließ. "Manchmal muß man sich auch selbst etwas Gutes tun!" pflegte sie zu sagen, wenn unser gemeinsames Programm besondere kleine oder größere "Glanzpunkte" aufzuweisen hatte. Dies konnte z.B. schon der Besuch in der Cafeteria eines der großen Londoner Kaufhäuser sein - am liebsten bei Harrods! - nach einem für mich eher strapaziösen, für sie jedoch vorwiegend genußvollen Einkaufsbummel. "Ich bin ein 'shopper by nature1", sagte sie lachend, wenn sie für mich die günstigsten und attraktivsten "bargains" unter den verwirrenden Angeboten herausgefischt hatte. Wo immer wir dann einkehrten, eine Cassata war stets der Gipfel der bescheidenen kulinarischen Genüsse. Gelang es mir jedoch, Charlotte in eines der wundervollen altenglischen Restaurants mit ihren schwarzen Deckenbalken und ihrem hochlehnigen, geschnitzten Gestühl zu locken, so wurde ein Lunch in den "Blue Grapes" in Mayfair oder eine Teestunde im "Cathedral Gate Hotel" in Canterbury, unweit der Kathedrale, die uns beiden teuer war, zu einem unvergeßlichen Erlebnis. Auch wenn es um andere "gute Dinge" ging, die sie liebte, eine Picasso-Ausstellung etwa, ein Konzert oder eine Ballett-Aufführung in Covent-Garden - bei der sie sich an die berühmten russischen Ballerinen im Berlin ihrer Jugendjahre erinnerte - dann konnte sie durchaus die Einstellung einer Teresa von Avila haben: "Wenn Buße, dann Buße", doch: "Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn!" Ihr weltzugewandtes, dabei offenes und für Gottes gute Gaben dankbares Wesen - seien diese nun materieller oder geistiger Natur - war von wohltuender Natürlichkeit und Frische. Vor ihrer Spontaneität, mit der sie ihren Empfindungen Ausdruck gab, war niemand sicher. So rief sie während einer Aufführung des Musicals "Evita" ein lauttönendes "Excellent!" dem Schauspieler zu, der seine Rolle als Anwalt der Armen und Unterdrückten für sie überzeugend gespielt hatte. Momente einer Freundschaft, die in Bendorf begannJonathan MagonetAls ich darüber nachzudenken begann, was ich für diese Gedenkschrift über Charlotte Klein schreiben könnte, stellte ich zu meinem Schrecken fest, wie spärlich meine Erinnerungen waren, oder besser, wie wenige davon dem Bereich der Ideen, besonders theologischer Ideen zugeschrieben werden konnten. Stattdessen entdeckte ich, daß mir eine ganze Reihe von Anekdoten einfielen, die nicht gerade einen heiligen Charakter hatten. Ich kannte sie zuerst - das ist über zwanzig Jahre her - als Schwester Louis-Gabriel. Ich fürchtete mich vor ihr. Die Gründe dafür sind einfach. Ich war ein 'noch-nicht' rabbinischer Student, der nach Deutschland gestolpert kam mit dem Gefühl, daß es dort für einen jungen Juden wichtige Arbeit zu tun gab. Die Bendorfer Bibelwoche war der erste konkrete Ausdruck davon, und obwohl ich meiner Intuition vertraute, war ich doch überwältigt von der Vielfalt der Probleme, mit denen ich konfrontiert wurde, und von den anwesenden 'Autoritätspersonen', zu denen auch Charlotte gehörte. Dazu kam, daß ich einer anderen Generation angehörte oder ein anderes Temperament hatte, jedenfalls empfand ich nicht dieselbe brennende Leidenschaft, um die Vergangenheit erneut zu überprüfen, um die falschen Darstellungen des Judentums zu korrigieren, die in der christlichen Psyche begraben sind und in Lehrbüchern und an den Universitäten reproduziert werden. Ich fühlte mich vielmehr zu einem persönlichen Engagement mit einzelnen Menschen verpflichtet, etwas, das durch die Jahre hindurch auf der Bibelwoche gepflegt worden ist - wenn wir nur zusammenwüchsen, dann würde es uns schon gelingen, die Probleme der Vergangenheit und der Gegenwart zu lösen. In einem solchen Zusammenhang schien Charlotte zu sehr auf einen anderen Weg festgelegt zu sein, und mit dieser Entschiedenheit war eine außergewöhnlich starke und dominierende Persönlichkeit verbunden. In ihren Augen muß ich so etwas wie ein dilettantischer Tölpel gewesen sein - doch einer, der etwas zu geben hatte. Sie wirkte auf mich wie eine strenge Tante ihrem verwirrten Neffen gegenüber. Die Jahre vergingen, Schwester Louis-Gabriel wurde Charlotte Klein, und bei der eleganten, weltoffenen, klugen und kultivierten Frau, die mit ihrer Zigarettenspitze und ihrem Flair viel mehr in einen Berliner Literatur-Salon paßte, fühlte ich mich mehr zu Hause. Sie schien ihre Mitchristen gerne zu schockieren, und zwischen uns bestand in Bezug auf bestimmte Dinge eine Art von jüdischem Einverständnis. So machte sie über die Reliquien im Vatikan entsprechend bissige Bemerkungen. Doch war sie sich zutiefst ihrer zweideutigen Situation als Konvertitin bewußt, die sich einen Platz im Verhältnis zur jüdischen Welt bewahren wollte. Sie erzählte uns einmal, daß sie nur drei zum Christentum übergetretene Juden kenne, denen das gelungen sei - und verständlicherweise betrachtete sie sich als eine davon, womit sie wahrscheinlich recht hatte. Wenn zu ihr Juden kamen, die zum Christentum übertreten wollten, schickte sie sie zuerst einmal zu einem Gespräch mit ihrem Rabbiner. Erst wenn sie sich ihres Vorhabens ganz sicher waren, war sie bereit dazu, sie auf diesem Weg weiter zu begleiten. Umgekehrt erwartete sie die gleiche Höflichkeit - und das ist ein Zeichen ihrer Aufrichtigkeit. Mir ist wenigstens eine jüdische 'Seele' bekannt, die sie auf diese Weise für das Judentum gerettet hat. Es mögen noch mehr gewesen sein. Ich erinnere mich gerne an die heiteren Momente: so verabschiedete sie sich vorzeitig von einer Dinnerparty mit der Bemerkung, daß sie früh aufzustehen habe. Einer der anwesenden Gäste, der sich bereits über diese geistvolle Nonne gewundert hatte, wagte die Vermutung aufzustellen, daß sie sicher früh zum Gebet aufstehen müsse. "Nein," sagte Charlotte fröhlich, "morgen ist Ausverkauf bei Christian Dior, und ich möchte die erste in der Schlange sein." Sie kaufte viel im Ausverkauf ein, und auf der jährlichen Weihnachtsfeier in Chepstow Villas pflegten wir dann die Früchte ihrer Mühen mit ihr zu teilen, wenn sich jeder Gast nach einem gelösten Quiz ein Geschenk von dem Stapel aussuchen konnte, der auf uns wartete. Man konnte immer wunderbar mit ihr diskutieren, in dem Gefühl, eine gleichwertige Opponentin vor sich zu haben. Sie hatte ein besonderes Verhältnis zur jüdischen Welt, und sie rechnete fest mit einer Gruppe von uns Rabbinern und unserer Unterstützung in ihren unterschiedlichen Projekten. Als eine andere jüngere Sionsschwester Interesse an der gleichen Arbeit zeigte, handelten wir erst ein einjähriges, dann dreijähriges Studium am Leo-Baeck-College mit Charlotte aus. Ich fragte mich, ob sie ihre einzigartige Position nur ungern an jemand anderes abgeben würde, und ich machte mir Sorgen darüber, was sie denn unter diesen Umständen tun würde. Ihre Reaktion war mutig, durchdacht und erstaunlich - und damit typisch für sie. Sie brachte es fertig, loszulassen - was an sich bereits eine erstaunliche Leistung war, wenn man bedenkt, wie tief sie sich dem jüdisch-christlichen Dialog verpflichtet fühlte - und sich eine neue Karriere in der Sozialarbeit aufzubauen, und zwar in einem ungemein anstrengenden und schwierigen Bereich. Außerdem wurde dafür eine Ausbildung verlangt, die eine jüngere Frau durchaus hätte abschrecken können. Diese wieder verwandelte Charlotte war die netteste und einfachste der drei Versionen, die ich gekannt habe. Sie schien sich in ihrer eigenen Haut wohlzufühlen, stellte weniger Ansprüche an sich. Obwohl sie die scheinbar ausgebliebenen Reaktionen auf ihre wichtige Arbeit dem Gebiet des Anti-Judaismus bedauerte, war sie doch zufrieden damit, eine Nachfolgerin gefunden zu haben, die sie akzeptieren und achten konnte. Die Entdeckung der Synagoge aus ihrer Kindheit war genau das Richtige, um mit der Vergangenheit Frieden zu schließen und sich auf ihr herannahendes Ende vorzubereiten. Als einer der vier Rabbiner, die das Kaddisch für sie sprachen, muß ich sagen, daß das das Natürlichste der Welt war. Die jüdische Welt hatte eine ihrer treuesten Töchter verloren, die christliche Welt eine ergebene Dienerin Gottes - sie war tatsächlich eine der wenigen, denen es gelungen war, die beiden Welten und Identitäten zusammenzuhalten. Zichronah livracha - Möge ihr Gedächtnis für uns ein Segen sein! Dr. Dr. Jonathan Magonet, Rabbiner und Direktor des
Leo-Baeck-College, London Eine außergewöhnliche FrauLionel Blue Vor mehr als 15 Jahren begegnete ich Schwester Loius Gabriel das erste Mal. Sie trug die tiefschwarze Tracht einer Nonne, und nur ein kleiner Teil ihres Gesichtes schaute aus der gestärkten Haube heraus wie aus einem Fenster. Ich hatte nur wenig Erfahrung mit Nonnen und fand, daß sie niedergeschlagen aus-sah. Später entdeckte ich, daß sie in Wirklichkeit "ihre Augen unter Kontrolle hielt". Über ihre Ansichten übte sie auch damals schon ganz sicher keine Kontrolle aus. Sie hatte einen scharfen Verstand, und in ihren Bemerkungen nahm sie kein Blatt vor den Mund. Ich hörte, daß sie eine deutsche Jüdin sei, die zum Katholizismus übergetreten war, und das faszinierte mich. In der Tat stieg meine Faszination, je mehr ich über sie wußte. Schwester L. G. stammte aus einer sehr streng orthodoxen jüdischen Familie. Sie war im Berlin der dreißiger Jahre mit den brennenden Syna-gogen, seinen Grausamkeiten und Demütigungen aufgewachsen. Sie war zuerst nach Italien und dann nach Palästina geflohen, wo sie für den britischen Geheimdienst arbeitete. Im jüdischen Jerusalem trat sie dem Orden der Sionsschwestern bei, und erwarb später in England den Doktortitel in englischer Literatur, wobei Englisch ja nicht ihre Muttersprache war. Ich könnte noch vieles mehr über sie sagen, denn sie war eine außergewöhnliche Frau, doch ich will nur noch etwas Persönliches hinzufügen. Einige Jahre nach unserem ersten Zusammentreffen ging sie nach Annika und kam äußerlich verändert zurück, jedoch mit derselben Überzeugungskraft. Sie trug nun ein Schneiderkostüm (sie kaufte immer mit großem Erfolg im Winterschlußverkauf ein), und zeigte sich gerne mit einer Zigarettenspitze. Obgleich sie eine der treuesten Nonnen war, nahm sie wieder ihren Mädchennamen an und war nicht länger Louis-Gabriel - was nie so richtig zu ihr gepaßt hatte -, sondern Dr. Charlotte Klein NDS. Schwester Charlotte kämpfte entschlossen gegen jegliche Art von Ungerechtigkeit. Sie hatte nichts übrig für Vorurteile, auch nicht in der Kirche ihrer Wahl und Über-zeugung. So schrieb sie ein Buch über den Anti-Semitismus in der Kirche. Damit machte sie sich bei den Oberen nicht gerade beliebt, aber das kümmerte sie nicht, da sie sich ihrem Gott in Treue verbunden fühlte und nicht dem Konformismus. Ich bin ein Einzelkind, und Charlotte wurde mir zu einer Schwester, zu meiner Schwester in einem sehr tiefen Sinne. Wir argumentierten oder plauderten mitein-ander, zogen einander ins Vertrauen, aßen und tranken zusammen, stritten uns ge-legentlich heftig (schließlich waren wir beide Juden) und versöhnten uns mit um so größerer Herzlichkeit. Als ich von ihrem Tod erfuhr, schien die Welt plötzlich ärmer geworden zu sein. Etwas von der Farbe, der Leidenschaft und dem Mut und der Aufrichtigkeit waren verlorengegangen. Charlotte fürchtete den Tod nicht, denn sie war gläubig. In einer schrecklichen und zerrütteten Welt suchte sie nach Ehrlichkeit und fand Glauben. Sie besaß jene Eigenschaft, die heute so selten geworden ist - Integrität. Sie war eine gebildete Frau, aber als Köchin war sie eine gelehrige Schülerin. Der Höhepunkt ihrer Kochkunst war der Obstsalat, den sie von ihrer Mutter in Berlin gelernt hatte. Ich habe das Rezept aus meiner Erinnerung zusammengestellt. Wenn Sie den Obstsalat essen, denken Sie an sie. Sie können ihre Schriften über die Sionsschwestern beziehen: 17 Chepstow Villas, Wl 1. Schwester Charlottes Obstsalat: Den Saft von 3 Orangen in eine Schüssel geben; 2 Äpfel und 2 Birnen schälen, entkernen und in Scheiben schneiden; ebenso 2 Pampelmusen; 3 Bananen in Scheiben schneiden; die Früchte im Orangensaft ziehen lassen; geben Sie 1 Teelöffel feinen Zucker dazu und 2 Teelöffel süßen Weißwein oder Wermuth. Kaltstellen. Lionel Blue |