Georg und Siegfried
Loeschcke.
Zur rheinischen Archäologie.
Von Dr. W. J. Becker
Es war im Wintersemester 1911 auf 12, als wir in
Bonn bei dem Archäologen Geheimat Prof. Dr. Georg Loeschcke
archäologische Übung im Seminar mitmachten. In derselben Zeit hielt
Loeschcke hier in Koblenz und zwar in der Aula des Realgymnasiums am 10.
November 1911 einen Vortrag mit Lichtbildern über den Apollotempel zu
Didymoi in Kleinasien. Warum wir aber hier von diesen Gelehrten sprechen? Er
hat seine großen Verdienste um die Limesforschung in unserem Rheingebiet,
worauf wir nachher zurückkommen werden. Zunächst einiges
persönliches.
Georg Loeschcke war geboren als Sohn des
Apothekers Bernhard Loeschcke zu Penig i. Sa. am, 28. Juli 1852. Er besuchte
das Gymnasium zu Plauen i. V. von Michaelis 1865 bis Ostern 1871, studierte an
der Universität Leipzig von Ostern 1871 bis Ostern 1873 und an der
Universität Bonn von Ostern 1873 bis Ende des Sommersemesters 1876. Zum
Dr. phil. promoviert wurde er in Bonn, am 22. Januar 1876. Er wurde später
außerordentlicher Professor der altklassischen Philologie und
Archäologie an der Universität Dorpat in Russland, am 7. August 1879.
Am 31. Juli desselben Jahres hatte er Katharina Jaeger, die älteste
Tochter des Direktors der Akademie in Leipzig, Gustav Jaeger, geheiratet. Acht
Kinder entsprossen dieser Ehe. In Dorpat wurde er am 20. Mai 1880 ordentlicher
Professor und verblieb dort bis zum 31. August 1889. Am 21. März dieses
Jahres war eher zum ordentlichen Honorarprofessor der Archäologie an der
Universität Freiburg i. B. ernannt worden; er hat aber dieses Amt nicht
angetreten. Am 9. August 1889 ernannte man ihn zum ordentlichen Professor an
der Universität Bonn und am 1. Oktober 1912 folgte er einem Rufe in
derselben Stellung an die alma mater in Berlin. Gestorben ist der am 25.
November 1915 zu Baden-Baden, ist nun also 15 Jahre tot.
Loeschcke war alles andere denn Stubengelehrter.
Er hat sich auf seinen Kunstreisen, die zuerst der wissenschaftlichen
Forschungen dienten und ihn nach Italien und Griechenland führten,
reichste Kenntnisse all der einschlägigen Dinge aus eigener Anschauung
erworben. Und dann lehrte er als Dozent immer, daß die bildliche
Überlieferung gleichberechtigt neben der literarischen hergehen und auch
oft über sie hinausreichen. Darin sei eine besondere Macht diese
bildlichen in Tradition zu erkennen. Grundlegend und maßgebend wurde dann
Loeschckes Bearbeitung der Keramik von Mykene. Mit Adolf Furtwängler (1853
bis 1907), dem Vater des bekannten deutschen Dirigenten, hat Loeschcke das
große Verdienst, neben den glänzenden Goldfunden der mykenischen
Königsgräber die in ihrer Art nicht weniger vollendeten
Denkmäler der Keramik (Gefäße, Tonscherben usw.) zur Geltung
gebracht zu haben. Mit Furtwängler schrieb er über die "Mykenischen
Tongefäße " (1879), über "Mykenische Vasen" (1886) usw.
Als Loeschcke im Osten weilte, hat er sich
eingehend mit der Erforschung der baltischen vorgeschichtlichen Altertümer
befaßt. Sehr beachtenswert aber für uns ist ganz besonders die
Zähne Arbeit, die Loeschcke bei der Erforschung des Römischen Limes
geleistet hat. In einem schönen Nachruf auf Loeschcke (in den Bonner
Jahrbüchern Heft 123, Bonn 1916. Kommt Prof. Dr. Emil Sade'e, Bonn auf
diese Arbeiten Loeschckes zurück).
Seit 1892 wirkte Loeschcke bei der Erforschung des
Limes als sogenannter Strecken- Kommissar von Rhein bis zur Lahn. Die
wichtigsten grundsätzlichen Erkenntnisse und methodischen Fortschritte in
dieser Forschung sind sein. Als es gelang, so sagt er in seiner Antrittsrede
als Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, unter dem
Fundament der Steintürme die Reste älterer Holzbauten aufzufinden war
die historische Aufgabe gestellt: nicht nur den Verlauf der römischen
Grenzen war zu verfolgen, sondern auch die Geschichte ihrer Entstehung
aufzuhellen. Bei Lösung dieser Aufgabe gelang es im Wetteifer mit anderen
Strecken- Kommissaren, die Technik der Ausgrabung zu verfeinern und im
höheren Grade lehrbar zu machen. Mit Aufopferung begab Loeschcke sich an
seine Arbeiten, die im Wald- und Berggelände seiner Strecke auch
körperlich oft recht anstrengend waren. Aber seine Energie, seine
Beobachtungsgabe, sein Scharfsinn führte ihn zu den gewünschten
Ergebnissen. Er räumte störende Mißverständnisse des
Befundes aus dem Wege, wie etwa die irreführende Theorie von der
sogenannten " Versteinung " der römischen Reichsgrenze. Demgegenüber
lehrte er das verstehen, was dann Gemeingut wurde: die drei Perioden des Limes,
der domitianischen - traianischen-, die hadrianische- und endlich die des
dritten Jahrhunderts.
Immer war es ein hoher Genuß für die
Interessenten, Freunde und Schüler, wenn der sie mit hinausnahm und ihnen
unter lichten, freiem Buchenwald zeigte, was aus den unscheinbaren in
Gräben und ihrer Füllung, aus den Pfostenlöchern und
Steintrümmern zu erschließen war, bis selbst dem Fernstehenden statt
der zerstreuten Einzelheiten das lebendige Ganze vor Augen trat.
Energisch hat Löschke mitgewirkt bei der
Begründung der Römisch- Germanischen Kommission oder in der
Museumskommission der Rheinprovinz für die Römisch Germanischen
Forschung, so bei der Förderung der Grabungen zu Haltern (
Römerkastell Aliso (?) an der Lippe), so bei den Trierer Denkmälern,
z.B. bei der Frage der Erforschung der Kaiserthermen. Immer umsichtig war seine
Tätigkeit auf dem Gebiet der Vereinsschriften und Mitteilungen der
Altertumsvereine, angeregt und gefördert hat er eine Reihe von
Doktordissertationen, die grundlegend wurden, so z.B. die Arbeit von Dragendorf
über die sogenannte "terra sigilata".
Ein geborener Redner war Loeschcke, aber nie ein
Schönredner. Klar schied er das Wesentliche vom Unwesentlichen, machte die
Einzelheiten sichtbar und holte dann die großen Leitgedanken so heraus,
daß der Zuhörer mitarbeitete, begreifen, verstehen lernte, wie diese
Einzelheiten in große geschichtliche Zusammenhänge eingereiht
wurden. Auch bei seinen archäologischen Übungen zur Erläuterung
der Welt Homers und in allen seinen sonstigen Vorträgen, die ihn in viele
Städte des Rheinlandes und Westfalens führten, wo er sich auch an
weitere Kreise wandte, verfuhr auch so. Immer half Löschke den
Studierenden und Fragenden mit Wort und Tat, ja er hat sich geradezu für
andere verzehrt, immer lebendig und angespannt und dazu von unverwüstliche
Frische und Heiterkeit, trotzdem ihm das Schicksal eine ganze Reihe schwerer
Schläge durch Krankheiten und Tod in seiner Familie Jahre hindurch
beschieden hatte. Aber Loeschcke blieb unermüdlich bis zum letzten
Augenblick, unermüdlich in Runden des fertig Gestellten, beim Suchen des
Neuen, dem erforschen des Neuen.
Einer der Söhne Loeschckes, Doktor Siegfried
Loeschcke, lebt in Trier als Abteilungsleiter am Provinzialmuseum. Zurzeit ist
er vor allem beschäftigt als Ausgrabungsleiter der "Trier-Kommission", die
seit Jahren mit großen Mitteln den von Siegfried Loeschcke im Jahre 1924
erschlossenen und freigelegten Tempelbezirk dem Altbachtal zu Trier erforscht.
( in: Trierer Zeitschrift Nr. IV, 1929 : Siegfried Loeschcke, Bedeutung und
Gefährdung der großen Tempelgrabungen in Trier. )
Siegfried Loeschcke ist ferner Leiter der
römischen Abteilung des "Deutschen Weinbaumuseums" in Trier. Diese
Abteilung wurde von ihm vor drei Jahren ins Leben gerufen. Mehrfach hat
Loeschcke über die römischen Denkmäler vom Weinbau an der Mosel,
Saar und Ruwer berichtet. Dann liegen von Siegfried Loeschcke bisher eine ganze
Reihe von Arbeiten über römische Kleinkunst vor, vor allem über
Keramik, römischen Lampen und antikes Glas, für welche Gruppen
Siegfried Loeschcke als Autorität gilt. Namentlich, der augusteische
Keramik aus Haltern, die Formtypen der tönernen und metallenen
römischen Lampen aus dem Legionslager Vindonissa ( Aufbewahrungsort Brugg,
Argau und Zürich) aus der Zeit von etwa 25 bis 100 n. Chr. dargestellt.
Auch mittelalterliche Keramik, deren Studium bisher sehr vernachlässigt
wurde, hat Siegfried Loeschcke eingehend erörtert. Außerordentlich
lehrreich ist eine Arbeit über die Tonindustrie von Speicher bei Trier und
Umgebung.
Wir sehen, wie Siegfried Loeschcke den Namen
seines in der Geschichte der Archäologie allgemein geschätzten Vaters
Georg durch seine fleißigen und emsigen Forschungen hochzuhalten versteht
und können nur wünschen, daß er alle Interessenten und Freunde
der alten und auch der neuen Altertumsforschung und Kunst noch lange mit
Arbeiten, die immer wieder auf neuen Forschungsergebnissen beruhen, erfreuen
wird.
Geehrte Besucherinnen und Besucher, wir danken Ihnen für
Ihren Besuch auf unserer Seite und würden uns über eine Nachricht von
Ihnen freuen. GGH_56170 Bendorf/Rhein
Postfach 1218 Für Ihre Anregungen und Hinweise:
|