Elf israelische Studenten aus dem Raum Haifa waren mit
ihren Gastgebern nach Bendorf gekommen, um sich über das frühere
jüdische Leben in einer Kleinstadt zu informieren. Es war ein Gegenbesuch
auf Einladung der Evangelischen Studentengemeinde und Katholischen
Hochschulgemeinde Koblenz.
von Otto Schwenkmezger
BENDORF. 60 Jahre ist es her, daß im Nazideutschland
über jüdischen Synagogen die Feuer loderten. ,,Hier, in Bendorf,
blieb die Synagoge wohl nur wegen der engen Bebauung der Innenstadt vor diesem
Schicksal bewahrt", erläuterte Dietrich Schabow als Sachkenner der
Geschichte der Juden in Bendorf. Wenn auch keine Brandfackeln flogen, so gab es
doch Verwüstungen, und Steine flogen in die Synagoge und das
Textilgeschäft Feist an der Ecke Haupt- und Bachstraße.
Schabow wußte von vielen Juden zu berichten, die sich geradezu
als patriotische Deutsche fühlten sowie von Zeichen der Solidarität
mit den jüdischen Mitbürgern. Nazihetze und Pogrom machten diesen
Verbindungen jedoch am 9. und 10. November 1939 den Garaus. Da war
beispielsweise die Geschichte von Dr. Renzel, der sich durch die SA-Absperrung
einen Weg bahnte, um den schwerkranken Manfred Cahn zu besuchen. Cahns
Beerdigung am 2. April 1939 gestaltete sich zur Demonstration gegen die
Machthaber.
Welch lange Tradition das jüdische Leben in Bendorf
hat, wurde den jungen Besucherinnen und Besuchern auf dem jüdischen
Friedhof bewußt. Urkundlich erwähnt ist er seit 1679. Das
älteste noch vorhandene Grab stammt aus dem Jahre 1746. 1913 schenkte
Textilhändler Salomon Feist der Kultusgemeinde die Erweiterung um elf Ar
und ließ, wohl nach dem um die Jahrhundertwende berühmten Bild ,,die
Toteninsel" von Arnold Böck, den Treppenaufgang bauen.
,,Es findet
sich nichts Ähnliches in Deutschland", betonte Schabow. Gedrückte
Stimmung herrschte unter den Jugendlichen, als sie zum Abschluß im
Kemperhof der Salesianer, der einstigen israelischen Heil- und Pflegeanstalt,
erfuhren, daß ab dem Jahre 1940 hier für die Juden der Region ein
Sammellager eingerichtet war zum Abtransport in die Konzentrationslager. Der
bekannte Dichter Jakob van Hoddis (1887-1942) war auch darunter. ,,Dankbarkeit
ist unter den israelischen Studenten spürbar, daß sie hier Menschen
fanden, die die Geschichte der Juden wachhalten", bemerkten die Leiter der
Gruppe, Pfarrer Martin Becker und Rita Welle, beim Abschied.
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