Ostern im HDH
Dieser Satz weist auf mehr als siebzig Jahre
reiche Gottesdienstgeschichte im HDH hin. Angefangen hat es in den 20er Jahren,
als die Mädchen und jungen Frauen des Jugendbundes ihr Sekretariat von
München nach Bendorf verlegten und hier von der charismatisch begabten
Anna Vogt geführt und geprägt wurden. Innerhalb der Katholischen
Kirche war es die Zeit des liturgischen Aufbruchs besonders bei den
Benediktinerabteien und bei der jungen Generation. Romano Guardini prägte
später den historischen Satz: " Die Kirche erwacht in den Seelen". Es ist
die Zeit der beginnenden Ökumene. Das evangelische Kirchenlied hielt
Einzug in den katholischen Gottesdienst. Stundengebet, Entdeckung der Messe als
Gemeinschaftsfeier, regelmäßiger Empfang der Kommunion und Lesen in
der Schrift gehören dazu. Zu den Neuentdeckungen gehörte auch die
Osternacht, die Jahrhundertelang vergessen und verkümmert war, wo die
Liturgie nur noch der Weihe des Taufwassers und der Osterkerze diente. Nun
wurde die Osternacht als Mitte des Kirchenjahres entdeckt und erhielt wieder
ihren ursprünglichen Platz in der Nacht vom Karsamstag zum Ostersonntag.
In Bendorf wurde an die Texte der Evangelien angeknüpft und die Osternacht
vor Sonnenaufgang in der Natur gefeiert. Später seit den 50er Jahren gab
es auch in Bendorf leidenschaftliche Auseinandersetzungen, bis sich wie
überall in der Katholischen Kirche in Deutschland der jüdische Brauch
der Vigil - der Nachtwache am Vortag - durchgesetzt hatte.
Als Dieter Kittlauß die kommissarische
Leitung des HDH übertragen wurde, übernahm er diese gewachsene
Tradition. Eingeladen waren vor allem Familien und zwar von Karmittwoch bis
Osterdienstag. "Ostern in Bendorf" hieß Mitfeier der großen
Gottesdienste Gründonnerstag, Karfreitag und Osternacht als
Gemeinschaftsgottesdienste. Dazu kamen für die Erwachsenen thematische
Gruppen zu aktuellen Themen, kreative Gruppenarbeit für Kinder und
Jugendliche, aber auch Feiern, Singen, Tanzen und sich Wiedersehen. "Ostern in
Bendorf" war eine Art "religiöses Hochleistungstraining", verlangte
Offenheit und Engagement. Dieter Kittlauß war es ein Anliegen, diese
Tradition am Leben zu halten. Deshalb gab er der Vorbereitung eine breitere
Basis. Im Januar wurden interessierte Jugendliche und Erwachsene nach Bendorf
zu einem Wochenende eingeladen, um "Ostern im HDH" Inhalt und Struktur zu
geben. Jedes Jahr wurde gewissermaßen von neuem gefragt: "Was bedeutet
uns Ostern? Wie wollen wir die Gottesdienste gestalten und die Tage gemeinsam
verleben? Wer kann alles mittun und Verantwortung übernehmen?" Auf dieser
Grundlage setzte sich das liturgische Team in mehreren Klausuren zusammen, um
die Feinplanung vorzunehmen. Am Wochenende des Palmsonntags wurden die Helfer
für das Kinder- und Jugendprogramm vorbereitet. Diese Struktur war
zeitaufwendig und kräftezehrend, aber sie hatte den großen Vorteil,
dass "Ostern im HDH" jedes Jahr ein neues Kolorit bekam, es war immer - in der
Sprache Jesu - der alte Wein in neuen Schläuchen.
Ein weiterer Schritt war die Erarbeitung von neuen
eucharistischen Texten durch das liturgische Team, um die altehrwürdigen
Texte des Römischen Messe in unseren Verstehenshorizont zu
übersetzen.
Hier hat sich der evangelische Partner, Horst
Eisel, große Verdienste erworben. Es gab viele Gottesdienste, die in
Erinnerung bleiben werden. Dazu gehört der Karfreitag auf den Spuren des
Holocaust in der Stadt Bendorf, die Osternacht, wo der alte Pastor Ortgies
Stakemann mit seinem Holzbein als Moses durch die bis auf den Boden
gefüllte Kapelle zog. In Erinnerung bleiben die Osterfeuer im Park des HDH
mit den vielen tanzenden jungen Leuten, der Zug mit Fackeln zur Gymnastikhalle,
aber auch das kreative Musizieren, das Tanzen der Afrikaner, das engelgleiche
Singen des russischen Chores und vor allem immer wieder die Lieder von Taize
als eine Botschaft aus einer anderen Welt. In Erinnerung bleiben wird der
Ostermontag, wo der Mönchengladbacher Künstler, Peter
Weißkopff, ein Bild vorstellte, das er mit seinem Freund in der
Osternacht erstellt hatte, und wie er der Gottesdienstgemeinde die Intoleranz
der Christen ins Gewissen rief, so dass selbst gestandenen Männern die
Tränen kamen.
Es war erstaunlich, wie junge und ältere
Menschen, die trotz langjähriger Distanz zu Kirche die Gottesdienste
mitfeierten. In Bendorf wurde die alte Kirche wieder jung und war deshalb so
faszinierend.
Die thematische Arbeit stand immer unter einem
Leitwort, das die Vorbereitungsgruppe im Januar festlegte. Es gab hier keine
Verengung. Aktuelle politische und gesellschaftliche Probleme waren ebenso
möglich wie sehr spirituelle Themen.
Wenn die 250 Teilnehmenden am Osterdienstag nach
Hauses fuhren, war es wie nach einem Hochleistungssportkampf, aber eigentlich
immer mit einem Glücksgefühl. Für viele Eltern war es ein Motiv,
Ostern nach Bendorf zu kommen, damit ihre Kinder wenigstens einmal im Jahr
Zugang zum christlichen Gottesdienst erhielten. Die altehrwürdigen Texte
des Römischen Messe mussten in unseren Verstehenshorizont übersetzt
werden. |