HERZLICH WILLKOMMEN

Geehrte Besucherin / Besucher, Sie haben eine Seite der Homepage der
Gesellschaft für Geschichte und Heimatkunde von Bendorf und Umgebung e.V.
kurz gesagt der "GGH" angewählt.
Die Gesellschaft für Geschichte und Heimatkunde (GGH) hat es sich zur Aufgabe gemacht Ihnen, wenn Sie wollen, ein wenig über unsere Heimatstadt Bendorf zu berichten. Unser Angebot richtet sich in der Hauptsache an geschichtlich und heimatkundlich Interessierte.
Mehr über Bendorf und unser Angebot auf unserer Startseite

Vorwort
Bendorfs bewegte Vergangenheit über viele Jahrhunderte hinweg hat schon immer das Interesse von sehr vielen Autoren und Chronisten geweckt. Über Bendorfs Geschichte gibt es eine reiche Fülle an Dokumenten, Aufzeichnungen und Erzählungen, welche die Vergangenheit unserer Heimat aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln widerspiegeln. Es erscheint mir daher äußerst reizvoll, einige wertvolle heimatkundliche Aufsätze aus dieser Fülle von Veröffentlichungen erneut der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Ein Problem ist es allerdings, dass von vielen dieser ehemaligen Autoren - trotz sorgfältiger intensiver Recherche - keine Angaben zum Copyright auffindbar waren. Diese Autoren haben ihre Arbeiten überwiegend in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg in verschiedenen Publikationen veröffentlicht. Etliche Zeitungen, wie beispielsweise die alte "Bendorfer Zeitung" oder die Koblenzer Zeitung, sowie Heimatblätter und dergleichen wurden aber spätestens 1937 eingestellt. Ab 1937 veröffentlichten nämlich die damaligen Machthaber in den parteieigenen Presseorganen NS-Presseorganen viele dieser Artikel erneut - ohne Nennung der Autoren, wie man sich denken kann.
Ein Inhaber der Rechte für den folgenden Artikel ist der GGH nicht bekannt; sollte es aber einen geben, so bitten wir höflichst um Nachsicht und entsprechende Informationen, die wir dann gerne und umgehend berücksichtigen werden.

Der erwähnte Aufsatz erschien in:Koblenzer Heimatblatt. 3.Jahrg. 1926, Heft 4
Für die Einstellung ins Internat wurde er entsprechend bearbeitet von W.Kutsche.


Über den Ursprung der Herrschaft Vallendar.

Von Wilhelm Capitain, Köln.


"Ehemals war Vallendar sowohl als die Ortschaften Weitersburg und Mallendar den Grafen von Wittgenstein zugehörig und hieß daher mit Einschluss mehrerer Gemeinden 'Die Herrschaft Vallendar'", so hieß es in der amtlichen Ortschronik von Vallendar.

Die genaueren Einzelheiten über die Entstehung dieser Herrschaften-Autonomie liegen im dunkeln. Warum Vallendar fast bis zum Beginn der Neuzeit mit einer kleinen Anzahl von Nachbargemeinden, einen autonomen Kleinstadt, Jahrhunderte lang bildete, wann und wie diese souveräne Selbstherrlichkeit entstanden ist, das ist dokumentarisch nicht genau nachzuweisen: wie dieses wohl meistens bei derartigen kleinen Herrschaftsgebilden der Fall sein wird, deren es ja, im alten deutschen Reiche, bekanntlich unzählige gegeben hat.

Bei Vallendar führt der Grund wohl zweifellos auf die ursprüngliche Vallendarische Reichsunmittelbarkeit zurück.

Vallendar war seit den frühen fränkischen Zeiten alter Königsbesitz. Hier muss es wohl schon seit den Tagen der fränkischen Einwanderung und Eroberung, einen "Vallendarischen Königshof" gegeben haben, der zwar erst seit 1049 urkundlich erwähnt wird, und im Jahre 1052 von Kaiser Heinrich III durch Schenkungsurkunde abgetreten worden ist.

In der betreffenden Urkunde heißt es ausdrücklich dass das"praedium valendre" durch Erbrecht von den Vorfahren herrührte.

Die hiesigen ritterlichen Edelherren (die Ritter von Vallendar) besorgten die Reichsministerialität, d.h. sie standen in unmittelbarer Dienstpflicht unter dem jeweiligen Kaiser, oder vielmehr in der Dienstpflicht des Reiches.

Wenn auch an der Tatsache des ursprünglichen Königsbesitzes des Vallendarer Gebietes kaum zu zweifeln ist, so geht daraus doch keineswegs hervor, dass die hiesige Dorfsiedlung, an sich, vollständiges Reichs- oder Krongut gewesen sei, wie etwa Sinzig als Reichsdorf in mittelalterlichen ausdrücklich erscheint, etwas derartiges findet sich bei Vallendar urkundlich nirgends erwähnt.

Das Kaiserliche "praedium Valendre", das später öfter als "Königshof" (curia regis und Königsdorf) in den Urkunden vorkommt, scheint allerdings ein umfangreiches Grundgebiet gewesen zu sein, bestehend aus Hofstätten, Hörigen (Leibeignen), Gebäuden, Äckern, Weingärten, Wiesen, Jagden und unbebautem Gelände, Hofareal, Wasserläufen, Mühlen, Fischerei ihren usw. und einen Weingut am Rhein.

Sicherlich hat man aber darunter die Dorfsiedelung, die den Namen Vallendar führte, mit zu verstehen.

Das Königsdorf-Gelände zog sich vermutlich im heutigen Löhrbachgebiet, etwa vom Wiltsberger-Bau bis zum Rheinufer, und dort rheinaufwärts hin, wo hauptsächlich die Weinberge lagen. Bis zum Jahre 1052 mag dieses Gelände noch mehr oder weniger zusammenhängend gewesen sein. Von da ab jedoch zersplitterte es sich anscheinend nach und nach. Große Stücke davon gingen in andere Hände über: es bildeten sich selbstständige Allodialgüter und Gutshöfe im Gebiet der Vallendar Dorfsiedlung, und zwar auch aus dem ehemaligen Krongut des Königshofgeländes. Auf welche Weise dieses vorsich ging, entzieht sich der genauen Kenntnis, es ist aber nachgewiesen, dass es dabei nicht immer rein juristisch zuging, sondern das Usurpation und Gewaltakte mit in Frage kommen.

Die Dorfsiedlung Vallendar war damals der metropolitane Pfarrsitz für ein verhältnismäßig weitausgreifendes Gebiet.

Hier sehen wir den feststehenden Mittelpunkt, woraus später sich in die so genannte "Herrschaft Vallendar", d.h. das autonome Kleinstadtgebilde dieses Rahmens, entwickelte. Wenden wir unsere Blicke einmal auf die Ursiedlung Vallendar (von der vorfränkischen- und vorhistorischen Zeit muss dabei abgesehen werden), so lag das Urdorf aller Wahrscheinlichkeit nach im oberen Teile der heutigen Ortschaft, in der Nähe der Pfarrkirche, wo wir wohl schon in der vorkarolingischen Zeit eine Kirche annehmen dürfen.

Als Hauptbesiedlungsgebiet kommen wohl die heutige Kirchstraße, der Rathausplatz und der obere Teil der Hellenstraße infrage. Die Dorfsiedlungen war in der Frühzeit schwerlich ein regelrechtes Straßendorf, sondern ein so genanntes Haufendorf, mit verstreut liegenden, von Höfen umgebenden, Häusern.

Der Pfarrbezirk Vallendar ging im 10. Jahrhundert weit landeinwärts und grenzte wohl unmittelbar an das Pfarrgebiet Humbach (Montabaur), unterhalb ans Bendorfer Gebiet (das niemals zum Pfarrbezirk Vallendar gehört zu haben scheint): ob er rheinaufwärts in der Frühzeit auch noch die Filialen Niederberg und Arenberg umfasst hat, wie behauptet wird, ist nicht nachweisbar, aber auch nicht so ganz unwahrscheinlich. Jedenfalls aber sind die Grenzen später enger geworden.

Das Pfarrdorf Vallendar war, wie aus dem Vorangeführtem hervorgeht, um 1000-1100 unserer Zeitrechnung, schwerlich ein Reichsdorf, und nur ein Teilgebiet davon war Krongut, dass noch lange den Namen "Königshof" führte, als es auch längst nicht mehr zum Besitz der Krone gehörte.

Das Königshofgelände lag aber zum großen Teile innerhalb des dörflichen Weichbildes.

Das Pfarrdorf Vallendar besaß anscheinend wenigstens volle kirchliche Selbstständigkeit, von einem königlichen Patronat ist nirgends die Rede, wohl aber scheinen die gräflichen Nachbarsouveräne sich die Vogteigewalt über die Pfarrei Vallendar frühzeitig angeeignet zu haben.

Nach den Jahre 1100 tritt Vallendar erst so für uns ins Licht der Geschichte, dass man den historischen Verlauf genau verfolgen kann.

Bis dahin führte es das patriarchaliche Jugenddasein das für jene Zeiten charakteristisch ist: die großen Siedlungskomplexe besaßen eine kirchliche Autonomie: sie waren alle Kirchengut, halb Herrensitz. entweder die Kirche oder der Landesadel beanspruchten die Landeshoheit.

Die früh mittelalterlichen Gemeinden waren noch nicht so festbodenständig wie heute. Alles befand sich noch im flüssigen, im werdenden Zustande.

Die Grenzen waren noch nicht unverrückbar festgestellt. Der Urwald, der niemanden gehörte, konnte in Ackerland umgeändert werden, wo er gerodet wurde, trat neues Land zu dem alten: die einzelnen Gemeinenwesen konnten sich noch fortwährend vergrößern. Erst allmählich festigten sich die Grenzen so, dass die Dorfsiedlungen wirklich unverrückbare und unteilbare Gemeinwesen wurden, die mit ganz bestimmt gezogenen Linien, unmittelbar aneinander grenzten. 1343 gründete der trierische Erzbischof Albero das Nonnenkloster Schönstadt zu Vallendar. Aus der betreffenden Urkunde erziehen wir, dass der Erzbischof Souveränitätsrechte im Vallendar Gebiet geltend machte.

Allerdings handelte es sich ja bei der Klostergründung nur um ein Allodium der Herren von Isenburg, die ihr umfangreiches Gelände "die Isenburgische Hofstatt in Vallendar", - oder vielmehr beim Dorfe Vallendar, durch eine Schenkung vergeben hatten. Der Erzbischof verfügt jedoch, laut jener Urkunde, auch mit oberherrlicher Gewalt, z.B. über das Recht der Waldrodung u.a.

Das damalige Königsallod war damals in den Händen des weit entlegenen Domstiftes Goslar, dass es durch hiesige Vögte verwalten ließ und nachgewiesenermaßen einen großen Teil davon, durch Usurpationen seitens der benachbarten oder hier ansässiger Allodial- und Adelsherren, einbüßte.

Mit fester Hand erscheinen die Grafen von Sayn im Vallendar Gebiet zugegriffen zu haben, wenn auch weniger nach dem ziemlich vogelfrei gewordenen ehemaligen Königsgute, so doch nach dem Hoheitsbesitz des Vallendar Gebietes überhaupt. Das setzte vor allem nach dem Jahre 1200 ein. Damals begann auch das Erzstift in Trier seine Hoheitsrechte auf dem rechten Rheinufer auszudehnen: bezüglich Vallendar aber kamen ihm die diesseitigen gräflichen Dynastien zuvor.

Wir gewinnen den ersten Einblick, in die spezielle diesseitige Entwicklung, durch eine Urkunde von 1228, worin Erzbischof Theoderich von Trier einen Vergleich zwischen der Abtei Sayn einerseits, und dem Dorf und der Pfarrei im Vallendar andererseits, wegen verschiedener Rechte bezüglich eines Gemarkung-Distrikts "Haslog" genannt, im Vallendarer Gebiet, bestätigt.

Es handelte sich um eine Erwerbung, die der verstorbene Graf Heinrich von Sayn, von den "Ersten des Dorfes" erhalten, und bei der Gründung der Sayner Abtei dieser durch Schenkungsakt zugewiesen hatte. Von den "primoribus ville valendrense" - (von den Ersten des Dorfes Vallendar, d.h. von denen, die dort das Verfügungsrecht hatten), war jene Schenkung an den Sayner Grafen erfolgt; bezeichnet sind diese in der Urkunde als "militis et judices cum tota parrochia" - (also die Ritter, die richterlichen Personen und sämtliche Pfarrangehörige des Dorfes Vallendar), unter dem Vorsitzende des Dechanten Rudolf (Pleban, d.h. Pfarrer, von Vallendar.

Unter den Zeugen erscheint ein Hermann von Moltmarken. Ein Hermann von Milenark war aber einer von denjenigen, die sich am schlimmsten am Vallendarer Königsgutbesitz durch Gewaltakte vergangen hatten.

Wir ersehen aus Allem, dass es damals um den Besitz und um die Herrenhoheit im Vallendar ging.

Wenn es sich bei diesem Akte auch nur eine Tatsache von ganz untergeordneter Bedeutung handelte, - um Bebauungs- und Besitzstreitigkeiten eines Flurstückes -, so geht doch aus dem Ganzen hervor, dass die Vallendarer Dorfgenossenschaft, vertreten durch "judices" (Schultheiß und Schöffen und milites (Ritter d. h. die Reichsministerialen Theodoricus de Valndare und Conradus Puzbamus de Valndare), und ganz besonders durch den Ortspfarrer sich dem Sayner Grafen durch eine Schenkung verpflichteten.) Es waren anscheinend die Prämilarien, die einen förmlichen Übergang in die Herrschafthoheit der Grafen von Sayn bald im Gefolge hatten. Damals besaßen diese Grafen längst in Vallendar größere Allodialgüter, ferner Rechte und Gerechtsame: das Weiderecht für Rinder, Schweine und Schafe, die Beholzungsrechte in den Waldungen von Vallendar u. a..

Durch eine Urkunde vom 4. März 1232 erfahren wir dann, dass das Dorf Vallendar, vor kurzem, definitiv unter die Jurisdiktion und Hoheit des Grafen von Sayn gekommen sei.

Hier haben wir also den Beweis des regelrechten Überganges des Vallendarer Gebietes unter die Staatshoheit des gräflichen Hauses Sayn.

Wenn auch in der betreffenden Urkunde nur die Rede ist vom Dorfe Vallendar, so war doch zweifellos die ganze Pfarrei unter die Justiz- und Landeshoheit der Sayner Dynasten gekommen: also auch die Filialdörfer, deren Namen wir in späteren Urkunden erfahren. Leider fehlen uns, außer dieser, nur beiläufige Notiz, irgendwelche andere urkundliche Nachrichten über diesen Vorgang. Wir können sicher annehmen, dass auch bei diesem wichtigen Akte, die ganze Gemeinde (d.h. die Pfarrbevölkerung) in öffentlicher Versammlung (Ortsthing) in der gewohnten Weise gehandelt hat (una mann, pari voce, ad ibsum unnes clamantes) Das hier die Pfarre auf der einen Seite den Kontrahenten bildete, ist kaum in Zweifel zu ziehen: Pfarreibevölkerung und Dorfgenossenschaft sind identisch, der urkundliche Ausdruck lautet eben "tota parochia".
Schade, dass über diesen Akt ein Dokument nicht vorhanden, oder doch bisher nicht aufgefunden worden ist. Es ist sicher anzunehmen, dass auch dabei die "primates, militis, judices et tpota parochia" die Handelnden waren. Wir hätten hier ein wirkliches und interessantes Beispiel im kleinen, des "Contract sozial" des regelrechten Staatsvertrages wo der Staat, "aufgrund der natürlichen Rechte, und durch die freie Vereinigung seiner Bürger, durch einen Vertrag geschaffen wird. ".

Wie aber war es mit der kaiserlichen Bestätigung jenes Vertrags ? und mit der bischöflichen Genehmigung?
Darüber fehlen jede Nachrichten. Das königliche Plazet war wohl durch die Mitwirkung der Reichsministeriale (der Ritter von Vallendar) eo ibso erteilt.

Im übrigen wird der Vollzug des Souveränitätsaktes ganz selbstständig zwischen den beiden Kontrahenten erfolgt sein, dem Grafen Heinrich von Sayn einerseits und der Pfarrbevölkerung andererseits, vertreten durch den Pfarrer, den Dorfrichtern (Schöffen) und die Vallendar Bürgerschaft. Die Pfarrei wird im Einverständnis des Erzbischofs gehandelt haben.

Dem Erzstift das auf der rechten Rheinseite seine Herrschaft damals immer mehr zu befestigen und auszudehnen suchte , war durch jenen Vertrag allerdings ein nicht unbedeutendes Besitzrecht entgegangen, was er später auch mit Gewalt wieder an sich zu bringen suchte. Der Erzbischofs Theoderich scheint aber in gutem Einvernehmen mit dem Grafen Heinrich von Sayn sich befunden zu haben.

Immerhin ist es möglich, dass zu der Vallendarschen Besitzungsergreifung die Einwilligung, seitens des trierischen Erzstifts auch nicht so ganz freiwillig erfolgt ist, denn mit dem Grafen Heinrich III. von Sayn war nicht gut anzubinden. Er gehöre zu denen, die vor Gewalttaten nicht zurückschreckten, wie er denn auch auf seinem Sterbebette Sühne für derartige Akte geleistet hat.

Mag dem nun sein wie im wolle, so war jedenfalls um das Jahr 1230 das Vallendarische Gebiet in unbeschränktem Hoheitsbesitz des Altsayner Grafenhauses. Dass Graf Heinrich III von Sayn damals die volle Landeshoheit in Vallendar besaß, geht aus jener erwähnten Urkunde hervor, worin er den Vallendarischen Untertanen Strafmaßregeln androht.

All diese landesherrlichen Rechte müssen aber durch einen gegenseitigen Vertrag an die Sayner Dynastie gekommen sein, und zwar um jene Zeit , kurz vor dem Jahre 1232. Seit dieser Zeit haben wir also den Beginn der Vallendarischten Autonomie zu datieren, die Entstehung der späteren "Herrschaft Vallendar".

Dass der neue Landesherr einem großen Wert auf diese Neuerwerbung setzte, geht daraus hervor, dass er nicht zögerte, das Vallendargebiet durch Anlage eines festen Burgsitzes daselbst zu sichern. Die Burg zu Vallendar ist wohl von ihm angelegt worden etwa um das Jahr 1240, denn unter seinen unmittelbaren Nachfolgern kam es zu Streitigkeiten über diesen Burgsitz.

Das Vallendarer Gebiet war, von Anfang an, keineswegs im gräflich Saynschen Gesamtstaat, (wenn man so sagen darf), aufgegangen, sondern es bestand autonom für sich, wie sich ja das ganz ziemlich umfangreiche Gebiet der Altsayner Dynasten, aus einer großen Anzahl solcher, zum Teil weit voneinander getrennt liegender Einzelterritorien zusammensetzte.

Die Sayner Grafen besaßen auch das Patronat über die hiesige Kirche, ihnen stammte das Recht zu, den jeweiligen Pfarrer zu ernennen.

Die Altsayner hatten sich jedenfalls frühzeitig das Vogteirecht (die Schirmgewalt) über die Kirche zu Vallendar zu verschaffen gewusst, und daraus entwickelte sich dann in der eben geschilderten Weise, von selbst die Herrschaftshoheit, die aber zweifellos durch einen beiderseitigen Vertrag zwischen der Pfarrei (tota parochia) und den genannten Grafen zustandegekommen ist. Damit hatte der vorherige patriarchalische Zustand ein Ende erreicht, wo anscheinend der Ortspfarrer, im Verein mit den Rittern und Schöffen, auch das Landesregiment hier geführt habe.

Nach dem Tode des Grafen Heinrich von Sayn (1247) ging die gesamte Sayner Grafschaft an das gräflich Haus Sponheim über. Es scheint zu schweren Streitigkeiten über den Vallendarer Besitz gekommen zu sein. Im Jahre 1294 fand eine Erbteilung statt zwischen dem Grafen Johann von Sponheim, der sich aber fortan Graf von Sayn nannte und seinem Bruder Engelbert. Dem Letzteren fiel die Burg und die Herrschaft Vallendar zu: er nannte sich in seinem Titel ausdrücklich "Herr zu Vallendar" (dominus in Vallendar)

Diese so genannte Engelbert'sche Linie nahm um das Jahr 1350 den Namen an: "Grafen von Sayn und Wittgenstein", nachdem die Grafschaft Wittgenstein ihnen durch Heirat zugefallen war.

Aus einer Urkunde von 1363 erfahren wir, dass außer dem Dorfe Vallendar, den Grafen von Sayn-Wittgenstein, Herren zu Homburg und Vallendar, auch über die Dörfer Weitersburg, Höhr, Verldershausen , Endelbach und Hillscheid die Landeshoheits zustand.

Wir haben hier also den vollen Bezirk der Herrschaft Vallendar, wie er damals bestand und auch bis zu ihrer Auflösung zusammen blieb und florierte. Mit dem Gebiet des Pfarrbezirks deckt sich dieses mit der "Herrschaft Vallendar" jedoch keineswegs.

Das Inseldorf Niederwerth gehörte von jeher zur Vallendarer Pfarrei, aber niemals zur Herrschaft Vallendar.

Grenzhausen scheint ursprünglich zur hiesigen Herrschaft gehört zu haben, (nachweisbar ist dieses aber nicht), es war später im Besitze des Gräflichen Hauses Wied, stand aber in nahen Beziehungen zur Pfarrei Vallendar, weil der hiesige Pfarrer und Küster bis in die Neuzeit hinein in Grenzhausen Zehntabgaben bezogen.
Die Dorfsiedlungen Velderhausen und Endelbach, die in jener Urkunde von 1363 und später noch erwähnt werden, sind schon gegen Ende des Mittelalters gänzlich verschwunden: es scheint sich um Ortsdistrikte zwischen Höhr und Hillscheid gehandelt zu haben, die in jenen aufgegangen sind.

Äußerst selten wird die Dorfschaft Mallendar als zur Vallendarischen Herrschaft gehörig urkundlich erwähnt. Mallendar gehörte zum großen Teile dem Deutschherren-Orden.

Der Mallerbach bildete die obere Grenze der Herrschaft Vallendar; was aber oberhalb des Baches vom Mallendarer Gebiet rheinaufwärts lag, gehörte den Deutschherren. Dortselbst besaß das Haus Sayn keinerlei Landeshoheitsrechte. Rheinabwärts ging die Herrschaft Vallendar bis zur Bendorfer Grenze (Horgraben); landeinwärts wurde das ganze Gebiet von Höhr und Hillscheid und noch ein Teil des Ransbacher Waldes mitumfasst.

Die Geschichte dieses mittelalterlichen Kleinstaates bildet eines jener bunten Bilder der ehemaligen Kleinstaaten, die sehr interessante kulturgeschichtliche Einblicke in die damaligen Verhältnisse gewähren.

Graf Salentin verkaufte 1363 die Herrschaft Vallendar an Kurtrier; sie wurde später wieder zurückgekauft, dann zum Teil verpfändet, mit dem Rechte der Wiedereinlösung des in Pfand gegebenen Teils. Kurtriers verweigerte aber die Rückgabe. Die Sayn-Wittgensteiner reichten eine Klage beim Reichsgericht ein, womit sie jedoch nichts erreichten. Jahrhundertelang schwelte dieser unsterbliche Prozess, ohne seine Erledigung zu finden.
Kurtrier bezeichnete die "Herrschaft Vallendar" einfach als "kurtrierisches Amt Vallendar".

Sayn-Wittgenstein gab notgedrungen seine Einwilligung zu dieser Gemeinschaftsherrschaft (Condomium), wobei die Landeshoheit von breiden Souveränen gemeinschaftlich ausgeübt wurde. Dass dieses Verhältnis den Grund zu immer währenden Zwistigkeiten und Reibereien abgab, ist nicht verwunderlich. Dazu kamen Streitigkeiten über das Lehensverhältnis, Kurtrier behauptete auch die vollen Lehenshoheit über die Herrschaft Vallendar.

Die Grafen von Wittgenstein wurden gezwungen, diese für Vallendar anzuerkennen. Die Lehenschaft musste immer wieder von den Wittgensteiner bei jedem Ableben eines Kurfürsten erneuert und neu anerkannt werden. Als dieses einmal versäumt wurde, suchte Kurtrier sogar die volle Herrschaft Vallendar als heimgefallenes Lehen einzuziehen.

Es wurde daraufhin im Jahre 1681 ein Vertrag geschlossen, worin Sayn-Wittgenstein die Hälfte der Herrschaft Vallendar als kurtrierisches Eigentum anerkannte, und sich mit der anderen Hälft belehnen ließ, damit hatte das Grafenhaus selbstverständlich auch das Einlösungsrecht der ehemaligen verpfändeten Hälfte endgültig verzichtet. Wie die Aufteilung des Herrschaftsbezirks in zwei Halbscheide geschah, ist aus dem Wortlaut der Urkunde nicht zu erkennen.

Das Condomium (die gemeinschaftliche Zweiherrenherrschaft) war aufgehoben worden und Kurtrier besaß fortab einen festen Besitztitel auf eine Hälfte des territorialen Herrschaftsgebiets. Nach einer mündlichen Überlieferung soll dieses sogar örtlich genau abgegrenzt gewesen sein, worüber in dem betreffenden Urkunden aber keinerlei Nachweis enthalten ist.
Das neue Verhältnis war ebenso unhaltbar, als das vorherige.

Das gräfliche Haus Sayn-Wittgenstein zog schließlich die Konsequenzen, um dem unerträglichen Zustandes der Zweiherrenschaft über ein so kleines Territorialesgebiet ein Ende zu machen, indem es die ihm verbliebene Hälfte der Herrschaft Vallendar an Kurtrier für den Betrag von 100.000 Gld. mit allen landesherrlichen Rechten verkaufte.

Damit endete im Jahre 1767 die Autonomie des Kleinstaates Vallendar. Die Herrschaft Vallendar war endgültig im Kurstaate Trier aufgegangen.

Sie führte fortan die Bezeichnung des Kurtrierischen Amtes Vallendar.

Ein hübsches Stückchen Mittelalter! Land und Leute gingen durch Handel, Tausch, Verpfändung und Verkauf von einem Landesherren zum anderen über. Derartige Beispiele sind in fernen Zeiten (die noch gar nicht so weit hinter uns liegen), durchaus keine Seltenheit gewesen, denn die Zahlen solcher untreuer? Kleinstaatgebilde im Heiligen Römischen Reiche deutscher Nation war zur Zeit unsere Großeltern schier unübersehbar.

Man befand sich vielfach ganz wohl dabei; wie dann besonders die Vallendarer in jenen Zeiten treu an ihren Landesherren hingen (sogar an der doppelten Landesherrschaft); man war immer stolz auf die souveräne Selbstständigkeit gewesen, deren Verlust man aber bald verschmerzte, weil man einsehen lernte, dass die Zusammengehörigkeit zu einem großen Staatswesen doch ersprießlicher ist, als der kleinstaatliche Dorfpartikularismus.

Im Separatismus ist kein Heil mehr heutzutage. Vallendar aber nahm gerade von seiner Kurtrierischen Zeit an (1767), einen ganz bedeutenden Aufschwung in jeder Beziehung, und es ist sehr zu bedauern, dass es bis dahin im Vergleich mit den unmittelbaren Nachbarstädten leider nicht gleichen Schritt hat halten können.





Geehrte Besucherinnen und Besucher, wir danken Ihnen für Ihren Besuch auf unserer Seite und würden uns über eine Nachricht von Ihnen freuen.
GGH_56170 Bendorf/Rhein
Postfach 1218
Für Ihre Anregungen und Hinweise: