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Die schöne Mansfelderin

Von Hermann Müller †

Die Geschichte, die hier berichtet wird, birgt eigentlich alle Eigenschaften die eine Erzählung interessant machen, denn in ihr spielt neben unverdienter Karriere und späterer rigoroser Gewalt bis zum Krieg eine alles mißachtende Leidenschaft die entscheidende Rolle. Es wird nämlich über die unbeirrte Zuneigung eines Kirchenfürsten zu einer Stiftsdame berichtet, deren Folgen die Entwicklung der Gegenreformation in den Rheinlanden stark beeinflußte und förderte.

Als Graf Adolf von Sayn, der ja in seinem Herrschaftsgebiet die lutherische Lehre einführte, am 30. Juni 1568 starb, hinterließ er eine Witwe, Maria, geborene Gräfin von bdf-0170 und eine Tochter, Dorothea-Katharina. Die Gräfinwitwe heiratete später nochmals, und zwar einen Freiherrn Ernst von Kriechingen. Jener hatte starke Beziehungen zur Stadt Köln, wo er alljährlich der Hochfeier des Peter-und Paul-Festes beiwohnte. So reiste er auch Ende Juni des Jahres 1579 dorthin, wobei ihn nicht nur seine Gemahlin sondern auch deren Schwester Agnes begleitete.

Agnes, Gräfin von bdf-0170

Agnes, Gräfin von bdf-0170, war die jüngste Tochter eines Hauses von altem Adel (westlich von Halle), das aber für seine zahlreichen Nachkommen nicht ausreichend bemittelt war, um alle standesgemäß zu versorgen. Ihre Brüder folgten den Waffen, und einige ihrer Schwestern waren in ihrem Stand auch verheiratet, nur für sie blieb schließlich der Schleier, der Eintritt in ein renommiertes Kloster als freiweltliche Stiftsdame. Sie wurde im Kanonissenstift Gerresheim bei Düsseldorf aufgenommen, von wo sie ihre Schwester Maria zur Reise nach Köln abholte.

Als nun das Freiherrnpaar und die junge Stiftsdame an verschiedenen gesellschaftlichen Empfängen teilnahmen, erregten sie allgemeines Aufsehen, da Agnes von Mansfeld von außergewöhnlichem Liebreiz war und in ihrem Wesen und Auftreten alle Herzen gewann. Man nannte sie bald voll Bewunderung "Die schöne Mansfelderin". Und die Chronik schildert sie als eine dunkle Schönheit mit schwarzem Haar, tiefbraunen Augen und großer Sanftmut.

Kurfürst Gebhard Truchseß von Waldburg

Sogleich weckte sie auch das Interesse des Kölner Kurfürsten Gebhard Truchseß von Waldburg, der sie schon bei der feierlichen Prozession durch die Stadt im Fenster eines Palais bewundert hatte, wobei er ruhig in Kauf nahm, daß der Zug ins Stocken geriet.

Der Kölner Erzbischof und Kurfürst war damals erst 32 Jahre alt. Die Überlieferung schildert ihn als einen wohlgestalteten Mann mit sympathischem Äußeren, dem das Schicksal nun diese stille Schönheit begegnen ließ und der seiner aufbrechenden Leidenschaft zu ihr auch kaum seinem Wesen nach widerstehen konnte, obwohl ihn seine Gelübde banden.

In diesen Umsturzzeiten nach der großen Reformation wurde vor allem in den Städten eine Liberalisierung der Sitten festgestellt, die alle Schichten des Volkes bis zu den Regierenden erfaßte. Dies schlug sich auch in der Kunst, insbesonders in der Malerei und der Architektur mit den Auswüchsen des überschäumenden Barocks nieder. Und jener junge geistliche Fürst des Kölner Erzstiftes war ganz ein Mann seiner Zeit. Er stammte aus altem Adelsgeschlecht der Erbtruchsessen von Waldburg (Oberschwaben), die ein berühmtes Wappen mit den drei schwarzen Löwen auf goldenem Schild und Pfauenfedern als Helmzier führten, das ihnen einst der letzte Hohenstaufe übertragen hatte. Die Geschichte des unglücklichen Konradin ist bekannt: Am 29. Oktober 1268, wurde auf Befehl Karl von Anjous, der Konradin in Italien besiegt hatte, der l6jährige letzte Hohenstaufe auf den Stufen der Karmelitenkirche in Neapel enthauptet. Mit ihm starb sein Freund Friedrich von Baden, während man seinen anderen Getreuen Heinrich von Waldburg begnadigte. Bevor der blutjunge König sein Haupt zum Todesschlag neigte, streifte er seinen Wappenring vom Finger und übergab ihn mit seinem Handschuh Heinrich, der die Trauerbotschaft seinem Schwager Peter von Arragonien zu überbringen hatte. Jener ließ Heinrich von Waldburg den Ring zum Andenken und ehrte ihn mit dem Wappen für sein Haus. Seitdem waren die Grafen von Waldburg hochangesehen, so daß sie später beim Kaiser das Amt der Kämmerer und Hofmeister, der Truchsessen also, erhielten und erblich bestätigt bekamen. Einer der Vorfahren Gebhards war der berüchtigte Georg III, Truchseß von Waldburg, der für die überaus grausame Niederwerfung des großen deutschen Bauernaufstandes 1525 verantwortlich war.

Gebhard wurde am 12. November 1547 auf Schloß Heiligenberg am Bodensee geboren, von wo seine Mutter, eine Gräfin von Fürstenberg, stammte. Da sein Vater, Wilhelm Truchseß von Waldburg, früh starb und sein Bruder Karl die Nachfolge anzutreten hatte, wurde er zum geistlichen Stand bestimmt. Sein Onkel, Erzbischof von Augsburg und späterer Kardinal, Otto von Waldburg, übernahm seine Erziehung. So schickte er ihn auf die Hochschulen von Ingolstadt und auch nach Loewen in den Niederlanden, wo der junge Studiosus zum ersten Mal mit der protestantischen Glaubenslehre vertraut wurde. Später besuchte er noch die Universitäten von Perugia und Bologna in Italien. Noch während seines Studiums erfolgte dank seines Standes und seiner glänzenden Beziehungen eine kontinuierliche Beförderung zu geistlichen Würden, die zunächst mit der Ernennung zum Kanonikus im Domkapitel zu Augsburg im Jahre 1567 ihren Abschluß fand.

Kurfürst Salentin von Isenburg-Grenzau

Doch schon ein Jahr später, 1568, wurde ihm der durch die Wahl des Grafen Salentin von Isenburg zum Kurfürsten von Köln nun freigewordene Platz des Domherrn im dortigen Kapitel verliehen. Dies war schon eine hohe Auszeichnung und eine steile Karriere für einen jungen Mann von nur 21 Jahren, der sich dieser Würde in seinem jugendlichen Alter kaum bewußt war. Denn nach seiner Rückkehr aus Italien führte er in Augsburg durchaus kein geistliches Leben, so daß sich sein Onkel, der Kardinal, 1569 in Briefen an Herzog Albrecht von Bayern beklagte, daß sein sonst nicht ungeschickter Neffe, nachdem er eine Zeitlang gar eingezogen und gottesfürchtig gelebet, sich nun so unpfäffig erzeige, sich in beharrliche Völlerei, weltliche Kleidung und ungeistigen Wandel begeben habe und hin und wider in die Stadt schwärme und wie ein unbestimmter Mensch thue. Doch konnte Herzog Albrecht, der den Betroffenen hart ins Gericht nahm, bald Kardinal Otto mit der Versicherung beruhigen: "Gebharden halte sich auf seine feste Ermahnung hin wieder eingezogen und gottesfürchtig.

Der neuernannte Domherr ließ sich trotzdem wenig in Köln sehen, so daß man ihn auch gern von dort ziehen ließ, als er 1574 vom Domkapitel in Straßburg zum Domdechanten gewählt wurde. Aber gerade seine Passivität in Köln gereichte ihm später zum Erfolg. Denn während des langwierigen Streites des dortigen Domkapitels mit seinem Kurfürsten Salentin von Isenburg um Pfründe und Verteilung der Zolleinkünfte, hatte sich Gebhard von Waldburg nicht eingemischt und nie Partei genommen, so daß man ihn nun, als der Kölner Kurfürst seine schon oftmals geäußerte Drohung, zu resignieren, wahrmachte und zurücktrat, zur engeren Wahl zum Leiter des Erzstiftes vorschlug. Neben dem Freisinger Bischof Herzog Ernst von Bayern, ferner dem Bischof von Straßburg Johann Manderscheid, standen noch der Chorbischof Herzog Friedrich von Lauenburg zur Wahl, die dann am 5.12.1577 für Gebhard, Truchseß von Waldburg, entschieden wurden.

Sogleich versicherten sich seine Nachbarn, die Kurfürsten von Trier und Mainz, daß der neue Erzbischof von Köln und Kurfürst, dessen Neigung zu protestantischen Kreisen bekannt war, streng nach dem römisch-katholischen Glauben sein Erzstift regieren wolle. Denn es hatte mit seinen Vorgängern hierin viel Ärger gegeben, als seinerzeit Erzbischof Friedrich Graf von Wied sich weigerte, das damals neue Trientiner Glaubensbekenntnis anzuerkennen, so daß er auf Anordnung von Papst Pius V. 1567 zurücktreten mußte.

Und auch sein Nachfolger Salentin von Isenburg machte in gleicher Angelegenheit Schwierigkeiten, ehe er durch Einschreiten der Kurie nachgab. So mußte daher im April 1578 der neue Kurfürst und Erzbischof von Köln in die Hände des Trierer Erzbischofs und Kurfürsten Jakob III. von Eltz den Eid auf das Trientinische Glaubensbekenntnis ablegen, ehe er die päpstliche Bestätigung erhielt.

Zunächst ließ sich auch der neue Kurfürst gut an, förderte die Wissenschaften und erließ in der Kirchenverwaltung liberale Reformen. Aber mit den Finanzen verstand er nicht zu wirtschaften, so daß der kurfürstliche Hof bald in Schulden geriet, wozu auch sein aufwendiger Lebensstil viel beitrug. In jene Zeit brach nun; das Ereignis des St. Peter- und Paul- Festes, wo Gebhard der schönen Stiftsdame Agnes von Mansfeld begegnete.

Christian von Stramberg berichtet in seinem "Rheinischen Antiquarius", daß ein von Hof zu Hof ziehender Italiener, Hieronymus Scotti, ein zweiter Cagliostro, kleineren Formates allerdings, bald hinter die Leidenschaft des jungen Kölner Kurfürsten, Gebhard Truchseß von Waldburg, zu der Stiftsdame Agnes von Mansfeld kam. Und da Scotti auf Kosten der Leichtgläubigkeit seiner Zeitgenossen ein fideles Leben führte und am kurfürstlichen Hof als eine Art "Lustigen Rates" bei der Tafel die hohen Gönner zu amüsieren hatte, dachte er sich einen besonderen Coup aus. Er besorgte sich ein kleineres Bild der schönen Mansfelderin, das er in einem Handspiegel auf der Rückfläche einfassen ließ. Bei großer Tafel in vorgerückter Stunde und bester Stimmung bat er sodann alle, in den "Zauberspiegel" zu schauen, wobei alle auch nur ihr eigenes Konterfei entdeckten, doch beim Kurfürsten drehte er ihn blitzschnell um, nachdem er vorher eine Abdeckung weggestreift hatte, so daß Gebhard von Waldburg erglühend seine Angebetete erkannte und somit auch von allen durchschaut war. Lächelnd nahm er den Beifall der Tischrunde hin.

Nun, da dies hof- und damit stadtbekannt war, leitete auch gleich die ehemalige Gräfin Maria von Sayn, die Schwester der schönen Stiftsdame, den weiteren Liebeshandel mit dem Kurfürsten ein. In der katholischen Bürgerschaft begann sich aber bald Unruhe breit zu machen, da Gebhard keine Heimlichkeiten zeigte, sondern sich offen zu seiner Liebe bekannte. Doch als auch sein Domkapitel ihm Vorwürfe machte und die Entfernung der schönen Mansfelderin aus Schloß Brühl forderte, dachte er daran zu resignieren, da er von seiner Leidenschaft zu dieser außergewöhnlich schönen Frau nicht ablassen wollte.

Eine vertrauliche Meldung des Grafen Johann von Nassau an das Haus Oranien in den Niederlanden vom November 1580 bestätigte dies, in der es hieß: "daß Gebharden sein bisher geführtes Leben, das meist durch Völlerei unchristlich verlief, bereue und daran denke, abzustehen und sich zu verheiraten, um sein Gewissen nicht länger also zu beschweren".

Aber seine, Vertrauten waren davon wenig erbaut, denn sie rechneten mit Herzog Ernst von Bayern, dem Bischof von Freising, als Nachfolger in Köln. Und gerade dieser Freisinger Oberhirte, der zudem noch vom Kaiser stark unterstützt wurde, war einer der schärfsten Gegner des Protestantismus. So schlug man aus jenen Kreisen Gebhard vor, vom Domkapitel, das seinerzeit auch seinem Vorgänger Salentin zur Beilegung der Streitigkeiten einer evtl. Heirat im Amte nicht im Wege stehen wollte, dasselbe zu fordern. Doch damals war die Situation um den Kurfürsten ganz anders, da Salentin nie zum Erzbischof und auch nicht zum Priester geweiht worden war und nur das Amt des Kurfürsten verwaltete, und zwar vorzüglich verwaltete, was Finanzen und Kirchenpolitik betrafen. Nun aber hatten sie es mit einem geweihten Priester, dem Oberhirten der Diözese, zu tun, und hatten vor allem Rücksicht auf das Kirchenvolk zu nehmen, das hier am Rhein wenig Verständnis für die Querelen und Gebotsübertretungen der geistlichen Obrigkeit aufbrachte. So lehnte das Kölner Domkapitel das Ansinnen seines Erzbischofs strikt ab, zumal nun schon zwei Jahre der Skandal dieses Konkubinats andauerte. Zudem hieß es, daß die gräflichen Brüder der Agnes von Mansfeld zu Beginn des Jahres 1582 dem Kurfürsten bereits das Eheversprechen abgenötigt hätten. Gebhard von Waldburg selbst gestand später, er habe schon vor jener Zeit resignieren wollen, sei aber von seinen guten Freunden umgestimmt worden. Diese Vertrauten und Berater haben wir namentlich in einigen Wetterauer Grafen, wie Johann v. Winneburg, Adolf von Solms, ferner in dem Grafen Heinrich IV. von Sayn sowie in Georg und Ludwig von Wittgenstein, die am Kurpfälzischen Hof in Dienst standen, der ganz die Partei Gebhards einnahm. Auch der Erzbischof von Bremen, Herzog Heinrich von Sachsen, der heimlich eine Kölner Bürgerstochter geheiratet haben sollte, war Gebhards eifriger Berater. Sie rieten ihm zur Einführung der protestantischen Lehre im Erzstift und dann zur Heirat. Obwohl der Konflikt einfach mit der Wegschickung der Stiftsdame nach Gerresheim zu lösen gewesen wäre, konnte sich der Kurfürst nicht dazu durchringen, vielmehr überließ er es seinen Vertrauten, sein weiteres Schicksal zu lenken. Diese aber versuchten nun nach dem in den Niederlanden praktizierten Ablauf die Reformation zuerst in Köln durchzusetzen. Und zwar veranlaßten sie die wenigen protestantischen Bürger der Stadt beim Rat um Gestaltung freier Religionsausübung zu bitten, was abgelehnt wurde. Daraufhin ließ der protestantische Graf Adolf von Neuenahr in seinem vor den Toren Kölns gelegenen Hause in Mechtern an einem Sonntag im Juli 1582 einen protestantischen Prediger einen Gottesdienst abhalten, wozu nun schon aus Neugierde viele Bürger aus der Stadt herbeiströmten. Nun glaubte man, dem Stadtrat das Interesse der Bürger bewiesen zu haben und forderte die Erlaubnis, auf den öffentlichen Plätzen predigen zu dürfen. Auf solche Weise hatte man in den Niederlanden die Protestantisierung der Städte durchgeführt. Doch der Kölner Stadtrat verbot nicht nur protestantische Predigten innerhalb der Stadt, sondern auch vor den Toren und scheute sich nicht, Geschütze auf das Haus des Neuenahrer Grafen richten zu lassen, als dort wieder ein protestantischer Gottesdienst abgehalten wurde. Da machte Kurfürst Gebhard den Vermittler und bewog Adolf von Neuenahr, das Predigen einstellen zu lassen.

Doch jetzt wandten sich die Protestanten an die auf dem Reichstag zu Augsburg versammelten protestantischen Stände und verlangten durch diese die Einschaltung des Kaisers zu Anweisungen an den Kölner Stadtrat und den Kurfürsten in ihrer Sache. Gebhard glaubt hierin schon Anlaß zu haben, in seinem Erzstift mit der Reformation zu beginnen. Doch wagte er dies nicht in Köln selbst, sondern begab sich ins Oberstift und zur Veste Recklinghausen, um dann weiter ins kölnische Herzogtum Westfalen zu ziehen, wo er seine Freunde, die Wetterauer Grafen, die von Sayn und Wittgenstein und den Erzbischof von Bremen traf, die ihm aber rieten, zunächst abzuwarten.

Währenddessen war man im Domkapitel zu Köln nicht müßig, wo der Chorbischof von Lauenburg die Initiative zu einer Gegenaktion an sich riß und die Tore vor dem heimkehrenden Kurfürsten verschließen ließ. Agnes von Mansfeld konnte sich noch nach Bonn begeben, wo ja die eigentliche Residenz der Kölner Kurfürsten lag. Gebhard stellte nun mehrere hundert Soldaten in Dienst, mit denen er Bonn besetzte und sein Hofleben wieder aufnahm. Doch die Bonner Bürger waren wenig von seinem und seiner Begleiterin Aufenthalt erbaut, obwohl die schöne Mansfelderin viel für die Armen tat. Ihre Anmut und Huld verminderten nicht die Vorurteile, die man wider das Zusammenleben eines geistlichen Fürsten mit ihr hatte. Ihre Milde die überall Wohltaten ausstreute, ward einfach anders eingeschätzt, indem man glaubte, sie wolle die Gemüter der Untertanen mit Geld umstimmen, Geld aus dem erzbischöflichen Stiftsschatz, den der Kurfürst heimlich aus Schloß Brühl nach Bonn schaffen ließ. Die Stimmung der Bürger wurde bedrohlich, als er das Franziskanerkloster in der Stadt, einen Hort großen Widerstandes, räumen ließ. Aber seine Söldner sorgten für Ordnung.

Mit Beginn des neuen Jahres 1583 erließ Kurfürst Gebhard eine Freistellungsedikt, das er auf gedrucktem Plakat veröffentlichen ließ und das jedem freie Religionsausübung ohne Verfolgung zusicherte. Weiter gebot er, die Kirchen auch für die protestantische Konfession zu öffnen. Auf dieses für seine Gegner provokante Geschehen hin berief das Domkapitel mit Unterstützung des Kaisers Rudolf II. von Habsburg, des römischen Legaten Kardinal Madruzzo und des Feldherrn Königs Philipp II. von Spanien, Farnese, der seine Truppen im Süden der Niederlande bereitstehen hatte, einen allgemeinen Landtag nach Köln, um über das Schicksal des Kurfürsten zu entscheiden.

Der Landtag trat am 27. Januar 1583 zusammen, wobei Gebhards Anhänger mit Kurfürst Ludwig von der Pfalz an der Spitze, dann Graf Johann von Zweibrücken, die Wetterauer und die Sayn-Wittgensteiner Grafen neben Adolf von Neuenahr erschienen. Die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, durch Abordnungen vertreten, ließen dringend vor Anwendung offener Gewalt und vorallem vor Herbeirufung spanischer Hilfstruppen warnen. Man hoffte von Seiten Gebhards, daß auch der Kurfürst Daniel von Mainz und der Bischof Julius von Würzburg auf seine Seite treten würden. Doch dann entschied sich die große Mehrheit der drei weltlichen Landstände, Grafen, Ritterschaft und Städte klar für das Domkapitel. Papst Gregor XIII. ließ den Kurfürsten durch ein warnendes väterliches Breve wissen, daß er weiterhin im Amt bleiben könne, wenn er seine Amtsgeschäfte und auch sein Leben ändern würde. Aber Gebhard, maßlos enttäuscht von der Entscheidung des Landtages, erklärte voll Zorn den Beitritt zum Protestantismus, ließ sich am 2. Februar 1582 in Bonn durch den zweibrückischen Superintendenten Pantaleon Candius mit Agnes von Mansfeld trauen und hielt ein prächtiges Hochzeitsfest. Paar Tage später zog er in großen Gefolge von Bonn nach Dillenburg zu dem protestantischen Grafen Johann von Nassau, von da nach Marburg zu Landgraf Wilhelm von Hessen und auf dem Rückwege besuchte er den Grafen Heinrich IV. von Sayn.

Nachdem Kurfürst Gebhard von Köln die Stiftsdame Agnes von Mansfeld geheiratet hatte, war die Langmut der Kurie in Rom diesem renitenten Kirchenfürsten gegenüber erschöpft:

Papst Gregor XIII. setzte ihn als Erzbischof ab und verfügte eine Neuwahl. Doch in Köln wußte man inzwischen daß nur mit Waffengewalt die Absetzung des Kurfürsten zu schaffen war, Und so rüstete man und stellte auf Seiten seiner schärfsten Gegner im Kölner Domkapitel ein Heer auf, das noch von spanischen Hilfstruppen aus den nahen Niederlanden verstärkt wurde und unter dem Oberbefehl des Chorbischofs Friedrich von Lauenburg stand, der zunächst Kaiserswerth bei Düsseldorf besetzte, um die dortigen Zolleinnahmen für das Domkapitel sicherzustellen.

Kurfürst Gebhard mußte nun auch zur Aktion schreiten, um nicht jenseits des Rheins Gebiete zu verlieren. Zunächst brachte er seine Frau in der Burg Godesberg in Sicherheit, ehe er sich in das kölnische Herzogtum Westfalen wandte, wo der Protestantismus besonders unter dem Adel viel tiefere Wurzeln geschlagen hatte als am Rhein. Auch hier verbreitete er sein Freistellungsedikt und ließ die Kirchen für die beiden Konfessionen öffnen. Als er jedoch vernahm, daß Herzog Ernst der Bischof von Freising, als künftiger Kurfürst von Bayern her unterwegs war, ging er rigoros mit der Protestantierung in Westfalen vor, so daß bald die Reste wirklicher Cultusfreiheit schwanden und viele Katholiken teils freiwillig, teils gezwungen das Land verließen. Während er so reformierend in den westfälischen Städten umherzog, zugleich aber durch Erhebungen von Kontributionen und durch Rekrutierungen seine Kriegsmacht verstärkte, entbrannte am Rhein der Krieg. Denn das Heer der Kölner griff die Kriegsscharen des Grafen von Neuenahr an, der wiederum von Truppen aus der Pfalz und den Grafschaften Nassau, Sayn und Wied unterstützt wurde. Bonn stand unter dem Befehl des Bruders von Gebhard, Karl Truchseß von Waldburg, der die Stadt trotz des Unwillens seiner Bürger lange Zeit erfolgreich verteidigte: Da die Truppen des Domkapitels zunächst kaum Erfolge errangen, erging Ende Februar 1583 an den ehemaligen Kurfürsten von Köln, Salentin von Isenburg, vom Domkapitel, das ihm alle frühere Unbill verzieh, die Bitte um Übernahme des Oberbefehls. Denn Salentin war als rauher Kriegsmann gefürchtet. Bei einer Zusammenkunft im befestigten Andernach, der südlichen Eckbastion des Kölner Erzstiftes, einigte man sich, zumal auch der Kaiser ihn durch seine Vertreter drängte. Sofort nahm Salentin mit Hilfe seiner alten Freunde unter dem rheinischen Adel und in den Städten eine Reihe von Ämtern im Oberstift des Kölner Bistums in Andernach, Linz, Neuerburg, Altenwied und Rheinbach in Besitz, legte Besatzungen in Schlösser und feste Plätze und ließ die Untertanen dem Domkapitel Treue schwören. In Köln selbst schlug er einen Aufruhr der Zünfte hart nieder, die auch als überzeugte Katholiken zum Kurfürst Gebhard halten wollten, da er ihnen viele Zugeständnisse während seiner Amtszeit gemacht hatte.

Aber mit der Zeit zeigte es sich, daß Salentin, so tapfer und sicher er den Kleinkrieg zu führen wußte, für größere militärische Operationen doch nicht der Mann war. So gab man ihm Schuld, daß die vom Pfalzgrafen Johann Kasimir dem Kurfürsten zu Hilfe gesandten französischen und schweizer Kriegsscharen unter dem Kommando eines Dr. Peter Beutterich bis Köln vorstoßen konnten, wo sie Ort und Kloster Deutz niederbrannten und mit der Belagerung der Stadt begannen. Salentin konnte aber das Pfalzgrafenheer rheinaufwärts zurückdrängen und ihm bei Unkel eine empfindliche Niederlage beibringen, so daß es sich in Auflösung bis zum Neuwieder Becken zurückziehen mußte. Bei Engers und beim Praemonstratenserkloster Rommersdorf konnten sich die Geschlagenen unter dem Schutz der Grafen von Sayn und Wied in großen Biwaks sammeln, ehe sie wieder den Kriegsschauplatz betraten. Doch sah man sie gerne abziehen, da sie die Umgebung ausplünderten und die Bevölkerung drangsalierten.

Die Lage wendete sich gänzlich, als der Bruder des zur Wahl stehenden neuen Kurfürsten Ernst von Bayern, Ferdinand, mit 3000 Mann Fußvolk und 1000 Reitern im Erzstift Köln erschien und den Oberbefehl übernahm.

Der noch in einigen Gebieten amtierende Kurfürst Gebhard verschwand nun mehr und mehr aus dem Kriegsgeschehen. Nur seines Namens bedienten sich noch seine Anhänger, die auf eigene Faust ihren Krieg führten, wie Graf Adolf von Neuenahr und Martin Schenk von Nydeggen, der niederländische Hilfsvölker befehligte, um in den folgenden Jahren bald diese, bald jene Stadt des Erzstiftes zu erobern, zu plündern und zu brandschatzen.

Gebhard von Waldburg begab sich, als er schließlich von der Wahl Herzogs Ernst von Bayern am 23. Mai 1583 zum neuen Kurfürsten und Erzbischof von Köln erfuhr, mit seiner Gemahlin zum Hofe Wilhelms von Oranien, der 1581 die nördlichen protestantischen Provinzen Hollands in der Union von Utrecht vereinigt hatte und auch gegen die spanische Besatzung im Süden der Niederlande behauptete. Doch als jener 1584 in Delft ermordet wurde, schloß Gebhard sich Lord Leicester an, den Königin Elisabeth I. von England mit 6000 Mann zur Unterstützung Wilhelms gegen die Spanier nach Delft gesandt hatte. Und jener Lord Leichester ermöglichte später einen Besuch der "Kölner Kurfürstin", wie Agnes seit ihrer Heirat teils mit Respekt teils mit Hohn genannt wurde, am englischen Königshof in London. Sie gewann dort durch ihre Schönheit und ihr vornehmes, sanftes Wesen die Sympathien des Hofes und auch der Königin, die sie mit den Ehren einer Fürstin empfing. Doch geriet sie dann in ein böses Ränkespiel, da sie zur entscheidenden Audienz zur Unterstützung ihres Mannes, von ihren heimlichen Neidern und Mißgünstigen in schwarzen Samt, in Haube und mit goldenem Kreuz ausstaffiert, derart erschien, daß die Ahnungslose täuschend Maria Stuart ähnelte, die kurz zuvor Elisabeth hatte hinrichten lassen. Der Affront war für die Königin, die als unbeherrscht und launisch bekannt war, so furchtbar, daß sie in hellem Zorn die sofortige Entfernung der Kurfürstin befahl, die erschrocken zurückwich und hinauslief. Fluchtartig verließ sie mit ihrem Gefolge London und schiffte sich nach den Niederlanden ein, wo sie ihrem Gemahl nur noch das Scheitern ihrer Mission überbringen konnte. Die Sache des ehemaligen Kurfürsten stand schlecht. Das Hilfsheer des Pfalzgrafen war aufgelöst, und die übrigen protestantischen Fürsten versagten sich ihm endgültig, darunter auch die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, die den neuen Kölner Erzbischof Ernst von Bayern nun anerkannten. Bonn war längst gefallen und sein Bruder Karl in Gefangenschaft geraten, als die Bevölkerung den bayerischen Truppen unter Herzog Ferdinand die Stadttore öffnete. Die restlichen, noch für Gebhard kämpfenden Kriegsvölker wurden sowohl im Ober-, als auch im Unterstifts des Erzbistums besiegt und zerstreut. So mußte der frühere Kurfürst mittellos und ohne Macht schließlich mit seiner schönen Gemahlin in Straßburg Zuflucht suchen, wo er glaubte, noch immer das Amt des Domdechanten von früher her innezuhaben. Aber das dortige Domkapitel vertrat die Ansicht, die päpstliche Absetzung gelte auch für das Amt des Domdechanten, und versuchte, ihn und die anderen protestantischen Kapitelsherren, die Grafen Georg von Wittgenstein, Adolf von Solms und Johann von Winneburg, die inzwischen vom neugewählten Papst Sixtus V. exkommuniziert worden waren, vom Domkapitel ganz auszuschließen.

Die Gebannten, darunter auch Gebhard, bemächtigten sich aber der dortigen Stiftshäuser und sicherten sich mit Zustimmung des Straßburger Magistrates die Stiftseinkünfte. Sie konnten sich weiter in Straßburg behaupten, da ihnen in der Bürgerschaft viele Protestanten zur Seite standen.

So blieb Gebhard Truchseß von Waldburg mit seiner Gemahlin Agnes bis zu seinem Tode im Straßburger Domdechanat. Mangel und Krankheit trübten seine letzten Jahre, doch für Agnes von Mansfeld bedeuteten sie eine Zeit voller Frieden nach den unsteten und bedrohlichen Jahren zuvor. Den Tod seines geliebten Bruders Karl mußte Gebhard noch 1593 hinnehmen, ehe auch er kränker wurde. Am 15. März 1601 machte er sein Testament, in dem er den Herzog von Württemberg zum Dank für empfangene Wohltaten zu seinem Erben bestimmte und mit der Versorgung seiner Frau betraute.

Am 21. Mai 1601 starb dann der ehemalige Kurfürst von Köln, Gebhard Truchseß von Waldburg, und fand seine Ruhestätte neben der seines Bruders im Münster von Straßburg. Die protestantische Geistlichkeit, sowie die dortige Universität, die ihn wegen seines großen Wissens sehr geachtet hatte, veranstalteten eine ehrenvolle Bestattungsfeier. Sein Grabmonument wurde später aus dem Münster entfernt, wie auch das seines Bruders.

Über das weitere Schicksal der schönen Mansfelderin, die zurückgezogen in einem Schloß in Württemberg lebte, schweigt die Chronik. Ihretwegen hatte ein Mann, der der Kirche geweiht war, alles gewagt, zuviel verlangt und erwartet und dann alles verloren. Sein Scheitern war für die Gegenreformation entscheidend zur Erhaltung und Festigung des rheinischen Katholizismus. Denn der Versuch, das wichtigste Erzstift und Kurfürstentum in Deutschland mit allen Mitteln zur lutherischen Lehre zu reformieren, womit im Kurfürstenkollegium, das ja den König zu wählen hatte, die Mehrheit protestantisch geworden wäre, veranlaßte schleunigst den Vatikan, eine ständige Nuntiatur in Köln einzurichten, um künftig derartige Bestrebungen besser entgegenwirken zu können. Bis in unsere Zeit blieb diese päpstliche Nuntiatur. So war neben seinem für seine Zeit viel zu gewagtem Verhalten Gebhards größter Fehler sein Mangel an realer Einschätzung der eigenen Kräfte und der seiner Gegner. Sonst hätte er solch folgenschwere Entscheidungen nicht treffen können, die letztlich in einem blutigen Krieg, dem sog. "Kölner Krieg" endete, der mitunter auch "Truchseßcher Krieg" genannt wird. Jener bot mit dem Einmarsch fremder Söldner und deren brutalen Taten, wie z.B. die Niedermetzelung aller männlichen Einwohner von Breisig durch spanische Landsknechte, schon das Vorspiel auf den kommenden großen Krieg, der 30 Jahre lang dauern sollte.

Das von Konradin übernommene Wappen der Truchsessen von Waldburg
Nachzeichnung des Verfassers






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