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Vorwort
Bendorfs bewegte Vergangenheit über viele Jahrhunderte hinweg hat schon immer das Interesse von sehr vielen Autoren und Chronisten geweckt. Über Bendorfs Geschichte gibt es eine reiche Fülle an Dokumenten, Aufzeichnungen und Erzählungen, welche die Vergangenheit unserer Heimat aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln widerspiegeln. Es erscheint mir daher äußerst reizvoll, einige wertvolle heimatkundliche Aufsätze aus dieser Fülle von Veröffentlichungen erneut der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Ein Problem ist es allerdings, dass von vielen dieser ehemaligen Autoren trotz sorgfältiger intensiver Recherche keine Angaben zum Copyright auffindbar waren. Diese Autoren haben ihre heimatkundlichen Arbeiten überwiegend in Heimatjahrbüchern, Heimatkalender, Heimatblätter oder als Zeitungsbeilagen veröffentlicht. Etliche Zeitungen, wie beispielsweise die alte "Bendorfer Zeitung" sind schon seit Jahren eingestellt.
Ein Inhaber der Rechte für den folgenden Artikel ist der GGH nicht bekannt; sollte es aber einen geben, so bitten wir höflichst um Nachsicht und entsprechende Informationen, die wir dann gerne und umgehend berücksichtigen werden.

Der erwähnte Aufsatz erschien in: BendorferZeitung , vom: 19,08,1989
Für die Einstellung ins Internat wurde er entsprechend bearbeitet von W.Kutsche.

Bauer verhinderte den Schwedenputsch

Eine Episode aus der uralten Geschichte der PrämonstratenserAbtei Sayn
Nach einem Bericht aus dem Archiv des Bendorfer Museums

Nacherzählt von Josef Nieth †

Gründungsmitglied der GGH


Die Abtei Sayn (um 1700)

Eine besonders frohe Hochzeit war es nicht, die der Jungbauer Johannes Kalb am 24. Juni 1632 in Stromberg feierte, denn die Zeiten waren schlecht und man befand sich mittendrin im 30jährigen Kriege. Der Feinde waren es viele und sie tummelten sich in deutschen Landen grad wie es ihnen gefiel.

Und wie es das Unglück wollte, war das gerade der Tag, an dem die schwedische Soldateska den Putsch auf die Abtei drunten im Tal machte. Die Stromberger, genau so wie überall die Menschen, vorsichtig und gewitzt geworden, durch die schlimmen Verhältnisse, bemerkten noch früh genug den feindlichen Kriegshaufen, der sich ihrem Ort näherte. Hals über Kopf, den schönen Festbraten und alle anderen guten Dinge im Stich lassend, suchte die Hochzeitsgesellschaft mit Eltern, Brautmutter und dem Bruder Pfarrer, schleunigst Schutz in dem Steinbruch, der im hinteren Buchenforst war, um sich dort zu verstecken.

Nachdem die Späher meldeten, daß der ganze Zug Kriegsvolk im Dorf verweile und sich im Vorbeigehen an der entdeckten langen Hochzeitstafel breitmachte, gerade so, als wäre dieselbe für sie bestellt gewesen, kam dem jungen Hochzeiter als einzigem die einleuchtende und vernünftige Idee - und das noch dazu an solchem Tage - daß man sofort ins Tal müsse, um das Kloster zu warnen.

Die ängstlich schluchzende Braut wurde von der Mutter mit der Versicherung getröstet, die Schweden würden ihren Liebsten schon nicht so schnell einholen denn sie habe, als Witwe gewohnt, an alles zu denken, im letzten Augenblick noch den Pfeffer aus dem Pfeffertopf in den Wein geschüttet, denen werde das schnelle Reiten dadurch schon vergehen.

Gar sorgenvolle und schlimme Gedanken mochten dem Johannes durch seinen Kopf gehen, derweil er den kürzesten und schnellsten Weg nehmend, kurzerhand in der Wasserrinne, fast senkrecht, talabwärts sprang. So den alten, breiten Heerweg meidend, konnte er schon nach einer knappen halben Stunde aufgeregt an der Klosterpforte zu Sayn pochen und mit letztem Atem, die Brüder erkannten den flotten Burschen kaum in dem festlichen Putz, ,,die Schweden" schreiend, diese vor der großen Gefahr warnen, die auf sie zukam. Der Schreckensruf war noch nicht verklungen, da erhoben sich die Brüder schon wie ein Schwarm aufgescheuchter Krähen und kopflos rannten sie alle durcheinander und es gehörte schon die ganze Macht und Autorität des Abtes dazu, sie zu bewegen, zu helfen, die kostbaren Gewänder und wertvollen und edlen Gefäße hinauf ins feste Haus des Herrn von Spangenberg zu schaffen.

Kaum war dieses geschehen, ritten schon die Schweden, die mit dem schwiegermütterlich gepfefferten Wein doch besser, wie gedacht, fertig geworden waren, durch Friedhofstor in die Abtei ein. Johannes kam es jetzt vor, als wäre er von Braut und Außenwelt soweit abgeschlossen, als ob Stromberg gut seine 100 Meilen von Sayn abläge. Schnell streifte man ihm noch eine schwarze Prämonstratenserkutte über und somit war aus dem schmucken Hochzeiter, der statt abends bei seinem geliebten Mädchen unterzukriechen gedachte, jetzt ein frommer Klosterbruder zu Sayn geworden.

So erheiternd diese Verwandlung unter normalen Umständen gewesen wäre, so konnte keinem auch nur das geringste Lächeln entlockt werden, denn die schwedischen Reiter gebärdeten sich wie wild und tobsüchtig, als ihnen die Erkenntnis kam, daß ihr geheimer Überfallsplan von der Aushebung des Klosters, offensichtlich bekanntgeworden und verpfiffen war.

Und da die goldenen Vögel, nämlich der Schmuck, die Kleinodien und der ganze Klosterschatz, auf den dieselben es ja in erster Linie abgesehen hatten, scheinbar ausgeflogen waren, ließen sie ihren ganzen Ärger und ihre maßlose Wut an den armen schwarzen Raben, also den Klosterbrüdern, aus. Daß dabei die Klosterküche und der im tiefen Keller wohlbewahrte Klosterwein herhalten mußten, um sie einigermaßen zu befriedigen, kann man gut verstehen und was nicht den Schlund hinunterging, fiel der allgemeinen Verwüstung anheim.

Kaum daß die Schweden ihre Bäuche gefüllt und ihre Kehlen heißer gegröhlt hatten und etwas Ruhe eingetreten war, denn sie lagen in Reihen schlafend, friedlich zwischen Kreuzen und Säulen der Gräber des Friedhofes, da kam erneuter Kriegslärm auf in dem sonst so stillen Tal. Ein schwacher Trupp Kaiserlicher war auf ihrem Erkundungsritt den Schweden über den Weg gekommen und nichts Gutes ahnend, hatten sie deren Spur verfolgt. Droben in Stromberg hatten sie die Hochzeitstafel vollends leer gegessen und kamen ohne Sicherungen den Berg hinunter. Die Schweden, trotz ihrer vollen Bäuche und umnebelten Köpfe, waren im Nu im Sattel und die Kaiserlichen kamen unversehens in arge Bedrängnis, denn zwischen Kreuzgang und Brexbach waren die vordersten Schwedenreiter schon unter ihnen.

Da aber ertönte ganz unerwartet und mit lautem Knall vom Dach des Umgangs eine kräftige Salve. Dort droben nämlich hing Johannes mit einer Anzahl junger Brüder und mit den Musketen, die sie den vom Hochzeits und Klosterwein endgültig Besiegten und in tiefem Schlafe liegenden Schweden abgenommen hatten, gabs kein schlecht Donnerwetter in die erschreckte Soldateska. Die Kaiserlichen bekamen durch diesen unvermuteten Segen von oben etwas Luft und bei der zweiten Ladung waren sie es schon, die an den Feind drangingen und nicht wenig erschreckt über die unerwartete Hilfe, Hals über Kopf auf ihren Gäulen gestreckt, gingen die Schweden mit verhängten Zügeln auf und davon, hinter sich lassend, was mochte.

Das Kloster war für diesesmal gerettet und Johannes, von allen bedankt und den Segenswünschen der Brüder begleitet, ließ sich nicht mehr im Kloster halten, es drängte ihn vielmehr, nachdem die Arbeit getan war, und wer könnte das nicht verstehen, zu nichts mehr als zu seiner jungen Frau.

Die Abtei Sayn  (um 1900)

Die lange Kutte ungewohnt, hinderte ihn doch sehr beim Gehen den steilen Berg nach Stromberg hinauf. Er verfluchte ein bißchen den Übereifer des Küchenmönches, der sein feines Hochzeitskamisol beim Einreiten der Feinde kurzerhand in den prasselnden Kamin geworfen und den verräterischen spitzen Hut noch hinterher gefeuert hatte.

Die Stromberger daheim hatten inzwischen die Kaiserlichen gesehen und das Schießen drunten im Tal gehört und da sie niemand zurückkehren sahen, mit Recht daraus geschlossen, daß ihr Hochzeiter sich zwischen den kaiserlichen und fremden Reitern befand. Hart gemacht durch harte Zeiten, verstanden sie sich, zumal das Feuer aufgehört hatte, daß man nichts Gescheiteres tun könne, als die Hochzeit, so gut es mit fremden Spenden gehen mochte, wieder herzurichten und auf den lang verweilenden Hochzeitsmann zu warten.

Nicht mehr so recht wollte Fröhlichkeit aufkommen, hatten doch die Schweden in aller Eile Kästen und Schränke erbrochen und Hemd und Kamisol, was nicht mitgehen konnte, verdreckt und vertan.

Die Lugposten brachten da plötzlich den jungen Bruder Johannes an und gleichzeitig die Märe von dem tapferen Bräutigam und Dachreiter zu Sayn. Das gab dann ein Lärmen, Begrüßen und Freuen und nur die schämige Braut traute sich nicht an den Johannes ran, denn ihr lag es fern, den heiligen Rock zu entweihen. Nun kam der Arme doch zum zweitenmal an diesem Tage in große Not, denn waren ihm eben noch die schwedischen Schnauzbärte über den Hals gekommen, so war es jetzt seine eigene geliebte Frau, die vor ihm zurückwich, als sei er der leibhaftige ,,Gottseibeiuns." Aber die gewiefte Schwiegermutter wußte auch hier guten Rat und da das Kriegsvolk tatsächlich keinen einzigen Männerrock ungeschoren gelassen, saß in allen Ehren lieblich mit Schnepptaille und Klunker angetan, der brave Bräutigam neben seiner hold errötenden Braut.

So kam es, daß am Tag des Schwedenputsches auf Sayn anno 1632, der junge Bauer Kalb aus Stromberg, am selben Tag Hochzeiter, Klosterbruder und Frauenzimmer gewesen und noch vor kanpp hundert Jahren zeigte der Wirt des Dorfes einen Silberbecher mit gräflich Sayn'schem Wappen und zwei schwedischen Sattelpistolen, zum Andenken an den Schwedenputsch.




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