Graf Heinrich IV. von Sayn  *1539 - † 1606

Graf zu Sayn und Herr zu Homburgk, Moncklar und Mentzburg

Excurs

Stellung und Funktion des Domkapitels im geistlichen Churstaat

Von Dieter Kittlauß




Die Hauptaufgabe des Domkapitels war die Wahl des Erzbischofs und Kurfürsten sowie die Regierung des Kurstaates beim Tode eines Kurfürsten bis zur Wahl des neuen. Sein Haupteinfluss wurde gesichert durch die Wahlkapitulationen, in denen jeweils alte und neue Privilegien des Domkapitels festgelegt wurden und auf die der jeweilige Kurfürst bei seinem Regierungsantritt vereidigt wurde.

Das Domkapitel hatte als Körperschaft eigenes Vermögen (Pfründen) von beträchtlichem Umfang. In der Praxis führte dieses Verfahren dazu, dass immer wieder Verwandte ernannt wurden und das Kapitel von einer kleinen Gruppe von Familien beherrscht wurde. Die Wahlkapitulationen waren die Vereinbarung zwischen dem neuen Kurfürsten und dem Domkapitel. Diese begrenzte die Handlungsmöglichkeit des neuen Kurfürsten und sicherte die Rechte des Domkapitels. Oft wurde festgelegt, dass das Domkapitel bei wichtigen finanziellen Angelegenheiten zustimmen musste.

Das Domkapitel nahm innerhalb des Staatsverbandes eine nahezu autonome Stellung ein. Es war von Zöllen und Steuern befreit und hatte das Recht auf eine eigene Verwaltung seiner Güter. Außerdem verfügte es über eine eigene Jurisdiktion und einen persönlichen Beamtenapparat, der die Geschäfte besorgte. Es hatte das Recht zur freien Zuwahl seiner Mitglieder. Die Zahl der Mitglieder des Domkapitels (Domherren, Kapitulare) war festgeschrieben, auch welcher Adelsrang vorgeschrieben war. An der Spitze stand der Dompropst, der vom Kapitel gewählt wurde. Ihm zur Seite stand der ebenfalls gewählte Domdechant, dem die Geschäftsführung oblag. Die reichsunmittelbare Stellung der Domherren, die Existenz der Wahlkapitulationen und die Tatsache, dass ihnen bestimmte Ämter im Staat vorbehalten waren, sicherte dem Kapitel Privilegien, Immunitäten und Einfluss auf die Politik. Man hätte sich in jedem Fall einem tyrannischen Kurfürsten widersetzen können. Dies alles führte aber auch zu einem gewissen Dualismus zwischen Kurfürst und Domkapitel im Hinblick auf die Macht im Kurstaat. In der Praxis traf aber wohl allein der Kurfürst und sein engster Beraterkreis die politischen Entscheidungen. Regelmäßige Steuereinnahmen und ausgedehnte Güter ermöglichten ihm zumindest eine relativ unabhängige Innenpolitik. Als Beamte in der Verwaltung mussten die Domherren den Befehlen des Kurfürsten Folge leisten, um ihre Stellung nicht zu verlieren. Sie waren also dort eher gezwungen, sich dem Kurfürsten unterzuordnen, als dass sie es sich hätten leisten können, die Interessen des Kapitels allzu stark zu vertreten. Dies traf vor allem dann zu, wenn es die Domherren anstrebten, Familienmitglieder in der Verwaltung unterzubringen. Auf der anderen Seite stammten Kurfürst und Domkapitel meist aus der gleichen Gesellschaftsschicht und damit Interessengruppe. Insofern galt Ausgleich und Mäßigung als Verhaltensregel zwischen beiden und war auch Voraussetzung für den Erhalt der Regierungsform. Die Kurfürsten hatten ein hauspolitisches Interesse, möglichst viele Verwandte im Kapitel unterzubringen, von denen vielleicht einer die Nachfolge antritt und damit die eigene Regierungsweise stabilisiert. Mit diesem Ziel konnten die Kurfürsten sich nicht rücksichtslos über die Interessen des Domkapitels hinwegsetzen. Zwischen Kurfürst und Domkapitel existierte quasi eine Symbiose, beide waren voneinander abhängig, beide versuchten die Macht des anderen einzuschränken, wobei man im 18. Jahrhundert jedoch eine Dominanz der Kurfürsten, besonders der aufgeklärten, feststellen kann, vor allem da ihnen allein der Behörden- und Beamtenapparat als Machtinstrument zugute kam. (s. 12, 13)

Heute:
Das Kölner Domkapitel zählt heute 16 Mitglieder, wovon vier nicht am Dom leben und als "Nichtresidierende Domherren" bezeichnet werden. An der Spitze des Kapitels stehen ein Dompropst, den das Domkapitel wählt, und ein Domdechant, den der Erzbischof ernennt. Die Domherren werden durch den Erzbischof von Köln ernannt, wobei er im Wechsel einmal auf Vorschlag des Kapitels ernennt und dann wieder nach Anhörung desselben. Hausherr der Kathedrale ist in Köln das Domkapitel und nicht der Erzbischof. Es wählt nach dem Tod oder dem Rücktritt einen neuen Erzbischof und unterstützt den Erzbischof bei der Verwaltung des Bistums.

Das Lebensbild von Jobst Edmund von Brabeck , eines späteren Kölner Domherren, soll hier als Beispiel dienen.