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Dieser Aufsatz ist auch erschienen in:
Heimat-Kalender für den Landkreis Koblenz 1963, S. 69

Dr. Albrecht Erlenmeyer (1849-1926)

Ein Lebensbild

Von Robert Schmitt †


Bendorf — weithin bekannt als eine rührige, ja blühende Industriestadt — war aber in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und noch bis weit in unser Jahrhundert hinein auch eine "Kurstadt"' und zwar eine Kurstadt ganz eigener Art.

"Heilanstalt Rheinau", Haupteingangsseite

Zwischen 1850 und 1920 finden wir dort nicht weniger als zehn private Anstalten für Irre, meist behutsamer als "Nerven- und Gemütskranke" bezeichnet. Wie weit oder wie eng dabei die medizinischen Unterschiede auch gefaßt sein mögen und welche volkswirtschaftliche "Standort" - Theorie man auch immer aus dieser merkwürdigen Zusammenballung von derartigen Anstalten ableiten möge, der nüchterne und realistische Sinn der Bendorfer selbst kann dadurch nicht getroffen und ihr Ruf davon nicht beeinträchtigt werden. Einige dieser Anstalten hatten nur ein recht kurzes Leben. Hier wollen wir nur die bedeutendste von ihnen, nämlich die Erlenmeyersche Anstalt, behandeln und ihren Leitern, vor allem dem Geheimen Sanitätsrat Dr. Erlenmeyer, unser besonderes Augenmerk zuwenden.

Der Begründer der Anstalt war freilich bereits der Vater, Dr. Adolf Albrecht Erlenmeyer. Wir finden ihn 1846 als Arzt in Langenschwalbach. In diesem Jahre legte er mit sehr gutem Erfolge seine Prüfung als Geburtshelfer ab; zu der Prüfungskommission gehörte u. a, auch der bekannte Koblenzer Geheimrat Dr. Settegast. Im Jahre 1848 ließ sich Dr. Erlenmeyer in Bendorf nieder und widmete von dieser Zeit an der aufstrebenden Psychiatrie sein hohes Können und seine ganze Energie. Schon zu Beginn der 50er Jahre scheint er dann eine eigene Anstalt für diesen Zweig der Heilkunde begründet zu haben; denn am 20. Februar 1856 bescheinigt der damalige Oberpräsident von Kleist dem "Vorsteher der Privat-Anstalt für Nervenleidende und Blödsinnige zu Bendorf Dr. Erlenmeyer", daß er sich "sowohl als Leiter dieser Anstalt als auch in seiner sonstigen Praxis und als Herausgeber des Korrespondenz. Blattes der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und gerichtliche Psychologie als tüchtiger praktischer und wissenschaftlicher Arzt" bewährt habe. Die weitere Anerkennung Dr. Adolf Erlenmeyers in der Form seiner Ernennung zum Sanitätsrat ließ daraufhin auch nicht mehr lange auf sich warten.

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Warum unter diesen Umständen die Erlenmeyersche Anstalt in ihren eigenen späteren Prospekten ihre Gründungszeit erst mit dem Jahre 1866 angibt, ist nicht recht verständlich. Vielleicht will man nur die bisherige ominöse Bezeichnung als Anstalt für Blödsinnige etwas in Vergessenheit geraten lassen; denn der neue Name lautet ab 1866 "Heil-Anstalt für Nerven. und Rückenmarks-Kranke", und auch das "Rückenmark" fällt bald unter den Tisch! Sehr rasch hat sich ja der Ruhm der Erlenmeyer'schen Anstalt weit verbreitet. Im Jahre 1861 schon besteht die Anstalt aus einem großen, schloßartigen Gebäude mit zwei etwas niedrigeren Seitenflügeln und vielen Nebenbauten; um diese Zeit wird sie auch noch durch den Ankauf einer weiteren großen Villa erweitert. Sie beherbergte damals 45 männliche und 25 weibliche Kranke, darunter z. B, auch einen Amerikaner mit zwei eigenen Gesellschaftern, und ein Russe hatte deren sogar drei mitgebracht. Vornehme Patienten verfügten auch noch über eigenes Dienstpersonal. Das Streben nach Aufheiterung gehörte zur Therapie Dr. Erlenmeyers für diese Art von Kranken. Es finden gemeinsame Promenaden in dem großen hauseigenen Park statt, der sich bis zum Rhein hinzieht, oft bei Gartenmusik durch Bendorfer Musiker, es wird ein kleiner zoologischer Garten mit ausländischen Tieren gehalten, eine Gemäldesammlung ist vorhanden, allabendlich gibt es nach dem Essen Zusammenkünfte der Herren, wobei man sich im "Internationalen Casino" in mehreren Sprachen unterhält, und manchmal wird dabei auch ein Seidel Bier verabreicht, alles streng "nach ärztlicher Vorschrift" und meistens im persönlichen Beisein von Dr. Erlenmeyer. Angesichts der sehr strengen Vorschriften für diese Art von Anstalten und der häufig wiederholten Revisionen verwendet Dr. Erlenmeyer allergrößte Sorgfalt auf die Erhaltung des guten Rufes seines Hauses, und dies gilt sowohl hinsichtlich der Patienten als auch hinsichtlich des ärztlichen und sonstigen Personals. Von draußen betrachtet man die Sitten auf der "Villa" manchmal mit Achselzucken; doch Vorwürfe von "Orgien", widerrechtlicher Zurückhaltung oder gar Mißhandlung von Patienten und dergleichen kann Dr. Erlenmeyer meistens leicht widerlegen. Nur ganz selten werden in der Erlenmeyerschen Anstalt bei den Revisionen wirkliche Mißstände vorgefunden, während sich bei der "Konkurrenz" die Beschwerden oft häufen und bisweilen zum Entzug der staatlichen Konzession führen.

Der Albrechtshof, Patienten konnten sich hier freiwillig an frischer Luft, je nach Lust und Laune betätigen

Im Jahre 1877 starb Dr. Adolf Albrecht Erlenmeyer. Das Eigentum an der Anstalt ging formell auf seine Witwe Emma Erlenmeyer geb. Tillmann über. Die ärztliche Leitung fand in dem Sohne Dr. Albrecht Erlenmeyer einen weitaus ebenbürtigen Nachfolger, und ihm stand dabei der Schwiegersohn bzw. Schwager Dr. Halbey tatkräftig zur Seite. Der zweite Sohn Max Erlenmeyer hatte die ökonomische Leitung inne. Im gleichen Jahre 1877 wurde die Anstalt dann auch noch weiter um- und ausgebaut. Bereits 1871 hatte Dr. Halbey, Sohn eines Oberforstmeisters, eine selbständige Konzession für eine "Irren- Heil- und Pflege-Anstalt" auf dem Gut Albrechtshöhe bei Bendorf erhalten, und ebenso hatte Dr. Albrecht Erlenmeyer jr. im April. 1873 eine eigene Konzession für eine "Privat- Heil- und Pflege-Anstalt für Gemüts- und Nervenkranke" in Bendorf bekommen. Alle diese Komplexe einschließlich des Vorwerks Meisenhof wurden nun zusammengefaßt.

Albrecht Erlenmeyer jr. wurde am 9. März 1849 in Bendorf geboren. Er besuchte das Gymnasium zu Koblenz, studierte sodann Medizin an den Universitäten Bonn und Halle, machte als Assistenzarzt den Feldzug von 1870/71 mit und beschloß danach seine medizinischen Studien in Würzburg und Greifswald. Im Februar 1875 erhielt er seine ärztliche Approbation, und noch im gleichen Monat errang er seinen Doktortitel.

Mit einer schon in der ersten Studienhälfte verfaßten Arbeit "Über die Paralyse" eröffnete Dr. Albrecht Erlenmeyer eine lange Reihe von wissenschaftlichen Werken, von denen der weitaus größte Teil die Medizin und hier wieder vor allem das Spezialfach der Psychiatrie betrifft. Bereits eine Liste von 1887 weist 38 verschiedene Arbeiten auf, von denen damals schon zwei in zwei Auflagen, eine weitere sogar in drei Auflagen gedruckt worden waren. Eine weitere Liste der Erlenmeyerschen Schriften aus dem Jahre 1913 liegt leider selbst nicht mehr vor; doch wissen wir, daß ihr allein 45 Sonderdrucke von Arbeiten aus seiner Feder beigefügt waren. Für das Ende seines Lebens fehlen zahlenmäßige Angaben; er hat aber bestimmt bis dahin noch eine ganze Reihe weiterer wissenschaftlicher Aufsätze veröffentlicht. Erlenmeyers wissenschaftliches Hauptwerk über "Die Morphiumsucht und ihre Behandlung" (1883) hat mehrere Auflagen erlebt und ist auch in fremde Sprachen übersetzt worden. Im Jahre 1877 begründete Erlenmeyer das "Centralblatt für Nervenheilkunde, Psychiatrie und gerichtliche Psychopathologie" dessen Schriftleitung ihm lange Jahre hindurch oblag. Erlenmeyer war Ehrenmitglied der belgischen "Société de Médecine Mentale" und korrespondierendes Mitglied zahlreicher medizin-wissenschaftlicher Vereinigungen in Deutschland, Spanien, Rußland, Luxemburg, Österreich und USA.

Zweifellos war Erlenmeyer in seinem wissenschaftlichen Werk von einem ungeheuren Ehrgeiz getrieben, der ihn auch nach äußeren Ehrungen streben ließ. Schon 1888 ersehnte er sich heiß den Sanitätarat-Titel, der ihm aber damals trotz Anerkennung seiner wissenschaftlichen Leistungen und seines zuverlässigen Charakters noch versagt werden mußte, da er ja erst 39 Jahre zählte und erst 15 Jahre lang Arzt war. Zum Ausgleich bemühte er sich dann fünf Jahre lang stark um den Professoren-Titel, der ihm aber ebenfalls aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt wurde, weil er nämlich keine Lehrtätigkeit ausübte. Doch bekam er dann 1893 wenigstens den Charakter eines Sanitätsrats. Wieder ziehen sich die Verhandlungen einige Jahre lang hin, dann erfolgt 1903 die Charaktererhöhung zum Geheimen Sanitätsrat. 1913/ 14 werden dann die nochmaligen Anträge auf Verleihung des Professoren-Titels mit der gleichen Begründung wie früher abgelehnt, wenn auch im übrigen seine Verdienste als "hervorragender Gelehrter und hochverdienter Arzt" in vollem Umfange anerkannt werden.

1886 erhielt Dr. Erlenmeyer den Kgl. Schwedischen Wasa-Orden für die erfolgreiche Behandlung eines Flügeladjutanten des Königs von Schweden. Außerdem wurde er mit dem Kgl. Sächsischen Albrechtsorden I. Klasse ausgezeichnet sowie mit dem Fürstl. Waldeckschen Verdienstorden II. Klasse, letzterer dafür, daß Erlenmeyer auch die geisteskranken Armen aus dem Fürstentum Waldeck lange Jahre hindurch zur Pflege in seine Anstalt aufgenommen hatte.

Heilanstalt  "Rheinau", Gartenseite

Dr. Albrecht Erlenmeyer hatte nämlich - getreu seinem immer und bei allen Gelegenheiten bewiesenen humanitären Charakter - die anfängliche Exklusivität seiner Anstalt wesentlich gemildert. Wenn uns auch für die ersten Jahrzehnte keine Patientenlisten, sondern nur gelegentliche Hinweise auf den Patientenkreis vorliegen, so läßt doch das für die Jahre 1893-1920 noch vorhandene Patientenverzeichnis deutlich genug erkennen, daß wenigstens von da an auch das mittlere Bürgertum und bisweilen sogar "einfache Leute" in die Anstalt auf-genommen wurden und dort - wenn auch nicht des früheren Luxus - so doch der zweifellos gleichgebliebenen ausgezeichne-ten therapeutischen Behandlung teilhaftig wurden. Die Zeiten begannen sich ja damals in Bezug auf die gesellschaftlichen Klassen schon etwas zu ändern. Noch immer ist freilich die Erlenmeyersche Anstalt insgesamt ein vornehmes Heim. Noch immer gibt es Patienten, deren wirtschaftliche Verhältnisse den Aufenthalt in der verhältnismäßig kostspieligen Anstalt auf die Dauer von zwanzig, ja dreißig und mehr Jahren gestatten. Noch immer greifen hier die Behörden ein, wenn die Männerabteilung in der neuen Villa durch das Zirpen der Heimchen belästigt wird. Der Regierungspräsident höchstselbst fordert die Anstalt zur Beseitigung der genannten Tierchen auf - und verlangt Vollzugsbericht

Heilanstalt  "Rheinau", Haupteingangsseite (Richtung Bendorf)

In richtiger Vorausahnung des Zeitenwandels baute Dr. Erlenmeyer in den Jahren 1890/91 seine Anstalt innerlich und äußerlich abermals um und nannte sie nunmehr "Wasserheilanstalt Rheinau". Er gab ihr den Charakter eines "Sanatoriums für Nervenkranke". Geisteskranke sollten überhaupt von der Aufnahme ausgeschlossen sein, ferner solche Patienten, die für die Umgebung störend seien oder die gar überwacht werden müßten. Nun wandelt sich auch die Dauer des Aufenthaltes der Einzelpatienten. Es bleiben zwar bis zum Ende noch immer einige langfristige Fälle aus dem Kreise der früheren Patienten, aber es gibt nun auch viele mit ein-, zwei- oder dreijährigem Aufenthalt, und schließlich gar solche für wenige Wochen oder Monate.

Adolf Albrecht Erlenmeyers Witwe, Emma geb. Tillmann, starb am 2. November 1900 Wenige Jahre später, etwa 1903, starb auch ihr Schwiegersohn Dr. Halbey, der ebenfalls zum Sanitätsrat ernannt worden war. 1907 gründeten die Erben eine GmbH, von der Geheimrat Dr. Albrecht Erlenmeyer und die Witwe Halbey je ein Drittel der Anteile (von insgesamt 645 000 Mark) besaßen, während das dritte Drittel unter Frau Hedwig Beckhaus geb. Erlenmeyer und Fräulein Paula Erlenmeyer aufgeteilt war. Kurz vor dem ersten Weltkriege verkaufte Dr. Albrecht Erlenmeyer den Komplex Albrechtshof. Im ersten Weltkrieg starben die beiden Söhne von Albrecht Erlenmeyer und Emma geb. Jordan den Heldentod und ebenso auch ihr Schwiegersohn Hähner.

Der Anstaltskomplex an der heutigen Hauptstr. Die vordere Gebäudereihe wurde im 2.Weltkrieg durch Bombentreffer total zerstört. In den beiden Gebäude im Hintergrund ist heute das Bürgermeisteramt

Geheimrat Dr. Albrecht Erlenmeyer war mittlerweile schon hochbetagt und in Ermangelung jüngerer Hilfskräfte aus der eigenen Familie den schweren Verhältnissen der Nachkriegszeit nicht mehr so recht gewachsen. So wurde im Jahre 1920, mit der beginnenden Inflation, die Erlenmeyersche Anstalt gänzlich aufgelöst. Die noch vorhandenen Patienten wurden an andere Anstalten überwiesen; die Krankenblätter und Krankengeschichten wurden dem Bürgermeisteramt in Bendorf zur Aufbewahrung übergeben, jedoch so, daß eine unbefugte Einsicht durch Dritte ausgeschlossen sein sollte. Große Teile der Liegenschaften übertrug Geheimrat Dr. Erlenmeyer damals der Stadt Bendorf zu äußerst günstigen Bedingungen, insbesondere das Gelände mit dem heutigen Stadtpark, mit dem jetzigen Rathaus und dem Berufsschulgebäude. Zur Anerkennung seiner vielseitigen Verdienste um die medizinische Wissenschaft, insbesondere aber auch zum Dank für seine nicht minder bedeutsamen Verdienste um das Wirtschaftsleben der Stadt Bendorf und auch um die öffentlichen Belange seiner Vaterstadt - Erlenmeyer war ja auch lange Jahre hindurch Mitglied des Stadtrats - wurde ihm am 16. Mai 1922 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Bendorf verliehen.

Erlenmeyers Interessenkreis war aber noch viel weiter gespannt. War er schon in seiner Studienzeit als Mitbegründer des Koburger S.C. ein eifriger Verfechter der Freiheit, so strebte er auch späterhin als Freimaurer die Freiheit und überhaupt jede humanitäre Idee mit ganzer Kraft und heißer Liebe an. Und da er, wie gesagt, ein eifriger Schriftsteller war, so hat er in dieser doppelten Eigenschaft auch wertvolle Beiträge zu der Geschichte der Freimaurerei im mittelrheinischen Raume geliefert. Zum Johannisfest 1854 verfaßte er eine Abhandlung unter dem Titel "Studien zur Geschichte der Freimaurerei in Neuwied", und dieses Manuskript bildete dann die Hauptgrundlage für die 1899 von Arwid Liersch herausgegebene Schrift "Die Freimaurerei in Neuwied in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts". Erlenmeyer selbst veröffentlichte sodann im Jahre 1901 eine noch viel umfangreichere Arbeit dieser Art unter dem Titel: "Die Gründung der St.-Johannis-Loge Friedrich zur Vaterlandsliebe im Or . . zu Coblenz". Neben der Geschichte dieser Loge und ihrer Vorgängerin, der „Union désirée", enthält das genannte Werk mehr als fünfzig, zum Teil recht umfangreiche Biographien bedeutender Freimaurer im mittelrheinischen Raume, wie z. B. von Georg Baersch, Nikolaus Nebel, Johann Friedrich Wilhelm Deinhard, Franz Gerhard Wegeler, Joseph Andreas Anschütz, Max von Schenkendorf usw. Übrigens hat Albrecht Erlenmeyer im Jahre 1924 auch eine Biographie seines eigenen Vaters in der Sammlung "Deutsche Irrenärzte" erscheinen lassen.

Dr. Friedrich Albrecht Erlenmeyer

In seinen letzten Lebensjahren hat Albrecht Erlenmeyer noch eifrig Material gesammelt für eine Geschichte der Stadt Bendorf. Diese umfangreichen Unterlagen werden jetzt beim Bürgermeisteramt Bendorf aufbewahrt. Vielleicht können die vorstehenden Zeilen dazu anregen, die Vorarbeiten auszuwerten und auch dieses Werk Erlenmeyers zu einem würdigen Abschluß zu bringen. Neben dem Porträt mögen noch ein paar Worte über die äußere Erscheinung Erlenmeyers sein Bild lebendig halten. Seine hochragende Gestalt, sein prächtiger Kopf mit dem langen Barte, den buschigen Brauen und den geistvollen Augen, seine lebhafte, nicht immer milde Sprache verliehen ihm einen durchschlagenden suggestiven Erfolg bei seinen zahlreichen Patienten aus allen Ständen. Er war der geborene Seelenarzt, und er wirkte zugleich auch als eindrucksvoller Redner in den medizinischen Gesellschaften, im Stadtrat sowie als Mitglied der Loge und Meister vom Stuhl.

Hatte Erlenmeyer nach der Auflösung seiner Anstalt seine realen Vermögenswerte noch halb verschenkt, so zerrannen ihm die verbliebenen Reste während der darauffolgenden Inflationszeit unter den Fingern. In seinem hohen Alter mußte er noch einmal mit einer kleinen Praxis und als Schularzt ein ganz bescheidenes Leben fristen. Am 7. Juni 1926 starb Geheimrat Dr. Albrecht Erlenmeyer im 78. Lebensjahr nach kurzer Krankheit in Bendorf. Seinem Andenken hat F. Schönberg damals in Dankbarkeit die folgenden Verse gewidmet, die noch einmal sein Wirken und seine Gedankenwelt aufleuchten lassen.


Die Arbeit war Dir höchstes Glück des Lebens,
Durch Arbeit: Freiheit, edle Menschlichkeit
Das war Dein Ziel.- Am Ende Deines Lebens
Bringt Dir das Glück die "Unvergessenheit".

Zu Deinen Füßen haben wir gesessen,
Wenn uns Dein Mund von Weisheit, Schönheit las
und von der ew'gen Kraft und Stärke dessen,
Der alles baut und hält im Winkelmaß.

Allmählich wird der Meister aller Welten
In Liebe Deine Arbeit Dir vergelten. —
Und wenn Dein Hammer einst im Zorn zerschlug,
Was an dem rauhen Steine Lug und Trug,
So ward, was Du der Arbeit hast gegeben,
Auch ihm: "Die Weihe für ein höh'res Leben."

QUELLEN: Staats-Archiv Koblenz: Abt. 405 Nr. 9875, 9878, 9887. 9898; Abt. 407 Nr. 27; Abt. 441 Nr. 3027, 14 209; Abt. 708 Nr. 60; Abt. 655,64 Nr. 992. — Akten der Bürgermeisterei Bendorf: Tit. V Sect.3 IV b Nr. 4, 67 Tit. VII Sect.3 E b Nr. 14; Patientenverzeichnis Erlenmeyer 1893—1920.


Nachtrag

von W. Kutsche

Nicht oft kommt es vor, daß in der Wissenschaft auf dem gleichen Fachgebiet, zwei Personen aus einer Familie - hier Vater und Sohn - so erfolgreich und allgemein anerkannt - tätig sind, wie die beiden Nervenärzte Dr. Albrecht Erlenmeyer aus Bendorf a/Rhein.

Hier möchte ich aber um Verwechselungen vorzubeugen zunächt die genaue Namen der beiden Herren anführen.
Der Vater und Gründer der oben beschrieben Anstalten, geboren am .............. hieß Adolph Albrecht Erlenmeyer.
Sein Sohn und Nachfolger in der Leitung der Anstalten, geboren am 09. März 1849, hieß Friedrich Albrecht Erlenmeyer.

Als am 7.Juni 1926 Dr. Friedrich Albrecht Erlemeyer seine Augen für immer schloß, ging eine beispiellose persönliche Erfolgsgeschichte auf dem Gebiet der psychiatrieschen Heilkunde zuende. Ca 80 Jahre haben Vater und Sohn die Erlenmeyer'schen Anstalten zu Bendorf aufgebaut und geführt. Beide waren Koryphäen auf dem Gebiet der Psychiatrie und galten als Vorreiter einer modernen Krankenbehandlung. Ihr Ruhm ging über die Grenzen Deutschlands hinaus

Geehrt und geachtet im Kreis seiner Fachkollegen, verehrt und vergöttert von seinen Mitbürgern in Bendorf hat er sich so in das Gedächtnis seiner Zeitgenossen und der nachfolgenden Generationen eingegraben, daß auch heute, 80 Jahre später noch Viele seiner gedenken.


Zum Thema siehe auch unsere Seiten unter: "Von Ärzten und Heilanstalten"




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