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Bendorfer Persönlichkeiten:

Theodor Wiegand - Ehrenbürger der Stadt Bendorf

Bearb. Werner Kutsche

Unser Ziel ist es mit der Reihe " BendorferPersönlichkeiten" den Mitbürgern unserer Heimatstadt Bendorf nicht nur Wissen, sondern auch Heimatbewußtsein und auch ein wenig Lokalpatriotismus zu vermitteln. In unserer Reihe "Bendorfer Persönlichkeiten" möchte ich Ihnen Theodor Wiegand den - nach Dr. Albrecht Erlenmeyer 2. Ehrenbürger der Stadt Bendorf - näherbringen.

Zunächst, eine Straße in Bendorf führt zu seinem Gedenken die Bezeichnung "Theodor Wiegand - Straße". Wenn wir aber die Angehörigen der jüngeren Generation nach der Bedeutung Wiegand's fragen, so wird man nur Schulterzucken ernten. Selbst viele ältere Mitbürger würden kaum noch etwas zur Person Theodor Wiegand's zu sagen wissen, wenn wir nicht im Jahre 1985 eine, von großem Medienrummel bekleidete, Ausstellung mit dem Titel "Auf den Spuren der Antike: Theodor Wiegand, ein deutscher Archäologe" hier in Bendorf gehabt hätten.


Wer also war Theodor Wiegand? und welche Beziehungen hatte er zu Bendorf?

Am 19. Dezember 1936 starb im Alter von 72 Jahren der preußische Staatsrat und Präsident des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches, Theodor Wiegand. Sein Tod wurde in der deutschen Öffentlichkeit aufrichtig bedauert und als unersetzlichen Verlust für die deutsche Wissenschaft angesehen. Mit Theodor Wiegand starb einer jener großen Forscher und Wissenschaftler des ausgegangenen 19. und beginnenden 20.Jahrhunderts, die das Weltbild ihrer Zeit wesentlich mitgestalteten.

Theodor Wiegand wurde am 30.Oktober 1864 als ältester Sohn des praktischen Arztes Konrad Wiegand und seiner Frau Ida, geborene Neizert in Bendorf am Rhein geboren. Sein Geburtshaus - Hauptstraße 137 - wurde erst vor wenigen Wochen im Zuge des Abbruchs der ehemaligen Didier-Werksanlagen, niedergelegt. In diesem Haus seines Großvaters Theodor Gerhard Neizert lebte der junge Theodor Wiegand von 1864 bis 1874 mit seinen Eltern bis zu deren Übersiedlung nach Wiesbaden.

Der Großvater Theodor Gerhard Ludwig Neizert ist im Bewußtsein der Bendorfer Einwohner, als Begründer der Bendorfer Chamotte- und feuerfeste- Steine - Industrie, haften geblieben. Theodor G. Neizert gründete nach Lehr- und Wanderjahren, u.a. auch in England, 1842 in Bendorf eine Kalk- und Ziegelbrennerei und nahm zuerst 1852 die Produktion von feuerfesten Steinen auf. Es war die erste "feuerfeste" Fabrik in Bendorf, nach bisherigen Forschungen sogar die erste Fabrik Europas die feuerfeste Steine herstellte. 1861 begann er mit der Herstellung von Chamottesteinen, die bis dahin aus England nach Deutschland importiert werden mußten. Im Zuge der allgemeinen Industrialisierung waren so die besten Voraussetzungen zum Gedeihen der Fabrik geschaffen. Aus diesem Betrieb sind unter tätiger Mitwirkung von Theodor Neizert's Enkel Robert Wiegand, ein jüngerer Bruder Theodors, die Firma "Theodor Neizert & Co" später "Bendorfer Actien-Gesellschaft für Feuerfeste Produkte in Bendorf" hervorgegangen. (Später in den Firmen Didier und Gebr. Lüngen aufgegangen).

der junge Wiegand

Über Theodor Wiegand's Jugendjahre in Bendorf berichtet am zutreffendsten sein Biograph Carl Watzinger in seinem 1944 erschienen Werk über Th..Wiegand. Mit Detailkenntnis schildert er dem Leser die Bendorfer Zeit des Knaben Th. Wiegand:

"In dem einfachen, aber geräumigen großväterlichen Hause, das inmitten eines ausgedehnten Gartens lag, verlebte der Erstgeborene zehn ungetrübte Jahre seiner Jugendzeit. Außer dem Garten, von dem die Mirabellenallee, ein großer alter Birnbaum und ein Johannisbrotbaum ihm dauernd im Gedächtnis blieben, zog ihn bald die großväterliche Fabrik an, die infolge der Nachfrage nach Hochofensteinen seit dem Ende der 60er Jahre ihren Betrieb ständig erweitern mußte und besonders nach 1870 mit Aufträgen überhäuft war. Da konnte man eine zwölfpferdige Dampfmaschine in Betrieb sehen; in vier Brennöfen wurden die feuerfesten Steine hergestellt; eine Frachtmühle mit zwei eisenbeschlagenen Mühlsteinen, die sich im Kreise drehten, diente zum Zerkleinern der Steine. Mit den Arbeitern hatte sich schnell ein Vertrauensverhältnis angeknüpft, und so konnte es wochenlang verborgen bleiben, daß Theo statt in die Schule zu gehen, sich in der Fabrik herumtrieb. Nur einmal, als er durch einen Steinwurf dem alten Vorarbeiter die Pfeife im Mund zerbrochen hatte, getraute er sich tagelang nicht mehr in die Fabrik und wurde auf einmal ein ,,guter Schüler". Es war ja auch viel unterhaltender, mit den Arbeiterkindern, seinen Spielkameraden, Koks aus den Schlackenhalden zu klauben, am Rheinufer mit ihnen zu spielen, oder gar in der Sayner Hütte, dem ersten Krupp'schen Hochofen, zuzuschauen, wie das flüssige Eisen abgelassen wurde. Dieser unregelmäßige Schulbesuch wurde zudem noch durch viele Kinderkrankheiten unterbrochen. Trotz aller Abhärtung neigte Theo zu Halsentzündungen, und die Besorgnis seiner Eltern um seinen Gesundheitszustand wuchs, als er eine schwere Diphtheritis und einen vierzehntägigen Anfall von Nervenfieber durchmachte, an dem auch seine Mutter schwer erkrankt war. Als dann 1869 ein, um ein Jahr, jüngerer Bruder gestorben war, durfte er Mutter und Großmutter begleiten, die zur Erholung nach Kreuznach und Ems und anfangs des Jahres 1870 nach Karlsbad reisten. Von hier rief sie die Kriegserklärung Frankreichs nach Hause.

Die Mutter Ida Wiegand, geborene Neizert

Diese ersten Reisen haben in dem Gemüt des Knaben starke Eindrücke hinterlassen. Aber noch tiefer war die Wirkung der aufregenden Ereignisse, die der Krieg gegen Frankreich in seiner nächsten Umgebung hervorrief. Der Vater erhielt damals die Leitung eines Kriegslazaretts in Engers und wohnte fast ein Jahr lang in dem dortigen Schloß mit den schönen Fresken von Jannuarius Zick aus der Trierer Kurfürstenzeit; die Verwundeten von Gravelotte wurden auf Rheinschiffen nach Engers befördert. Zahlreiche Einquartierungen füllten die Räume des großväterlichen Hauses; zu den kriegerischen Gestalten schaute der sechsjährige Knabe mit Freude und Bewunderung auf. Wie jeder deutsche Junge hat er damals Franzosenknöpfe gesammelt und lauschte in diesen großen Tagen voll Spannung den Kriegs- und Siegesberichten, die der Großvater allabendlich aus der Zeitung vorlas. ,,Als das erste Sedanfest gefeiert wurde, da trat ich stolz auf die Rostra und deklamierte: Was kraucht dort in dem Busch herum? Der Lacherfolg war so groß, daß ich beim letzten Vers aus dem Konzept kam und der Lehrer soufflieren mußte." Der Feierlichkeit bei der Enthüllung des Kriegerdenkmals auf dem Marktplatz durfte er von dem Turm der Kirche aus zusehen; das hatte er dem Küster zu verdanken, der ihn oft zum Mittagläuten mit auf seinen Turm nahm. Er hatte auch das Denkmal entstehen sehen, da er fast täglich den Steinmetzen, der es auszuhauen hatte, besuchte. Dieses lebhafte Interesse für alles Technische und Handwerkliche ließ ihn auch bei den Handwerkern zu Hause sein, besonders bei dem Schmiedemeister und bei dem Schreiner, der die Modelle der Gußformen für die Fabrik anfertigte. Freundliche Beziehungen bestanden auch zu den Nachbarn des Hauses, unter denen es manche originelle Leute gab.

Nicht nur das aufstrebende Leben in seiner nächsten Umgebung nahm den heranwachsenden Knaben gefangen; seine durch Natur und geschichtliche Erinnerungen ausgezeichnete Heimat war auch recht dazu angetan, das Verständnis für die Vergangenheit zu wekken und den Geist in die romantischen Zeiten altdeutschen Rittertums zurückzuleiten. Der Engersgau, zu dem Bendorf gehört und der sich von der Mündung der Lahn bis nach Linz am Rhein erstreckt, war die Heimat der noch heute blühenden Fürstengeschlechter von Wied, Sayn und Isenburg und des erloschenen Hauses der Herren von Ehrenbreitstein. In der Kirche von Lorch zeigte man das Grabmal des Feldmarschalls Johann Hilchen von Lorch, eines Freundes und Waffenbruders Franz von Sickingens, der mit ihm gegen Türken und Franzosen, die ,,Erbfeinde", gefochten hatte. Zu Fuß und im Jagdwagen des Großvaters wurden die Täler der Wied und Wisper und ihrer Nebenbäche, das Sauer- und Werkertal sowie das Sayn- und Brexbachtal mit ihren schönen Abteien, zerfallenen Burgen und alten Schlössern viel besucht. In dieser Gegend war auch ein Lieblingsaufenthalt der Mutter: der Platz bei dem Kreuz neben der Burg Isenburg. Wie konnten hier in der Phantasie die Gestalten rheinischer Geschichte lebendig werden! Wie mußten auch die Dampferfahrten auf dem nun deutschen Rhein den für Geschichte empfänglichen Sinn mit Stolz auf das unter Preußens Führung geeinte deutsche Vaterland erfüllen! Ehe wir mit Theo von seinem Jugendland Abschied nehmen, lassen wir ihn selbst seine Heimat schildern, wie sie sich damals von den Vorbergen des Westerwaldes aus dem Beschauer bot:

,,Unter diesen Abhängen liegen reiche Schätze vulkanischen Bimssteinsandes, eine Fülle herrlicher Obstbäume bedeckt die Hänge, dazwischen Hohlwege und Buschwerk, in denen Haselhühner ihre Zuflucht haben. Das weite Neuwieder Becken liegt zu Füßen; das Auge folgt entzückt dem silberglänzenden Bogen des Rheins. Geradeaus die großväterliche Fabrik, weiterhin am Ufer die Schlote des mächtigen Mühlhofer Krupp'schen Eisenwerkes und die Concordiahütte, rechts das neue Werk von Theodor Neizert. Weit über den Rhein hinaus dringt der Blick zur Eifel mit ihren vulkanischen Spitzbergen. Wie oft wandelten wir am Rhein im Glanz der Abendsonne, die hinter dem kapellenbekrönten Carmelenberg versank, und wir lauschten dem Läuten der Abendglocken vom jenseitigen Ufer, Sankt Sebastian und Kaltenengers, die über das Wasser getragen besonders klar ertönten. Eine halbe Stunde nordwärts und man wandert im hohen Bendorfer Wald und steht am langen Profil des römischen Limes, der von Sayn durch den Wald nach Grenzhausen, dem uralten Sitz rheinischer Keramik, führt. Bemerkenswert, wie die Römer alles, was es an fruchtbarem Land und an Ebenen gab, für sich eingekreist haben und wie sie den Germanen nur das wenig ergiebige Gebirge überließen."

Mit Theos zehntem Jahr nahm das Kinderparadies ein jähes Ende. An die Stelle des ungebundenen Schauens und Aufnehmens, der Burgenromantik und der schwärmerischen Naturbetrachtung traten die ersten strengen Anforderungen der Schule und des Lebens. Der Tod der Großmutter im Jahre 1874 rief in dem großväterlichen Hause tiefgreifende Veränderungen hervor, die das bisherige, harmonische Zusammenleben der Familie in Frage stellten. Mit Emilie geb. Hoerder, von der sonst wenig bekannt ist, verlor ihr schwerblütiger Mann die treue Lebensgefährtin, die ihn und sein Haus mit Liebe umgeben und behütet hatte, die Tochter eine besorgte Mutter, die ihr ganzes Leben der Familie gewidmet hatte. In die Wohnung von Theodor Neizert, der damals gerade 60 Jahre alt war, zog eine Hausdame ein, die es in kurzer Zeit verstand, sich dem einsamen Manne unentbehrlich zu machen, so daß er sie heiratete. Dadurch kam es zu Verstimmungen mit Tochter und Schwiegersohn und zu gegenseitigen Kränkungen, die das Zusammenleben erschwerten und schließlich Konrad Wiegand veranlaßten, im Herbst 1874 seinen Wohnsitz von Bendorf nach Wiesbaden zu verlegen und sich dort als Badearzt niederzulassen."

Hier in Wiesbaden begann, mit dem Bildungsstreben des Großbürgertums der "Gründerzeit" und dem finanziellen Hintergrund seiner Eltern ausgestattet jene glänzende Laufbahn des Theodor Wiegand.

Wiegand als junger Wissenschaftler in Athen

Nach dem Abitur in Kassel folgten das Studium der Kunstgeschichte, Archäologie und Altertumswissenschaften in München, Berlin und Freiburg. Seit 1895, im Alter von 31 Jahren ist er Assistent des Altertumsforschers Humanns bei dessen Grabungen in Priene. Nach dem unerwarteten Tod des Pergamon-Entdeckers Humanns wird ihm die Leitung der Ausgrabung übertragen. Nachdem er Priene ausgegraben und uns damit die Ahnung einer hellenistischen Kleinstadt zurückgegeben hatte, ging er an die äußerst schwierige Aufgabe; die Ausgrabung der, im versumpften Gebiet liegenden antiken Weltstadt und Handelsmetropole Milet vorzubereiten. Die Vorbereitung der Grabung ging bis auf den Herbst 1898 zurück. Im September hatten der Ingenieur Paul Gaudin, Direktor der Bahn nach Kassaba (Mekka), der Professor an der evangelischen Schule (Konstantinopel) Georg Weber und Hagenbeck, der Direktor der Anatolischen Bahn, Wiegand von Izmir nach Milet begleitet, um ihn als Sachverständige bei der Anlage der Entwässerungskanäle zu beraten. Die antike Stadt und das kleine Türkendorf Balât inmitten des Grabungsgebietes lagen in einem sumpfigen, von Malaria verseuchten Gelände. An eine Grabung war nicht zu denken, ehe man nicht durch Ableitung des Wassers den Boden für die künftige Arbeit trockengelegt hatte. Es wurden daher schon im Herbst, der 1898 besonders trocken war, durch das ganze Stadtgebiet drei weitverzweigte Entwässerungsgräben nach dem Mäander (Menderes) gezogen; auch wurde auf dem südlichen Ausläufer des karischen Berglandes etwa 4 km von der sumpfigen Ebene entfernt, ein Wohnhaus nach dem Vorbild des Prienehauses, aber größer und geräumiger, erbaut, da ein Wohnen in der Ebene sich wegen der Fiebergefahr verbot. Zugleich trat Wiegand in die ersten Verhandlungen mit den Bewohnern von Balât ein, um einen Teil des Geländes, das für den Anfang der Grabung ausersehen war, käuflich zu erwerben.

Seit 1897 wurden ihm, dank seiner außerordentlichen Erfolge und seiner guten Kontakte zu örtlichen Honoratioren und den Regierungsstellen in seinem Grabungsgebiet, erste Ämter in der Verwaltung der Berliner Museen in der Türkei übertragen, und ab 1899 wurde er zum Direktor der Berliner Museen mit dem Sitz Konstantinopel ernannt.

Es folgte an 14.Januar 1900 die Heirat mit der Tochter des Bankiers Georg von Siemens, des Direktors der Deutschen Bank, Marie von Siemens. Das junge Paar nahm Wohnung in Konstantinopel.

Am 3. Oktober 1899 wurde die Grabung von Milet durch den deutschen Botschafter Freiherrn Marschall von Bieberstein als den Vertreter des Kaisers feierlich eröffnet. Der Botschafter empfing bei seinem Besuch einen starken Eindruck von der angesehenen Stellung, die sich Wiegand im Lande erworben hatte, und gab dem auch in seinem Bericht an den Kaiser Ausdruck:

,,Mit ganz besonderer Anerkennung möchte ich hervorheben, wie vorzüglich es Herr Dr. Wiegand versteht, mit den türkischen Behörden und der eingeborenen Bevölkerung sich auf guten, man kann sagen freundschaftlichen Fuß zu stellen. Er gehört zu jenen Persönlichkeiten, die im fremden Lande die eigenartigen Sitten und Einrichtungen als etwas Unabänderliches betrachten und sich bewußt sind, daß sie durch schonende Rücksichtnahme auf diese Eigenart ihre Zwecke am besten fördern. Wenn Dr. Wiegand in Priene Großes geleistet und in Milet voraussichtlich noch Größeres leisten wird, so verdankt er dies neben seinem Wissen und seiner unermüdlichen Tatkraft vornehmlich auch dem Talente, die Sympathie und das Vertrauen der eingeborenen Bevölkerung sich zu erwerben. Ich habe mich selbst davon überzeugt, daß sowohl in Priene wie in Milet die Leute Herrn Dr. Wiegand als Freund und Wohltäter betrachten und mit Worten der größten Verehrung von ihm reden. Es wäre wünschenswert, daß alle deutschen Archäologen, die in der Türkei wissenschaftliche Untersuchungen vornehmen, das Beispiel des Herrn Dr. Wiegand nachahmen wollten."

Die Ausgrabungen von Milet, die eine riesige Ausbeute an kunst- und kulturgeschichtlichem Material ergab, war aber nur ein Aspekt seiner Tätigkeit; vielmehr war die wissenschaftlich- publizistische Veröffentlichungen seiner Forschungsergebnisse ein Hauptanliegen Wiegands. Die Veröffentlichungen Wiegands waren zu ihrer Zeit wahre "Highlights" und fanden beim deutschsprachigem Publikum reges Interesse.

Die größte Aufgabe die seiner harrte war die Durchsetzung der Herausgabe zahlreicher Funde, u.a. des milesischen Markttores, durch die türkische Regierung an die Königlichen Museen in Berlin. Die Ursache der Auseinandersetzung war, daß vor Beginn der Ausgrabungen 1899 von den Museen ein Vertrag mit der Türkischen Regierung geschlossen wurde, der eine Teilung der Funde zu gleichen Teilen vorsah und die türkische Seite nun die Herausgabe verweigerte. Diese Mißhelligkeiten sind nur durch die innenpolitische Umbruchsituation des Osmanischen Reiches entstanden.

Mit seinem sich stetig vergrößernden Mitarbeiterstab erforschte er nicht nur das antike Milet sondern zugleich auch die gesamte Region. So widmete er sich der Erforschung der mittelalterlichen Klöster des Lathmosgebirges sowie auch den Moscheen der Seldschuken. In rastloser Tätigkeit - er war ja zugleich Direktor der Berliner Museen mit dem Sitz in Konstantinopel - leitete er weitere Ausgrabungen, so ab 1906 den Beginn der Ausgrabungen von Didyma (Apollotempel ) und ab 1910 die von Samos (Heratempel).

Im Hinblick auf die seine mögliche Berufung zum Leiter der Ausgrabung von Didyma lehnte Theodor Wiegand die Berufung auf einen Lehrstuhl in Insbruck ab.

Nach dem Tode von Reinhard Kekulé am 22. März 1911, Direktor der Antikensammlungen der Berliner Museen sollte Theodor Wiegand vom 1. Juli 1911 die Leitung der Antikenabteilung in Berlin übernehmen, dabei aber gleichzeitig die Führung der Museumsaufgaben in der Türkei noch behalten.

Für uns Bendorfer interessant in diesem Zusammenhang ist die enge Zusammenarbeit Wiegand's mit dem Limesforscher und Erbauer des Römerturmes in Sayn, Prof. Dr. Georg Loeschcke aus Bonn (gest. 26.11.1915), der zu diesem Zeitpunkt eine Berufung an die Spitze des neu geschaffenen Institut für Altertumskunde nach Berlin erhielt.

Es folgten jahrzehntelange anhaltende Auseinandersetzungen um den Bau und die museale Konzeption des Pergamon-Museums auf der Berliner Museumsinsel. Ihm ganz allein, seiner zähen Energie und diplomatischen Verhandlungskunst ist es zu verdanken, wenn allen Hindernissen zum Trotz, Ausbau und Aufstellung dieses einzigartigen Architekturmuseums vollendet wurden. Wenngleich sich Wiegand schließlich nur teilweise mit seinen Ideen durchzusetzen vermochte.

Bei dieser immensen Belastung, die sich aus dieser Doppelfunktion ergab, war das ganze Organisationstalent Wiegands gefragt. Er hat dann (1914) einmal jüngeren Mitarbeitern gegenüber seinen Grundsatz offen ausgesprochen: ,,Man muß verstehen, andere für sich arbeiten zu lassen. Wo wäre ich hingekommen, wenn ich alles hätte allein machen wollen!"

Bei dem dauernden Wechsel der Mitarbeiter war es ein großes Glück, daß er 1901 in dem Regierungsbaumeister Hubert Knackfuß aus Kassel einen Architekten fand, der dem Werke treu blieb und der zeichnerisches Können mit feinster technischer Beobachtungsgabe, unbestechlicher Wahrheitsliebe und tiefem historischem Verständnis verband; ihm kommt neben Wiegand das größte Verdienst an dem wissenschaftlichen Erfolg der Grabung zu. An Wiegands Ausgrabungen waren bis 1914 beteiligt: als Architekten Landmesser Paul Wilski, Dr. phil. Julius Hülsen, Fritz Große, Georg Kawerau, Hans Zippelins, Friedrich Krischen, Armin von Gerkan, Manfred Bühlmann, Karl Wulzinger, Oskar Reuther; als Epigraphiker Carl Fredrich, Walter Kolbe, Albert Rehm, Erich Ziebarth; als Archäologen Carl Watzinger, Emil Herkenrath, Ernst Steiner, Arnold von Salis, August Frickenhaus, Walter Müller, Erich Pernice, Martin Schede.

Der erste Weltkrieg bedeutete auch für Wiegand einen Einschnitt in seinem bisherigen Wirken. Seine freiwillige Teilnahme am Ersten Weltkrieg, als Hauptmann, führte ihn u.a. auch in den Nahen Osten, dabei arbeitete er im Auftrag des "Deutsch- Türkischen Denkmalschutzkommandos" in Syrien und Palästina. Baalbek, Palmyra, Jerusalem und Damaskus sind die Hauptstationen

Der Pergamonaltar im Berliner Pergamonmuseum

Ehrungen und Streitereien begleiten Wiegands Tätigkeit als Museumsdirektor in der Weimarer Republik. Insbesondere die museale Konzeption und der Neubau des Pergamonmuseums, der durch den 1.WELTKRIEG ins stocken geraten war, waren durch die wirtschaftliche Notlage des Deutschen Reiches und durch Auseinandersetzungen um die wenigen vorhandenen Mittel geprägt. Seine letzten Grabung war 1927 die Wiederaufnahme der Grabungen in Pergamon, wo er die Arsenale auf der Burg entdeckte und vor der Stadt das Heiligtum des Asklepios freilegte.

Eine besondere Ehrung wurde Wiegand 1930 zuteil. Er hätte nämlich am 1. 4. 1930 wegen Erreichung der Altersgrenze in Pension gehen sollen. Um Wiegand aber die persönliche Ehre zu geben, die Eröffnung des Neubaues - seines Pergamonmuseums - bei der Jahrhundertfeier (1931) der Preußischen Museen noch als aktiver Leiter zu erleben, wurde ihm von der Preußischen Regierung eine Dienstzeit- Verlängerung um 1 Jahr gewährt

Als er nach Erreichung der Altersgrenze aus dem Museumsdienst schied, wurde Ihm nach kurzer Pause die Präsidentschaft des Deutschen Archäologischen Instituts übertragen. Die seit der Machergreifung der Nazis gemachten Bestrebungen das "Deutsche Archäologische Institut" durch Umwandlung des Instituts in ein "Reichsinstitut für deutsche Vorgeschichtsforschung" zu verhindern wurde fortan - bis zu seinem Tode am 19.Dez.1936 - zum Lebensinhalt von Wiegand. Das von Wiegand bis zu seinem Tode erreichte Ziel das "Institut", mit Kompromissen und lavieren zwischen den Fronten, aus den ideologischen Anfeindungen der Nazis herauszuhalten und die Unabhängigkeit der Forschung zu sichern, wurde ihm nach dem Zweiten Weltkrieg beinahe als Kollaboration mit den Nazis ausgelegt.

Fast alle erreichbaren Ehren sind ihm mit Recht zuteil geworden. Er war Ehrendoktor aller Fakultäten, Mitglied verschiedener Akademien und Ritter der Friedensklasse des Ordens pour le mérite.

Seine Verdienste wurden durch Aufnahme in den Preußischen Staatsrat anerkannt, und die Reichs- Regierung ehrte ihn 1934 durch den Adlerschild des Reiches.
1935 der Ehrenbürgerwürde seiner Geburtsstadt Bendorf
Beteiligung an der Planung des Begleitprogrammes zu den Olympischen Spielen von 1936.





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