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Martin Boos, der Reformator aus Bayern

von Hermann Müller †

(Mitglied der GGH)


An der Nordseite der Abteikirche des ehemaligen Praemonstratenser-Chorherren-Stiftes zu Bendorf-Sayn bei Koblenz steht in einer uralten kleinen Friedhofskapelle eine gußeiserne Grabplatte über der letzten Ruhestätte eines Mannes, dessen Leben und Wirken in der damaligen Amtskirche viel Aufsehen und Ärgernis erregte. Hier liegt nämlich der berühmte Pfarrer Martin Boos begraben, der in der Geschichte des deutschen Katholizismus eine eigenartige Rolle spielte, da er leidenschaftlich gegen die religiöse Erstarrung seiner Zeit anging und hierbei oft mit seinen Oberen in Konflikt geriet.

Martin Boos, Pfarrer in Sayn

Geboren am 25. Dezember 1762 als Drittletzter von 16 Geschwistern in Huttenried, Pfarrei Schwabbruck in Bayern, verlor Martin Boos bereits mit zehn Jahren seine Eltern Andreas Boos und Therese, geb. Kögl (aus Menhofen bei Denklingen). Sein Onkel Johann Evangelist Kögl, Geistlicher Rat in Augsburg und Pfarrer von Göggingen, nahm sich des Vollwaisen an und schickte ihn zum Besuch des St. Salvator-Gymnasiums in Augsburg. Von dort ging er zur Hochschule nach Dillingen, wo er Schüler des berühmten Theologieprofessors und späteren Bischofs von Regensburg, Johann Michael Sailer, wurde. Hier lernte er die ökurnenische Bewegung kennen, die ihn stark zum Priesterberuf veranlaßte. 1786 wurde er zum Priester geweiht, studierte aber noch zwei Jahre intensiv in Dillingen weiter, ehe er an verschiedenen Seelsorgestellen wirkte, so als Stiftskaplan in Kempten, als Kanonikus in Grönenbach und schließlich als Vikar in Seeg im Allgäu. Hier geriet er in Ge-sellschaft von jungen Geistlichen, die, ihrer Meinung nach, sich berufen fühlten, die Kirche an Haupt und Gliedern zu reformieren. So zeigten sie sich mit großem Eifer in der Erfüllung ihrer Pflichten und begannen aber immer stärker, außerhalb der Kirchen öffentlich zu predigen, wobei sie sich vor spektakulären Auftritten nicht scheuten. So hatten sie bald bei der einfachen Landbevölkerung starken Zulauf, zumal sie eine Kirche des frühen Christentums mit gemeinsamem Eigentum und einfachen Riten predigten. Bald stellten sich Massenbekehrungen und wunderanmutende Erweckungen in vielen Gemeinden ein. Es gab Zusammenrottungen und Unruhen.

Abtei Sayn nach einem Kupferstich, um 1740

Nach vorangegangenen harten Bußübungen erlebte schließlich Martin Boos am Krankenbett einer Sterbenden seine sogenannte Erleuchtung zur Gründung der "Allgäuer Erweckungsbewegung", deren Hauptgrundsatz darin bestand, nur im Glauben allein zu Gott zu finden. Hier zeigte sich stark die Tendenz zur evangelischen Glaubenslehre. Diese Erweckungsbewegung, die auch ökumenische Züge trug, breitete sich rasch vor allem in den Diözesen Augsburg und Konstanz aus, ging aber auch weiter nach München, Oberösterreich und nach Brandenburg (Berlin). Obwohl Martin Boos in seinem heftigen Temperament bei Predigten und in öffentlichen Versammlungen gern über das Ziel hinausschoß und in irrigen Schwärmereien sogar den Beschlüssen des Konzils von Trient zuwider agierte, trennte er sich letztlich nie von den Glaubenssätzen der Katholischen Kirche. Ihm ging es vor allem um die Erweckung neuen Geisteslebens, um eine Glaubenserneuerung. Doch konnten seine Oberen nach verschiedenen Ermahnungen hier mit der Zeit keine weitere Toleranz mehr üben. Sie wiesen ihn in ein sogenanntes Priesterkorrektionshaus in Göggingen zum weiteren Studium, zur Repetition seiner Theologie. Als er nach einigen Monaten entlassen wurde und in seiner neuen Pfarrstelle wiederum seine Predigertätigkeit tür die Erweckungsbewegung fortsetzte, wurde er erneut angeklagt und dann wohlwollend aus der Diözese Augsburg entlassen. Johann Michael Sailer nahm sich in Ingolstadt seiner an, bestärkte ihn in seiner ökumenischen Haltung und vermittelte ihn an Bischof Johann Anton Gall in die Diösese Linz an der Donau. Hier wirkte Martin Boos von 1806 - 1816 als Pfarrer in der großen Gemeinde Gallneukirchen. Seine Tätigkeit für die Erweckungsbewegung stellte er auch hier nicht ein, im Gegenteil er rief ständig großes Aufsehen durch seine Predigten hervor. Als dann Bischof Gall starb, wurde er in Linz vor ein geistliches Gericht gebeten, das ihm zu verstehen gab, daß gegen ihn vom erzbischöflichen Ordinariat in Wien eine Untersuchung mit anschließender Verwahrung in einem Kloster laufe. Daraufhin verließ Martin Boos die Diözese und begab sich nach München, wo er sofort wieder seine Predigertätigkeit aufnahm. Doch hier wies man ihn kurzerhand 1817 aus.

Der Friedhof direkt an der Abteikirche, zuletzt nur für "Geistliche" reserviert

Da nahm ihn die preußische Kultusbehörde der Rheinprovinz als Professor und Religionslehrer am Gymnasium in Düsseldorf auf. Allerdings erhielt er diese Stelle nur mit gewissen Auflagen, die ihm seine Predigertätigkeit untersagten. Hier blieb er zwei Jahre, bis am 2. Mai 1819 der letzte Abt der Praemonstratenser-Abtei Sayn, Bartholomäus Reinhard, in Koblenz-Niederberg starb und die dortige königlich preußische Regierung die Pfarrei Sayn ihm anbot. Er nahm die Stelle an und zog mit seinem Bruder und dessen beiden Töchtern in das ehemalige Abthaus neben der Kirche in Sayn. Noch sechs Jahre betreute er hier die neue Pfarrgemeinde ganz nach seinem Sinne. Dies ergab zunächst große Schwierigkeiten, da er mehr an Glaubenseifer verlangte, als die Gemeinde geben konnte und wollte. Schließlich, als er immer kränker wurde, ließ man ihn gewähren, zumal seine feurigen Predigten weit über die Ortsgrenzen berühmt wurden und viele Fremde aus der nahen und weiten Umgebung, sogar von den Niederlanden, England und Skandinavien herbeireisten, weil ihm auch gewisse Wundertätigkeit nachgesagt wurde.

Im Alter von 63 Jahren erkrankte Pfarrer Boos schließlich so schwer an einer Lungenentzündung, daß er am 29. August 1825 verstarb, Man setzte ihn auf dem kleinen Friedhof neben der Abteikirche bei.

Das gußeiserne Grabmal für Martin Boos auf dem Friedhof in Sayn

Martin Boos hatte seiner Zeit weit vorausgelebt. Heute nach dem 2. Vatikanischen Konzil wäre sein Wirken und Auftreten in der Kirche zur Ökumene hin nichts Außergewöhnliches. So aber wurde er nicht nur als Prophet im eigenen Land, sondern auch überall, wo er predigte, kaum amtlich anerkannt. Noch Jahre hindurch wurde seine Grabstätte viel besucht. Da diese von Andenkensammlern mit der Zeit abgetragen wurde, ließ die Pfarrgemeinde 1862 zum 100. Geburtstag ihres berühmten Seelsorgers in der nahen Kunstgießerei im Sayntal ein würdiges Epitaph herstellen, auf dem der Wahlspruch dieses Reformators aus dem Römerbrief, Vers 17, zu lesen ist: "Der Gerechte aber lebt aus dem Glauben"

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