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Demnächst in diesem Theater - Gasthof "Erholung" und das "Centralkino".

Erinnerungen von Josef Fries



Der Gasthofwirtschaft  "Erholung" in den 1920ziger Jahren

Viele Bendorfer erinnern sich noch gut an den Gasthof "Erholung" und das "Central-Kino" Ecke Mühlenstraße/Bergstraße. Wie der Schriftzug über dem Eingang auswies (s. Foto), war die damalige Besitzerin Ww. G. Schumacher, Mutter der drei Geschwister Karl, Willi und Luise Schumacher. Zu dem Gasthof gehörten Fremdenzimmer, ein Lebensmittelgeschäft und ein großer Saal. Es war ein sehr gemütliches Lokal, wo man neben einem guten Tropfen auch eine deftige Hausmannskost bekam. Gesprächspartner fand man immer dort. Schon vor dem ersten Weltkrieg, wie auch zur Zeit der ersten amerikanischen Besatzung 1919, gab es im Saalbau Schumacher Tanzveranstaltungen. Etwa gleichzeitig mit der Bach-Kanalisierung 1927 - 28 wurde der große Saal zum "Central-Kino" umgestaltet. So entstand Bendorfs erste "Mehrzweckhalle".

Zahlreiche gutbesuchte Veranstaltungen fanden das ganze Jahr über statt: Karnevalssitzungen, Gesangwettstreite, Musik- und Theaterveranstaltungen, Feuerwehr- und Maskenbälle sowie Oktoberfeste und vieles andere mehr. Die Hauptsache bei all diesen Festen war stets der Spaß an der Freude und bei den dort - oft zum ersten Mal geübten Tanzschritten, hat sich gar manches junge Paar fürs ganze Leben gefunden.

Wichtig für das nähere Kennenlernen und schöne romantische Stunden war auch die "ahle Bläch" und "dat Blächpädche". Denn alles braucht ja mal einen Anfang und wo ein Wille ist, da ist auch meist ein Gebüsch.

Das "Central-Kino" war damals für Bendorf und Umgebung einmalig in seiner Art. Es fing an mit der Stummfilmzeit. Die Filme waren mit Untertitel. Dabei spielte eine kleine Hauskapelle, bestehend aus einem Klavierspieler und einem Stehgeiger, die untermalende Musik dazu, bis dann die Tonfilmzeit begann.

Gasthaus zur "Erholung in Bendorf" an der Ecke Berg- und Mühlenstraße gelegen.

In Scharen strömten die Leute zu den jeweiligen Vorstellungen herbei. Nachmittags auch viele Jugendliche aus Valler, Maller, Weitersborch, Sään und von Müllhove. Etliche hatten ihre Butterbrote dabei, andere wieder schleppten ihre kleineren Geschwister mit.

Die Begeisterungsschreie ließen die Wände wackeln und waren oftmals bis zu unserem Haus in der Bachstraße zuhören. Damals gab es ja auch noch kein Fernsehen und kaum eine Familie besaß ein Radio. Deshalb war jeder Kinobesuch stets eine Sensation. Allerdings mußte so mancher der Jugendlichen am darauffolgenden Montag beim Religionsunterricht in der Schule den Finger heben, wenn gefragt wurde:

"Wer von Euch war gestern im Kino???"

Solch eine Frage sollte heute einmal eine Lehrperson stellen.

Einer von denen, die immer zaghaft den Finger streckten, war ein Schulkamerad von mir, Karl Schneider, genannt "Lullu". Er wohnte gleich neben dem Gasthof und war mit Frickels Karl, einem echten Bendorfer Original, einer der Helfer, die Stühle und Bänke im Saal transportieren mußten. Dafür hatten sie freien Eintritt zu den Filmveranstaltungen.

Manchmal habe ich diese "Bevorzugten" darum beneidet. Doch dann hätte auch ich in der nächsten Religionsstunde meinen Finger heben müssen und somit wäre diese an sich harmlose Sache ganz sicherlich meinem sehr strengen Familienvorstand zugetragen worden. In einem solch vielseitigen Familienbetrieb waren auch viele Helfer nötig. Ofen waren zu heizen, Straßen zu fegen, Botengänge zu machen oder auch das Vieh zu füttern. Der Frickel verdiente sich in diesen wirtschaftlich schlechten Jahren, als sehr viele Leute arbeitslos waren, zumindest dadurch sein Essen. Er konnte allerdings kaum Lesen und Schreiben, was auch in seiner Ausdrucksweise bei der Kinowerbung zu hören war.

Frickel's Karl

Großes Gaudi gab es jedesmal, wenn er mit einer großen Schelle durch die Straßen von Bendorf und Umgebung zog und neue Kinofilme ankündigte. Die großen handgemalten Werbeplakate waren auf einem zweirädrigen Handkarren befestigt und durch sein Schellen und Rufen machte er die Leute auf sich und seine Kinowerbung aufmerksam. So rief er beispielsweise: «Ach-ung! - Ach-ung! Bekanntmachung! Heute abend läuft im Central-Kino der große Momentanfilm (statt Monumentalfilm) Tom Mix räumt auf ... !" oder er kündigte den Film "Casparone" mit Marika Röck als "Gaspatrone" an. Bei einer anderen kulturellen Veranstaltung rief er anstatt "Solistenkonzert" ganz unbekümmert einfach "Sozialistenkonzert".

Oft machte auch der Schumacher'sch Karl sich einen Jux daraus, den Frickel für diese Werbeeinsätze zu kostümieren. Lief etwa ein Seemannsfilm im Kino, kam der Frickel als Matrose verkleidet und die Handkarre war zu einem schiffsähnlichen Gebilde gestaltet. Ein anderes Mal, bei einem Soldatenfilm, hockte er auf einem Pony und war wie ein preußischer Rekrut uniformiert. Dazu sang er laut und sehr falsch das damals bekannte Lied: "Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren, öffnen die Mädcher Fenster un Türe, - ei warum, ei darum, bloß wegen dem tschingderassabumm!"

Kinofilme im "Central-Kino" bei Schumacher waren oftmals "Straßenfeger". Wir, als Bewohner der Bachstraße, sahen diese Menschenmassen immer kommen und gehen. Sie kamen mit der Straßenbahn, auf Schusters Rappen und auch per Fahrrad. Wie mir glaubwürdig erzählt wurde, nahm Karl Schumacher, bei weniger gut besuchten Filmvorführungen - besonders in den schlechten dreißiger Jahren - als Eintrittspreis auch gelegentlich Naturalien an. Von Jugendlichen ließ er sich zum Beispiel Äpfel oder eine Handvoll Nüsse geben. Ganz "raffinierte Typen" "futtelten" (mogelten) sich ohne jegliche Bezahlung in die oft heiß begehrten Filme. Sie drückten sich solange um den Eingang, bis der "Zentral-Watz" abgelenkt war oder krochen nach Indianerart unter dem Schalter vorbei in den Saal.

In den Jahren der damaligen Arbeitslosigkeit zeigte man im "Central-Kino" an bestimmten Wochentagen einen ganzen Nachmittag lang "Filme am laufenden Band", für einen Eintrittspreis von zwanzig Pfennig für die "Minderbemittelten".

Damals soll es auch eine Sache gegeben haben, die sich auf Karl Schumacher selbst, doch besonders auf seinen breiten leuchtenden Scheitel (sprich Glatze) bezog. Der Frickel fragte immer nach, welche Arbeit er erledigen sollte. Doch einmal muß er einen Tag erwischt haben, an dem sein "Brötchengeber" ihm auf seine Frage: "Wat soll ich jetz für en Arweit mache?, zerstreut und etwas gereizt zur Antwort gab: "Och! - Loss mir doch mei Rooh! Gieh roffer oft de Speicher und streck deine Hennere aus dem Fenster . . . !". Nach einer geraumen Zeit tauchte der Frickel wieder auf: "Herr Schumacher, wat soll ich jetzt mache?", "Was häste dann zuletzt gemacht?", wollte er wissen. "Ei", meinte der Frickel, "was Se mir gesoht hatten! Ich wor off em Speicher . . . !", "Um Himmels Wille!" meinte entsetzt der Schumachers Karl, dat wor doch nur Spaß. . Wat han dann die Leit oft der Stroß doozo gesoht???" "Och", meinte der Frickel, die hann ganz freundlich gegrüßt un hann geroowe: "Gooden Tag - Herr Schumacher. . .".

Ob dies nun Wahrheit oder nur Witz. Es beleuchtet aber doch die Umgangsform in der damaligen Zeit. Solche Witze und auch sonstiger meist harmloser Schabernack, waren oftmals Tagesgespräch in der Bevölkerung.

Heute ist dort im ehemaligen Kino und Festsaal alles öde und leer, Wo einstmals ausgelassene Fröhlichkeit herrschte, wo bei Jubel, Trubel und Heiterkeit sich dir "Balken bogen", da läuft nichts mehr. Altes hat sich gewandelt. Besitz und Besitzer haben gewechselt. Bagger und Spitzhacken haben bereits ihr Werk begonnen um "neues", zu schaffen.

Ob es schöner ist als früher, als über die Kino-Leinwand — als Vorschau für den nächsten Film — die Buchstaben flimmerten: "Demnächst in diesem Theater".




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