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Die furchtbare Bombardierung Bendorf's am Silvestertag 1944/45

Die Erinnerungen kommen immer wieder

Von Rosel Kamp †

Mitglied der GGH

Bendorf. Der 54. Jahrestag des schwersten Bombenangriffs auf Bendorf zum Jahreswechsel 1944/45 veranlaßt mich, meine Erinnerungen daran aufzuzeichnen. Dieses schreckliche Geschehen, das insgesamt 63 Bendorferinnen und Bendorfer unter ihren Häusern, teils aber auch auf der Straße unter Trümmern begrub, traf auch sieben Mitglieder meiner Familie.

Nie werde ich den Augenblick vergessen, als mein Mann, Hans Kamp, an diesem Silvestersamstag 1944 in der Mittagsstunde im "Remynolwerksbunker" erschien und mich fragte: "Sind meine beiden Schwestern (Hedwig Birk und Lene Lillig) mit ihren Kindern hier?" Das war in dem Stollen, in dem viele Menschen vor den immer schlimmer werdenden Luftangriffen Schutz suchten. Da es sehr dunkel war, konnte ich seine erregte Frage nicht gleich mit "ja" beantworten, aber ich machte mich mit ihm sogleich auf den Weg, den langen Stollen abzusuchen. Die beiden Schwestern waren nämlich noch am Tage zuvor mit ihren fünf Kindern in diesen Bunker geeilt. Schwester Lene, die bis vor kurzer Zeit noch in Köln gewohnt hatte, und dort dreimal ausgebombt worden war, hatte entsetzliche Angst vor den Fliegerbomben. Sie hatte deshalb bei Hedwig Birk in der Bäckerei im Zimmer der ehemaligen Bäckergehilfen Zuflucht gesucht. Der Betrieb ruhte seinerzeit, weil August Birk an der Front war. Wir suchten den Stollen ab und ich hörte meinen Mann verzweifelt vor sich hinsagen: "Sie werden doch nicht alle unter dem Schuttberg in der Steinstraße liegen?" Jetzt erst ahnte ich, daß etwas Furchtbares geschehen war.

Mein Mann hatte - der Silvestertag war ja damals ein ganz normaler Arbeitstag - in der Concordiahütte den Abwurf der Bomben mitbekommen und war mit seinen Kollegen unverzüglich nach Hause geeilt. In der Concordiastraße hasteten Menschen aus ihren Kellern. Andere, die nicht mehr rechtzeitig einen Unterschlupf hatten finden können, lagen verletzt auf der Straße. Mein Mann eilte mit den schlimmsten Befürchtungen zu seinem Elternhaus in der Bergstraße weiter. Dort sah er gerade seine Eltern und seine Schwester Cläre mit Kind aus dem Haus von Fritz Kalt laufen. Zunächst etwas beruhigt fragte er sich dann, was in der Steinstraße geschehen sei. Er sah nur rauchende Trümmer und Menschen, die erstarrt auf dieses Chaos blickten. Mit den Eltern eilten wir zu dem besagten Bunker, wo die gesuchten Angehörigen allerdings nicht zu finden waren. Schreckliche Ahnung: Sie mußten also in den Trümmerbergen vermutet werden. Mein Mann und sein Bruder Willi begannen sofort zu graben. Die Bilder dieser Stunden werde ich nie vergessen: Schuttberge hatten viele Straßen fast unpassierbar gemacht, so auch die Hauptstraße. Pfarrhaus und Schwesternhaus waren total zerstört. So mußte es wohl auch in den Großstädten unseres Landes während der Bombennächte ausgesehen haben. Trotz ständigen Alarms arbeiteten mein Mann und sein Bruder Willi sowie viele Helfer fieberhaft weiter. Nach einer Stunde konnte die älteste Tochter Erika von August Birk freigegraben und lebend geborgen werden. Nun keimte die Hoffnung auf, auch noch weitere Menschen lebend bergen zu können. Aber dann die maßlose Enttäuschung: Bis zum späten Abend und bis in die Dunkelheit der Nacht fand man sechs Verschüttete der Familie Kamp nur noch tot auf. Der Arzt Dr. Renzel war zur Unglücksstelle gekommen, um die Toten zur Leichenhalle bringen zu lassen. Er hatte aber auch sonst noch alle Hände voll zu tun, denn es gab noch viele Verletzte zu versorgen. Der Arzt ließ diese Verletzten in die Knabenschule (an dem Kirchplatz) bringen. Darunter war auch die kleine Tochter Klärchen meiner Schwägerin, die ständig nach ihrer Mutti schrie. Doch am Abend war das Kind tot; offenbar hatte es schwere innere Verletzungen erlitten.

Die Eltern meines Mannes waren vollkommen zerbrochen. Auch ihr Haus war ja nicht mehr bewohnbar und Tochter Gretel Wille stellte ihnen sofort eine Bleibe in ihrem Haus zur Verfügung. Am anderen Tag mußte Vater Kamp die Toten identifizieren, und mein Mann sagte mir später, daß er das Antlitz seines Vaters, der von Kindern und Enkelkindern Abschied nehmen mußte, in diesen Momenten nie vergessen könne. Der Krieg ging noch bis in den Mai des Jahres 1945 weiter. Doch Vater Kamp suchte keinen Keller mehr auf, wenn Bombenalarm gegeben wurde. Außer den Toten beim Bombenabwurf in Bendorf hatte er noch seinen Sohn Josef zu beklagen, der im Dezember 1944 an der Front gefallen war. In derselben Nacht war auch seine Tochter Zenzi an einer schweren Krankheit verschieden. Neun Monate nach dem Tod seiner vier Kinder und vier Enkelkinder folgte er ihnen in die Ewigkeit nach. Diese Schicksalsschläge hatte er offenbar nicht mehr ertragen können. Mein Mann Hans Kamp und Bruder Willi Kamp hatten den Eltern zwar schnellstens ihr zerstörtes Haus wieder aufbauen wollen, aber der Vater erlebte diesen Tag nicht mehr. Die Mutter hat noch acht Jahre in dem neuen Haus verbringen können, aber zeitlebens, unter den schweren Kriegsfolgen gelitten.

Was hatten, so fragt man sich heute sicher, die vielen unschuldigen Bombenopfer mit diesem Krieg zu tun? Was vor allem die zahllosen Kinder, die ihm zum Opfer fielen? Das habe ich mich auch immer wieder gefragt.

Nun sind wir in Europa schon mehr als 50 Jahre vor einem großen Krieg verschont geblieben. Aber beispielsweise im ehemaligen Jugoslawien wurden wieder viele Menschen Opfer eines sinnlosen Bruderkriegs. Und wieder sind Kinder vor allem die Opfer.

Was kann man sich zum Beginn eines neuen Jahres da schon Segensreicheres wünschen als Frieden auf Erden? Möge uns dieser Frieden in Europa erhalten bleiben und möglichst bald in all den umkämpften Gebieten dieser Erde einkehren.




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