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Das Staffeler Kreuz in Sayn

von Hermann Müller †

Gründungsmitglied der GGH


Jahrhunderte hindurch stand in der Sayner Gemarkung ein Wegekreuz an der Straße nach Heimbach, ungefähr 200 Schritte von der St. Georgskapelle entfernt, die in der Nähe der heutigen St. Elisabeth-Kirche die Vorübergehenden zur Andacht einlud. Es war ein mächtiges, zehn Fuß = 2,90 m. hohes Kreuz aus Lava und wurde "Staffeler Kreuz" genannt, das Generationen hindurch zur Orientierung im Acker- und Rebland vor dem Ort diente. In der bekannten Rommersdorfer-Karte über diesen Distrikt von 1684 sind das Kreuz und auch die Kapelle deutlich markiert. Der Chronist Johann Philipp von Reiffenberg erwähnt das Staffeler-Kreuz und auch die Sühnekapelle in seinen Aufzeichnungen über Sayn: "Antiquitates Saynenses anno 1684", wie auch spätere Geschichtsschreiber, z.B. von Hontheim und von Stramberg.

Die St. Georgskapelle, so hieß die Sühnekapelle, ließ der Trierer Erzbischof und Kurfürst Kuno II. von Falkenstein (Reg. Zeit von 1362 - 1388), der auf seiner Burg in Engers ganz in der Nähe des furchtbaren Ereignisses weilte, kurz danach errichten. Zu ihr gingen dann alljährlich am 23. April Prozessionen von der PrämonstratenserAbtei Sayn, nach deren Rückkehr im Gemeindehaus die öffentlichen Ämter vergeben wurden. Dieser Brauch hielt sich bis in die Zeit des letzten Grafen Heinrich IV. von Sayn, der 1606 auf der Stammburg verstarb. Die Kapelle wurde, da sie arg durch die Kriege am Rhein gelitten hatte, in der Napoleonischen Zeit abgetragen; ihre Fundamente konnten bis heute nicht gefunden werden, da sie wahrscheinlich unter verbreiteter Straße liegen.

Das Staffeler Kreuz blieb länger stehen. Hierauf wird zum Schluß einzugehen sein. Die richtige Bezeichnung für dieses hätte eigentlich "Staffel-Kreuz" heißen müssen, denn sie leitet sich von dem Ort Staffel bei Limburg ab, nach dem sich ein Rittergeschlecht nannte. Dessen Ahnherr, ein Ritter Mankelard von Nassau, stammte, wie der Name schon sagt, aus der Nassauischen Dynastie, denn auch das Wappen derer von Staffel zeigt in den "Stammtafeln der Reichsfreien Rheinischen Ritterschaft" (nach Humbracht) im Schild u.a. den doppelgeschwänzten Nassauischen Löwen im Profil.

Distriktkarte des Kloster Rommersdorf aus der Zeit um 1740

Ausgangs des 14. Jahrhunderts kam es zwischem dem Ritter Friedrich von Staffel nebst seinen Söhnen Heinrich und Dietherich und der aufstrebenden Stadt Limburg wahrscheinlich wegen Lehensrechten zu Streitigkeiten, wobei sich besonders der jüngere Dietherich stets unnachgiebig zeigte. Ihm stand in gleicher Hartnäckigkeit ein Ritter Bretten von Hersbach entgegen, der als Hauptmann die Stadtsöldner von Limburg befehligte und stets kampfbereit den Ubergriffen derer von Staffel begegnete.

Das Schicksal wollte es nun, daß beide im Mai 1380 mit ihrem Gefolge zu einer großen landauf, landab bekanntgemachten Hochzeitsfeierlichkeit nach lsenburg geladen waren. Denn das lsenburg-Grenzauer Grafengeschlecht hatte weitverzweigte Verwandtschaft im vorderen Taunus, an der unteren Mosel und natürlich auch im Westerwald. Dies bestätigen übrigens auch die Burghäuser derer von Wied, von Cobern und von Runkel (Lahn), die innerhalb der Isenburger Feste erbaut waren. Von dem Runkel‘schen Burghaus in Isenburg will man, nebenbei bemerkt, den Beweis herleiten, daß die Grafen von Isenburg und von Runkel ein- und derselben Abstammung sind. Die Nassauer Linie kann in Abzweigungen eindeutig auf das Haus Runkel zurückgeführt werden.

Jedenfalls waren in den Maitagen anno 1380 die Ritter von Staffel und von Runkel sowie die der Stadt Limburg nach Isenburg unterwegs, wo im dortigen Grafenhaus, das besonders durch seinen berühmten Vorfahren Arnold II., der von 1242- 1252 die Erzbischofswürde von Trier innehatte, hohes Ansehen genoß, die Vermählung des Grafen Salentin IV. mit Gräfin Adelheid von Arenfels stattfand.

Lahn- und rheinabwärts reiste Dietherich von Staffel mit seinen Leuten zunächst bis Bendorf, wo er in der Steingasse bei Verwandten Unterkunft fand, um von dort das restliche Stück durch das Sayntal nach Isenburg zu reiten. Doch am Eingang des Tales (s. Anm.*) traf er auf den Limburger Stadthauptmann Bretten von Hersbach, seinen gehaßten Widersacher. Der Stadtschreiber von Limburg Thilemann von Wolfshagen berichtet in seiner Chronik (1336 - 1398) den weiteren Ablauf des Geschehnisses: "...Ritter Hans Bretten von Herrisbach kam reitend und Dietrich von Staffel wollte nach Bettendorf auch nach Isenburg. Und Dietherich ward des andern, seines Gegners, inne und erreichte ihn draußen vor dem Tal. Und da Hans Bretten sahe, daß er erritten war, da zückte er sein Schwert und stach hinter sich und stach den Dietherich boben ein Aug, nicht über ein Glieds tief, und der starb daran, da wurden die Ritter von Stein, Langenau und von Rauenburg Feinde von Limburg, dessen Stadt-Hauptmann Hans Bretten von Herrisbach war und nahmen die neue Stadt bei der Limburger Brücke ein, plünderten und brannten sie aus. Die von Limburg mußten wegen des Todes des Dietherich groß und schwere Sühne thun, Dieser Angriff hatte tatsächlich am 14. Mai 1380 stattgefunden, wobei die Ritter über zwanzig Häuser niederbrannten. Die Limburger Stadtsöldner gingen bald zur Gegenwehr über, um dem weiteren Plündern und Brennen Einhalt zu gebieten. Es kam dabei zu heftigen Kämpfen, in denen ein Ritter erschlagen wurde und viele verletzt liegen blieben, ehe die Ritter zum Rückzug gedrängt werden konnten.

Distriktkarte angefertigt im Kloster Rommersdorf; wegen Besitzstreitigkeiten mit den Nachbarn. Mit dem roten Kreis markiert; der Ort des Geschehens

Der Familie des erstochenen Ritters Dietherich von Staffel und besonders seiner Gemahlin Engeleidis gestattete Graf Johann III. von Sayn-Sponheim die Aufstellung eines steinernen Kreuzes, in dessen Querteil das Wappen des Erschlagenen eingemeißelt war.

Der Steinkreuz-Forscher K. Müller-Veltin geht in seinem kürzlich erschienenen Buch "Mittelrheinische Steinkreuze aus Basaltlava" auf dieses Sühne-Kreuz ein: " . . . Der das Kreuz betreffende Teil des Textes sei hier nach der Originalurkunde mitgeteilt: vor sullen wir ein steinen Cruce duen machen, unden mit drin greden, und daruff daz Cruce von zehen vuessen, und uff beide Siten mit Diederiche gen(annt) Wapen darin gehauwen, vnd sullen daz Cruce setzen uff die Stad, da Diederich selige wuent verleib — "Die Urkunde, ein Pergament, ca. 20 zu 20 Zentimeter groß, mit vier (beschädigten) Siegeln, befindet sich im Familienarchiv der Freiherrn von und zum Stein, Gräfl. von Kanitz‘sche Verwaltung, Nassau. (Im Text sind Johann und Friedrich vom Stein als Ritter auf der Seite Diederichs von Staffel genannt). Beide lebten bereits auf der unteren Burg in Sayn und dürften ebenfalls zu den Hochzeitsfeierlichkeiten nach Isenburg eingeladen worden sein.

Müller-Veltin gibt in seinem Buch (S. 118) über die Darlegung des Johann Philipp von Reiffenberg zur Wiederherstellung des Sühnekreuzes, (das zu seiner Zeit zusammengestürzt war) folgendes an: "Die Renovierung erfolgte "hoc anno 1684", in dem Jahr also, in dem Reiffenberg darüber berichtet und die "Antiquitates Saynenses" verfaßt hat, in dem zugleich aber auch die Rommersdorfer Kartenskizze entstand. Johann Philipp von Reiffenberg, in Sayn kurtrierischer Amtmann und selbst begütert, hat offensichtlich die Arbeiten angeordnet und perönlich geleitet (er mag dazu gekommen sein, als er über Dietrich von Staffel und die Limburger Fehde schrieb). Nach seinem Bericht sollten die herabgestürzten oberen Teile des Kreuzes, an dem sich die Wappen (insignia) befanden, wieder auf den Schaft gesetzt werden und dieser selbst, der sich geneigt hatte, aufgerichtet werden...." Wie und wann dieses immerhin seit Generationen bekannte und auffallende Wegekreuz später verschwand, darüber gibt es bis heute keine gesicherte Uberlieferungen. Anfang des 19. Jahrhunderts dürfte es noch gestanden haben. Doch dann schrieb Christian von Stramberg darüber in seinem "Rheinischen Antiquarius", der 1853 erschien, daß "das Monument in der neusten Zeit ganz und gar verschwunden sei."

Leider gibt es keine Abbildungen davon. So verschwand das "Staffeler-Kreuz" auch ganz aus dem Bewußtsein der Bevölkerung. Nur fern erinnert heute noch der Straßennamen "Ritterweg" an jene dramatische Begebenheit, die sich dort im Mittelalter zugetragen hat.


Anm.: * Dieser Passus ist etwas unklar ausgedrück. Der Weg nach Isenburg führte über die Höhen links des Saynbaches. Es ist ein vorgeschichtlicher Völkerweg, der bis zum Ausbau der Straße im Tal des Saynbaches bis ins 19. Jahrhundert die Hauptverbindung vom Rhein über Isenburg zum Westerwald darstellte. Das hier geschilderte Geschehen muß sich in der Nähe dieses Weges nach Isenburg abgespielt haben;
"draußen vor dem Tal" bezeichnet m.M. nach die Stelle wo der Weg vor dem Ort Sayn nach Heimbach führt. W.K.





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