Die Wurzeln der Demokratie
im 'Flecken' Bendorf
Bendorfer waren für Nationalversammlung - Ruf
nach Freiheit und Gleichheit fand starken Widerhall 242 Bürger
votierten für Demokratie
von Hans Scharfenstein
(Gründungs- & Ehrenmitglied der GGH)
Allenthalben wurde in Deutschland im Jahr 2003 das 140jährige
Bestehen der SPD gefeiert. Bestand aber dann die SPD auch in Bendorf 140 Jahre?
Diese Frage ist mit einem klaren Nein zu beantworten. Aber demokratische
Gesinnung und Tatkraft ist in großen Teilen der Bendorfer
Bevölkerung in vielen Aktionen und Begebenheiten aus noch früheren
Zeiten als 1863, dem Gründungsjahr der SPD, überliefert und bekannt.
Bendorf war schon früh ein Industrieort, dem Arbeiter,
Bergmänner und Hüttenleute mit ihren Werken das Gepräge gaben.
Den älteren ist ja noch bekannt, daß die tägliche Arbeitszeit,
außer sonntags, zwölf und 14 Stunden betrug. Kinderarbeit war
allgemein üblich. Die Menschen in Bendorf und anderswo kannten es nicht
anders und fügten sich in ihr schweres Los.
Als im Frühling des Jahrs 1848 in Berlin und in anderen
Ländern Revolutionen ausbrachen wehte dieser Freiheitssturm auch stark in
Bendorf, Es ist darüber schon einiges berichtet worden, doch einige
Begebenheiten sollen noch einmal in Erinnerung gebracht werden.
So kämpften katholische Bürger demonstrativ um ihr
Glockenrecht. Sie durften in Bendorf nur mit der kleinsten Glocke zur Messe
läuten, während die Protestanten zu allen Zeiten mit dem vollen
Geläute ihre Gläubigen zur Kirche riefen. Am Sonntag, 26. März
1848, stiegen Katholiken auf den Kirchturm und läuteten ebenfalls mit
allen Glocken zur Messe. Herbeieilende Protestanten, die das verhindern
wollten, wurden vor der Kirchturmpforte von einem Bendorfer Gardesoldaten, der
in Berlin diente und in Urlaub war, mit gezogenem Säbel am Betreten des
Kirchturms gehindert.
Dieses demokratische Begehren auf gleiches Recht wurde anderntags
durchs evangelische Presbyterium und etwas später von der
Bürgermeisterei - der der Kirchturm seit 1807 gehörte - für
immer gewährt. Als nächstes wurde auf der Spitze des Kirchturms eine
große Fahne in Schwarz-Rot-Gold - den Farben der Freiheit - gehißt,
die lange Zeit über Bendorf wehte.
Der damalige Bürgermeister, Johann Philipp Verwer, einem
ungerechten und die katholische Mehrheit Bendorfs sehr benachteiligenden
Stadtoberhaupt, wurde abgesetzt und durch einen Erlaß aus Berlin in den
vorläufigen Ruhestand geschickt.
Die demokratischen Thesen von Freiheit und Gleichheit fanden vor
allem in der großen Masse der damaligen Bendorfer Arbeiterschaft
große Begeisterung und Resonanz. Überall wurde demonstriert und in
der großen Gießhalle der Sayner Hütte fand eine
Protestversammlung statt, wo revolutionäre Redner vor viel Publikum mit
den sozialen Mißständen und den feudalistischen Regiemen sowie ihren
versprochenen, aber nie gehaltenen Verbesserungen den arbeitenden Menschen
gegenüber, scharf abrechneten, Über diese sich damals bei uns in
Bendorf abspielenden teilweise dramatischen Ereignisse wäre noch viel zu
berichten.
Eine Begebenheit muß aber noch erwähnt werden. 1848
wurde durch den Willen der Bevölkerung eine demokratische
Nationalversammlung gewählt, die am 18. Mai erstmals in der Frankfurter
Paulskirche zusammentrat. In Bendorf wurde damals auch zum erstenmal
gewählt. 384 Bürger, alle volljährig und über 25 Jahre alt,
waren auf einer Liste aufgeführt, die drei Tage lang im Rathaus ausgelegt
wurde. Jeder, der für die Nationalversammlung stimmte, wurde in der Liste
vermerkt, damit war er als für die Demokratie votierend bekannt. Das
Wahlergebnis war ein klares Bekenntnis für Freiheit, denn 242
Wahlberechtigte waren für die Demokratie. 142 Wähler waren für
das Belassen beim Althergebrachten.
An den Namen der auf der Liste eingetragenen Bendorfer kann man
noch heute erkennen, wer für eine Änderung der herrschenden
Zustände war. Den Privilegierten war es recht, wenn alles beim alten
blieb, aber die Arbeiter, Handwerker und Tagelöhner erkannten die Gunst
der Stunde und wollten ein besseres Leben.
Sehr erstaunt war man aber auch darüber, daß mancher
renommierte Bendorfer ebenfalls für mehr Freiheit und gleiches Recht
abstimmte, So hat unter anderem Thoedor Neizert, der Gründer der
Feuerfeststeinfabrik, der katholische Pfarrer Michael Neureuter und die
Hütten- und Erzgrubenbesitzer Gideon und Viktor Remy für das
Nationalparlament abgestimmt.
Aber wie wir wissen, ist letzendlich die Revolution dennoch
gescheitert. Bürgerwehren schossen wieder auf demonstrierende Arbeiter,
Revolutionsführer wurden verfolgt oder gingen ins Ausland und viele
Arbeitervereine, die sich nach dem neuen Versammlungsrecht gebildet hatten,
setzten nach deren Verbot ihre Tätigkeit im Geheimen fort. Soziale
Sicherheit, Schutz vor Ausbeutung und Steuergerechtigkeit waren ihre Hauptziele
in den Jahren danach.
Als 15 Jahre später, am 23. Mai 1863, der Allgemeine Deutsche
Arbeiterverein entstand, hat man auch in Bendorf über dessen
Aktivitäten sicher manches erfahren. Vorerst blieb hier aber alles beim
Alten. Kirchliche Seiten versuchten, den schwer um ihre Existenz und
menschenwürdige Lebensweise ringenden Arbeiterfamilien so gut es ging zu
helfen.
Schon 1862 wurde in Bendorf die "Kolpingsfamlie" gegründet,
die im Sinne ihres Gründers segensreich in beruflicher und
allgemeinbildender Weise tätig war sowie viele Mitglieder hatte. Nach und
nach hörte man auch in Bendorf, daß anderswo sozialistische
Arbeitervereine entstanden, die um bessere Arbeitsbedingungen, höhere
Löhne, Witwen- und Waisenrenten und um vieles mehr kämpften.
Erste Nachrichten kamen nach Bendorf durch Grenzhäuser
Keramikhändler, die mit Pferdefuhrwerken voller Tonwaren nach Sachsen und
Thüringen fuhren. Dort wurden sie mit den sozialistischen Forderungen und
Kampfmaßnahmen großer Teile der arbeitenden Bevölkerung
bekannt. Reichskanzler Bismarck, dem die Unruhe im Volk und seine
Unzufriedenheit bekannt war, erließ 1878 die sogenannten
Sozialistengesetze. Viele aufrechte Bürger wanderten in Gefängnisse,
nur weil sie gegen die unzumutbaren Arbeits- und Lebensbedingungen agierten
oder demonstrierten.
Das überwiegend katholische Rheinland, in dem die Kirche noch
eine große Macht besaß, blieb lange vor diesen Problemen mit ihrer
Arbeiterschaft verschont. Aber auch in Bendorf fand sozialistisches Gedankengut
in der Bevölkerung nunmehr Eingang. So verfügte am 4. Januar 1883 der
1. Staatsanwalt in Koblenz die folgende Deklaration:
"Vor einigen Tagen sind in Bendorf, Engers und Umgebung Schriften
sozialdemoratischen Inhalts verbreitet worden. Indem ich um Abgabe der noch
vorfindlichen Exemplare an die nächste Polizeibehörde ersuche, mache
ich darauf aufmerksam, daß 1. Die Druckschrift "Ein neues
Wintermärchen" durch Beschluß der Polizeibehörde (...) und
2. Die Druckschrift "Der schlechte Arbeitslohn"' durch Beschluß der
Königlichen Regierung München (...) verboten ist, und jede
Verbreitung dieser Schriften (...) geahndet wird.
Durch diese Deklaration wird klar, daß es schon weit
über hundert Jahre Anhänger der Sozialdemokratie in Bendorf gibt.
Aber die Gefahr, die ihnen bei Entdeckung ihrer Sympathien zur verfolgten SPD
entstehen konnten, ließ diese sicherlich zu keinen Aktivitäten
schreiten, Als auch noch die Kirche offen Partei gegen die SPD ergriff - so
predigte 1892 Kaplan Esch in Bendorf heftig von der Kanzel gegen die
Sozialdemokratie - verließ so manchen Bendorfer Sympathisanten der SPD
die Zuversicht und die Hoffnung, weiter auf bessere, gerechtere Zeiten zu
warten.
Nach mündlichen Berichten von alten Bendorfern haben sich
aber im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts plötzlich auch in Bendorf
sozaldemokratische, öffentliche Aktivitäten in zunehmendem Maße
zugetragen. Bei der Reichstagswahl 1907 wurden erstmals drei
sozialdemokratische Stimmen abgegeben. Der Bann war gebrochen. Als August Haas,
ein Schlosser aus dem Rheinland, sowie seit 1909 Kandidat der SPD im
Reichstagswahlbezirk Koblenz-St. Goar, oft nach Bendorf kam und
sozaldemokratische Parteipolitik betrieb und viele Anhänger fand, ging es
steil bergauf. Bei der Reichstagswahl 1912 erhielt die SPD in Bendorf 277
Stimmen und war plötzlich ein ernstzunehmender Gegner der beiden
bürgerlichen Bendorfer Parteien geworden. Aber bevor es zu diesen Erfolgen
kam, hatte sich August Haas, der merkte, daß es in Bendorf ein
aufgeschlossenes Proletariat für sozalistisches Gedankengut gab, er weilte
manchen Sonntag, von Köln kommend, wo er wohnte, in Bendorf. Dabei hielt
er unermüdlich Vorträge über soziale Forderungen und
Verbesserungen und schulte seine Zuhörer, um ebenfalls am Arbeitsplatz zu
agieren. Da die hiesige Polizei solche Versammlungen in Gasthöfen nicht
genehmigte, trafen sich die Bendorfer Sozialdemokraten im Freien, um dort den
Redner zu hören und zu diskutieren. Überliefert ist, daß auch
dort die Polizei erschien - oft war die "Luh" in Bendorf nämlich der
Treffpunkt - und die Versammlung auflöste. Daß Spitzel die Polizei
von den Treffen informierten, wiederholte sich so oft, daß man sich in
kleinen Gruppen traf und über verschiedene Wege zum Bendorfer Hochwald im
Distrikt "Sauwasen" oder "Schafstall" ging, um ungehindert diskutieren zu
können.
Krawalle brachten Bendorf in Verruf - Eine rote
Fahne sorgte für Aufregung - Der Durchbruch der Sozialdemokratie
Wie schwer es die Sozialdemokraten in Bendorf hatten, wird durch
die Schilderungen im ersten Teil des Berichtes ersichtlich. Die heutigen
Sozialdemokraten werden sicherlich die schwierige Lage der damaligen Generation
berücksichtigen und der Meisterung der damaligen Probleme große
Hochachtung verbunden mit gebührendem Dank für das feste und
unerschütterliches Einstehen zur Sache, entgegenbringen. Denn was die
Sozialisten damals leisteten, war gravierend für den Bestand der
Demokratie in diesem Staat.
Ein echter Sozialdemokrat war damals auch Ambrosius Sauerborn aus
dem Grubenweg, Als er plötzlich starb, geschah etwas, das die Gemüter
in Bendorf noch viele Jahre erregen sollte. August Haas erschien mit einer
kleinen Abordnung aus Köln zur Beerdigung und nahm mit einer roten Fahne
an dieser teil, um den verdienten Genossen zu ehren. Dieses wurde aber von
großen Teilen der konservativen Bevölkerung mißbilligt, als
Affront gegenüber traditionellen Beisetzungszeremonien betrachtet und als
unerhört abgelehnt. Noch Jahrzehnte später kursierte bei
Streitgesprächen unter Bendorfern der Spruch: Mach so weiter, dann wirst
du auch mal mit einer roten Fahne beerdigt.
Ein Bendorfer Sozialist, 1910 zum kaiserlichen Heer einberufen,
wurde nach Bekanntwerden seiner Gesinnung zum Kampaniechef befohlen und von
diesem als "Roter Hund" tituliert. Als Strafe befahl er dem Bendorfer, jeden
Sonntag in der Garnisonskirche dem Militärgeistlichen als Meßdiener
zur Verfügung zu stehen. Doch diese Schikanen nutzten wenig. Die SPD
gewann immer mehr Anhänger und gemeinsam mit den Gewerkschaften erreichten
sie sich selbst gesetzte Ziele, die vorher noch als unerreichbar galten.
Ein bester Beweis dafür, daß in Bendorf die Sozialisten
hervorragendes leisteten, ist die Vergabe des alljährlichen Parteitages
des Agitationsbezirkes "Obere Rheinprovinz" im Jahre 1913 nach Bendorf. Am
Samstagabend, dem 5. Juli, trat in dem festlich geschmückten Saale der
Wirtschaft "Zur guten Hoffnung" der Parteitag zusammen. Der Bendorfer
Arbeitergesangverein "Wachauf" leitete die Tagung durch einige stimmungsvoll
vorgetragenen Lieder ein. Anton Wilh. Gelhardt begrüßte als
Vorsitzender des Ortskommitees die versammelten Delegierten.
Er wies darauf hin, daß erst 1906 durch drei Genossen die
moderene Arbeiterbewegung in Bendorf ihren Einzug gehalten hat. Er betonte,
daß es nun in Bendorf eine stattliche Zahl Parteigenossen und
Gewerkschaftler gebe. Großen Beifall erhielt er, als er den gewaltigen
Zuwachs von 274 Stimmen (1907 waren es nur drei Stimmen) bei der Reichstagswahl
1912 erwähnte. Der Parteitag bearbeitete viele Themen, wobei Delegierte
aus Köln, Essen, Mülheim/Ruhr, Aachen, Trier, Kreuznach und vielen
anderen Ortsvereinen ausgiebig diskutierten und Resolutionen beschlossen.
Ein Jahr später brach der erste Weltkrieg aus. Viele
Bendorfer kehrten aus dem verlorenen Krieg nicht zurück. Der Kaiser hatte
abgedankt und war nach Holland ins Asyl geflohen. Das "Deutsche Reich" wurde
Republik und bei Neuwahlen wurde die SPD stärkste Partei. Anstelle des
Kaisers wurde Friedrich Ebert Reichspräsident, ein gelernter
Sattlergeselle und alter Sozialdemokrat. Nach ihm kamen zahlreiche
Reichskanzler und viele Minister aus den Reihen der SPD.
Auch in Bendorf, das von amerikanischen Truppen besetzt war,
versuchten Sozialdemokraten gemeinsam mit den anderen Parteien über die
ersten schweren Nachkriegsjahre hinwegzukommen und der notleidenden
Bevölkerung so gut es ging zu helfen. Ein Teil der Sozialdemokraten ging
andere, radikalere Wege. Aus ihnen entstand die kommunistische Partei
Deutschlands, die auch viele Anhänger in Bendorf hatte. Aus alten
städtischen Chroniken, in der alle Wahlen und ihre Ereignisse eingetragen
sind, kann man das veränderte Wahlverhalten gut verfolgen.
Die SPD in Bendorf, jetzt in der Zeit der Weimarer Republik, war
auch für Geschäftsleute, Lehrer, Handwerker und auch für viele
Frauen wählbar und wurden Mitglieder derselben, Der Arbeitergesangverein
"Freie Sänger", ein gemischter Chor und ein Kinderchor aus ihren Reihen,
spielten im kulturellen Leben Bendorfs eine große Rolle. In den Jahren
der Weltwirtschaftskrise, als sechs Millionen Deutsche arbeitslos waren, hat
auch Bendorf schwere Zeiten durchgemacht. Aus den hiesigen Fabriken wurden
viele Arbeiter entlassen und Werke zeitweise stillgelegt. Viele Bendorfer aus
der älteren Generation haben diese Zeiten miterlebt und können sich
gewiß daran erinnern.
Die in vielen Thesen und politischen Forderungen der SPD
nahestehende KPD veranstaltete in Bendorf öfters
Protestdemonstrationszüge. Unter den Klängen einer Schalmeikapelle,
die den oft nicht genehmigten Protestzug anführte und an dem hunderte
KPD-Anhänger teilnahmen, kam es oft zu regelrechten
Straßenschlachten zwischen starken Polizeikräften aus Koblenz und
arbeitslosen Kommunisten aus Bendorf. Zwischen Gummiknüppel schwingenden
und zuschlagenden Polizisten und sich mit ihren Fäusten wehrenden
Bendorfer Arbeitern kam es dabei zu Kämpfen Mann gegen Mann. Diese
radikalen Krawalle wurden natürlich überall bekannt. Bendorf bekam
dadurch einen üblen Ruf als "Rotes Nest am Mittelrhein".
Dann kamen die Nazis an die Macht und als erstes verboten sie nach
kurzer Zeit alle anderen Parteien. Alle Unterlagen der Bendorfer SPD, die heute
noch viel berichten könnten, wurden beschlagnahmt und vernichtet. Die
Partei- und Gewerkschaftskassen und sonstiges Vermögen wurde einkassiert.
Nazi-Schläger mißhandelten Sozialisten, Kommunisten und
Zentrumsanhänger. Einige sozialdemokratische Bendorfer Mitbürger
wurden von den Nazis verhaftet und wurden in Konzentrationslager verschleppt.
Sie überlebten, kamen aber nach zwölf Jahren Haft als mehr oder
weniger gebrochene Männer nach Bendorf zurück.
Nach dem schrecklichsten aller Kriege begann ein Neuanfang auch
auf politischem Gebiet. Die Sieger erlaubten den demokratischen Parteien wieder
ihre Tätigkeit. Sogleich wurde, sobald es möglich war, durch die
alten Sozialdemokraten die den Krieg überlebt hatten und Neumitglieder
wieder eine Sozialdemokratische Ortsgruppe gegründet. Was früher
nicht gelang, wurde jetzt Wirklichkeit in Bendorf. Bei Gemeindewahlen, von 1949
an, stellten sie bis 1998 jedesmal den Bürgermeister und als starke
Ratsfraktion bestimmten sie die Richtlinien der Kommunalpolitik.
So dürfen auch die Bendorfer Sozialdemokraten voller Stolz
dem 140jährigen Bestehen ihrer Partei gedenken. Denn in Bendorf wird auch
schon über 80 Jahre ihre Politik von Anhängern der ersten Stunde an,
bis heute, für Frieden, Freiheit und Sozialgerechtigkeit mit großem
Engagement ausgeübt. (soweit Hans Scharfenstein)
Der Bendorfer SPD-Ortsverein kann seinen
Gründungstag feiern.
von Werner Kutsche
Angeregt durch eine Anfrage aus den USA, zu Details auf unserer
Homepage, betreffend eines Friedrich Albert Eisfelder und der ungewissen
Quellenlage zur Gründung der SPD in Bendorf, begann nach der 140 Jahr
Feier zur Gründung der sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Jahre
2003, eine gründliche Recherche in den infrage kommenden Archiven
(Landes-Hauptarchiv in Koblenz, Archiv der Friedrich Ebert Stiftung in Bonn,
Archiv des sozialdemokratischen Partei) nach möglichen Hinweisen über
die Gründung der SPD in Bendorf. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen; die
Bendorfer SPD ist älter als bisher angenommen.
Um das genaue Gründungsdatum herrschte lange Zeit ein
großes Rätselraten. Bei der Jubiläumsfeier im Jahre 1970 hatte
die Bendorfer SPD in Ermangelung genauer Gründungsdaten das Jahr 1920 als
Gründungsdatum angenommen. Die SPD in Bendorf war aber schon zu diesem
Zeitpunkt 64 Jahre alt. Niemand hatte sich bisher die Mühe gemacht in den
alten Urkunden, Zeitungsartikel oder Protokolle aus den Jahren um die
Jahrhundertwende nach Hinweisen auf ein mögliches Gründungsdatum zu
suchen.
Eine E-Mail aus den USA war also der direkte Anlass um
gründliche Nachforschungen zu der genannten Person anzustellen. Der
Absender dieser Mail schrieb: "ich schreibe Ihnen aus den Vereinigten Staaten.
Mein Großvater, Henry Eisfelder, lebte mit seiner Familie in Bendorf,
Deutschland in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Ich erinnere mich, dass
seine Großeltern und danach seine Eltern das Restaurant "Bendorfer Haus"
besaßen und betrieben bis etwa 1936"; soweit in dürren Worten der
Text dieser E-Mail.
Bernd Wollinger, Bendorf, Mitglied der Gesellschaft für
Geschichte und Heimatkunde von Bendorf und Umgebung, SPD-Mitglied und
Mitstreiter im Förderkreis Geschichte der Bendorfer Arbeiterbewegung;
Andreas Damian, Bendorf, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bendorfer Stadtrat
und Werner Kutsche übernahmen es der Bitte des Absenders dieser E-Mail
nach mehr Informationen über seinem Großvater nachzugehen. Sie
stießen u.a. im Landeshauptarchiv Koblenz auf ein Schreiben an den
Präsidenten der preußischen Rheinprovinz, in der sich der
königliche Landrat des Kreises Koblenz 1906 über den Ackerer und
Winzer Friedrich Albert Eisfelder äußert, der Ende des 19.
Jahrhunderts nach Amerika ausgewandert und 1906 wieder nach Bendorf
zurückgekehrt war.
Die Eltern des oben genannten Friedrich Albert Eisfelder
führten in Bendorf eine Gaststätte, die Eisfelder'sche Wirtschaft.
Diese Wirtschaft war das erste "Stammlokal" der Bendorfer SPD, wo "nur die
Sozialdemokraten verkehren", wie es in dem amtlichen Bericht wörtlich
heißt. Und weiter: "Die hiesige Sozialdemokratie hat erst mit der
Rückkehr des Eisfelders aus Amerika festen Fuß gefasst, da es ihr
vorher nicht gelungen war, dauernd ein Lokal für ihre Zwecke zu bekommen."
Damit schlug die Geburtsstunde der Bendorfer SPD, stets argwöhnisch
beäugt von der Polizeibehörde der Preußischen Rheinprovinz.
Wie sehr die Sozialdemokraten in der damaligen Zeit verrufen
waren, weil sie die Gesellschaft verändern wollten und mehr Gerechtigkeit
und mehr Solidarität forderten, lässt sich vielfach belegen. Die
Beschimpfungen in der "Deutsch-Nationalen- und Konservativen" Presse als
"Gesindel und ...Pack" lässt sich über viele Seiten belegen. "Die
Bendorfer Sozialdemokraten waren als Arbeiterpartei isoliert", erläutert
Fritz Franzen, langjähriger Gewerkschaftsfunktionär,
Zeitgeschichtsforscher und Buchautor aus Lahnstein.
Nach dem Ende des 1.Weltkrieg 1918 und mit der Abschaffung des
undemokratischen Drei-Klassenwahlrechts wurden überall in Deutschland die
Parlamente neu gewählt und nach demokratischen Verhältniswahlrecht
besetzt. Fest steht jedenfalls, dass die Bendorfer SPD bei der Gemeinderatswahl
am 26. Oktober 1919 acht Sitze gewann und damit ein starkes Gegengewicht zu den
zehn Sitzen der vereinigten bürgerlichen Gruppen bildete. Einen ersten
Erfolg verbuchte die junge Fraktion im Januar 1920, als Anton Wilhelm Gelhard
zum dritten Beigeordneten gewählt wurde und die SPD damit erstmals die
Stadt mitverwaltete. Anton W. Gelhard wurde mit 32 Jahren in den Stadtrat
unserer Heimatstadt gewählt und hatte dieses Mandat bis zum Jahre 1933
inne.Wohl nur wenige Bürger unserer Stadt waren mit den Belangen und
Geschicken unserer Gemeinde so vertraut wie Anton W. Gelhard.
Der hier genannte Anton Wilhelm Gerhardt tritt uns aber schon
früher in führender Position entgegen.
Anton Wilhelm Gelhard wurde am 17. Juni 1886 als Sohn des
Tagelöhners Wilhelm Gelhard, in Bendorf geboren. Schon sehr früh kam
er durch seinen Vater und seine Onkel (Bergmann und Fabrikarbeiter) mit der
Gewerkschaftsbewegung in Berührung. Mit 15 Jahren, im Jahre 1901, war er
schon gewerkschaftlich tätig und bereits 1919 als
Gewerkschaftssekretär des Verbandes der Fabrikarbeiter erfolgreich.
Zur Erläuterung muss gesagt werden.: Bendorf war durch
Bergbau, Hüttenwerke, Maschinenbau, Feuerfeste Industrie und chemische
Werke Hauptort für den industriellen Bereich am Mittelrhein und Sitz der
Hauptverwaltungsstelle des "Verbandes der Fabrikarbeiter".
Neben seiner gewerkschaftlichen Tätigkeit engagierte sich
Anton W. Gelhard für die sozialdemokratische Partei. Er war der
führende Kopf der Sozialdemokratie in Bendorf. Am 30. Mai 1906, nach
seinem 20. Geburtstag, war er der (Mit-) Gründer des Ortsvereins der SPD
in Bendorf. Das Gründungslokal war die Gastwirtschaft Eisfelder
Nach dem Ende des 1.Weltkrieg 1918 und mit der Abschaffung des
undemokratischen Drei-Klassenwahlrechts wurden überall in Deutschland die
Parlamente neu gewählt und nach demokratischen Verhältniswahlrecht
besetzt. Anton W. Gelhard wurde mit 32 Jahren in den Stadtrat unserer
Heimatstadt gewählt und hatte dieses Mandat bis zum Jahre 1933 inne.Wohl
nur wenige Bürger unserer Stadt waren mit den Belangen und Geschicken
unserer Gemeinde so vertraut wie Anton Gelhard. Durch den
nationalsozialistischen Umsturz im Jahre 1933 wurde die erfolgreiche
Tätigkeit Gelhards jäh unterbrochen, da er sofort unter
Polizeiaufsicht gestellt wurde.
Glatte 14 Jahre hatte die Bendorfer SPD, aus Unwissenheit,
unterschlagen, als sie 1970 ihr 50-jähriges Bestehen feierte. Sie war
nämlich zu diesem Zeitpunkt schon ganze 64 Jahre alt - nur wusste das
damals niemand, weil keine Urkunden, Zeitungsartikel oder Protokolle aus dem
Jahr 1906 bekannt waren. In diesem Jahr wurde der SPD-Ortsverein
tatsächlich gegründet. Deshalb feierte er in diesem Jahr 2006 sein
100-jähriges Bestehen.
Amerkungen: Text der Antwort auf die Fragestellung nach
den Vorfahren des Absenders der E_mail.
"Ein gewisser Heinrich (Henry) Eisfelder war in die Vereinigten
Staaten ausgewandert und kam aber verarmt 1906 mit seine Familie wieder
zurück nach Bendorf. Er hatte in den USA noch keine Einbürgerung
beantragt und besass noch die deutsche Staatsangehörigkeit. Hier in
Bendorf wollten ihn die Behörden wegen seiner Armut, aus Sorge man
müsste ihn aus der Armenkasse unterstützen, zunächst nicht
wieder aufnehmen aber auf Grund der deutschen Staatsangehörigkeit konnten
sie Ihm das Wohnrecht an seinem Heimatort nicht verweigern. Erst als seine
verwitwete Mutter und sein Bruder, die selbst sehr arm waren, für ihn
bürgten, wurde ihm eine Aufenthaltsbescheinigung gegeben. Seine in den
Staaten erlebte persönliche Freiheit und sein Eintreten für
demokratische Verhältnisse, er war zwischenzeitlich für die
sozialdemokratische Partei Deutschlands tätig geworden, wurde ihm hier in
der alten Heimat fast zum Verhängnis. Die Polizeibehörden der Stadt
(Bürgermeister) und des Landkreises (Landrat) liessen ihn von der Polizei
scharf überwachen und verfertigten mehrere Dosiers über ihn."
Bernd Wollinger
"Erst der 1.Weltkrieg änderte die politischen
Verhältnisse. Die Brüder Heinrich und Fritz Eisfelder betrieben eine
Gastwirtschaft in Bendorf. Da Heinrich durch seinen Aufenthalt in den USA der
englischen Sprache mächtig war, konnte er während der amerikanischen
Besatzungszeit nach dem 1.Weltkrieg hier in Bendorf, durch Handel mit den
Besatzungsmächten, die wirtschaftliche Lage seiner Familie wesentlich
verbessern. Wann Ihr Urgroßvater wieder zurück nach Amerika ging
konnte ich nicht ermitteln. Als Anlage sende ich ihnen ein Foto der
Gaststätte die von den Brüdern Fritz (Friedrich) und Heinrich (Henry)
für einige Jahre gepachtet war. Die Gaststätte war der "Bendorfer
Hof" und war zu der damaligen Zeit nur ein ganz kleines Lokal. Erst später
wurde das Haus ausgebaut und erhielt noch einen großen Saal für 400
Personen. Auch dieses Haus wurde zwischenzeitlich abgerissen und durch eine
Ladenpassage ersetzt." Anmerkung W.Kutsche
Geehrte Besucherinnen und Besucher wir danken Ihnen für Ihren
Besuch auf unserer Seite und würden uns über eine Nachricht von Ihnen
freuen. GGH_56170 Bendorf Für Ihre Anregungen und Hinweise:
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