Vor Jahren schon fiel das
Wahrzeichen der Bendorfer Ziegelei
von Peter Lindemann
Baumaterial für die der Viadukte der
Westerwaldbahn stammt aus Weitersburg. 20.000 Steine pro Tag war die
Tagesproduktion.
Für die einen war er eine nostalgische Erinnerung an die
Anfänge der Industrialisierung gewesen, für die anderen ein
verläßlicher Orientierungspunkt bei Spaziergängen und
Wanderungen. Inzwischen ist er verschwunden, der Schornstein der ehemaligen
Ziegelei "Kickel und Hahn" auf dem Langenberg zwischen Bendorf und
Höhr-Grenzhausen. Manche Landschaftsästheten danken dem Technischen
Hilfswerk in Bendorf ganz besonders, daß es "den erhobenen Finger" vor
Jahren schon, umgelegt hat. Der Bendorfer Chronist Peter Pius Ohlig (gestorben
1952) erwähnt in seinem Büchlein "Heimat in alten Tagen" die Ziegelei
bei der Aufzählung der Bendorfer Unternehmen nur mit einem Satz: "Die
Ringofen-Ziegelei (Dampfbetrieb) Kickel und Hahn auf dem Langenberg",
heißt es da. Doch die Geschichte des Werkes läßt sich genauer
verfolgen.
Jakob Hahn war zwar in erster Linie ein Bauer von altem Schrot und
Korn gewesen, aber auch im kaufmännischen Bereich war er durchaus
bewandert. Und er hatte unternehmerisches Blut in den Adern, das ihn auch
Risiken eingehen ließ. Als sich nach den Wirren des Kriegs 1870/71 die
wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland stabilisierten, erkannte der
Bauer Hahn nicht nur die Zeichen der Zeit, sondern schritt auch zur Tat.
Auf einem Platz, schräg gegenüber des ehemaligen
Waldheims des Bendorfer Turnvereins, der so genannten "Ponderosa", wo die
Autobahn unmittelbar neben einen kleinem Weiher vorbeiführt, begann Jakob
Hahn mit dem Brennen von Ziegelsteinen im "Feldbrandverfahren". Bei dieser
Technik werden die Steine per Hand geformt - der nötige Rohstoff
"lag hier oben überall herum" - und nach der Art der Köhler zu
einem Meiler aufgesetzt und gebrannt. Noch heute gibt es in Weitersburg etliche
Häuser, die aus den Produkten dieses Feldbrandes errichtet wurden.
Als um 1880 mit dem Bau der Westerwaldbahn begonnen wurde,
brauchte man für die vielen Viadukte im Brextal eine riesige Zahl von
Ziegelsteinen - viel mehr als Jakob Hahn mit seinem mühevollen, aber doch
recht einträglichen Verfahren herstellen konnte. Durch diese große
Nachfrage wurde der Grundstein zum Bau der Ziegelei einschließlich eines
Ringofens gelegt. Zugleich stieg auch der kaufmännisch geschulte Schwager
Servin Kickel aus Bad Honnef in das Unternehmen mit ein.
Mit dem Ringofen und der maschinellen Steinformung wuchs die
Kapazität rasch auf ein Vielfaches. Wie gut es dem Unternehmen schon kurz
nach der Jahrhundertwende ging, zeigt folgende Tatsache: für die 1904/05
erbaute Weitersburger Kirche wurden einige hunderttausend Ziegelsteine
benötigt. Die Firma Kickel und Hahn lieferte sie zum
Selbstkostenpreis.
Diese Großzügigkeit entsprang der christlichen
Grundhaltung des Bauern Jakob Hahn. Die preisgünstigen Steine wurden von
Weitersburger Landwirten per Pferde- und Ochsengespannen zur Baustelle gefahren
- kostenlos, wie es noch heute viele Bürger wissen.
Bei einer Tagesproduktion fielen immerhin 20.000 Steine an, bei
einer Belegschaft zwischen 20 und 25 Mann, die zehn Stunden täglich
arbeiteten. Daß die Familienmitglieder fast vollzählig im
Unternehmen beschäftigt waren, galt seinerzeit als
selbstverständlich.
Doch dann meldeten sich plötzlich Konkurrenten, als die
Bimssteinindustrie auf den Plan tat und mit vergleichsweise billigen
Schwemmsteinen auf den Markt drängten. Doch der Druck hielt nicht allzu
lange an. Als nämlich die Nationalsozialisten zur Macht kamen, wurden zum
Bau von Kasernen unzählige Ziegelsteine auf dem Langenberg geordert oder
auch ganz einfach beschlagnahmt, wenn sie eigentlich für andere
Auftraggeber bestimmt waren. Auch alle staatlichen Bauten von Bahn und Post
mußten aus "harten Ziegelsteinen" gebaut werden.
Dem großen Boom aber folgte dann mit dem Zweiten Weltkrieg
der wirtschaftliche Niedergang fast postwendend auf dem Fuße. Zwischen
1940 und 1942 wurde nur noch mit einigen wenigen polnischen Kriegsgefangenen
weiterproduziert, dann versiegte, wegen Brennstoffmangels, der Betrieb
ganz.
Die damals noch im Ofen verbliebenen fertigen Steine sollten nach
Kriegsende eigentlich als Starthilfe und Anfangskaptial für einen neuen
Beginn dienen. Doch die Besatzungsmächte hatten den größten
Teil davon abtransportieren lassen. Einiges war zuvor schon während der
Kriegswirren gestohlen oder von Unbefugten verhökert worden. Mit knapper
Not konnte man damals verhindern, daß damals der Schornstein nur aus
reiner Lust am Sprengen zerstört wurde, was dem Gelände mit
Sicherheit großen Schaden zugefügt hätte. Die Nachkommen von
Jakob Kickel verkauften schließlich 1950 das Unternehmen und zogen in den
Ort Weitersburg. Der neue Käufer begann zwar wieder mit der
Steineproduktion, konnte sich aber nur einige Jahre über Wasser halten. Zu
einer Blütezeit kam es nicht mehr.
1971 kaufte die Neuwieder Firma H. J. Schmidt, Industrie-Minerale
GmbH die Ziegelei einschließlich des an Rohstoffen reichen Geländes
drumherum. Ursprünglich sollten nun Schamotte-Produkte hergestellt werden,
doch das Unterfangen erwies sich schnell als unrentabel und wurde wieder
aufgegeben. Seitdem dienen die Gebäude als Lager.
Über weitere Verwendungsmöglichkeiten ist sich die Firma
Schmidt noch nicht im klaren. Eine sinnvolle Nutzung wird aber angestrebt.
Derweil werden Gebäudeteile der ehemaligen Ziegelei als Wohnungen und
Unterstellort für Dies & Das vermietet.
Daß mit dem Schornstein das sichtbarste Zeichen der
ehemaligen Ziegelei gesprengt wurde, ist schon wieder vergessen. An das neue
Bild hat man sich rasch gewöhnt.
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