Vorwort Die bewegte
Vergangenheit unserer Heimat hat über viele Jahrhunderte hinweg hat schon
immer das Interesse von sehr vielen Autoren und Chronisten geweckt. Über
die Geschichte unserer Heimat gibt es eine reiche Fülle an Dokumenten,
Aufzeichnungen und Erzählungen, welche die Vergangenheit unserer Heimat
aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln widerspiegeln. Es erscheint mir daher
äußerst reizvoll, einige wertvolle heimatkundliche Aufsätze aus
dieser Fülle von Veröffentlichungen erneut der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen.
Der Historiker und Autor unzähliger heimatkundlicher
Abhandlungen, der Heimatforscher Hermann Müller (1922 - 1986) war
einer jener Autoren. Mit Hermann Müller ist am 21.3.1986 einer der besten
Kenner der Sayner Heimatforschung gestorben. Der letzte Beitrag, mit dem
Hermann Müller sich bei seinen Lesern zu Wort meldete, erschien vier
Wochen vor seinem Tod und galt Jakob Georg Freiherrn von Spangenberg
(1695-1779), dem kurtrierischen Staatsminister, dessen Grabmal sich in der
Abteikirche zu Sayn befindet. Es befindet sich im Chor unmittelbar hinter dem
Treppenaufstieg an rechter Seite.
Der erwähnte Aufsatz ist erschien in: Bendorfer
Zeitung 13. Februar 1986 ff in 3 Folgen Für die Einstellung
ins Internat wurde er entsprechend bearbeitet von W.Kutsche. |
Jakob Georg Freiherr von
Spangenberg
- sein Grabmal in der
Abteikirche zu Sayn -
von Hermann Müller
(Gründungsmitglied der GGH)
Wer war nun dieser Jakob Georg von Spangenberg? Christian von
Stramberg, der Verfasser des »Rheinischen Antiquarius«, nennt ihn
»einen für den trierischen Kurstaat hochwichtigen und auch in
anderer Beziehung bedeuteten Mann« (II. 2. S. 462). Und in den Chroniken
des Benediktinerinnenklosters Niederprüm und des Klosters Marienberg bei
Boppard (ebenfalls Benediktinerinnen) werden er und seine Frau als große
Wohltäter gepriesen. Immer wieder taucht sein Name in der Geschichte des
Kurstaates Trier im 18. Jahrhundert auf, da er drei Kurfürsten,
nämlich Franz Georg von Schönborn (1729-1756), seinen Nachfolgern
Johann Philipp von Walderdorf (1756-1768) und Clemens Wenzeslaus von Sachsen
(1768-1801) diente. Aber verfolgen wir sein Leben vom Tag seiner Geburt an.
Er war am 15. September 1695 in Tannenberg im Harz geboren, und
zwar in einem Pfarrhaus. Sein Vater war hier Pastor. Noch drei Geschwister -
alles Knaben - wuchsen mit ihm auf. Mit 13 Jahren verlor er seine Mutter, die
am 10. April 1708 starb. Im Jahre darauf heiratete sein Vater ein zweites Mal,
aber die Stiefmutter konnte und wollte auch keine große Zuneigung zu den
heranwachsenden Jungen aufbringen, so daß, als der Vater nach fünf
Jahren am 10. 10. 1713 starb, sie die Kinder weggab. Die älteren, Jakob
Georg und Johann Friedrich kamen in die Klosterschule nach Ilfeld, wohin
später nach Aufenthalten bei Verwandten auch die beiden jüngeren
Georg Philipp und August Gottfried untergebracht wurden. Jakob Georg besuchte
anschließend das Gymnasium zu Ilfeld und ging dann nach Jena, um hier
orientalische Sprachen, die Schriften griechischer Kirchenväter, ferner
Jura und Mathematik zu studieren. Er wohnte im Hause des Philosophen Johann
Franz Buddeus, der als ein Vertreter der Übergangstheologie von der
Orthodoxie zum Pietismus und zur Aufklärung galt. Jakob Georg verdiente
sich später seinen Lebensunterhalt mit der Korrektur der Schriften seines
Lehrers. Im Jahre 1722 verließ er Jena, und sein jüngster Bruder
August Gottlieb nahm seine Stelle ein und wohnte auch bei Buddeus. Er wurde
später ein in seiner Zeit bekannter Literat und schließlich Bischof
bei der Herrnhuter Gemeinde in Neuwied.
Mit 29 Jahren trat Jakob Georg als Kabinettsekretär in den
Dienst des Herzogs Ernst Ludwig I. von Sachsen-Meiningen und seines Nachfolgers
Karl Friedrich. Nach neuen Jahren wechselte er 1733 in den kurtrierischen,
fürstlich wormsischen und ellwangischen Dienst. Sein Dienstherr, der
Trierer Kurfürst Franz Georg von Schönborn, war gleichzeitig auch
Bischof von Worms und Propst von Ellwagen.
Im gleichen Jahr war Jakob Georg von Spangenberg zum katholischen
Glauben konvertiert nach reiflicher Prüfung und Überlegung, was er in
einer Schrift ohne Namensangabe erklärte und resümierte, daß er
nur durch das intensive Studium der Kirchengeschichte zu diesem Wechsel
gekommen sei. Er heiratete 1733 eine Johanna Dorothea Ignatia von Wallhof.
Seine Ehe wurde nicht mit Kindern gesegnet.
Er zog nach Ehrenbreitstein, wo damals die kurfürstliche
Hofhaltung war. Dort bezog er ein Haus neben der Kapuzinerkirche, das
später die Gaststätte »Zum schwarzen Bären«
beherbergte und um die Jahrhundertwende abgerissen wurde. Nachdem der Trierer
Kurfürst Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg im April 1729 als Kurfürst
und Reichskanzler nach Mainz gegangen war, wählte das Domkapital am 2. Mai
1729 den Domprobst Franz Georg von Schönborn zum Nachfolger.
Das berühmte Adelsgeschlecht von Schönborn hatte weitere
Vertreter im deutschen Episkopat wie Friedrich Karl Bischof von Würzburg
und Bamberg und Damian Hugo Bischof von Speyer. Und mit dem Namen
Schönborn ist die Förderung der Kunst, besonders der Baukunst in den
westlichen Kurstaaten damals eng verbunden, denn wie seine Verwandten sah auch
Franz Georg unter anderem seine Aufgabe darin, den Ruhm seiner Familie in die
Geschichte einzubringen. Nach den Plänen des Hofbaumeisters, Balthasar
Neumann, den er sich von seinem Bruder Friedrich Karl in Würzburg auslieh,
entstand in Trier der Neubau der Stiftskirche von St. Paulin, ein herrlicher
Barockbau, der innen zum Teil wunderschönes Rokoko aufweist. Auch in
unserer Gegend baute er, nämlich das Schloß
»Schönbornlust« in der Nähe von Kesselheim, das von den
französischen Revolutionstruppen zerstört wurde. Auch die Pfarrkirche
von Saffig ist das Werk Balthasar Neumanns. Kurfürst Franz Georg war zudem
der Bruder des Reichsvizekanzlcrs und Mitglieds des Reichshofrates in Wien, und
dementsprechend vertrat er seine Politik für Österreich, für das
alte Kaiserreich. Daher mußte sein Verhältnis zu Frankreich, das
seit Ludwig XIV. in seiner Expansionspolitik mit allen Mitteln zum Rhein als
Ostgrenze drängte, sich verschlechtern. Der Kurfürst von Trier
fürchtete, daß eines Tages der Kurstaat hilflos den
französischen Truppen, die immer wieder zur Grenze vorstießen,
ausgeliefert wäre. Dieser Haltung stand Spangenberg unterstützend
bei, denn er erkannte schon früh die französische Tendenz, die
letztlich die Zersplitterung des deutschen Reiches zum Ziel hatte. Hier fand er
auch einen Freund, der dieselbe Gesinnung hatte, nämlich den Weihbischof
Johann Nikolaus von Hontheim, der auch in seinen Schriften u. a. dies zum
Ausdruck brachte.
Der Kurfürst Franz Georg hatte für sein Land eine
friedvolle Zeit erwartet, aber der Polnische Erbfolgekrieg brach aus; und da
der Kurstaat an der Grenze hinter Lothringen lag, wurde er unmittelbar in die
Kriegswirren gezogen. Der Konflikt war nach dem Tode König August von
Polen und Kurfürsten von Sachsen (August des Starken) im Frühjahr
1733 ausgebrochen. Der französische König Ludwig XV. wollte seinen
Schwiegervater Stanislaus Lesczynski auf den polnischen Königsthron
erheben, stieß aber dabei auf den Widerstand des Kaisers Karl VI. und
Rußlands, die die Wahl Friedrich August II. von Sachsen durchsetzten.
Französische Truppen unter dem Marschall Belle-Isle
marschierten daraufhin in Lothringen und den Kurstaat Trier ein. Sie kamen
rasch vorwärts, da ihnen nur geringer Widerstand entgegengebracht wurde,
denn der Kurfürst hatte nur eine von Fall zu Fall zu mobilisierende Miliz
von 2.000 Mann zur Verteidigung. Hiervon wurden einige Truppen auf die Festung
Ehrenbreitstein abkommandiert. Die Franzosen drangen an der Mosel ostwärts
vor und besetzten Traben-Trabach. Hier verhielten sie, da Herbst und Winter
nahten, und bezogen Quartier in Trier Ende 1734. Schwere Kontributionen
mußten die Einheimischen aufbringen, bis endlich im Frühjahr 1735
die Reichsarmee, die im Jahr zuvor unter dem Kommando des alten Prinz Eugen
erfolglos am Oberrhein operiert hatte, unter neuem Feldherrn, dem Grafen
Seckendorf, von Mainz aus eine Offensive über den Hunsrück zur Mosel
eröffnete und die Franzosen in Bedrängnis brachte. Am 20./21. Oktober
schließlich kam es dann zur Schlacht zwischen Esch und Rivenich, in der
die französischen Truppen bis Trier zurückgeworfen wurden. Die
Reichsarmee verhielt am linken Moselufer und wartete ab. Am 10. November 1736
wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Aber erst Anfang Februar 1737 zogen die
Franzosen bis nach Lothringen ab, das sie besetzt hielten. Im Frieden von Wien
1738 wurde die kursächsische Thronfolge in Polen anerkannt, doch das
Herzogtum Lothringen fiel an den Schwiegervater des französischen
Königs und nach dessen Tod an Frankreich. Somit gelangte dieses damals
kerndeutsche Land unter die Herrschaft Frankreichs, und der Kurfürst von
Trier war nun unmittelbarer Nachbar eines Landes, das auch künftig weitere
Gebietsansprüche an seiner Ostgrenze verfolgte.
Jakob Georg von Spangenberg hatte in der Funktion als Beauftragter
des Kurfürsten während der Kriegsmonate versuchte die jeweiligen
Kommandeure bei ihrem rüden Verhalten der Bevölkerung gegenüber
zur Einsicht und Milde zu bringen, oftmals gelang es ihm.
Nach dem Kriege ernannte ihn der Kurfürst zum kurtrierischen
Hofrat. In dieser Position war er Mitglied des Kabinetts und Minister, dessen
Ressort die Kreis- und auch Reichsangelegenheiten und die Verbindung zu den
deutschen und auch fremden Residenzen wahrnahm. So war er viel auf Reisen,
zumal auch sein Kurfürst ihn öfter mit Sonderaufgaben beauftragte, so
z. B. bei der Wahl von Stefans von Lothringen 1745 zum Deutschen Kaiser in
Frankfurt, wo er als kurtrierischer Wahlgesandter fungierte. Schon in
früheren Jahren war er weit gereist nach Schweden, Rußland und
Finnland und in andere benachbarte Länder. Es waren sogenannte
Bildungsreisen, wie sie zur Vervollkommnung des Studiums nötig waren.
Jakob Georg von Spangenberg war weiter in seiner Eigenschaft als
Sonderemissär des Trierer Kurfürsten Franz Georg von Schönborn
unterwegs nach Frankfurt und anderen Orten, wo er bei der deutschen Kaiserwahl
hochpolitische Gespräche führte. Er setzte sich für Franz von
Lothringen als Bewerber für die Kaiserkrone ein, während Frankreich
Karl von Bayern favouritisierte. Er galt am Kaiserhof als »wahrer
Patriot, ganz Freund des Vaterlandes.« Doch war der Einfluß
Frankreichs so groß bei den übrigen Kurfürsten, daß 1742
Karl zum deutschen Kaiser gewählt wurde, der jedoch schon drei Jahre
später starb. Durch die ständige Anspannung in seinen Diensten und
die Überforderung seiner Nerven verlor im Jahre 1747 Jakob Georg von
Spangenberg fast ganz sein Gedächtnis und mußte für Monate in
Ruhe aussetzen.
Als er wieder im Vollbesitz seiner psychischen und physischen
Kräfte war, traf in ein schwerer Schlag, da am 28. Mai 1755 seine Frau
Johanna Dorothea, geborene von Wallhof, in Ehrenbreitstein starb. Sie wurde im
Chor der Praemonstratenser-Abtei Sayn beigesetzt.
Zu den Patres dort pflegte er schon lange enge Beziehungen und zog
sich gerne von seinen Amtsgeschäften ins Kloster im Brexbachtal
zurück, wo er besonders mit Abt Isfried Ohm (1744-1777) befreundet war.
Bekanntlich war es jener Abt, der die Abtei zu einer neuen Blüte
führte.
Hier bei diesem hochgebildeten Mann fühlte er sich wohl und
setzte seine Studien in den alten Sprachen fort. Er ließ der
Kosterbibliothek viele wertvolle Bücher zugehen und verdoppelte ihren
Bestand. Ferner schenkte er den Chorherren etliche liturgische
Gefäße in schwerem Silber und vermachte schließlich der Abtei
5.000 Gulden, eine ansehnliche Summe zu damaliger Zeit.
Mit seinem jüngsten Bruder verstand er sich recht gut, und
als August Gottlieb Bischof der Brüdergemeinde in Neuwied wurde, besuchte
er ihn öfters.
Im Juli 1750 hatten 471 Herrnhuter, die aus dem Hessischen
vertrieben wurden, in Neuwied eine neue Gemeine gegründet, denn bereits
1662 hatte der Graf von Wied ein Privileg für alle Neubürger
erlassen, in dem er die Gewissensfreiheit verkündet. 1759 traf dort auch
Jakob Georg von Spangenberg den Stifter der Herrnhuter Gemeine, den Grafen
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, den er schon seit längerer Zeit
kannte.
Nach 25jähriger Regierungszeit bat der Trierer Kurfürst
Franz Georg von Schönborn Papst Benedikt XIV. um die Erlaubnis, das
Domkapitel mit der Wahl eines Koadjutors und Nachfolgers zu betrauen. Das
Kirchenoberhaupt stimmte zu. Am 11. Juli 1754 ging Johann Philipp von
Walderdorf, der seit 1742 Domdechant und Statthalter von Trier war, aus der
Wahl hervor.
Dies war eine arge Enttäuschung, da jener eine
frankreich-freundliche Politik verfolgte. Am 18. Januar 1756 starb Franz Georg
von Schönborn in Ehrenbreitstein. Er wurde im Dom zu Trier beigesetzt.
Der neue Kurfürst und Erzbischof, Johann Philipp von
Walderdorf, war der Sohn des kaiserlichen Oberst Karl Lothar von Walderdorf und
Anna Katharina Elisabeth von Kesselstadt. Er kam aus einer Familie des niederen
Adels, die auf der Burg Molsberg bei Montabaur beheimatet war. Die
früheren Kurfürsten und auch Franz Georg von Schönborn hatten es
vorgezogen, in Ehrenbreitstein im dortigen Schloß Hof zu halten und von
diesem Platz aus die Regierungsgeschäfte erledigen zu lassen. Johann
Philipp von Walderdorf hing dagegen sehr an Trier, wo dicht neben der
ehemaligen Palastvilla Kaiser Konstantin nach den Plänen von Johann Seiz
ein Palais im Renaissance-Stil für sich und seine Hofhaltung errichten
ließ, der 1945 den Bomben zum Opfer fiel.
Wohl hatte er seinerzeit als Koadjutor seinem Vorgänger in
die Hand versprechen müssen, sich in Zukunft besonders des Rates des
Ministers von Spangenberg zu bedienen, aber es kam alles anders, obwohl er nach
dem Tode des Kurfürsten alle Minister in ihren Ämtern
verpflichtete.
Schon die räumliche Distanz zwischen Ehrenbreitstein, wo ja
Spangenberg blieb, und Trier schaffte Probleme. Zudem änderte der neue
Kurfürst nicht seinen Standpunkt zu Frankreich. So bat schließlich
Spangenberg den Kurfürsten, ihn von seinen Amtsgeschäften zu
entbinden, Dem wurde entsprochen mit dem Vorbehalt, ihn zu rufen, wenn man
seines Rates bedürfe und eine besondere Mission anstehe. Johann Philipp
von Walderdorf hatte bereits einen Berater und Vertrauten in dem Domdechanten
und Statthalter Freiherr von Boos.
Nur noch sporadisch tauchte bei schwierigen Verhandlungen oder
Verträgen Jakob Georg von Spangenberg auf, so zum Beispiel beim
Gebietsankauf vom 6.11. 1767 erwarb Kurfürst Johann Philipp für
100.000 Gulden vom Grafen Ludwig von Sayn-Wittgenstein die andere Hälfte.
Ferner war Jakob Georg von Spangenberg beim Wiederaufbau von Engers, das durch
eine Feuersbrunst fast ganz vernichtet war, für den Kurfürst
tätig, der großzügig Mittel hierfür gewährte. Am 1.
Dezember 1761 bewilligte er überdies dem Ort fünf Vieh- und
Jahrmärkte.
In den Jahren 1758-1762 ließ er zudem in Engers am Rhein
anstelle einer alteren kurtnerischen Burg nach den Entwürfen von Johann
Seiz ein Schloß erbauen.
Obwohl der Kurfürst Frankreich im Siebenjährigen Krieg
sehr freundlich gesinnt war und verdeckt seine Sympathien für dieses Land
bekundet, scherte er sich wenig darum und ließ 1758 seine Armee, die
unter dem General Clermont am 23. Juni vom Herzog Ferdinand von Braunschweig
bei Krefeld geschlagen wurde, auf die kurtrierischen Grenzen marschieren. Der
Aufforderung des Generals, nach Koblenz und auf den Ehrenbreitstein
französische Besatzungen zu verlegen, konnte der Kurfürst nur durch
Aufbieten aller Mittel begegnen.
Jakob Georg Spangenberg beschwor den Kurfürsten nicht
nachzugeben, und veranlaßte eilends, daß 800 Mann kurtrierischer
Miliz nach Koblenz und Ehrenbreitstein verlegt wurden und sorgte auch
dafür, daß die Reichshilfe für den Kaiser zur Verfügung
gestellt wurden.
Nach den Angaben des Hofkalenders von 1761 hatte das
kurfürstliche Militär folgende Offziere: einen Generalmajor und
Kommandanten der Festungen Koblenz und Ehrenbreitstein, zwei Oberste, drei
Oberst-Wachtmeister und einen Garnisonarzt mit vier Feldscheren, 16 Hauptleute,
290 Leutnants und 14 Fähnriche. Das war für den gesamten Kurstaat
nicht viel, doch bestand die Artillerie in den beiden Festungen aus mehreren
Batterien, die den Franzosen schon Eindruck machten.
Unter diesen Geschützen befand sich auch eine 200 Zentner
schwere und fast 5 Meter lange Kanone, die 71 kg schwere Eisenkugel mittels 94
Pfund Pulver verschoß. Sie hieß »Vogel Greif«, die der
Kurfürst Richard von Greifenklau 1524 in Frankfurt hatte gießen
lassen.
Im gleichen Siebenjährigen Krieg zu seinem Ende zutreffen wir
wiederum Spangenberg an in seiner Eigenschaft als Sonderemissär, als er im
Frühjahr 1763 für die Praemonstratenser-Chorherren-Abtei Sayn nach
Trier reiste. Denn diese hatte mit Hilfe der Bevölkerung einen
preußischen Husarenüberfall abgewehrt und dabei einen Leutnant
gefangen genommen. Obwohl sie ihn anderen Tages nach Koblenz überstellte,
kam es zu hochpolitischen Verwicklungen, die bis zum preußischen
König Friedrich II. und zum Kaiserhof in Wien gingen. Mühsam und mit
hohen Kosten für den Kurstaat beigelegt, sollte zum Schluß die
Sayner Abtei für die Auslagen haften. Aber Spangenberg erledigte seine
Mission geschickt und diplomatisch, so daß für die Praemonstratcnser
kein Schaden entstand. (Es wurde bereits 1975 darüber im Jahrbuch der
Stadt Bendorf berichtet.)
Nach dem Siebenjährigen Krieg erfährt man wenig von
Jakob Georg von Spangenberg, der sich immer stärker zurückzieht,
bisweilen für Wochen in die Abtei Sayn, wo ihm zwei Räume zur
Verfügung standen. Doch auch jetzt noch, obwohl er in einem pensionsreifen
Alter stand, erreichte ihn 1767 ein Auftrag Kaiserin Maria Theresias, zusammen
mit dem Prinzipalkommissar Fürst zu Fürstenberg das
Reichskammergericht in Wetzlar aufzusuchen und zu visitieren. Mehrere Monate
hielt er sich hier auf.
Zu Beginn des darauffolgenden Jahres 1768 starb am 12. Januar
Kurfürst Johann Philipp von Walderdorf im Alter von 67 Jahren in
Ehrenbreitstein. Im Dom zu Trier wurde er beigesetzt.
Den Sohn des Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen
Clemens Wenzeslaus wählte das Dompkapitel zum neuen Kurfürsten von
Trier. Mit seinen 29 Jahren begann er mit Tatendrang die nötigen Reformen
auf allen Gebieten in Angriff zu nehmen und nahm mit der Zeit die alte Politik
seines Vorvorgängers, des Kurfürsten Franz Georg von Schönborn,
auf. Stützen dieser dem Reichsgedanken dienlichen Politik wie der betagte
Jakob Georg von Spangenberg und Weihbischof von Hontheim standen hoch in seiner
Gunst. Er verlegte wieder die Hofhaltung nach Ehrenbreitstein.
Obwohl Jakob Georg von Spangenberg im Alter von 73 Jahren stand,
betraute ihn Kurfürst Wenzeslaus Clemens von Trier mit einem Teil der
Staatsgeschäfte, die sich zunächst in der Reform der veralteten
Verfassung ergab. Auch im sozialen Bereich suchte er die Unterstützung
seines Ministers, als er ein Regierungsprogramm ausarbeiten ließ, das
unter anderem besonders in der Pflege der Bildung und des Schulwesens
Fortschritte brachte. Noch zwei Jahre fungierte Spangenberg als sogenannter
Konferenz-Minister, ehe er sich von den Staatsgeschäften ganz
zurückzog. In der Praemonstratenser-Abtei Sayn fand er für Wochen und
Monate seine Ruhe und vertiefte sich in das Studium alter Sprachen.
Doch selbst im hohen Alter von 80 Jahren wurde er 1775 von Kaiser
Joseph II. noch einmal nach Wetzlar zur Visitation des Reichskammergerichtes
gerufen, da kein anderer besser mit der Materie vertraut und zudem seine
Beurteilung gesucht war. Ein ganzes Jahr hindurch war er in Wetzlar tätig.
Am 21. September 1775 erhob ihn der Kaiser in den Reichsfreiherrenstand,
nachdem er schon 1745 zum Reichshofrat ernannt worden war. In der Urkunde zur
Verleihung wurden die Verdienste seiner Tätigkeit für drei Trierer
Kurfürsten sowie seine dem Kaiserhaus geleisteten Reichsgeschäfte
besonders gewürdigt. Schon zeitig machte Jakob Georg von Spangenberg sein
Testament, das er 1762 zum ersten Male anfertigte und das mehrmals
umgeändert und ergänzt wurde. Das Glaubensbekenntnis, in dem starker
pietistischer Einfluß vorherrscht, steht zu Beginn des Nachlasses, in
welchem er die Abtei Sayn und das Kloster Marienberg bei Boppard als Erben
einsetzte. Daneben wurde seine Pflegetochter Johanna von Trott, die Frau seines
Nachlaßverwalters des kurtrierischen Kreisgesandten von Trott, mit dem
Haus und Mobilar in Ehrenbreitstein als Erbe bedacht.
Mit bis ins Einzelne überlegter Umsicht hatte Spangenberg
seine Beerdigung nach dem Tode seiner Frau 1755 festgelegt. Bereits 1769 hatte
er bestimmt, daß, falls er in Ehrenbreitstein sterben würde, sechs
Kapuziner seinen Sarg zum Rhein auf ein Schiff bringen sollten, das nach
Bendorf fahren würde, um von dort in einem schwarz verhangenen
Prälatenwagen zur Abtei Sayn gebracht zu werden, wo er bei
nächtlicher Stille im Chor der Kirche beigesetzt werden soll. Er wollte
nicht, daß sein Sarg über den mühevollen und holprigen Weg um
den Ehrenbreitstein über Niederberg -Mallendar gefahren werde. Die
Straße nach Ehrenbreitstein lief nämlich damals von Vallendar nach
Mallendar und dann um den Ehrenbreitstein über Ober-Urbar nach Niederberg
und zum Tal nach dem Strom zu. Die Schloßanlagen am Fuße des
Ehrenbreitstein und die Befestigungen erstreckten sich damals bis an das Ufer
des Flusses. Erst nach dem Wiener Kongreß 1815, als Preußen die
Rheinlande erhielt, wurden Straße und später die Eisenbahn in
Ehrenbreitstein entlang des Stromes geführt.
Die Planung Spangenbergs, den Sarg auf dem Wasser per Schiff nach
Bendorf zu bringen, entsprang seinem Sinn für Würde und Pathetik, wie
es damals die hohen Herrschaften zur Schau trugen. Am 30. September 1779 erlag
er in Ehrenbreitstein einem Schlaganfall im Alter von 84 Jahren. Wie er es
vorbereitet hatte, geschah es auch; auf dem Rhein brachte man seinen Sarg nach
Bendorf und dann per Wagen zur Abtei Sayn. Im Chor der Abteikirche wurde er bei
nächtlicher Zeit neben seiner Gemahlin von den Patres beigesetzt.
An der Südwand des Chores befindet sich das 2,80 Meter hohe
und 2,20 Meter breite Grabmonument. Ein heller Stein umrahmt eine schwarze
Marmorplatte. Beides ist reich mit Ornamenten verziert und zeigt in z. T.
barocker Ausführung die Wappen und die Inschriften. Zwei trauernde Genien
flankierenren die beiden Wappen unter der Krone. Über allem steht das
Kreuz, und ganz unten beherrscht ein Totenschädel dieses Epitaph.
Vor dem Grabmal lagen früher zwei Steinplatten mit den Namen
der Ruhenden. Sie sind dort nicht mehr zu finden. Eine Platte entdeckte man
unter der Fußmatte zur Treppe in die Sakristei im Nebenschiff. Auf ihr
ist noch zu lesen: OSSA GEORGII A SPANGENBERG (Gebeine des (Georg von
Spangenberg). Seinerzeit hatte Pfarrer und Dechant Georg Holsinger von 1830 -
1880 in Sayn eine Skizze der Steinplatten im Seitenschiff angelegt, wo die
Grabplatte von Georg von Spangenberg erwähnt ist. Die Zeichnung befindet
sich im Pfarrarchiv Sayn.
Weiter sind im Pfarrhaus zwei sehr gute Ölgemälde, die
den Freiherrn und seine Gemahlin darstellen.
Quellen- und Literaturangaben: Christian Stramberg:
Rheinischer Antiquanus. II. 2 S. 462 Franz Josef Fass: Jakob von
Spangenberg - Kurlrierisches Jahrbuch 1968 Franz Hermann Kemp: Die
Prämonstratenser-Abtei Sayn Geschichte der Familie Walderdorff
(Familienchronik) 1974 Ferdinand Pauly: Aus der Geschichte des Bistums
Trier A. Goerz: Regesten der Erzbischöfe von Trier 1861 J. N. von
Hontheim: Geschichte Triers in diplomatischer und pragmatischer Hinsicht.
1754).
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