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Erinnerungen an Horst Eisel

*01.07.1939 - †31.01.2913

von Dieter Kittlauß


Horst Eisel (1995)

Da ich mit Horst Eisel 16 Jahre eng zusammengearbeitet habe, möchte ich mit diesem Porträt an unsere Gefährtenschaft erinnern und damit auch ein wichtiges Puzzle Bendorfer Geschichte bewahren. Doch zum Verständnis muss erst die Vorgeschichte erzählt werden.

Durch seine Enzyklika "Divino afflante spiritu" (Durch das Wehen des Göttlichen Geistes) hatte Papst Pius XII. die Katholische Kirche für die wissenschaftliche Bibelforschung geöffnet. Da katholische und evangelische Menschen durch die vielfache Not der Kriegs- und Nachkriegszeit zusammengeschweißt wurden, verstärkte sich die Öffnung der Katholischen Kirche für die Kirchen der Reformation. Durch die Liturgische Bewegung bekamen die Katholiken Zugang zur Bibel und die Evangelischen entdeckten für sich das Abendmahl. Mit rasanter Geschwindigkeit kam es zu einer Annäherung der über Jahrhunderte verfeindeten Kirchen. Das II. Vatikanische Konzil brachte schließlich für die Katholische Kirche einen gewissen Abschluss dieser ökumenischen Bewegung und weckte in beiden Kirchen große Hoffnung auf gegenseitige Anerkennung. Auf diesem Hintergrund war es nicht verwunderlich, dass im Bendorfer Hedwig-Dransfeld-Haus (HDH) (Anm.:1) mit seiner bereits reichen Geschichte der Versöhnung zwischen Religionen und Nationen der Plan entstand, für das Gebiet des Mittelrheins Mittelpunkt der Ökumenischen Bewegung zu werden.(Anm.:2) Die Pioniere dieser Idee waren Anneliese Debray, die damalige Direktorin des HDH, und Dr. Jürgen Wichmann, Direktor der Katholischen Akademie Trier und Ordinariatsrat im Bischöflichen Generalvikariat Trier. Dazu kam ein großer Kreis ökumenisch aufgeschlossener Frauen und Männern wie Oberkirchenrat Siepmann von der Düsseldorfer Kirchenleitung der Rheinischen Landeskirche und Prof. Dr. Linus Hofmann, der Generalvikar des Bistums Trier; aber auch die katholischen Regionaldekane von Koblenz, Neuwied und Mayen, der Superintendent des Kirchenkreises Koblenz die katholischen und evangelischen Pfarrer von Bendorf, Leitende Mitarbeiter der Evangelischen Landeskirche Hessen-Nassau und des Bistums Limburg. Es war wie ein Traum: Die Evangelischen Landeskirchen und die katholischen Bistümer werden sich personell und finanziell an der Entwicklung des HDH zum ökumenischen Zentrum beteiligen. Den organisatorischen Rahmen sollte die Erwachsenenbildung geben, die sich damals auch in den Kirchen konsolidierte(Anm.:3) .(Anm.4 )Das Ziel war umrissen: Zwei Theologen (katholisch und evangelisch) sollten als Studienleiter das neue ökumenische Zentrum aufbauen und so den Geist der Ökumene im HDH wie auch in der ganzen Region lebendig halten. Als Zielgruppen wurden genannt: "Pfarrgemeinderäte und Presbyterien, Kommunalpolitiker, Gemeinderäte, Akademiker, kirchliche Mitarbeiter in beiden Kirchen, Küster, Sekretäre, Seelsorgehelfer usw., Religionslehrer und Katechten". (Anm.:5)

Um es vorweg zu nehmen, der Traum ging nicht auf. Aber die Anstellung der beiden Theologen war mittlerweile eine so konkrete Vorstellung geworden, dass sie auch realisiert wurde. Das Bistum Trier schaffte eine Planstelle für einen katholischen Studienleiter, der ganz ins HDH integriert wurde. Die Rheinische Landeskirche schuf eine kreiskirchliche Pfarrstelle als ökumenischer Studienleiter im HDH. Es war keine kleine Sensation: Am 9. Januar 1977 wurde Pfarrer Horst Adams in der (katholischen) Kapelle des HDH und im Rahmen eines evangelischen Gottesdienstes als evangelischer Studienleiter für ökumenische Erwachsenenbildung im HDH in sein Amt eingeführt. Bei seinem katholischen Partner, Dr. Georg Evers, ging die Anstellung wesentlich schlichter und auch sehr profan vor sich, denn dieser war ein laisierter Jesuit.

Nach einiger Zeit zeigte sich jedoch, dass das Modell mit vielen Konflikten belastet war, wobei unterschiedliche sachliche und persönliche Faktoren ursächlich waren. 1981 wechselte Horst Adams in den Pfarrdienst nach Rengsdorf. Weil sein Nachfolger nach kurzer Zeit schwer erkrankte, musste die Stelle des evangelischen Studienleiters innerhalb von kurzer Zeit noch einmal neu besetzt werden. Dieter Kittlauß erinnert sich: "Nach der dramatischen Pensionierung von Anneliese Debray und wegen des drohenden Zusammenbruchs des HDH war mir 1981 kurzerhand vom Vorstand die kommissarische Leitung des HDH übertragen worden. Erstaunlicherweise hatte der Trierer Dompropst Peter Faber sofort zugestimmt. (Anm.:6) die Situation war sehr schwierig. Die Finanzen waren in den roten Zahlen. Die Mitarbeiter hatten zwar tarifliche Arbeitsverträge, wurden aber de facto bis zu 30% unterbezahlt. Der gesamte Haupthausbereich inklusive Küche und Speisesäle war bereits mit Auflagen unterschiedlicher Behörden belegt. Die wichtigsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten bereits das HDH verlassen, darunter auch der katholische Theologe. Dazu kam ein tiefer Dissens zu Anneliese Debray, die ihre Pensionierung nicht akzeptieren konnte.

Eines Tages, ich saß an dem weißen Schreibtisch von Anneliese Debray, klopfte es an meiner Seitentür und ein unbekannter Mann trat herein. Er stellte sich als Horst Eisel vor, als der neue evangelische Pfarrer für Ökumene." Es war kennzeichnend für die veränderte Situation, dass niemand im HDH - auch nicht der Vorstand - von der Neubesetzung informiert worden war. Es hatte auch keinerlei Gespräche über die Veränderung der Stellenbeschreibung gegeben, obwohl diese sehr gravierend war. Denn Horst Eisel war nicht wie seine Vorgänger als "Evangelischer Pfarrer für Ökumene im HDH" sondern als "Kreiskirchlicher Pfarrer für Ökumene" angestellt. Die Mitarbeit im HDH war nur noch lediglich eine von vielen Aufgaben. Dementsprechend war auch eine Amtseinführung im HDH von vornherein nicht vorgesehen. Dieter Kittlauß erinnert sich weiter: "Zunächst waren wir beide ziemlich verunsichert, da so vieles ungeklärt war und wir, wie es sich bald deutlich zeigte, in vielen Punkten sehr verschieden waren. Horst Eisel war ein liberaler und politisch links-engagierter evangelischer Pastor. Er war engagierter Sozialdemokrat und im Vorstand der Deutsch-Polnischen Gesellschaft. (Anm.:7) Persönlich war Horst Eisel durch und durch Ästhet und offen für die schönen Künste. Im Umgang mit Konflikten war er im ganz positiven Sinne ein Lebenskünstler. Anerkennung und Lob spornten ihn zu Höchstleistungen. Nicht einfach in der Zusammenarbeit war auch der unterschiedliche Status bei uns beiden. Horst Eisel war evangelischer Pfarrer und dem HDH durch einen dritten Träger beigeordnet. Er war dadurch völlig selbständig in seiner Arbeit. Ich war laisierter katholischer Theologe, kommissarischer Leiter des HDH (also auf Abruf) und dem (oft schwierigen) HDH - Vorstand untergeordnet. Aber da passierte ein Wunder. Bei aller politischen und lebensmäßigen Unterschiedlichkeit entwickelte sich zwischen mir und Horst Eisel eine sehr fruchtbare und erfolgreiche Zusammenarbeit. Die vom Ökumenischen Weltrat formulierte "Versöhnte Verschiedenheit" wurde so durch die Zusammenarbeit von zwei Theologen im Bendorfer Wenigerbachtal für 15 Jahre zur Realität und das Bendorfer HDH noch einmal zum Modell für lebendige Kirche.

Horst Eisel und Shalom Ben Chorin und dessen Gattin auf dem Weg zu Speisesaal 12.6.1988 HDH

Horst Eisel setzte sich über die Einschränkungen des Dienstvertrages hinweg und brachte sich in das HDH mit Engagement und Kreativität voll ein: Ökumenische Wochenenden und Tagesseminare (Ökumene im Biss), Ökumenische Feier der Kar- und Ostertage, Christlich-Islamisches Pfingsten, Jüdisch-christliche Bibelwoche, Theologische Sommerwochen, viele Einzelseminare für Jugendliche und Erwachsene sowie auch interne Veranstaltungen (Vorstand, Trägerverein, Kuratorium, Mitarbeiter). Neben dem Anliegen der Ökumene brachte Horst Eisel auch Themen von gesellschaftsrelevanter Bedeutung ein: wie Dialog mit Polen, Christen als Friedensstifter, Ausländer als Gäste und Mitbürger unter uns. Bei hausinternen Konflikten war er engagiert und half, eine sachbezogene und versöhnliche Lösung zu finden.

Als großer Glücksfall erwies sich die Mitarbeit des Pallottiners Paul Eisenkopf (†) ab 1983. Da es mit "eingeflogenen" katholischen Priestern zunehmend Schwierigkeiten gab, weil sich diese nur schwer in die Athmosphäre des HDH einpassen konnten, wurde nach einer dauerhaften Lösung gesucht. Da boten die Pallottiner in Vallendar einen ihrer Professoren zur Mitarbeit an. Doch dann passierte ein Wunder. Paul Eisenkopf passte sich sehr schnell ein, er verstand sich sehr gut mit Horst Eisel, war bei den Jugendlichen beliebt und fand selbst im HDH die Möglichkeit, seine seelsorgerlichen Neigungen zu entfalten. Als das Team durch einen jungen Trierer Priester und eine katholische Theologin erweitert werden konnte, wurde Horst Eisel für die Kommunikation noch wichtiger.

Während in der Katholischen Kirche außerhalb des HDH das Klima konservativer und bürokratisch-enger wurde, war es im HDH möglich, Träume und Visionen zu verwirklichen. Der wichtigste Grundsatz war die Gleichwertigkeit der Religionen und ihrer Ämter - sowohl zwischen den Kirchen wie auch in der Beziehung zu allen anderen Religionen. Bei bestimmten (ökumenisch denkenden) Gruppen, wurde die gemeinsame Eucharistiefeier bald selbstverständlich, auch der liturgische Dienst von Frauen am Altar wurde Schritt für Schritt eingeübt. Besondere Verdienste hatte Horst Eisel bei der Entwicklung des christlich-islamischen Dialoges. Als zum ersten Mal christliches Pfingsten und islamisches Opferfest zusammengefeiert wurden, war der Anfang einer neuen Tradition geschaffen. Muslimischer Hauptpartner war der Orden der deutschen Suffi unter der geistlichen Leitung von Scheich Baschir. Viele Male feierten die muslöimischen Freunde in der Kapelle des HDH ihren Gottesdienst (Dikr) und die Christen wurden als Gäste einbezogen. Dass Horst Eisel auch in der Kurarbeit der Müttergenesung mitwirkte sei zum Schluss noch erwähnt.

Als es 1997 zu einem hässlichen Konflikt zwischen der Vorstandsgruppe und Dieter Kittlauß kam, verhielt sich Horst Eisel zunächst zurückhaltend neutral. Als eraber den Konflikt durchschaute, setzte er sich sofort für eine faire Lösung ein und stellte sich Dieter Kittlauß als Rechtsbeistand an die Seite.

1998 ließ sich Horst Eisel pensionieren. Als Pensionär setzte er seine Kräfte für die Bendorfer Kulturarbeit ein, engagierte sich im Stadtrat und übernahm anfallende Gottesdienste im Kirchenkreis. In der sich abzeichnenden Auflösungsphase des HDH ließ er sich sogar in den Vorstand des HDHG wählen, aber auch seine Bereitschaft konnte die drohende Insolvenz nicht verhindern.

Am 31. Januar 2013 ist Horst Eisel nach kurzer Krankheit gestorben. Der Trauergottesdienst wurde in der evangelischen Lukaskirche in Vallendar gefeiert, wo er oft am Altar und auf der Kanzel gestanden hat. Anschließend erfolgte die Beerdigung auf dem Bendorfer Hauptfriedhof. Als Schlusslied beim Gottesdienst sang die Trauergemeinde:

Bewahre uns Gott, behüte uns Gott,
sei mit uns auf unsern Wegen.
Sei Quelle und Brot in Wüstennot,
sei um uns mit deinem Segen.

Bendorf, den 12.02.2013



Amnerkungen:

  1. Das HDH hatte bereits vor dem 2. Weltkrieg Versöhnung zwischen den Kirchen und Frieden zwischen den Nationen als wichtiges Ziel seiner Frauen- und Mädchenarbeit.
  2. Nach der Insolvenz des HDH konnte Dieter Kittlauß umfangreiche Altakten sichten und zum Teil retten. Darunter befand sich auch eine Sammelmappe mit den wichtigsten Protokollen der sondierenden Gespräche und Verhandlungen für die Wandlung des HDH zu einem ökumenischen Zentrum.
  3. In allen Bundesländern wurde der gesetzliche Rahmen für die Erwachsenenbildung geschaffen und schrittweise deren Finanzierung ausgebaut.
  4. Nach den Akten war auch Horst Eisel, damals evangelischer Pfarrer in Bad Kreuznach, bei den vorbereitenden Gesprächen beteiligt, denn am 13. Oktober 1972 ist er als Vertreter der Evangelischen Erwachsenenbildung namentlich im Protokoll benannt.
  5. Maschinenschriftliches Ergebnisprotokoll v. 19.10.1972
  6. Peter Faber war neben seiner Funktion als Dompropst und Leiter des Trierer Domkapitels auch Leiter der Finanzabteilung des Bistums. Hier im Vorstand des HDH vertrat er den Trierer Bischof, dem dieses Besetzungsrecht in der Satzung verbrieft war.
  7. Die von westlicher Seite als DDR-nah eingestuft wurde..




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