| Der Rhein - Mein Leben auf
				und am Strom von Friedel Hecken, KaltenengersMit meinem Vater Fritz Hecken, geboren 1900 in Kaltenengers,
				möchte ich beginnen: Bei der KD (Köln-Düsseldorfer
				Dampf-Schifffahrtsgesellschaft) wurde mein Vater im Jahr 1913 als
				13-jähriger Schiffsjunge eingestellt.   1927 erhielt er vom Regierungspräsidenten in Düsseldorf
				nach erfolgreichem Abschluss aller erforderlichen Prüfungen das
				Rheinschifferpatent für ziehende und selbstfahrende Schiffe mit und ohne
				eigene Maschinenkraft überreicht. Das Patent galt auf dem Rhein von Basel
				bis zum Meereinfluss in Holland. 1929 als die große Wirtschaftskrise in
				Deutschland herrschte, die mit einer hohen Arbeitslosigkeit verbunden war,
				bekam mein Vater von einer französischen Reederei in Straßburg eine
				Anstellung als Schiffsführer. Zwei Jahre später heiratete er meine
				Mutter Elisabeth, die nach der Hochzeit mit ihm auf das Schiff ging. Sie war
				vor ihrer Hochzeit als Köchin auf Schloss Liebig (Gondorf/Mosel)
				beschäftigt und gab ihre Arbeitsstelle für meinen Vater auf. Im Jahr
				1933 wurde ich geboren und 1935 folgte mein Bruder Alfred. 1937 gaben meine
				Eltern in Kaltenengers den Bau eines Eigenheimes in Auftrag.
				Schlüsselfertig sollte der Bau erfolgen. Zu dieser Zeit war das eine
				Besonderheit, da meine Eltern als Schiffsleute keine Möglichkeit hatten,
				die eigentliche Bauphase zu überwachen. 1939 ging meine Mutter mit mir und
				meinem Bruder von Bord, um in unserem neuen Eigenheim zu wohnen, damit ich in
				Kaltenengers in die Grundschule eingeschult werden konnte. Kriegsjahre Am 1. September 1939 erlebte Europa den
				Kriegsausbruch zwischen Deutschland und Frankreich. Mein Vater war seit August
				1939 mit seinem Schiff in Straßburg unterwegs, um seine Fracht zu
				entladen. Am 23.08.1939 betrat ein Beauftragter der Reederei das Schiff und
				erklärte meinem Vater, er müsse Frankreich schnellstens ohne
				Gepäck verlassen. Außer einigen persönlichen Papieren konnte er
				nichts mitnehmen. Mit großem Glück konnte er die
				französisch-deutsche Grenze ohne Kontrollen passieren. Glücklich kam
				er nach der überstürzten Flucht in Kaltenengers an. Allerdings hatte
				er seine Arbeitsstelle verloren. Bei den Dinas-Werken in Bendorf fand er
				für kurze Zeit eine neue Beschäftigung. Danach wurde er von der
				Spedition und Reederei Asteroth in Koblenz dienstverpflichtet. Bei der Reederei
				Asteroth erhielt er das Frachtschiff "Asteroth 7" und transportierte damit
				Kohle aus dem Ruhrgebiet in die einzelnen Städte am Rhein. In der Zeit
				zwischen 1940 und April 1945 wurde er dreimal von amerikanischen Flugzeugen
				angegriffen. Jedes mal wurde sein Schiff so beschädigt, dass er als
				Kapitän mit seinem Schiff in den Fluten des Rheines unterging. Mit
				großem Glück wurde er jedes Mal aus den Fluten gerettet, Auch das
				Schiff wurde immer wieder geborgen, in einer Schiffswerft repariert und wieder
				in Dienst gestellt. Da Anfang März 1945 bei dem Vormarsch der alliierten
				Truppen fast alle Brücken zerstört wurden und viele Transportschiffe
				durch die Bombardierung der amerikanischen und englischen Flugzeuge im Rhein
				versenkt wurden, musste der komplette Schiffsverkehr auf dem Strom eingestellt
				werden.
 Es dauerte auch nach Kriegsende noch einige Jahre, bis der Rhein
				wieder für die Großschifffahrt fahrbereit war. Alle zerstörten
				Brücken mussten zunächst entfernt und neu errichtet werden. Der Rhein als Schifffahrtsstraße Früher war
				der Rheinstrom von den Alpen, durch Schweiz, Deutschland und Holland in die
				Nordsee für die Großschifffahrt nicht geeignet. Daher wurde das
				Flussbett vor rund 200 Jahren ausgebaut, um die Fahrrinne zu vertiefen und zu
				verbreitern. Bis dahin wurden geeignete Schiffe bei Wind gesegelt oder von
				Zugpferden am Flussrand stromaufwärts gezogen. Die Untiefen bei Bingen und
				St. Goar mussten durch Sprengungen beseitigt werden. Durch Buhnen und Krippen
				wurde die Flussbreite eingeengt, damit für die Schifffahrt ein
				höherer Wasserstand zum Befahren vorhanden war. Auch heute noch wird am
				Rheinstrom permanent der Flussgrund ausgehoben. Bei St. Goar ist die
				Schifffahrt durch Untiefen und Strömungen immer noch sehr gefährlich.
				Erst im Januar 2011 ist dort das Frachtschiff "Waldorf" gesunken.
 Sommer- und Wintererlebnisse am Rhein 
				 Besonders breit war das Flussbett zwischen St. Sebastian
				und Bendorf und zwischen Kaltenengers und Engers. Ab St. Sebastian wurden
				Krippen in den Strom gebaut und bei Kaltenengers wurden nochmals alle 100 Meter
				Absperrkrippen zum Hauptstrom des Rhein eingebaut. Diese wurden am Strom mit
				einer weiteren quer verlegten Krippe verbunden (Viereck). Davor wurde dann
				wiederum eine Buhne in den Fluss gebaut. Die Flächen zwischen den Buhnen
				bekamen vom Volksmund der Kaltenengerser den Namen "Löcher". Da die
				Löcher mit Rheinwasser gefüllt fast alle gleich aussahen, bekam jedes
				dieser Löcher einen Namen. Das erste Loch in Höhe der
				Oberstraße beginnend (rheinabwärts), war das "Walds-Loch", weil in
				diesem Bereich die Familie Wald ein Kolonialwarengeschäft betrieb. Das
				folgende Loch hieß "Unkels-Loch", da in diesem Bereich die Familie Unkel
				eine Bäckerei und eine Gastwirtschaft hatte. Das nächste Loch hatte
				den Namen "Kahle-Loch", denn die Familie Kahl hatte hier eine Gastwirtschaft.
				Dieses war mit einem zehn Meter breiten Durchlass zum Hauptstrom geöffnet,
				um einem Fährboot aus Kaltenengers einen Liegeplatz zu sichern. Dieses
				Fährboot befuhr den Rhein fast stündlich zwischen Kaltenengers und
				Engers. Um 1980 musste der Fährverkehr leider eingestellt werden. Nun kam
				das "Schneidich-Loch". Hier hatte die Familie Schneider einen
				Kolonialwarenladen. Das nächste Loch war das "Bauligs-Loch". Meine Oma
				Barbara Hecken geb. Baulig kam aus dem Haus, welches in diesem Bereich stand.
				Es war ihr Elternhaus und in Kaltenengers sagte man "das Bauligs-Haus", da ihr
				Vater, also mein Urgroßvater aus Mülheim kam.
 Das nächste Loch nannte man das "Deuwels-Loch",
				("Teufels-Loch"), denn aus der Tiefe des Wasser stiegen eine Vielzahl von
				Kohlesäurebläschen an die Oberfläche. In meiner Jugendzeit wurde
				immer erzählt, der Teufel wohne in der Höhle und wäre in der
				Tiefe der Erde. Wegen dieser Märchen bekam das Loch mit Sicherheit im
				Dialekt unserer Vorväter den Namen "Deuwels-Loch". Diese abgegrenzten
				Wasserflächen (Löcher) des Rheines waren in meiner Jugendzeit in der
				Sommerzeit sehr schöne Schwimm- und Badeparadiese. In den Sommermonaten
				waren sie auch das Badezimmer für die Bürger von Kaltenengers, denn
				ein Badezimmer, wie wir es heule kennen, gab es zu dieser Zeit noch nicht. In
				der Winterzeit, bei Minustemperaturen, verwandelten sich die Wasserflächen
				hingegen in wenigen Tagen zu Eisflächen. Kinder und Erwachsene nutzten
				jede Gelegenheit, um sich beim Schlittschuhlaufen zu vergnügen. Auch heute
				ist es noch in einigen Wintern möglich, auf dem einzigen verbliebenen
				"Kahle-Loch" dieses Wintervergnügen zu genießen. Nur das
				"Deuwels-Loch" mit seinen Kohlesäurebläschen stellte eine
				Besonderheit dar. Die Eisfläche konnte man wegen der aufsteigenden
				Kohlensäure nicht nach so kurzer Zeit betreten Man musste mindestens noch
				zwei Tage länger warten, bis sich die Eisfläche endgültig
				geschlossen hatte und stark genug war, eine Person zu tragen. Allen
				Kaltenengersern war dies natürlich bekannt.   Unter den Dorfkindern war es eine Mutprobe, wer als erster die
				Eisfläche betreten konnte. An einem Tag im Winter 1942 - ich war damals
				acht Jahre alt -, war ich der Erste, der sich auf das "Deuwels-Loch" traute.
				Meine drei Freunde blieben am Ufer stehen Mit meinem Schlitten bin ich rund 25
				Meter über das dünne Eis geglitten, Die Kohlesäurebläschen
				im Eis wurden immer größer und es wurden auch immer mehr. Als ich
				mir der Gefahr bewusst wurde und noch überlegte, wie ich am schnellsten
				die Eisfläche verlassen könne, brach die Eisdecke um mich herum ein.
				Ich schwamm im eiskalten Wasser. Von Land hörte ich meine Schulfreunde
				schreien: "Helft, helft! Der Friedel ist eingebrochen!" Vom Dorf kamen
				Erwachsene gelaufen. Sie konnten mir aber nicht helfen. Etwa 100 Meter von der
				Einbruchstelle entfernt gab es den Bauernhof von Heinrich Rünz. Auf dem
				Bauernhof arbeitete ein französischer Kriegsgefangener in der
				Landwirtschaft. In seiner Zeit auf dem Bauernhof wurde er voll beköstigt,
				durfte aber nicht dort schlafen. Er wurde morgens mit einem Wagen vom
				Gefangenenlager gebracht und abends wieder zurück gefahren. Der
				französische Kriegsgefangene hatte vom Bauernhof aus gesehen, wie ich auf
				dem Eis eingebrochen war und im eiskalten Wasser schwamm. Er nahm sich die
				größte Kirschleiter vom Hof und gab einem Kind eine weitere kleinere
				Leiter in die Hand, Mit den beiden Leitern kamen die beiden zur Einbruchstelle
				und legten die Leitern auf das Eis, dabei schoben sie die Leitern so hin und
				her, bis sie zur Einbruchstelle kamen, in der ich im eiskalten Wasser schwamm.
				Ich konnte mich an einer der Leitern festhalten und mich aus dem Wasser ziehen.
				Dann wurden die Leitern wieder hin und her geschoben bis wir am rettenden Ufer
				ankamen. In der Zwischenzeit hatte sich in Windeseile das Unglück im Dorf
				herumgesprochen und alle strömten zur Unglückstelle. Meine Mutter,
				die entsetzt der Rettungsaktion zusah, nahm mich überglücklich in
				ihre Arme und lief schnellstens mit mir nach Hause. Zu Hause zog sie mir die
				eiskalte nasse Kleidung aus, rubbelte mich warm und stopfte mich ins Bett,
				damit ich mich wieder aufwärmen konnte. Als Dank brachte sie dem
				französischen Kriegsgefangenen eine Flasche Cognac. Die Rettungstat wurde
				auch der deutschen Militärbehörde im Gefangenenlager mitgeteilt. Acht
				Tage nach meiner Rettung im "Deuwels-Loch" in Kaltenengers, wurde der Retter
				aus der Gefangenschaft entlassen und durfte als freier Mann in seine Heimat
				zurückkehren. Leider konnte ich bis heute seine Adresse in Frankreich
				nicht erfahren. 
 
  
 
 
 
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