Abschied von Ursula
Klee
"... und jeder Ton klingt nach, wenn Stimme
längst verstummt"
Von Peter Lindemann
Und jeder Ton klingt nach, wenn Stimme längst verstummt -
auf Seelengrund". Als Ursula Klee in den 90er Jahren diese Zeilen für ihr
Buch "Veilchen im November" schrieb, dachte sie noch lange nicht daran, dass
auch ihre Stimme einmal verstummen würde. Nun ist sie verstummt, und ihre
Familie, ihre Freunde und ihre Bekannten überkam mitten im Sommer, am 4.
Juli 2012, eine tiefe Novembertristesse - ohne Hoffnung auf ein
Veilchen.
Gerade dem Buchtitel "Veilchen im November" aber kommt beim
Rückblick auf Ursula Klees Leben und Wirken eine ganz besondere Bedeutung
zu. Denn er kennzeichnet die große Stärke der Autorin, im scheinbar
Unscheinbaren Wesentliches zu sehen, und in düsteren Zeiten das Licht und
die Hoffnung erkennen und dafür dankbar zu sein. Das Licht - Leben von
Ursula Klee begann schon zu flackern, als die tückische Krankheit, die sie
schon zweimal besiegt zu haben glaubte, wiederkam. Da dachte sie wohl, dass ihr
eine dritte Genesung nicht mehr vergönnt sein würde.
Dennoch hat Ursula Klee vor dem Krebs nicht resigniert. Sie fand
im Spätherbst 2011 sogar die Kraft, sich mit einer großartigen
musikalischen Lesung von ihren Bewunderern und Freunden zu verabschieden, an
der einige ihrer Weggefährten als Musiker mitwirkten und viele andere im
Publikum saßen. Da war nichts zu spüren gewesen von Traurigkeit oder
Hadern mit einem harten Schicksal Die Wortkünstlerin gab sich zeitweise
geradezu ausgelassen, als ob sie anderen Mut machen müsse und nicht sich
selbst Dieser Abend wird denen, die dabei sein durften, unvergesslich bleiben.
Die gebürtige Fränkin hatte schon im Alter von 12 Jahren
Gedichte geschrieben und sich zur Literatur hingezogen gefühlt.
Später aber schrieb sie nicht nur selbst zahlreiche Bücher, sondern
ermunterte auch stets Menschen jeglichen Alters zum kreativen Schreiben. Dabei
leistete sie beispielhafte praktische Hilfen, indem sie unter anderem die
Veranstaltungsreihe "Literatur im Cafe" ins Leben rief und damit mehr als zehn
Jahre lang dem schriftstellerischen Nachwuchs eine großartige Plattform
bot. Zudem engagierte sie sich in Schriftstellerverbänden, bei der
Lotto-Stiftung Rheinland-Pfalz, bei den Literaturtagen des Landkreises
Mayen-Koblenz, im Verein Deutsche Sprache, im Kulturverein Bendorf, und sie war
vielfache Autorin und langjähriges Mitglied im Kuratorium für das
Heimatbuch des Landkreises MYK, um nur einige ihrer Funktionen zu nennen.
Ursula Klee war immerfort in Sachen Sprache. Literatur. Lesungen und so weiter
unterwegs, mehr fast für andere als für sich selbst. Unter anderem
erhielt sie 2006 den Wappenteller des Landkreises Mayen-Koblenz.
Doch davon soll hier weniger die Rede sein als von ihren Texten,
die sie als literarisches Vermächtnis hinterließ. Ihr Schaffen
zielte nie darauf ab, mit dem Entwurf großer Szenarien die Welt zu
verbessern. Sie richtete ihren Blick vielmehr auf das Menschliche, auch auf das
allzu Menschliche in ihrer Umgebung, das sie mit ihrer Lebenserfahrung und
ihrem eher leisen Humor lebendig beschrieb, aber nie bloß legte. Sie
profilierte sich niemals auf Kosten anderer Leute Unzulänglichkeiten,
sondern ließ freimütig auch eigene Schwächen zu. Ihre Leser
spürten, hier schreibt jemand nicht über sie, sondern für sie
und dabei in gewisser Weise auch mit ihnen.
Von ihr konnte man lernen, dass auch kleine Dinge Bedeutung und
Fehlschläge ihren Sinn haben. Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki
sagte einmal, dass es nur zwei Dinge gebe, über die sich zu schreiben
lohne: die Liebe und der Tod. Ursula Klee hat viel über die Liebe
geschrieben. Es waren keine Romane oder Dramen, sondern Geschichten und
Gedichte - anrührende, fröhliche, beschwerende und unbeschwerte. Sie
schrieb auch über die Trauer und den Tod und wie die Menschen damit
umgehen. Sie machte immer wieder deutlich, dass der Mensch im Mittelpunkt
steht, als Einzelner aber doch nur ein Teilchen im Reichtum und in der Vielfalt
der Schöpfung ist.
Ursula Klees Stimme ist verstummt. Ausgelöscht ist sie damit
aber nicht. Es gibt dank ihres schriftstellerischen Fleißes immer wieder
Möglichkeiten zur Begegnung mit ihr. Die Frage "was bleibt?" lässt
sich - so oft einer will - beantworten. Man braucht nur nach einem ihrer
Bücher oder einer ihrer CDs zu greifen.
Es gibt Tage
von Ursula Klee Es gibt Tage, da
möchte man Winterschlaf halten, um mal so richtig abzuschalten.
Die liebsten Menschen dann fremd uns sind, man fühlt sich hilflos
wie ein Kind. den Lebenskämpfen ausgesetzt und nur von Pflicht zu
Pflicht gehetzt.
Es gibt Tage, da möchte man Schule
schwänzen, Freiheit genießen ganz ohne Grenzen, mit den
Vögeln südwärts fliegen, Drachen oder Chefs besiegen.
Man fühlt sich stark, ein großer Held und liebt plötzlich alle
Welt. Es gibt Tage, da ist man nicht oben, nicht unten,
fühlt sich sehr eng mit dem Kosmos verbunden. Sacht fließt
das Leben ohne Krach, leise murmelnd wie ein Bach. der in seinem Bette
träumt, Wolken spiegelnd, baumgesäumt - bis auch dieser Tag
verrinnt und der Kreislauf neu beginnt.
Geehrte Besucherinnen und Besucher wir danken Ihnen für Ihren
Besuch auf unserer Seite und würden uns über eine Nachricht von Ihnen
freuen. GGH_56170 Bendorf Für Ihre Anregungen und Hinweise:
|