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Gedenken der Opfer eines schweren Explosionsunglücks in Sayn

von Hermann Müller


Gedenken an die Opfer des schweren Explosionsunglücks in Sayn am 22.Nov. 1918

Schoss und Burgen Sayn; unten links die Fürstlich Sayn'schen Ökonomiegebäude

Nach vier Jahren harten Ringens in bis dahin unvorstellbaren Materialschlachten (Verdun- Somme) endete der l. Weltkrieg mit der Annahme der Waffenstillstandsbedingungen am 11. November 1918 durch eine vom Reichstag entsandte Abordnung unter Leitung des damaligen Staatssekretärs Erzberger in Compiegne. Darin forderten die Alliierten die Abdankung des Kaisers Wilhelm ll., der ins Exil nach Holland ging, Zurücknahme der deutschen Westfront, die etwa in der Linie Basel-Metz-Brüssel-Antwerpen stand, bis über den Rhein innerhalb von 14 Tagen, Auslieferung der Kriegs- und Handelsflotte, sowie Herausgabe der Kriegsgefangenen ohne Gegenseitigkeit bei voller Aufrechterhaltung der verhängnisvollen Hungerblockade. Letztere ging wider jegliche Vorstellungen des Völkerrechts noch intensiv weiter und forderte laut Statistik an 700 000 an Hunger und Entbehrungen Verstorbenen im Reichsgebiet.

Der Entschluß Generalfeldmarschalls von Hindenburg, sich im Gegensatz zu Ludendorff der neuen Regierung zur Verfügung zu stellen und das Heer geordnet in die Heimat zur Demobilisierung zurückzuführen, rettete Deutschland vor dem Chaos eines Bürgerkrieges wie in Rußland. Denn weite Kreise in der Armee hätten lieber ein Vorgehen des Feldheeres gegen die Revolutionsregierung gesehen. Hinderburgs Haltung hat solche Absichten schon im Keim erstickt.

So setzten sich im planmäßigem Rückmarsch ab Mitte November die Truppen von der Westfront gegen den Rhein zu ab. An die Bevölkerung der Rheinprovinz erging der Aufruf, der 18. Armee, die in einer Stärke von 25 Divisionen, insgesamt 500 000 Mann mit 150 000 Pferden, sich dem Strom näherte, einen würdigen Empfang zu bieten. Denn die Stimmung in der Bevölkerung am Rhein, die in den letzten Kriegsmonaten harte Entbehrungen zu tragen und die die bittere Last einer feindlichen Besetzung zu erwarten hatte, war sehr gedrückt. Dennoch begrüßte sie die heimkehrenden Frontsoldaten herzlich. Als die erster Feldtruppen am Mittelrhein bei Koblenz und Neuwied erschienen und in guter Disziplin mit klingendem Spiel in die Städte einrückten, läuteten sogar laut Zeitungsberichten die Glocken und die Häuser waren mit Fahnen und Girlanden geschmückt.

Vor dem Ökonomiegebäude gegenüber dem Fürstlichen Schloß ereignete sich im vorderen Teil des Hofes das Explosionsunglück.

Auch in Sayn, wo am Vormittag des 22. Novembers eine Kompanie des Inf.-Reg. 409 der 203. Division einzog, wurden die Soldaten willkommen geheißen. Man bot ihnen gern Quartier, auch im fürstlichen Schloß, wo in den Remisen des Ökonomiegebäudes der Train der Kompagnie mit Pferden und auch Motorfahrzeugen untergebracht wurde. Bei den Jungen des Ortes bildete gerade dieser eine starke Anziehung, so daß sie sich auch am frühen Nachmittag im dortigen großen Hof aufhielten. Als gegen 15 Uhr die Trainsoldaten zu einem kleinen Auftrag in Richtung Vorstadt weggingen, zündeten die Buben ein Feuer mit herumliegenden Stroh und Holz an, denn es war empfindlich kalt. Da die Soldaten aber schon bald zurückkamen, wollten die Jungen rasch das Feuer löschen und stellten in Hast ein leeres Benzinfass auf die Glut. Im gleichen Augenblick explodierte jenes mit solch fürchterlicher Wucht, daß im Umkreis von 200 Metern alle Fensterscheiben im Ort zerbarsten und Dachziegel wegwirbelten. Drei Jungen waren auf der Stelle in Fetzen zerrissen, die man zum Teil auf Bäumen und Dächern fand. Dicke Zierbäume in der Nähe waren wie wegrasiert. Durch den ungeheuren Knall ringsum aufgeschreckt, stürzten Soldaten und Einwohner herbei und schafften die Schwerverletzten in die Krankenabteilung des nahegelegenen Klosters "Leonilla-Stift", wo sie Schwestern und Feldärzte verbanden und versorgten.

Im Hintergrund; Teilansicht der Fürstlich Sayn'schen Ökonomie; recht das Schloßgebäude mit Turm und Kapelle. Am unteren Bildrand: mitte, das größere Gebäude ist das Leonilla-Stift. (Foto: C.W. Lay,Bendorf)

Drei Buben, nämlich Hans Bläser, 11 Jahre jung, Peter Paul Opp, 8 Jahre jung und Karl Stoffels, 11 Jahre jung, starben sofort an der Unfallstelle, während der 9jährige Anton Kalb abends gegen 19 Uhr im Kloster seinen Verletzungen erlag. Das 5.Opfer, der ebenfalls 9jährige Anton Schoor konnte auch nicht mehr gerettet werden und starb neun Tage später am 1. Dezember. Nur wenige der Jungen, die das Feuer so löschen wollten, überlebten die Katastrophe. Unter ihnen neben Philipp Saxer und E. Nattermann auch Theo Würz. alle schwer verletzt. Der damals in Sayn ansässige und im Kloster tätige Arzt, Dr. Burkhard, nahm sich besonders des jungen Theo Würz an, der fast schon aufgegeben, mit schweren Bauch- und Hüftverletzungen und mehreren Knochenbrüchen herangebracht worden war. Mit zäher Geduld und großem ärztlichen Können brachte er den Buben soweit, daß er nach einem Jahr Krankenlager wieder aufstehen und gehen konnte.

Das langgestreckte Gebäude wurde im Juni 1978 abgerissen, um Platz für eine Wohnparkanlage zu schaffen. (Foto: C.W. Lay,Bendorf)

In den Tagen nach der schweren Explosion, in denen übrigens der erste Schnee für jenes Jahr fiel, sorgten die Soldaten für ein schönes Begräbnis. Nachdem zuvor die weißen Särge unter Blumen im Kloster aufgebahrt worden waren, standen die Einwohner des ganzen Ortes erschüttert bei der Beerdigung in ein gemeinsames Grab. Ein würdiges Grabmal wies seitdem im Friedhof im Brextal auf dieses Unglück hin, das die Gemeinde betroffen hatte. Leider wurde dies vor einiger Zeit gedankenlos weggeräumt, so daß heute nichts mehr an das schwere Geschehen vor fast 100 Jahren erinnert. Umso mehr gilt es, am 22. November, der Opfer dieser Katastrophe zu gedenken.




Anmerkung:
Dieser Aufsatz ist erschienen in: Bendorfer-Zeitung vom 21.11.1978
Für das Internet wurde er entsprechend bearbeitet von W.Kutsche.






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