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Der nachfolgende Aufsatz ist auch erschienen in:
Heimatkalender für den Landkreis Koblenz
Koblenz, 1964, S. 75 ff.

125 Jahre Rheinstahl Concordiahütte GmbH.

12.Juli 1838 - 12.Juli 1963

von Aenne Theby

Ein Jubiläum gibt immer Anlaß zur Rückschau auf vergangene Zeiten. Wenn wir einen Rückblick auf die Eisenindustrie im Bendorfer Raum tun, dann zeigt sich, daß dieser Industriezweig hier schon im 18. Jahrhundert heimisch war.

Bereits 1770 gründete der Kurfürst von Trier die Saynerhütte, die später dem Preußischen Staat gehörte und 1865 zusammen mit der im Jahre 1830 von Franz Menn in Sayn gegründeten Maschinenfabrik in den Besitz der Firma Fried. Krupp in Essen überging. Die Rationalisierung an Rhein und Ruhr bedingte in den Jahren des wirtschaftlichen Niedergangs nach dem für Deutschland verlorenen Ersten Weltkrieg im Jahre 1926 die gänzliche Stillegung dieser Hütte.

In Mülhofen hatte der Preußische Staat 1856 ein Hüttenwerk, die Mülhofener Hütte gebaut, die 1865 ebenfalls zu Krupp kam und 1926 das Schicksal der Sayner-Hütte teilen mußte.

Die ehemalige Remysche Hütte in Bendorf um 1920

Die Hüttenwerke Remy in Bendorf, deren Gründung auf das Jahr 1724 zurückweist, übernahm mit der dazu gehörigen Eisenerzgrube "Vierwinden" in Bendorf 1865 bzw. 1870 ebenfalls die Firma Krupp. Das Hüttenwerk wurde sogleich stillgelegt, während der Grubenbetrieb nach fast zweihundertjährigem Bestehen, wohl weil er nahezu erschöpft und unrentabel war, im Jahre 1915 geschlossen wurde. Bis auf den heutigen Tag geblieben ist die im Jahre 1838 von den Gebrüdern Lossen gegründete Concordiahütte in Mülhofen.

Die ersten Gebäude der Concordiahütte um 1840)

Gewiß war auch diesem Werk eine sehr wechselvolle Entwicklung und ein Geschick beschieden, das nicht nur lichte Höhen, sondern auch dunkelste Tiefen kannte. Aber es konnte bis zu seinem 125jährigen Jubiläum "allen Gewalten zum Trutz sich erhalten", obwohl schwerste Krisenzeiten, zwei für Deutschland verlorene Weltkriege, Eigentümer und Werksleiter oft vor fast unlösbare Aufgaben stellten.

Anselm Lossen, der Vater der Gebrüder Lossen. leitete von 1796 bis 1816 die Saynerhütte, wo er vorher als Kassierer und Buchhalter tätig gewesen war. Gründer und Erbauer der Concordiahütte waren also hier beheimatet und hatten ihre Jugendjahre hier verbracht. Im Jahre 1818 übernahm Vater Anselm Lossen von der Nassauischen Domänenverwaltung Pachtbetriebe in Michelbach und Emmershausen, denen im Laufe der Zeit von Lossens eigene Gießereien angegliedert wurden. Als sich Lossens Söhnen 1832 die Gelegenheit zum Erwerb eines größeren Geländes in der Nähe des Rheins in der Gemarkung Bendorf- Sayn- Mülhofen bot, reifte der Entschluß, hier ein eigenes Hüttenwerk zu bauen, um bei Ablauf der nassauischen Pachtverträge für die Zukunft gerüstet zu sein. Die Rohstoffbasis war durch die schon früher erworbenen Eisensteingruben im Nassauischen bereits vorhanden.

Carl Maximilian Lossen

Am 12. Juli 1838 reichten die Gebrüder Lossen ihr Gesuch um Konzession zum Bau eines Hochofenwerks und einer Puddlingshütte ein und gründeten zugleich die Firma Gebr. Lossen in Bendorf. Am 29. Oktober 1839 wurde das Fundament zum ersten Hochofen gelegt, wobei das Werk den Namen Concordiahütte erhielt. Carl Maximilian Lossen, bis 1838 Leiter der Michelbacherhütte, übernahm die Bauleitung und im Anschluß daran die Werksleitung.

Die Baukonzession ließ allerdings bis zum Ende des Jahres 1841 auf sich warten. 1842 waren zwei Hochöfen betriebsfertig. Am 27. Juni des gleichen Jahres begann die erste Schmelzkampagne. Die Einrichtungen für das geplante Puddelwerk konnten erst 1853 in Auftrag gegeben werden. 1854 begann dieser Betrieb mit der Produktion. Zwei Jahre später war eine zweite Walzenstraße betriebsfertig, 1860 waren vier Puddelöfen in Betrieb.

Die Anfänge der Concordiahütte (um 1860)

Damit war das erste Ziel, das Lossens sich gesteckt hatten, erreicht, Zu dieser Zeit litt aber die ganze heimische Eisenindustrie unter der zollfreien Einfuhr ausländischen Roheisens. Das bewog Carl Maximilian Lossen, sich für einen angemessenen Zollschutz einzusetzen und für den gesunden Aufbau der deutschen Eisenindustrie eine Marktregelung zu schaffen. Am 28. Mai 1851 entstand aus seiner Initiative der "Verein zum Verkauf nassauischen Holzkohlen-Roheisens" in Limburg/Lahn, das erste deutsche Roheisenkartell. Auch seine Bemühungen um den Zollschutz waren von Erfolg gekrönt.

Allzu früh für das begonnene Werk nahm der Tod am 28. April 1861 dem Erbauer der Concordiahütte das Steuer aus den Händen. Oberbergrat Lossen hinterließ ein modern gebautes und ausgerüstetes Werk. Leider war es ihm nicht vergönnt, die in zäher Arbeit und Forschung angestrebte Umstellung seines Hochofenbetriebes von Holzkohle auf Koks zu vollenden. Erst nach seinem Tode wurde sie Wirklichkeit.

Lossens Bedeutung ging über das von ihm erbaute und geleitete Werk weit hinaus. Das drückte sich schon in den Ehrungen und Auszeichnungen aus, die ihm bei Lebzeiten von Staat und Wirtschaft zuteil geworden waren. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof in Engers.

Die von dem Vater Anselm Lossen auf fünfzig Jahre abgeschlossenen Domanial- Pachtverträge Michelbacher- und Emmershäuserhütte liefen im Jahre 1868 aus. Das nahmen die Gebrüder Lossen zum Anlaß, die auf diesen beiden Werken im Eigenbesitz aufgebauten Gießerei-Anlagen zur Concordiahütte zu verlegen. Die nötigen Facharbeiter, deren Spezialität die Herstellung von Handelsgußwaren, Heiz- und Kochöfen sowie Maschinenguß war, übersiedelten nach Mülhofen.

Diese Verlagerung der nassauischen Gießereibetriebe zur Concordiahütte schuf damals schon die Grundlage für die spätere Umstellung und Entwicklung des Unternehmens von einem gemischten Hüttenbetrieb zu einem Betrieb auf Gießereibasis.

Die Concordiahütte (Zeichnung auf einem Briefkopf der CH um 1890-1900)

Der in den 80er Jahren aufgetretene tiefgreifende Wandel im Bedarf (Puddelstahl, wie ihn die Concordiahütte herstellte, fand kaum noch Absatz) führte zum Bau eines Siemens-Martin-Stahlwerks. 1890 kamen zwei SM-Öfen von je 10 t Einsatz in Betrieb, die aber den zu stellenden Anforderungen leider nicht entsprachen. Diese unglückliche Disposition veranlaßte Lossens Erben, die neue Anlage zusammen mit dem Blechwalzwerk, ganz gewiß übereilt, 1893 stillzulegen und abzubrechen.

Um die Jahrhundertwende schied die Familie Lossen aus der Werksleitung aus. Das Familienunternehmen wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Als Großaktionärin beherrschte nun die Pfälzische Bank in Ludwigshafen den ehemals Lossenschen Betrieb. Die vom Werk zufließenden Investitionsgelder ermöglichten in dieser Zeit den Bau eines neuen Siemens-Martin-Stahlwerks, die Ausrüstung der dazu gehörenden Gießhalle mit neuen Krananlagen und die Verbesserung des Maschinenparks der Bearbeitungswerkstatt.

Foto von 1887 mit den Hochöfen der Concordia-Hütte und der "Steinfabrik" zur Herstellung von Schlackensteinen

Zu der bereits vorhandenen Schlackensteinfabrik kam 1908 ein Zementwerk. Die bis dahin auf Halde geschüttete Hochofenschlacke wurde fortan zu sogenanntem Hüttenzement verarbeitet. Als sich diese Maßnahmen für die Fortentwicklung des Werkes nicht als ausreichend erwiesen, schritt man 1910 zur Aufstockung des Aktienkapitals.

Jetzt trat durch die Übernahme eines größeren Aktienpakets erstmalig die Firma Carl Spaeter in Koblenz in Erscheinung, die sich ihrer neuen Aufgabe mit großem Ernst annahm.

1912 genehmigten die Aktionäre den Bau einer Kokerei mit Nebengewinnungsanlagen für Leuchtgas, Teer und Ammoniak, wozu in späteren Jahren noch eine Benzolgewinnungsanlage kam. Nun stand für den Hochofenbetrieb im eigenen Werk erzeugter Koks zur Verfügung, und die Städte Koblenz, Neuwied, Andernach und Bendorf konnten durch eine Ferngasleitung mit Leuchtgas versorgt werden. Im ersten Halbjahr 1914 war das Werk trotz der allgemeinen Unsicherheit befriedigend beschäftigt. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August des gleichen Jahres forderte die Umstellung von einer Friedensfertigung auf Heeresbedarf. Zuerst wurden Grau- und Stahlgußgranaten hergestellt, und nach der Vollendung des 1915/16 erbauten Preß- und Walzwerks auch Preßstahlgranaten und rollendes Material für die Eisenbahn. Im Hinblick auf den nach Kriegsende zu erwartenden Nachholbedarf widmete man der Fertigung von Eisenbahnmaterial ganz besondere Aufmerksamkeit.

Im Zuge des Neubaus des Preß- und Walzwerks war auch der Bau eines neuen Stahlwerkes mit Siemens- Martin- Öfen von je 30 t und einer Generatorenanlage erforderlich geworden. Die Maschinengießerei hatte dem Preß- und Walzwerk weichen müssen und wurde abgerissen.

Der für Deutschland so unglückliche Ausgang des Krieges löste, wie überall, schwerste Belastungen und härteste Rückschläge aus, die zwangsläufig viele Nachkriegsjahre beeinflußten. Amerikanische Truppen besetzten das Werk, fehlendes Rohmaterial war nicht zu beschaffen, der Brückenkopf Koblenz schnürte das Werk von seiner Kundschaft ab, und schließlich tat die Inflation ihre verheerende Wirkung.

Luftaufnahme der Concordiahütte aus dem Jahr 1927

Die Abtrennung Elsaß-Lothringens vom Deutschen Reich nahm der Großaktionärin der Hütte, der Firma Carl Spaeter, Koblenz, ihren bedeutenden Werkbesitz in Lothringen, die Rombacher Hüttenwerke. Rombach verlegte seinen Firmensitz nach Koblenz und legte die Gelder aus der Reichsentschädigung für den verlorenen Besitz in Lothringen nun in Deutschland an. So kam es im Jahre 1921 zum Übergang der Concordiahütte in den Besitz der Rombacher Hüttenwerke in Koblenz. Bei der Übernahme durch Rombach umfaßte das Werk

1 Hochofenanlage mit 3 Hochöfen,
1 Spezialanlage zur Herstellung von kohlenstoffarmem Spezial-Roheisen (Silbereisen),
1 Zementwerk,
1 Schlackensteinfabrik,
1 Kokerei mit Nebengewinnungsanlagen,
1 Siemens-Martin-Stahlwerk,
1 Tiegelstahlwerk,
1 Radsatzfabrik (Preß- und Walzwerk mit Bearbeitungswerkstatt)
1 Stahlgießerei mit Bearbeitungswerkstatt,
1 Eisengießerei mit Ofen- und Herdfabrik,
1 im Bau befindliche Großschmiede.

[Anmerkung; dazu kamen noch eine eigene Rheinufer_Verladestation, eigener Eisenbahnanschluß in Engers und eine Schmalspur-Eisenbahn durch den Ort Mülhofen zum Material-Transport; von und zum Rhein ( = et Züchelche) W.K.]

Die Lehrlinge der Firma Gebrüder Lossen (Aufnahme um 1890) "et Züchelche", vom Rhein kommend nach der CH bei der Fahrt durch Mülhofen Die Rheinufer Verladestation der Concordiahütte

Die Ära Rombach brachte der Concordiahütte trotz aller guten Ansätze und Erfolge im Endergebnis keine glückliche Zeit. Sie endete mit dem völligen Zusammenbruch dieses Konzerns. In dieser Zeit (am 7. Mai 1926) kam es zur Gründung der Vereinigte Stahlwerke A.G. in Düsseldorf (Stahlverein genannt), die am 1. August 1926 auch die Concordiahütte erwarb.

In welcher Lage und Bedrängnis sich zu jener Zeit die ganze deutsche Montanindustrie befand, wird bei unserer Umschau im Bendorfer Raum am stärksten deutlich durch die eingangs erwähnte Schließung der beiden Krupp'schen Hüttenwerke in Sayn und Mülhofen. Was das für die Bevölkerung von Bendorf- Sayn- Mülhofen und viele Orte der Umgebung bedeutete, die hier zum großen Teil ihren Arbeitsplatz hatte und durch Generationen mit diesem Arbeitsplatz verbunden war, ist leicht zu ermessen. Deshalb hieß es für die Concordiahütte, unter allen Umständen am Leben zu bleiben. Die alten Concordianer, die diese Zeit bewußt miterlebten, wissen der damaligen neuen Eigentümerin des Werkes, der Vereinigte Stahlwerke AG., noch heute Dank dafür, daß nur die Schnitte getan wurden, die ihre Belange unausweichbar erforderten, und der Lebensfaden des Werkes nicht abgeschnitten wurde.

bis zu 30.000 Radsätze pro Jahr wurden für die "Deutsche Reichsbahn" hergestellt

Die Hochofen- und Spezialeisen-Anlage mußten stillgelegt und abgebrochen werden. Das vom Hochofenbetrieb abhängige Zementwerk und die Schlackensteinfabrik kamen zwangsläufig zum Erliegen.

Die Radsatzfabrik und die erst im Jahre 1925 in Betrieb genommene moderne Großschmiede wurden ebenfalls stillgelegt und schließlich mit dem Großteil ihrer Einrichtung zu einem Konzernwerk im Ruhrgebiet verlagert. Damit waren dem Unternehmen seine jüngsten und modernsten Betriebsabteilungen genommen, die als die Zukunft sichernden tragenden Pfeiler geplant und gebaut worden waren.

Es verblieben: die Kokerei mit ihren langfristigen Gaslieferungsverträgen, die Graugießerei mit der Ofen- und Herdfabrik und die Stahlgießerei mit der Bearbeitungswerkstatt.

Modelle aus der Herd- und Ofenproduktion der CH.

In dieser schweren Zeit war an Investitionen für ein Werk an der äußersten Peripherie des Wirkungsbereiches der Vereinigten Stahlwerke natürlich nicht zu denken. Erst 1932 flossen der Concordiahütte geringe Mittel für die Ofen- und Herdfabrik zu. Die gleichzeitig geschaffenen neuen Ofenmodelle fanden bei der Kundschaft gute Aufnahme, so daß die Entwicklungsaussichten dieser Betriebsabteilung, verstärkt durch die zunehmende Bautätigkeit, günstig waren.

Das 1916/17 erbaute Tiegelstahlwerk zur Herstellung hochwertiger Edelstähle, das zwischenzeitlich zum Martinofen umgebaut worden war, mußte stillgelegt werden.

Um neues Leben erblühen zu lassen, entschloß man sich, in dem verbliebenen Teil der leerstehenden Preßwerkhalle eine Graugießerei für die Herstellung von hand- und maschinen- geformtem Guß einzurichten.

Als der Markt besondere Aufnahmefähigkeit und bessere Erlöse für dünnwandigen, komplizierten Qualitätsguß versprach, wurde in enger Zusammenarbeit mit der Firma Siemens die Herstellung derartigen Gusses für die Elektroindustrie aufgenommen und forciert, unter gleichzeitiger Erweiterung des Fertigungsgrogramms auf Serienkleinguß und Formmaschinenguß jeglicher Art.

Ende der zwanziger Jahre konnte ein für das Werk neuer Fertigungszweig aufgebaut werden, nämlich die Herstellung von Erzsinterbändern und Schwefelabröstapparaten für eine weltbekannte deutsche Konstruktionsfirma. Diese Fertigung blieb dem Werk bis auf den heutigen Tag erhalten.

Im Jahre 1936 erfolgte die Aufstellung eines 2-t-Niederfrequenzofens für die Herstellung von Nockenwellen; ein zweiter Ofen kam 1939 hinzu.

Um die dem Werk gewordene Auflage, Panzerwagenguß herzustellen, erfüllen zu können, wurde ein 3-t-Lichtbogenofen aufgestellt. Ein 1942 in Betrieb genommener Hochfrequenzofen, der ursprünglich der Herstellung von Kochplatten für Elektroherde dienen sollte, mußte für den vordringlichen Bedarf an Kurbelwellen für die Autoindustrie eingesetzt werden.

Von unmittelbaren größeren Schäden durch Bomben und Artilleriebeschuß blieb das Werk verschont. Aber schon Ende 1944 war die Produktion ausgelaufen, weil wegen Zerstörung der Ferngasleitung nicht mehr geglüht werden konnte und der Bessemereibetrieb mit seiner verräterischen enormen Strahlung wegen der ständigen Fliegergefahr unmöglich geworden war.

Ofenmodelle aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen

Auch das Ende des Zweiten Weltkrieges blieb nicht ohne verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die unter Feindrecht gestellte Vereinigte Stahlwerke A.G., alleinige Besitzerin der Concordiahütte, wurde zerschlagen; das Werk mußte die Beschlagnahme und den Abtransport einer großen Anzahl wertvoller Maschinen und Einrichtungen durch die Besatzungsmacht hinnehmen. Was verblieb, war zum größten Teil veraltet, im Kriege überbeansprucht und abgängig.

Wieder galt es, die Betriebe zu neuem Leben und neuer Leistungsfähigkeit zu führen und auszurüsten. Der Umfang des Niedergangs und die Schwierigkeit der zu bewältigenden Aufgabe wird an den Belegschaftszahlen sehr deutlich. Im Oktober 1944 beschäftigte das Werk noch 1600 Personen, im Sommer 1945 noch 120 und gegen Ende 1946 wieder 385 Menschen.

Zuerst half man sich mit der Herstellung von Reparaturteilen für die zerstörten Rohrleitungsnetze in den umliegenden Orten und Städten, für die Versorgungsbetriebe und die Industrie der Nachbarschaft, soweit Rohmaterialien und Hilfsstoffe vorhanden waren oder sie auf schier unmöglich anmutende Weise beschafft und herangeschafft werden mußten. Dabei durfte nicht einmal das hergestellt werden, was möglich war und von den Abnehmern gewünscht wurde, sondern nur das, was die Militärregierung genehmigte. Um alles und jedes, was beschafft und hergestellt wurde, gab es harte Kämpfe zu führen, galt es doch, nicht nur der Kundschaft in der nächsten Nachbarschaft zu helfen und Notständen abzuhelfen, sondern auch Arbeit und Verdienstmöglichkeiten für die Belegschaft immer wieder von neuem zu schaffen. Die von der Militärregierung über die Concordiahütte verhängte Zwangsverwaltung, die sich auf die Zeit von November 1947 bis Mai 1950 erstreckte, wirkte sich dadurch verhältnismäßig erträglich für das Unternehmen aus, daß es entgegen der ursprünglichen Absicht der Besatzungsmacht gelang, die Berufung des derzeitigen Werksleiters zum Sequesterverwalter durchzusetzen. Der abschließende amtliche Bericht über diese Zeit besagt nur: " Keine Besonderheiten".

Wie sich die Betriebe und ihre Beschäftigung nach der Währungsreform weiter entwickelten, wird wiederum an Hand der Belegschaftszahlen deutlich. Am Währungsstichtag zählte die Belegschaft 544 Köpfe, und am 30. 9. 1955 bereits wieder 1033 Personen. Man hatte also einen gehörigen Schritt vorwärts getan.

Im Zuge der von den Besatzungsmächten angeordneten Konzern- Entflechtung wurde am Oktober 1952 die Concordiahütte in die an diesem Tage gegründete Rheinstahl-Union, Maschinen- und Stahlbau A.G. in Düsseldorf eingegliedert. Durch die im Juni 1957 beschlossene Fusion der Rheinstahl-Union mit den Rheinischen Stahlwerken in Essen wurde die Concordiahütte unmittelbar Tochtergesellschaft der Rheinischen Stahlwerke. Um auch nach außen hin die Zugehörigkeit zu Rheinstahl zu dokumentieren, beschlossen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung am 18. 12. 1957, den Firmennamen in Rheinstahl Concordiahütte GmbH zu ändern.

Ein auch noch nach dem 2. Weltkrieg noch hergstelltes Ofenmodell

Um nicht hinter der Konkurrenz zurückzubleiben, wurde eine Modernisierung der Betriebe in größerem Ausmaße ins Auge gefaßt. Auf Vorschlag der Geschäftsleitung wurde die Genehmigung zum Bau einer neuen mechanisierten Spezialgießerei für die Herstellung von Serienguß mit modernster Sandaufbereitung erteilt. Der Bau dieser Betriebsabteilung ist als ein bedeutsamer Fortschritt in der Entwicklung des Werkes anzusehen. Die Leistungsfähigkeit der Großstück-Gießerei (Handformerei, Stücke bis zu 25 t) wurde 1956/57 durch die Beschaffung eines zusätzlichen 32-t-Krans und 1961 durch eine zentrale Sandaufbereitung durchgreifend verbessert, während die Getriebeguß- Gießerei (Maschinenformerei) mit neuen Aggregaten, wie ölbeheizte Kerntrockenöfen, Kernschießmaschinen, Schwenktischfunker usw., modern ausgerüstet wurde.

Alle diese Modernisierungsmaßnahmen wären aber unvollkommen geblieben, wenn nicht die vorhandenen, dreißig Jahre alten Kupolöfen durch eine moderne Anlage mit mechanisierter Entlade- und Beschickungseinrichtung ersetzt worden wären. Durch Meß- und Reglereinrichtungen wird der Schmelzbetrieb zentral gesteuert und überwacht. Der erste Abstich erfolgte am 8. August 1962.

Hinter der Verbesserung der Graugießereien sollte die Stahlgießerei nicht zurückstehen. 1957 kam zusätzlich ein neuer 6-t-Elektro-Ofen in Betrieb. Damit war die Möglichkeit geschaffen, Stücke bis zu 10 t Einzelgewicht herzustellen.

Nach dem seitens der Besatzungsmacht erfolgten Entzug der besten Maschinen galt es, die Bearbeitungswerkstatt mit einer größeren Anzahl moderner Maschinen auszurüsten bzw. zu ergänzen. Sie war vorzugsweise auf die Vor- und Fertigbearbeitung von Stahlguß eingestellt. Das Verlangen der Abnehmer, Grau- und Stahlguß fertigbearbeitet zu beziehen, und die Entwicklung, die die Fertigung von Erzsinter- und Schwefelabröstapparaten genommen hatte, machten eine Verlegung und Ausweitung dieser Betriebsabteilung erforderlich.

Für den Probelauf von Sintermaschinen wurde eine größere, mit einer neuen Krananlage ausgerüstete Montagehalle erstellt, Es darf gesagt werden, daß Ausrüstung und Leistungsfähigkeit der modernisierten Bearbeitungswerkstatt höchsten Anforderungen genügen.

Im Jahre 1949/50 mit primitiven Mitteln modernisierte Ofenfabrik. Die Abb. zeigt eines der ersten Montagebänder für Öfen

Die nach der Währungsreform einsetzende Bautätigkeit brachte eine bemerkenswerte Belebung des Ofen- und Herdgeschäftes, die jedoch nach einigen Jahren, als auch der Nachholbedarf gedeckt war, wieder abflaute. Die Konkurrenz war außerordentlich stark angewachsen und der Verlust der Absatzgebiete hinter dem eisernen Vorhang (die Concordiahütte unterhielt bis in den Zweiten Weltkrieg hinein ein großes Auslieferungslager für Mittel- und Ostdeutschland in Berlin-Mariendorf) machte sich immer mehr bemerkbar. Erhebliche Investitionen wären notwendig gewesen, um die Ofen- und Herdfertigung in technischer Hinsicht den modernen Anforderungen anzupassen. Die erstellten Marktanalysen konnten indessen die Mobilisierung dieser Kapitalien nicht rechtfertigen. Auf Vorschlag der Geschäftsführung wurde deshalb im Frühjahr 1961 nach Genehmigung durch den Aufsichtsrat die Ofen- und Herdfertigung stillgelegt.

Diese Entwicklung vorausschauend, hatte die Werksleitung bereits im Vorjahre eine neue Fertigung aufgenommen, und zwar die Herstellung von Umsteueranlagen für SM-Öfen, wassergekühlten Türen für SM-Öfen, Drossel- und Umstellklappen, Sauerstoffgewölbelanzen usw. Zur Aufnahme dieser Fertigung waren keine besonderen Neueinrichtungen zu beschaffen, weil sie sich mit den vorhandenen Maschinen und Anlagen ohne weiteres durchführen ließen.

Was aber ist ein noch so vorzüglich eingerichtetes und modern aufgebautes Werk ohne die Menschen, die es durch ihren Geist und ihrer Hände Arbeit erst lebendig und nützlich werden lassen. Der Concordiahütte war es vergönnt, die Kräfte zu haben, die in der Leitung, der Verwaltung und in den Betrieben ihren Mann standen, ihr ganzes Können und Wissen einsetzten und sich ihren Aufgaben in verantwortlicher Weise hinzugeben wußten.

Besonderen Wert legt die Betriebsleitung auf die Heranbildung eines qualifizierten Nachwuchses; hier ein Blick in die Lehrwerkstatt.

Unter der treuen, dem Werk in guten und schlechten Zeiten verbundenen Stammbelegschaft kann man hunderte Männer zählen, deren Väter und Großväter schon auf "Lossens Hett", wie das Werk im Volksmund heißt, gearbeitet haben. Daneben steht die stattliche Reihe der Jubilare, die auf eine 25-, 40- und 50jährige Betriebszugehörigkeit zurückblicken können und die Ehrennadel des Werkes tragen.

Für die jeweilige Werksleitung war aber auch die soziale Betreuung der Belegschaft Herzenssache, Sie ist so vielfältig, daß es zu weit führen würde, in diesem Rahmen im einzelnen darauf einzugehen. Erwähnt sei nur, daß die Werksleitung von jeher der Beschaffung von Wohnungen große Bedeutung beigemessen hat. Das Werk verfügt über rund 350 Wohnungen. Nach dem letzten Krieg konnte die Wohnungsgesellschaft mit wesentlicher Hilfe des Werkes neue Wohnungen, schmucke Selbsthilfesiedlungen und Eigenheime erstehen lassen. Für Lehrlinge und Gastarbeiter, die zuerst behelfsmäßig untergebracht waren, stehen heute drei neuerbaute Ledigenheime zur Verfügung. In den Betrieben wurden helle, luftige Aufenthaltsräume, Wasch-, Dusch- und Baderäume für die Belegschaft geschaffen.

Titelblatt der Jubiläumsschrift "125 Jahre Concordiahütte"

Für die Heranbildung des Facharbeiternachwuchses stehen eine Lehrschlosserei und eine Lehrformerei zur Verfügung. Hier werden die Lehrlinge von dafür geschulten Fachkräften betreut und ausgebildet. Seit 1949 durchliefen rund 380 gewerbliche Lehrlinge diese Werkstätten. Etwa 100 davon sind noch heute in den Betrieben als Facharbeiter tätig. Unter dem Rheinstahl-Bogen konnte das Werk sein 125jähriges Jubiläum begehen. Wenn auch das Jubiläumsjahr von der ungünstigen Konjunktur in der deutschen Eisenindustrie überschattet wurde, so vertrauen Werksleitung und Belegschaft auf ihre oftmals erprobten Kräfte, die die Concordiahütte der heimischen Bevölkerung als Arbeitsstätte erhalten möchten. Dazu rufen wir dem Unternehmen, seiner Geschäftsführung und Belegschaft ein herzliches Glückauf zu!




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