HERZLICH WILLKOMMEN Geehrte Besucherin / Besucher, Sie haben eine Seite
der Homepage der Dieser Aufsatz ist auch erschienen in: Der Eisenkunstguß der Sayner Hüttevon Barbara Kessler1. Einführung 1.1. Kunsthandwerk im 19. Jahrhundert Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts verbreitet sich auffallend der Formenschatz der Antike, "entsprechend der Empfehlung Winckelmanns, das Formempfinden an den Geräten und Gefäßen des Altertums zu formen"(1) und dominierte noch während der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts.(2) Man begann antike Vorlagen zu kopieren oder Einzelmotive und Ornamente neu zu kombinieren. So traten jetzt Ziermotive wie Akanthus, Perl und Eierstab, Greif, Sphinx, Delphin, Lyra oder Figurengruppen der griechischen und römischen Mythologie sowie antike Architekturelemente (ionische, dorische und korinthische Kapitelle usw.) auf. "Neben Silber- und Goldschmiedewerkstätten und der Königlichen Porzellanmanufaktur waren es vor allem die Manufakturen neu entwickelter Technologien, die sich der antiken Vorbilder bemächtigten" (3): Aus Eisen, Ton und Zink gefertigte Kunstobjekte sind bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmend und auf Ausstellungen der Königlichen Akademie der Künste (Berlin) zu sehen. Laut Arenhövel werden seit 1821 von der "Technischen Deputation für Gewerbe" die "Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker" herausgegeben, eine Sammlung von Abbildungen ganz im Sinne Winckelmanns. Neben antiken Originalen legte man darin "auch zahlreiche zeitgenössische klassizistische Entwürfe, u. a. von K. F. Schinkel"(4) vor, die insbesondere über die Gewerbeschulen Preußens eine entscheidende Wirkung gerade an der Berliner Schule ausübten. Der Lehrplan des Gewerbeinstituts sah schwerpunktmäßig eine technisch- handwerkliche Ausbildung vor, dabei wurden die Holzwerkstatt und in erster Linie die Gießerei durch herausragende Arbeiten bekannt. "In dieser Zeit des Übergangs zur Industrialisierung verlagerte sich auch die kunstgewerbliche Produktion mehr und mehr von den kleineren Handwerksbetrieben auf die wachsenden Manufakturen. Es vollzog sich ein Wandel, bei dem zwar das technische Können des Einzelnen noch von großer Bedeutung war, die Arbeitsteilung vom Entwurf zur Ausführung jedoch immer differenzierter wurde. Entwurf, Herstellung des Modells und Ausführung waren die drei Bereiche, für die sich Spezialisten entwickelten. Drei Manufakturarten haben das künstlerische Bild des preußischen Klassizismus mehr als alles andere geprägt, der Eisenkunstguß, der Zinkguß und die Terrakottafabrikation." (5) 1.2. Der preußische Eisenkunstguß Seit dem Spätmittelalter wurden in Deutschland größere Gegenstände aus Eisen gegossen. Um 1500 waren Glocken, Kanonenrohre, Wasserrohre, reliefierte Kamin- und Ofenplatten (6), Haushaltsgeräte wie Töpfe, Pfannen und Waffeleisen aus Eisenguß allgemein verbreitet. Im Bauwesen wurde Gußeisen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nur für Klammern, Ankerketten, Beschläge, besonders zur Verstärkung von Holzverbindungen und zur Verankerung von Gewölben und Kuppeln verwendet.(7) Das damals geschmolzene Eisen war jedoch noch viel zu dickflüssig, um feinere Gußwaren herzustellen. Es bestand die technische Notwendigkeit anstelle des direkten Hochofengusses ein Umschmelzverfahren anzuwenden und in trockenem, besonders feinen Sand zu formen. (8) Entscheidende Fortschritte diesbezüglich konnten im sächsischen Eisenhüttenwerk Lauchhammer gemacht werden. Im Jahre 1776 wurde Detlef Carl von Einsiedel mit dem Eisenwerk belehnt und ließ den Hochofenbau nach modernsten Erkenntnissen aus England umgestalten. 1784 gelang es dem Grafen Einsiedel nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen durch ein besonderes Wachsausschmelzverfahren den ersten rundplastischen Eisenguß, eine Großplastik in Gestalt einer antiken Bacchantin, herzustellen. "Unter Friedrich Anton von Heinitz, dem Chef des preußischen Berg- und Hüttenwesens, und Wilhelm Reden, dem Leiter des Schlesischen Oberbergamtes, wurden dann in Malapane, einer bereits 1754 gegründeten Hütte, die ersten Versuche mit den Kupolöfen (9) zum Umschmelzen des Roheisens durchgeführt.(10) Im Jahre 1794 gelangen die Versuche und es konnte dünnflüssiges Eisen zu feineren Gußwaren hergestellt werden. Malapane wurde dann vor allem durch seine frühen gußeisernen Brücken bekannt: Reichsgraf Niclas von Burghaus auf Laasan bestellte eine Brücke über das Striegauer Wasser, bei Laasan, in Niederschlesien (Abb. 1) Es handelt sich um die erste gußeiserne Brücke auf europäischem Kontinent, die 1796, knapp 20 Jahre nach dem Bau der ersten eisernen Brücke der Welt über den Severn bei Coalbrookdale (England) errichtet wurde.(11) (hier ein freundlicher Hinweis von Volker Zimmer: Die Brücke über das Striegauer Wasser wurde 1945 von der Deutschen Wehrmacht gesprengt. Sie existiert nicht mehr, nur noch Reste sind später gefunden und geborgen worden.) In Zusammenarbeit mit dem aus Schottland gerufenen Ingenieur Baildon, dem britischen Hüttenbesitzer John Wilkinson (12) und dem oben genannten Heinitz entwarf Reden die Gießereianlagen von Gleiwitz und Berlin. Reden nutzte dabei die zuvor auf seinen Besichtigungsreisen durch England und Frankreich erworbenen neuesten technischen Erkenntnisse.(13) So konnte 1796 die Hütte von Gleiwitz eingeweiht werden, die 1798 mit der Auslieferung der ersten Feingüsse wie Gemmen und Medaillen begann. "1804 fand die Einweihung der zweiten Königlichen Eisengießerei - in Berlin - statt. Elf Jahre später - 1815 - wurde in der inzwischen von Preußen übernommenen Hütte Sayn auch eine Kunstgußabteilung eingerichtet. Gleiwitz, Berlin und Sayn sind die Namen der drei Königlichen Eisengießereien in Preußen."(14) Die Eisenhütte Berlin, unter der Regierung Friedrich Wilhelm III. errichtet, übernahm den Eisenkunstguß von den schlesischen Hütten. Seit 1805 stellte sie Medaillen, Gedenkmünzen, Schmuck, Neujahrsplaketten, Skulpturen usw. her, welche als "Berlin iron" oder "fer de Berlin" weltweite Anerkennung fanden. Viele Entwürfe für den Kunstguß der Königlichen Eisenhütten gehen auf den Architekt Karl Friedrich Schinkel zurück. Zu den bedeutendsten Modelleuren gehörten u. a. die Bildhauer Leonhard Posch, Christian Daniel Rauch, August Kiß, Theodor Kalide, August Fischer und Wilhelm August Stilarsky. Letzterer schaffte es 1813 das Gußverfahren durch zerlegbare und beliebig oft verwendbare Gußmodelle zu vereinfachen und zu verbilligen, wodurch die endgültige Eroberung der plastischen Kunst durch den Eisenguß ermöglicht wurde. (15) "Die königlich preußischen Hütten hielten enge Verbindung miteinander. Man tauschte Modelle aus, und die gleichen Modelleure bedienten verschiedene Hütten.(16) Beispielsweise die Gleiwitzer Modelle von Posch wurden in der Berliner sowie der Sayner Hütte gegossen. Es ist daher für viele Modelle eine sichere Zuordnung zu einer der drei Hütten nicht möglich. Dazu kommt, daß 1848 in der Berliner Hütte die Gießerei mit allen Modellen, Formen und schriftlichen bzw. zeichnerischen Unterlagen durch Brand zerstört wurde. 2. Der Kunstguß der Sayner Hütte (17) Die in den Jahren 1769/70 von dem letzten Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus erbaute Sayner Hütte, übernahm 1815 das Königreich Preußen. Seitdem sie in preußischen Besitz übergegangen war, war das Oberbergamt Bonn Zwischenbehörde zwischen ihr und der Oberberghauptmannschaft in Berlin. 1817 erhielt der Oberhütteninspektor Karl Ludwig Althans die Aufsicht über die rechtsrheinisch- siegerländischen Bergwerke und Hüttenanlagen Preußens mit Amtssitz in Sayn. Es waren nämlich durch den Befestigungsbau in Koblenz und Ehrenbreitstein umfangreiche Gießarbeiten auf die Hütte zugekommen. Aus diesem Grund erweiterte Althans die Sayner Hüttenanlage entscheidend. Dabei entstand in den Jahren 1828 bis 1830 die heute noch erhaltene Gießhalle mit filigraner Eisen- und Glaskonstruktion im gotischen Stil, - ein einzigartiges Industriedenkmal in Deutschland.(18) Wie bereits oben erwähnt entstanden aufgrund des Ausbaus der Festungsanlagen in Koblenz und Ehrenbreitstein zuerst technische Gußwaren wie Geschützrohre. Auf Anregung aus Berlin nahm die Sayner Hütte bald auch die Eisenkunstgußproduktion auf. Dazu weiß Egid Beitz in seinem Aufsatz aus dem Jahre 1925 aus einer Akte betreffend die Anfertigung und Verteilung der Neujahrsmedaillen auf der königlichen Hütte zu Sayner Hütte" interessante Details zu zitieren. (19) Die ersten Neujahrsplaketten (20) sind in Sayn demnach im Jahre 1819 hergestellt worden und wurden von Seiten der Oberberghauptmannschaft in Berlin lobend beachtet. Diese erste Neujahrsplakette des Jahres 1819 zeigte das bereits erreichte Produktionsprogramm, das neben Kanonen und Kanonenkugeln aus Arbeiten der Tiegelgießerei - einem Kruzifix, einer Glocke und einem Bildnismedaillon - bestand. Genannte Plaketten, welche rheinische und westfälische Kunstdenkmäler abbildeten (mit einer durchschnittlichen Größe von 9 x 11 cm), "stellten jedes Jahr die Krone der künstlerischen Schöpfung dar und wurden am Neujahrstage der königl. Familie und der vorgesetzten Behörde als Geschenk (21) überreicht."(22) Von diversen Karten gibt es allerdings zwei geringfügig voneinander abweichende Ausführungen; die eine war - wie bereits erwähnt - für Geschenkzwecke der Hütte, die andere für den Handel bestimmt. (23) In den Jahren 1822 und 1824 war die preußische "Königliche Eisengießerei zu Sayner Hütte bei Ehrenbreitstein" auch erstmals auf den Berliner Akademieausstellungen mit Produkten des Eisenkunstgusses vertreten. Erst für das Jahr 1924 sind allerdings Kunstgußbüsten (Heinrich IV. und Sülly) aus Sayn im Ausstellungsverzeichnis belegt. "Die Büstenformerei, die viel Geschick und Erfahrung bei den Formern voraussetzte, war in den ersten Jahren der Sayner Tiegelgießerei nicht betrieben worden Mit dem damals erst wenige Jahre zuvor entwickelten Hohlgußverfahren für plastische Bildwerke hatte nun auch der Sayner Eisenkunstguß mit seinen Büsten Anschluß an die höchste Kunst des Formereihandwerks gefunden."(24) Als erster Modelleur kam Heinrich Zumpft aus Berlin nach Sayn und blieb dort bis ins Jahr1835. Er hatte unter Leonhard Posch in Berlin gelernt und leitete zusammen mit dem Zeichner Karl Osterwald die Kunstgußproduktion der Sayner Hütte. Sein berühmtestes Werk, das ihm im Jahre 1830 den Rang eines "Akademischen Künstlers" eintrug, war die aus Gußeisen gefertigte Nachbildung des berühmten Grabmals für die Tuchhändler und BrüderAventinus und Securus Secundinius in Igel bei Trier, die sog. Igeler Säule (25). Auf diese Säule wies schon im Oktober 1791 Goethe hin (26), und schloß seine Beschreibung des Denkmals im Jahre 1829 mit folgender Aufforderung: "Die Verbreitung eines so bedeutenden Kunstwerkes durch sorgfältige Abgüsse wünschend und hoffend. In beharrlicher Teilnahme - J. W. v. Goethe". (27) Die Nachfolge Zumpfts trat der Goldschmied, Ziseleur und Modelleur Carl Christian Cramer im Jahre 1836 an, unterstützt durch den Berliner Formmeister August Wilhelm Stilarsky. Die Kunstgußproduktion war in dieser Zeit (1820-1840) auf ihrem Höhepunkt angelangt. "Als jedoch nach Cramers Tod im Jahre 1841 Wilhelm Weigelt an seine Stelle trat, sank der Kunstguß bald ab, und die Sayner Hütte wendete sich nun mehr dem Guß von Grabmälern und Ofen zu. Im Jahre 1865 stellte die Kunstgießerei ihre Arbeit ganz ein. Ihre hervorragendsten Leistungen der letzten fünfundvierzig Jahre waren ohne Frage die von 1819 bis 1865 lückenlos herausgegebenen Neujahrskarten. Sie zeichneten sich durch äußerste Dünnwandigkeit, Exaktheit des Gusses und materialgerechte Gestaltung aus und haben eine so feine Gußoberfläche, daß sie oft wie geprägt erscheinen.(28)
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