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Gesellschaft für Geschichte und Heimatkunde von Bendorf und Umgebung e.V.
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Vorbemerkung:
Der nachfolgende Bericht ist Januar 1950 in der "Bendorfer-Zeitung" erschienen;
und gibt Einblick in die gesellschaftlichen und sozialen Probleme der damaligen Zeit.
Der Bericht zeigt aber auch mit welchem sozialem Bewußtsein Georg Bauer ausgestattet war.

"Spät - Heimkehrer" - Gäste des Bürgermeisters

rz. Der Schreiber dieser Zeilen, der selbst über zwei Jahre lang die Kriegsgefangenschaft erleben mußte, war gestern abend mit 47 Rußland-Heimkehrern aus der Stadt Bendorf mit ihren Ortsteilen Sayn und Mülhofen Gast des Bürgermeisters im Hotel "Bendorfer Hof". Mit einem persönlich abgefaßten Schreiben hatte Bürgermeister Bauer alle Rußlandheimkehrer, die seit Mai dieses Jahres in ihren Heimatort zurückgekehrt sind, zu einer weihnachtlichen Nachfeier eingeladen. Fast alle hatten der Einladung Folge geleistet.

Dieses vom Bürgermeister veranlaßte Treffen der Heimkehrer verdient besonders anerkennend gewürdigt zu werden. Wieviele Heimkehrer haben es in den Vorjahren erleben müssen, mit welcher Verständnislosigkeit ihnen nur allzu oft die Behörden entgegengetreten sind. Ehe sie überhaupt ins zivile Leben zurückfinden konnten, wurden sie von einem Amt zum anderen gejagt oder haben einen Fragebogen nach dem anderen ausfüllen müssen. Alle Illusionen und guten Vorsätze, die in der Einsamkeit der Kriegsgefangenschaft lebendig geworden waren, wurden oft genug durch einen nicht verstehenden oder vielleicht nicht verstehenwollenden Bürokratismus zunichte gemacht.

Die Heimkehrer, die den gestrigen Abend miterlebt haben, werden genau das Gegenteil erfahren haben. In ihrer Mitte befand sich ein Bürgermeister, der selbst die Kriegsgefangenschaft kennengelernt hatte, und deshalb als Kamerad zu Kamerad handeln und sprechen konnte.

Daß der Gedankenaustausch recht rege und fruchtbar war, wollen wir nur am Rande vermerken. Wir haben die Heimkehrer gebeten, für die "Bendorfer Zeitung" einmal selbst ihre Erlebnisse zu schildern und uns zu erzählen was sie von der Heimat erwartet haben bezw. erwarten. Einige von ihnen wollen unserer Bitte gelegentlich gerne nachkommen. -Wir saßen einige Stunden angeregt plaudernd zusammen. Der Bürgermeister hatte dafür gesorgt, daß jeder seiner Gäste durch ein Gläschen Bier und ein Schnäps'chen in die richtige Stimmung kam. Auch wurden belegte Brote gereicht. Schließlich sorgte die ausgezeichnete Kapelle Otto Adt für eine stimmungsvolle Unterhaltung.

Der Heimkehrer Heinz Liesenfeld sprach im Namen der Heimkehrer die treffenden Dankesworte, als er sagte: "Wir danken für diese Geste der Behörde. Es ist für uns Heimkehrer ein schönes Erlebnis, einmal zusammensein zu können. Wir danken dem Herrn Bürgermeister, daß er uns seine Hilfe zugesagt hat. Wir haben zunächst nur ein Bestreben, als vollwertige Bürger wieder schaffen zu können. Aber eines sagen wir auch: Wir haben vorn Kriege die Nase gestrichen voll. Wir freuen uns jetzt wieder unseres Lebens und wir sehen die Welt nunmehr mit ganz anderen Augen an. Jeder von uns wird sich bemühen am wirtschaftlichem Wiederaufbau unserer Heimat mitzuhelfen. Wir gedenken auch der Kameraden, die jetzt noch in Gefangenschaft verbleiben müssen."

Bürgermeister BAUER hielt folgende Ansprache an die Rußland-Heimkehrer:

Liebe Mitbürger!
Unsere Generation ist vom Schicksal geschlagen und gezeichnet. So deutlich und sichtbar, daß jeder Blick in die Zeitung und jedes Gespräch das veranschaulichen. Jede Zeit hat ihre Schlag- und Modeworte. Sie sind für unsere Tage: Flüchtlinge, Heimatvertriebene, Neubürger, Ausgebombte, Evakuierte, Währungsgeschädigte, Kriegsgeschädigte, Körperbehinderte, Naziopfer usw.

Und ein ganz neuer Begriff wurde erst vor wenigen Wochen - wenn ich mich nicht irre in Bad Neuenahr - geprägt, und der betrifft auch Sie, meine verehrten Gäste - "Spätheimkehrer". Jedes dieser Worte umfaßt eine Summe zerstörten Menschenglücks, vernichteten Wohlstandes, körperlichen Leidens und seelischer Schmerzen, erschütterten Vertrauens, umfaßt Meere von Tränen, Verzweiflungs - und Hoffnungslosigkeit. Aus all diesen Worten ergibt sich die Problemstellung unserer Zeit; alle durch sie bezeichneten Menschengruppen sind irgendwie hilfs- und unterstützungsbedürftig, fordern von der Öffentlichkeit als unschuldige Opfer eines falschen politischen Systems und einer unvernünftigen Weltordnung Hilfe und Wiedergutmachung. Es liegt auf der Hand, daß die vollständige Erfüllung all dieser berechtigten Forderungen einer Generation unmöglich ist.

Sie, meine werten Gäste, habe ich heute hierher gebeten, weil für Sie als sogenannte "Spätheimkehrer" der schreckliche Krieg persönlich am längsten gedauert hat, und weil Sie als Gefangene eines barbarischen Systems persönlich am meisten Leid zu tragen hatten: seelisches und körperliches Leid. Sie sind die 47 Männer, die erst in den letzten etwa 8 Monaten die Heimat wiedersehen durften. Der letzte unter Ihnen ist erst vor zwei oder drei Tagen wieder nach Hause gekommen.

Ich hatte längst das Bedürfnis, Sie einmal ganz offiziell zu empfangen und in der Heimat willkommen zu heißen. Wie anders ist doch Ihre Heimkehr geworden, als Sie alle sie sich einmal gedacht haben mögen.

Schiller beschreibt die Heimkehr der Soldaten aus dem Kriege mit folgenden Versen:

0 schöner Tag, wenn endlich der Soldat
Ins Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,
Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten,
Und heimwärts schlägt der sanfte Friedensmarsch.

Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken
Mit grünem Maien, dem letzten Raub der Felder.
Der Städte Tore gehen auf, von selbst,
Nicht die Petarde braucht sie mehr zu sprengen,

Von Menschen sind die Wälle rings erfüllt,
Von friedlichen, die in die Lüfte grüßen,-
Hell klingt von allen Türmen das Geläut,
Des blutigen Tages frohe Vesper schlagend.

Aus Dörfern und aus Städten wimmelnd strömt
Ein jauchzend Volk, mit hebend emsiger Zudringlichkeit
des Heeres Fortzug hindernd: Da schüttelt, froh des noch erlebten Tags
Dem heimgekehrten Sohn der Greis die Hände.

Bei Ihrer Heimkehr gab es keine Fahnen, keinen Friedensmarsch, kein Glockengeläut,... und so mancher fand weder Heimat, noch Familie wieder und nicht jeder hatte das Glück, von lieben Mutterarmen umfangen zu werden und dem Vater noch einmal die Hand drücken zu können. Ich selbst gehöre auch zu diesen.
Nun sind Sie wieder in der Heimat - sei es auch eine neue. Sie können - wie wir alle - und mit uns allen versuchen, ein neues Leben aufzubauen, ein neues Glück zu zimmern, eine neue Zukunft zu gestalten. -
Überwunden sind die dunklen Tage und Nächte in den russischen Bergwerken, Steinbrüchen, Wäldern und Fabriken. Überwunden ist auch die Trostlosigkeit des "Nur Nummer-seins" hinter Stacheldraht. Sie leben ! - und wo leben ist, ist Hoffnung, wo Hoffnung ist ist auch die innere Kraft vorhanden, die uns befähigt, den Kampf mit dem Leben aufzunehmen.
Unser persönliches Schicksal ist innig verbunden mit dem Schicksal unserer Heimat. Hieraus schöpfen wir - Einzelperson und Gemeinschaft - die Kraft zum Neu- und Wiederaufbau. Indem der eine aus seiner Kraft gibt, hilft er dem anderen ! So wollen wir uns gegenseitig helfen. - Trotz aller Gegensätze ! - In einem wollen wir aber immer einig sein; in der Ablehnung des Krieges. "Der Krieg ist der Ursprung allen Übels" sagt Kant - und wir, die wir in dreissig Jahren 2 Kriege erlebt haben - wissen, daß es so ist.

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