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Bendorfer Bürger im Widerstand und als Opfer der Nazi-Diktatur

von Werner Kutsche


Selten kommt es vor, dass sich die Schicksalslinien von Menschen so sehr kreuzen und verbinden wie bei den ehemaligen Bendorfer Mitbürgern Wilhelm Thönnes,  Dr. Hans Bauer (geb. 1888 - 1947),  Anton (genannt "Toni") Gelhard (geb. 17.02.1899)  und Anton Wilhelm Gelhard (geb. 17.06.1886). Das, was diese vier Männer verband, war der Widerstand gegen das Unrechtsregime des Nationalsozialismus, der sie schließlich gemeinsam in das Konzentrationslager Buchenwald führte.

Hier muss noch ein weiterer Bendorfer Bürger an dieser Stelle genannt werden. Es ist der in einem Beitrag auf dieser HomePage vorgestellte Albert Mölich. Auch er geriet wegen seiner Ablehnung der "Nationalsozialistischen Weltanschauungen" und wegen seiner sozialistischen Grundeinstellung mit den braunen Machthabern in Konflikt. ca. 1937 wurde auch er verhaftet und in ein (mir unbekanntes) KZ eingeliefert, von wo er erst nach seiner Befreiung 1945, durch die alliierten Truppen, wieder freikam.

Nicht zu vergessen ist auch in diesem Zusammenhang Frau Gertrud Roos. Frau Roos ist eine gebürtige Bendorferin und hat fast ihr ganzes Leben in Bendorf verbracht. Sie ist Zeitzeugin der Ereignisse und Entwicklungen der NS-Zeit. Auch Frau Roos ist ein Opfer der Nazidiktatur. Hier in Bendorf wurde sie, als junge Frau, wegen einer unbedachten Äußerung zum Kriegsausgang, von einer vermeintlichen Freundin, denunziert. Frau Roos hatte 1944 lediglich ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht, indem sie sagte: "Ich fürchte, den Krieg verlieren wir." Frau Roos wurde verhaftet, verhört und ins Bendorfer Polizeigefängnis eingeliefert und anschließend ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück verschleppt, wo sie erst wieder nach der Befreiung durch sowjetische Truppen, am 30. April 1945, freikam.

Hier ist schließlich auch Frau Anna Gelhard, der Ehefrau von Anton (Toni) Gelhard zu gedenken, der zwar (zunächst) das KZ. erspart blieb, aber jahrelang Zuchthaus-und später auch KZ-Haft für ihre politische Überzeugung ertragen musste.

Zu diesen drei Bendorfern in Buchenwald stieß im Herbst 1944 noch ein vierter Bendorfer. Der Gutspächter Wilhelm Thönes vom Albrechtshof bei Bendorf. Thönes war Mitglied der Zentrumspartei gewesen und noch im Oktober 1944 den Nazis missliebig aufgefallen. Auch er wurde in "Schutzhaft" genommen und kam ins KZ Buchenwald.

Dr. Hans Bauer, bis 1933 Leiter der Bürgerschule in Bendorf, der Metallarbeiter Anton (Toni) Gelhard aus Mülhofen (ehem. Mülhofener-Hütte) und der Gewerkschaftssekretär Anton Wilhelm Gelhard aus Bendorf waren wenn man es so sagen will, typische Vertreter des politischen Widerstandes. Ihr Widerstand gegen die Nazis begann schon vor der so genannten "Machtergreifung" 1933.

Vor dem aufziehenden Unheil und der Gefahr durch den Nationalsozialismus waren die Gewerkschaften und die SPD keineswegs untätig. Bendorf war durch seine großen Industrieunternehmen im Montanbereich traditionell eine Hochburg der Gewerkschaften und der SPD und KPD. Dr. Hans Bauer, seit ungefähr 1932, und die beiden Gelhard's waren nicht nur Mitglieder der SPD sondern auch im "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold" tätig. Ziel dieses nach den Farben der Weimarer Republik benannten Bundes war es, die Weimarer Republik und die Demokratie zu verteidigen, mitzutragen und ihre Gegner mit deren eigenen Mitteln niederzukämpfen, damit die Republik endlich zu einem Staat der deutschen Republikaner werde. Das Gegenstück bildete etwas später die "Harzburger Front"

Immer wieder gab es große Kundgebungen des Reichsbanners in der hiesigen Region, vor allem in Koblenz. Einer der wichtigen Reichsbanner-Leute war dabei der Bendorfer Gewerkschaftssekretär (Geschäftsstellenleiter) des Metallarbeiterverbandes Ernst Rebber. Als Gegengewicht zu den immer stärker werdenden Rechtsradikalen kam es zur Bildung der "Eisernen Front". In ihr sollten sich gegenüber den "Ultrarechten" die republikanischen Parteien und Gewerkschaften aller Richtungen unbeschadet ihrer verschiedenen Auffassungen in vielen Dingen zum Kampf gegen den Nationalsozialismus und für die Rettung der demokratischen Republik zusammenschließen; jedenfalls war es so gedacht. Dieser Schulterschluss gegen "Rechts" gelang aber nicht. Das Bürgertum und die Beamtenschaft versagte sich diesem Appell und wählte die rechts der von der SPD stehenden Parteien, einschließlich der erzkonservativen Zentrumspartei. Träger der Eisernen Front waren danach neben der SPD nur noch der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) und das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold.

Wie wir wissen, endete dieser Abwehrkampf mit der sogenannten "Machtergreifung" der NSDAP und Ernennung Hitlers zum Reichskanzlers am 30. Januar 1933. Die Folgen waren die Zerschlagung aller freien Gewerkschaften und das Verbot aller demokratischen Parteien. Im Einzelnen sah das so aus:

Am 2. Mai 1933 erfolgte als erstes ein Schlag gegen die Gewerkschaften. Alle Gewerkschaftshäuser wurden von der SA und NSBO (Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation) besetzt; das Vermögen der Gewerkschaften wurde beschlagnahmt, führende Funktionäre wurden in „Schutzhaft“ genommen; was richtig heist: missliebige Personen willkürlich inhaftiert und in "wilde" Konzentrationslager verschleppt; z.B. im neu eingerichteten Lager Osthofen).

Dann erfolgte am 22. Juni 1933 das Verbot der SPD wegen angeblichen Landes- und Hochverrats. Das Parteivermögen wurde eingezogen.
14. Juli 1933: Alle Parteien außer der NSDAP wurden verboten oder hatten sich selbst aufgelöst. Die Neugründung und der Fortbestand anderer Parteien wurde unter Strafe gestellt.
Ende Juli 1933 befanden sich in ganz Deutschland mehr als 26.000 Menschen in "Schutzhaft"; in der Mehrzahl waren es Politiker der KPD und SPD sowie eine Reihe führender Gewerkschaftler.

Wer in diesen Tagen des Terrors durch die NSDAP irgendwie die Möglichkeit hatte, den Repressalien zu entfliehen, versuchte sich durch die Flucht zu entziehen.. Zum Beispiel: Otto Wels, Erich Ollenhauer und der junge Willy Brand emigrieren ins Ausland und wurden dafür von den Nazis ausgebürgert. So wurde auch der Gewerkschaftssekretär und aktive Funktionär in der "Eisernernen Front" Rebber von den Nazis, per Haftbefehl gesucht. Dieser aber emigrierte rechtzeitig in das, noch unter dem Mandat des Völkerbundes stehende ( zu deutsch: von den Franzosen besetzte ), Saargebiet. Hier war er vor den Nachstellungen der Nazi-Schergen sicher. Hier im Saargebiet schloss sich Rebber einer Gruppe sozialdemokratischer Widerständler an. Mit der Herstellung von Druckschriften und deren Verbreitung im Reichsgebiet versuchte man die deutsche Bevölkerung über den wahren Charakter der NSDAP aufzukären und zum Widerstand gegen Hitler zu ermuntern.

Einer der Kontaktleute, der die Verbindung zu dieser Emigrantenguppe aufrecht hielt war Dr. Hans Bauer. Als eifriger Briefmarkensammler hatte er rege Briefkontakte, auch zu seiner alten Heimat. Er war geborener Elsässer. Da er seit 1928 ohne eine Anstellung im Schuldienst war und seit 1933, auf Druck der Bürgerlichen Parteien im Stadtrat - noch vor der "Machtergreifung", sogar aus Schuldienst entfernt wurde unternahm er mit dem Fahrrad größere Fahrten, u. a. in das Saargebiet, und traf dort politische Emigranten, so nauch den, ihm bekannten, früheren Bendorfer Gewerkschaftssekretär Ernst Rebber.

Rebber war mit Anton Wilhelm Gelhard, ebenfalls Bendorfer Gewerkschaftssekretär und SPD-Stadtrat; befreundet und stand heimlich mit ihm in brieflichem Kontakt und erwähnte Dr. Bauer in sehr ungeschickter Weise in einem seiner Briefe. Bei einer seiner Fahradtouren ins Saarland wurde Bauer von der deutschen Polizei gestellt und durchsucht. Man fand Nazi-feindliches Propagandamaterial und Briefe bei ihm. Die Ermittler erkannten leicht, wer mit der Abkürzung "Br." gemeint war. Auch die anderen Verschlüsselungen wurden von den Ermittlungsbehörden schnell aufgelöst; Anton Wilhelm Gelhard sowie Anton (Toni) Gelhard und seine Frau wurden verhaftet. Bei Hausdurchsuchungen fand man sozialistische Flugblätter und Klebezettel. Rebber rechnete wohl, da er seine für Bendorf bestimmten Briefe in der Pfalz aufgeben ließ, nicht damit, dass diese kontrolliert würden.

Als bei Hans Bauer die Adresse Rebbers gefunden wurde, half es ihm nicht mehr, dass er behauptete, er habe seine im Elsass wohnenden Eltern besuchen wollen und dafür die Hilfe Rebbers in Anspruch genommen, aber keine illegalen Verbindungen angeknüpft. Dr. Hans Bauer und die Gelhard's wurden angeklagt und am 18. Dezember 1935 wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" vom Oberlandesgericht Hamm, der für solche Fälle eigens eingerichteten, auch für unsere Gegend zuständigen Instanz, verurteilt, Anton Wilhelm Gelhard zu zwei Jahren sechs Monaten Zuchthaus, Dr. Hans Bauer zu zwei Jahren sechs Monaten, Anton (Toni) Gelhard zu zwei Jahren vier Monaten Zuchthaus seine Frau Anna zu sechs Monaten Gefängnis.

Nach Verbüßung der Gefängnis- bzw. Zuchthausstrafen wurden Dr. Hans Bauer und Anton Wilhelm Gelhard direkt in "Schutzhaft" genommen und in das Gestapo-Gefängnis in Koblenz gebracht. Von hier führt die Spur in das Konzentrationslager Buchenwald.

Frau Anna Gelhard wurde später erneut verhaftet und wurde in das Frauenkonzentrationslager Mohringen verschleppt.

Anton (Toni) Gelhard hatte wegen "Hochverrat" zwei Jahre und sechs Monate Zuchthaus verbüßt und wurde im Anschluss daran auch noch ins KZ Dachau in sogenannte "Schutzhaft" genommen.

Nach seiner Entlassung - Gelhard wohnte in Bendorf-Mülhofen - brachte dieser Mann an seinem Arbeitsplatz in der Schwemmsteinfabrik Frankfurt/Main GmbH hier in Mülhofen, wo man ihn zwangsweise hin versetzt hatte, noch den Willen und die Kraft zum weiteren Widerstand auf. In Anwesenheit von ausländischen Zwangsarbeitern drohte er - so der Bericht der Gestapo Koblenz - dem NS-Betriebsleiter (Anm.:)  tätlich und äußerte sich zu einem Betriebsappell wie folgt: "Hört auf mit Eurem Mist da oben und lasst die Leute arbeiten." Als einziger Arbeiter nahm er dann an dem anschließenden Betriebsappell nicht teil. Daraufhin wurde Toni Gelhard verhaftet und kam zunächst vier Wochen lang in Schutzhaft. Nach seiner Entlassung und Rückkehr zum Arbeitsplatz nahm man ihn erneut in "Schutzhaft" und verschleppte ihn ins KZ Buchenwald. Dort wurde er am 11. April 1945 mit Hans Bauer, Anton Wilhelm Gelhard aus Bendorf, Wilhelm Thönes und vielen tausend anderen Häftlingen befreit. Dann schwor er mit ihnen das "Manifest der demokratischen Sozialisten des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald"

Auch die beiden Frauen, Anna Gelhard und Gertrud Roos sowie Albert Mölich haben überlebt - Gott sei Dank - und kamen nach der Befreiung der KZ-Insassen durch die Alliierten Truppen frei.

Wenn auch alle gesundheitlich stark angegriffen waren, haben sie doch den Weg zurüch zur Heimat gefunden und ein neues Leben begonnen.

Das berühmte "Manifest der demokratischen Sozialisten des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald", zwei Tage nach der Befreiung veröffentlicht, trägt die Namen Dr. Hans Bauer, Anton (Wilhelm) Gelhard (I.) und Anton (Toni) Gelhard (II:), alle mit dem Zusatz "Bendorf/Rhein". In dem Manifest zeigen die Unterzeichner auf, was ihnen Kraft zum Durchhalten und Motivation für einen Neuanfang gab:
"Wir haben Gefängnis, Zuchthaus und Konzentrationslager ertragen, weil wir glaubten, auch unter der Diktatur für die Gedanken und Ziele des Sozialismus und für die Erhaltung des Friedens arbeiten zu müssen. In Zuchthaus und Konzentrationslager setzten wir trotz täglicher Bedrohung mit einem elenden Tode unsere konspirative Tätigkeit fort. Durch diesen Kampf ist es uns vergönnt gewesen, menschliche, moralische und geistige Erfahrungen zu sammeln, wie sie in normalen Lebensformen unmöglich sind. Vor dem Schattengesicht der Blutzeugen unserer Weltanschauung, die durch die hitleristischen Henker gestorben sind, wie auch in besonderer Verantwortung für die Zukunft unserer Kinder halten wir uns deshalb für berechtigt und verpflichtet, dem deutschen Volke zu sagen, welche Maßnahmen wichtig sind, um Deutschland aus diesem geschichtlich beispiellosen Zusammenbruch zu retten und ihm wieder Achtung und Vertrauen im Rate der Nationen zu verschaffen."

Bürgermeister Hajo Stuhlträger sagte über sie vor einigen Jahren in einer Gedenkstunde des Stadtrates von Bendorf, Dr. Bauer und die anderen Bendorfer KZ-Opfer hätten geholfen, "durch ihren Widerstand gegen die Barbarei den Glauben an ein anderes Deutschland aufrecht zu erhalten und die Rückkehr unseres Landes zur Achtung der Menschenrechte, zur Demokratie zu ermöglichen".



Anmerkung:
NS-Betriebsleiter waren in den größeren Betrieben von der NSDAP,
den Geschäftsführungen begegebene politische Aufpasser,
die faktisch das Sagen in den Betrieben hatten






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