Das Bendorfer Hedwig -
Dransfeld - Haus
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Der ehrenamtliche Vorstand des HDH schrieb am 26. Januar 1981 an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hedwig - Dransfeld - Hauses:
" Sehr geehrte, liebe Mitarbeiter, Frau Debray hat dem Vorstand mitgeteilt, dass sie der Bitte des Herrn Bischof Dr. Stein, ihre Amtszeit bis zur Einstellung einer neuen Leiterin zu verlängern, nicht entsprechen kann. Sie hat nach bereits erfolgter Verlängerung ihr Amt zum 31.01.1981 niedergelegt. Der Vorstand hat diese Entscheidung akzeptiert. Auf Frau Debrays ausdrücklichen Wunsch hin wird die Verabschiedung nicht während der E. V. - Vollversammlung, sondern zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Es besteht die begründete Aussicht, die Stelle der Leiterin zum 1. Mai 1981 zu besetzen. Bis zum Amtsantritt der neuen Leiterin wird Herrn Kittlauß in seiner Eigenschaft als Stellvertreter die Gesamtverantwortung im Haus übertragen. Die Repräsentanz nimmt der Vorstand war. Wir bitten Sie, die Zeit des Übergangs durch Ihre qualifizierte Mitarbeit - wie bisher auch - zu ermöglichen".
Eigentlich war es ein ganz normaler Vorgang, dass jemand nach mehr als 30 Jahren die Leitungsverantwortung abgibt, und doch verbarg sich hinter diesen kurzen Sätzen des Vorstandsschreibens eine enorme Dramatik.
In den Jahren nach 1970 war das HDH in eine zunehmende Krise geraten, die sich sowohl in enormen wirtschaftlichen Schwierigkeiten wie auch in ständigen internen Auseinandersetzungen äußerte. Anneliese Debray setzte all ihr Können ein, um auch diese Krise zu meistern. Sie verzichtete als Rentnerin auf ihr eigenes Gehalt, stellte dringende Reparaturen und Ersatzinvestitionen zurück und strich fällige Tarifanpassungen; sie schickte Bettelbriefe rund um die Welt und führte viele Gespräche, um für das HDH finanzstarke Partner zu finden bzw. eine neue Trägerstruktur aufzubauen. Aber alle Versuche scheiterten. "Was soll ich denn noch alles tun?", mit dieser von ihr oft geäußerten Frage offenbarte Anneliese Debray ihre ganze Not. Mit heutigem Abstand wird man sagen müssen: Anneliese Debray konnte die Krise nicht mehr auffangen und teilte das Schicksal vieler großer Persönlichkeiten, die sich irgendwann selbst überleben und den Zeitpunkt ihres Zurücktretens nicht mehr bestimmen können. Deshalb musste es zu einem grundsätzlichen Konflikt kommen. Frau Dr. Charlotte Schiffler, Ehrenvorsitzende des Vorstands, berichtete später:
"Anneliese (Debray) war nach Trier zur Bistumsverwaltung
gefahren, um neue Lösungen zu besprechen. Stattdessen erfuhr sie eine
Abfuhr. Dies hat sie so deprimiert, dass sie sich nach Rückkehr sogleich
hinsetzte und ihren Rücktritt einreichte. Der Vorstand hatte keine andere
Wahl, als ihren Rücktritt anzunehmen."
(Tonband - Bericht).
Frau Debray fühlte sich verletzt und verbittert. Durch Reisen
in die DDR, nach Russland, Polen, Ägypten, Frankreich und vor allem nach
Israel versuchte sie in der Folgezeit ihren Lebenssinn zu bewahren. Für
viele Freunde und Freundinnen des HDH entstand eine komplizierte Situation: sie
fühlten sich mit dem HDH verbunden und wollten doch auch Anneliese Debray
die Freundschaft bewahren. Für Anneliese Debray wurde die Situation noch
schwieriger, als sich durch die Haupthaussanierung das HDH in seiner baulichen
Altsubstanz so veränderte, dass sogar "ihr geliebtes Büro"
verschwand. Aber in dem HDH - Gedenkheft von 1987 konnte Dieter Kittlauß
schreiben:
"Als Anneliese Debray 1981 die Leitungsverantwortung abgab,
fehlte ihr zunächst die Kraft, diese Entscheidung innerlich
nachzuvollziehen. Es spricht für Anneliese Debray, dass sie sich zu der
Geschichte des HDH nach ihr' zu einem unbedingten Ja durchrang und ihren
Segen sprach. So war sie vorbereitet auf den lebendigen Gott".
Mit einer großen symbolischen Geste schenkte Anneliese
Debray Dieter Kittlauß bei der Mitgliederversammlung des HDH - Vereins
1984 eine Engelkeramik von Eugen Keller, ihres Künstlerfreundes aus
Höhr - Grenzhausen. Als Anneliese Debray 1985 plötzlich in Hamburg
starb, beendete sie ihr Leben in beispielhafter Versöhnung. In seinem
Nachruf schrieb Peter Lindemann in der Bendorfer Zeitung:
"Bezeichnend
für den Menschen Debray mag auch dieses sein: noch im vergangenen Jahr
steuerte die über 70jährige einen bis zum Rand' mit
Hilfsgütern beladenen Personenwagen eigenhändig und allein nach
Polen. Die Grenzbeamten konnten es kaum begreifen - wie überhaupt so
manches im Leben der großen Frau unbegreiflich, weil so großartig
war."
Die Nachfolgefrage in der Gesamtverantwortung war ein großes Problem. Formal gesehen war der Rechtsträger des HDH ein gemeinnütziger eingeschriebener Verein und dessen gewählter Vorstand hatte nach der Satzung die Verantwortung. De facto aber war in der Vergangenheit immer Anneliese Debray Motor und Mitte des HDH gewesen. Es wirkte sich auch erschwerend aus, dass der Trägerverein mit seinen ganz normalen Vereinsstrukturen (wie ein Kegelverein oder ein Tanzclub) im Laufe der Jahre zum Träger eines mittelständischen Betriebes geworden war. Dieter Kittlauß, der 1976 auf Drängen des Freundeskreises als Direktionsassistent an die Seite von Anneliese Debray gestellt worden war, kam zur damaligen Zeit als Nachfolger von Anneliese Debray nicht infrage, denn er war ein Mann und dazu noch verheirateter katholischer Priester. Das Erstere war für das HDH wegen der Frauentradition nicht denkbar - das Letztere aus kircheninternen Gründen für das Bistum Trier nicht akzeptabel. Das HDH war zwar keine kirchliche Institution, aber stand auf Grund seiner Geschichte und seines Anspruches als katholisches Haus im kirchennahen Raum, außerdem war der Bischof von Trier Mitglied des Vereins und entsandte satzungsgemäß einen Vertreter in den Vorstand. Mit dem Trierer Dompropst und Finanzchef des Generalvikariates, Domkapitular Peter Faber, war diese Vertretung sogar sehr hochrangig besetzt. Der Vorstand musste nun durch den plötzlichen Rücktritt von Anneliese Debray schnell reagieren und die Leitungsverantwortung vor Ort neu ordnen. So wurde ein Provisorium geschaffen: Dieter Kittlauß wurde die kommissarische Leitung übertragen, die Außenvertretung und alle wichtigen Entscheidungen behielt sich jedoch der Vorstand vor. Eine neue Leiterin, die noch gar nicht in Sicht war, wurde gewissermaßen "aus dem Hut gezaubert", um dem ganzen Vorgang den Eindruck einer kurzfristigen Lösung zu geben und Zeit zu gewinnen.
hier weitere Fotos:
Festakt zum 70. Geburtstag von Anneliese Debray
Grußwort durch Renate Irskens
Der Vorstand des HDH e.V. im Jahre 1981
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