Das Bendorfer Hedwig -
Dransfeld - Haus
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Am 25. Mai 1963 wurde Bendorf für einige Stunden zum Mittelpunkt der deutschen Öffentlichkeit. Anlass war die Einweihung des neu erbauten Müttererholungsheimes auf den Namen "Gussie - Adenauer - Haus", der zweiten und bereits verstorbenen Frau von Konrad Adenauer. Neben dem Bundeskanzler waren der Ministerpräsident von Rheinland - Pfalz, der Präsident der Bezirksregierung Koblenz, der Bischof von Trier und der Abt von Maria Laach erschienen, dazu hochrangige Gäste aus sozialen Einrichtungen, aus der Politik und dem gesellschaftlichen Leben aus der ganzen Bundesrepublik.
Das neue Haus mit Einzelzimmern und einer physiotherapeutischen Abteilung ermöglichte die zielstrebige Anpassung der traditionellen Müttererholung an die therapeutischen Grundsätze des Kurwesens. Hier hatte Anneliese Debray einen erstaunlichen Weitblick. Dieter Kittlauß übernahm mit der kommissarischen Leitung dieses Erbe und fand in der Kurleiterin Maria Baldus, Sozialarbeiterin und Eheberaterin, eine überaus qualifizierte und engagierte Partnerin. Das Kurheim wurde Mitglied im Verband Deutscher Badebetriebe und spielte in den Gremien des Deutschen Müttergenesungswerkes eine wichtige Rolle. Es wurde das Konzept einer kurzzeitigen Vierwochentherapie für Frauen mit psychosomatischen Störungen und tiefgehenden Erschöpfungszuständen entwickelt. Psychotherapeutische Behandlung, psychologische Beratung und physiotherapeutische Anwendungen standen gleichwertig neben einer Ganzheitstherapie, die gesunde Ernährung, Naturerleben, künstlerisches Gestalten und Freizeitgestaltung umfasste. Das Gussie - Adenauer - Haus, der Name Müttererholungsheim' wurde schrittweise durch den Fachbegriff Mütterkurheim' ersetzt, bekam in den Kreisen der Kurvermittlung einen exzellenten Ruf. Mit Rücksicht auf die ganz unterschiedlichen Sozialisationen der Frauen wurde mit der Vermittlung religiöser Werte bewusst sehr behutsam umgegangen. Jeder Anschein von Missionierung oder kirchlich - religiöser Beeinflussung sollte vermieden werden. Entwickelt wurde auch das Konzept von so genannten "Schwerpunktkuren" für Mütter mit behinderten Töchtern und Söhnen. Die weitläufige Struktur des HDH gestattete die erforderliche Distanz von Müttern und Kindern, ohne dass das Nähegefühl verloren ging. Initiiert und entwickelt wurde die Fortbildung für Mitarbeiterinnen in der Kurvermittlung. Im Rahmen der vorhandenen Kräfte erfolgte auch die Kurnacharbeit. Typisch für die Bendorfer Kurarbeit war das Nebeneinander von Generationen und die persönliche Ansprache der einzelnen Frauen, die familiäre Atmosphäre und die gewährten Freiheitsräume für jüngere Frauen.
Dennoch kam die Müttergenesung, eine einmalige soziale Einrichtung in Europa, bereits in den 80er Jahren in die Krise. Hintergrund war die gesellschaftliche Ablehnung der hauptberuflichen Familienmutter und die exklusive Betonung von Berufstätigkeit und beruflicher Weiterbildung. Dazu kamen die wirtschaftlichen Krisen, die sich naturgemäß zunächst im Sozialwesen niederschlugen. Belegungsrückgang und Finanzierungsschwierigkeiten waren die zwangsläufigen Begleiterscheinungen. In dieser Situation wurden die Forderungen auf bessere Finanzierung der Mütterkuren durch die Krankenkassen lautstarker. Diese neue Akzentuierung der traditionellen Müttererholungskuren erforderte ein qualifiziertes Team. Neben Maria Baldus (Sozialarbeiterin und Eheberaterin), Dr. Stefan Hoblea (Psychologe mit dem Schwerpunkt Depression und weibliche Sexualität), Edith Müngersdorf (Heilpädagogin), Christa Schmitt - Meiser gab es einen größeren Kreis von haupt-, neben- und ehrenamtlichen Fachkräften.
Eine besondere Sorge und von den Krankenkassen ständig moniert, war die Ausstattung des Kurheims. Im Bettentrakt entsprachen die Gemeinschaftssanitäranlagen nicht mehr den Anforderungen. Die physiotherapeutische Abteilung war zu klein. Es fehlten Räume für Therapie, Beratung und Verwaltung. Das gesamte Haus war abgewohnt. Dass trotz der allgemeinen Kurkrise die bauliche Sanierung des Kurheimes mutig angegangen wurde und auch gelang, wirkt aus heutiger Sicht immer noch wie ein Wunder. Dieter Kittlauß erinnert sich: "Seitens der Bundesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Müttergenesung wurden 100.000 DM an Bundeszuschüssen für Toilettensanierung in Aussicht gestellt, sofern diese kurzfristig abgerufen werden könnten. Also nahm ich mit dem Dompropst Farber Kontakt auf, denn der war der einzige, der finanziell helfen konnte und bat um einen Termin Der Dompropst bestellte mich nach Andernach, wo er gerade einen Haushalt zugunsten des Trierer Doms auflöste. Als ich nach Andernach kam, stand Peter Faber mit seiner ganzen Körperfülle vor einem riesigen Möbelwagen und forderte mich auf, zunächst einmal mich beim Herausholen der Möbel zu beteiligen. Anschließend musste ich mich neben ihn in sein Auto setzen (dem Fahrer hatte er frei gegeben) und mein Anliegen erzählen .Ohne Zögern sagte der Dompropst Peter Faber zu, sich beim Bistum für 100.000 DM Zuschuss einzusetzen."
Daraus wurde dann innerhalb kurzer Zeit das Projekt einer Erweiterungssanierung. Es war ein gigantisches Vorhaben: Finanzierung, Bauplanung und logistische Aufgaben für die Baudurchführung, Qualitätssicherung der laufenden Arbeit, Einhaltung der Bauzeit und Sicherung der Eigenleistungen.
Die Finanzierung der Baukosten wurde auf über 5 Millionen DM veranschlagt. Für die Finanzkraft des HDH eine astronomische Zahl. Zunächst wurde über die katholische Arbeitsgemeinschaft für Müttererholung und das Deutsche Müttergenesungswerk eine Planungszusage über 1.5 Millionen DM erreicht, bei der Konkurrenzdichte innerhalb der Mütterkurhäuser der verschiedenen Trägergruppierungen bereits ein großer Erfolg. Aber da es sich um Bundesmittel handelte, war bis zur Bewilligung noch ein weiter Weg durch die Instanzen: Bundestag, Familienministerium in Bonn, Sozialministerium in Mainz, Bezirksregierung in Koblenz, Bundesbauministerium, Oberfinanzdirektion und das Landesbauamt Koblenz - Süd waren die Hauptstationen. Im Frühjahr 1988 fand im Büro von Dieter Kittlauß ein erstes Gespräch mit Vertretern der OFD und des Landesbauamtes statt. Dieter Kittlauß erinnert sich: "Wir wollten im September 1988 mit dem Bau beginnen und hatten die erste Kur nach der Sanierung für den 16. Oktober 1989 terminiert. Reaktion des Herren von der OFD: Vor den Sommerferien läuft bei uns überhaupt nichts. Dem schloss sich der Herr vom Landesbauamt mit der Feststellung an, dass er für 6 Monate völlig ausgebucht sei."
Dennoch geschah das Wunder. Die staatlichen Stellen schlossen sich dem Tempo an, das seitens des HDH vorgelegt wurde. Die Bundesmittel wurden bewilligt und die Genehmigung zum vorzeitigen Baubeginn gegeben. Nicht ganz so schwierig war es mit den übrigen Zuschussgebern. Die Aktion Sorgenkind bewilligte einen Zuschuss von 600. 000 DM und das Land Rheinland - Pfalz 300.000 DM. Beide Zuschüsse waren eine ausdrückliche Anerkennung der so überaus erfolgreichen Kurarbeit mit psychosomatisch belasteten Frauen. Unter großen Anstrengungen bewilligte das Bistum Trier schließlich 1 Million DM. Die restlichen 2 Millionen DM wurden durch Darlehen, Spendenaktionen, Eigenarbeiten und Eigenleistungen erbracht.
Die Bauplanung sah Entkernung, Totalsanierung und Erweiterung des Bettenhauses, Neuerstellung der physiotherapeutischen und medizinischen Abteilung, Neubau des Verwaltungstraktes mit Büros, Meditationsraum und Sprechzimmern für das psychotherapeutische Fachpersonal vor. In Eigenleistungen sollte der vorhandene Altbau modernisiert und neu möbliert werden. Bei dem Konzept wurde die Möglichkeit eines zu späterer Zeit eventuellen Sanatoriums im Auge behalten.
Die logistische Vorbereitung der Bauzeit erschien zunächst als nicht lösbar. Als freier und damit für seine Finanzen selbst verantwortlicher Träger hätte aber eine Schließung des Kurbetriebes für ein Jahr den finanziellen Kollaps bedeutet. Da Normalkuren für Frauen auf Grund der räumlichen Bedingungen nicht infrage kamen, wurde als Ausweichkonzept die Durchführung von Mutter - Kind - Kuren im unteren Bereich parallel zum Bildungsbetrieb angegangen, Dies war leichter gesagt als getan. Das HDH war kein anerkanntes Mutter - Kind - Kurheim. Eigentlich fehlten im HDH alle Voraussetzungen, die bereits damals für Mutter - Kind - Kuren selbstverständlich waren. Dazu kamen die schlechten klimatischen Verhältnisse in den Wintermonaten. Es mussten auch für diese Zeit ein eigenes Team für die qualifizierte Betreuung geschaffen und finanziert, die vorhandene Bar im Keller des Haupthauses zur provisorischen Badeabteilung umgebaut und Räume für die Gesprächstherapie erstellt werden. Die Mahlzeiten mussten so organisiert werden, dass im zentralen Speisesaal des Hildegardhauses in zwei Schichten gegessen werden konnte, um so für die Kurarbeit wenigstens beim Essen einen geschützten Raum zu schaffen. Es war ein abenteuerliches Unterfangen. Bei der geringsten Kontrolle wäre das HDH geschlossen worden und der Staatsanwalt im Haus erschienen. Dieter Kittlauß berichtete: "Ich wäre ins Gefängnis gegangen wäre, wenn etwas schief gegangen wäre. Der Vorstand und die Mitarbeiter hielten nur so lange zu mir, wie ich Erfolg hatte, und es keine äußeren Probleme gab. Dies war mir sehr wohl bewusst."
Wesentlich schwieriger als vorhersehbar war die Aufgabe, Mütter und Kinder zufrieden zu stellen, die in keiner Weise ausreichenden Bedingungen durch Betreuung und Gesamtatmosphäre aufzufangen und die Lärmbelästigung des Kurbetriebes durch die Bildungsarbeit abzufedern. Auch die Anforderungen an die Bildungsarbeit waren beträchtlich. Es war manchmal wie die Quadratur des Kreises, ständig Rücksicht auf den Kurbetrieb nehmen zu müssen.
Das Jahr wurde überstanden, allerdings nicht nur erfolgreich. Es gab auch viele Konflikte. So war einmal die HDH - Referentin Ute Stamm in eine solche Auseinandersetzung mit unzufriedenen Müttern gekommen, dass sie an der Abschiedsfeier der Kurgruppe nicht teilnehmen konnte.
Insgesamt brachten alle MitarbeiterInnen eine enorme Leistung und beteiligten sich neben der alltäglichen Arbeit beim Schutträumen und Saubermachen auf der Baustelle. Die exakte Einhaltung der Bauzeit war eine ständige Zitterpartie. Dies begann mit der Bauaussprache und der Bauvergabe nach VOB. Dann zwang ein früherer Wintereinbruch zu einer längeren Pause. Doch der Architekt, Dietrich Zillinger, und seine Mitarbeiterin blieben absolut in der Termineinhaltung. Planmäßig am 16 Oktober 1989 begrüßte Vorstandsmitglied Klaus Messing die angereisten Teilnehmerinnen zur ersten Kur im neuen Haus mit einer roten Rose.
Nun muss noch von einer mehr als abenteuerlichen Geschichte erzählt werden, gemeint ist die Sanierung der ehemaligen Jugendherberge. Dieses historische Haus, in das vor 1933 ganze Scharen junger Mädchen aus dem ganzen Deutschen Reich gekommen waren, hatte nach 1945 wieder als Schlafhaus für Jugendliche gedient. Nach dem Ausbau des Annenhauses war die Jugendherberge für längere Zeit Wohnung für die Familie Kühn, später für Flüchtlingsfamilien. Eigentlich war nun das Haus abrissreif. Durch die geplante Sanierung des Mütterkurheims entstand aber neuer Bedarf, denn zur Erweiterung der Kapazität während der Bauzeit musste zunächst die Jugendherberge saniert werden. Mit hausgemachten Plänen und weitgehend in Eigenleistung wurde das Haus 1985 bis 1988 ausgeräumt und entkernt. Die gesamte HWL -Installation und die Fenster wurden erneuert, ein eigner Gruppenraum angebaut, die Zugangsstufen und die Dächer repariert. Um an die Baustelle das erforderliche Material heranfahren zu können, wurde ein eigener Fahrweg über den Berg geschaffen. Zum Schluss wurden die ausgebauten Möbel aus dem Kurheim eingebaut. Fenster, Heizung und Außenputz führten Firmen durch, alle anderen Arbeiten übernahm ein Team aus Mitarbeitern, ZDL's, Asylbewerbern und Studenten aus Polen. Dem damaligen Hausmeister, Hans Faust, gebührte besonderer Dank
hier weitere Fotos
Sanierung Großbaustelle " Gussie - Adenauer - Haus"
Der neue Eingangstrakt
Auferstehung der Jugendherberge
Der neue Eingang des Kurhauses
Schnappschuss von der Einweihungsfeier am 11.11.1989
Maria Baldus - Cohen Or
Schnappschuss: Ane-Maria Reiff und Edith Müngersdorf Porträt:
Kurärztin Frau Dr. Ruth mit Frau Maria Marx
Sophie Rhodenstein erhält die Landesverdienstmedaille
Karneval im Mütterkurheim
Ganzheitliche Genesung
Kurzentrum für Frauen "Gussie-Adenauer-Haus" in Bendorf am Rhein
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