Konflikt, Kontinuität und Neuanfang :
Das Bendorfer Hedwig - Dransfeld - Haus
in den Jahren von 1980 bis 1996

Von Dieter Kittlauß


Zur Einführung und Vertiefung der Geschichte des Hedwig - Dransfeld - Hauses in Bendorf sei auf früher veröffentlichte Beiträge des Autors verwiesen:

Von der Villa Sayn - zum Hedwig-Dransfeld-Haus in Bendorf am Rhein
Die Kapelle des Hedwig-Dransfeld-Hauses in Bendorf am Rhein
Dr. Charlotte (Lotte) Schiffler
In Erinnerung an Anneliese Debray


Dieser Beitrag ist in mehrere Themenbereiche aufgegliedert und setzt zeitlich bei dem Rücktritt von Anneliese Debray als Direktorin des Hedwig - Dransfeld - Hauses an.

Die für diesen Beitrag ausgewählten Fotos sind auch auf einer eigens angelegten Foto-Liste einzeln abzurufen.
alle im Text gezeigten kleine Fotos sind als kommentierte Großfotos abrufbar


1981 - 1984: Mehr als ein Wunder - die Sanierung des Altbaubestandes bei laufendem Betrieb

Im HDH war der traditionelle Altbaubestand zum Alptraum geworden. Viele Zimmer waren kaum noch zu belegen, die Treppenhäuser entsprachen nicht den gesetzlichen Vorschriften des Brandschutzes, die hygienischen Anlagen waren völlig unzureichend, die technischen Anlagen für Heizung, Wasser und Strom veraltet und störanfällig. Das alte Schweizerhaus (Gartenhaus) der Familie Remy zeigte Einsturzerscheinungen. Dementsprechend gab es viele behördliche Auflagen, die ständig nur mit dem Hinweis auf die bevorstehende Sanierung hinausgeschoben wurden.

Aber für ein Sanierungsprogramm war die Problemliste lang:

  • Welche Planungsvorgaben sind an eine Sanierung anzulegen?
  • Wie ist die Finanzierung von mehreren Millionen DM denkbar?
  • Wie kann trotz einer mehrjährigen Bauzeit die laufende Arbeit gesichert werden?
  • Kann das Gartenhaus überhaupt erhalten werden?
  • Wie sollen die Bauabschnitte geplant werden?
  • Wie können die verlorenen Baukosten aus den vergangenen Jahren aufgefangen werden?
  • Welche Konsequenzen für das Baugeschehen ergeben sich aufgrund der ungeklärten Leitungsfrage
  • Ist eine Altbausanierung überhaupt sinnvoll?
    Sollte nicht alles abgerissen werden? oder das HDH aufgelöst werden?
  • Wie ist die normalerweise bei 20% liegende Bauplanungskostenüberschreitung aufzufangen?

Glücklicherweise konnte mit Klaus Richter aus Neuwied ein Architekt gewonnen werden, der sich sehr einfühlsam in die ungeklärte Situation einbrachte. Es war sicherlich eine historische Situation als sich Architekt, kommissarischer Leiter und Vorstand in dem klapprigen HDH - VW - Minibus nach Trier auf den Weg machten und dann infolge Motorschadens die letzte Strecke trampend zurücklegen mussten, um in der Bauabteilung des Generalvikariats Trier grünes Licht für das abgesteckte Sanierungskonzept zu erhalten: Neubau von Küche und Speisesaal auf der "grünen Wiese" gegenüber dem alten Haupthaus, behindertenfreundliche Sanierung von Haupthaus und Annenhaus, Erweiterung der Wohnung für den HDH - Leiter und seine Familie, Sanierung des Gartenhauses. Das Parkplatzproblem war glücklicherweise schon 1979 durch die Erweiterung des vorhandenen Parkplatzes gelöst. Die Haupthaussanierung stellte für den laufenden Betrieb viele logistische Probleme. Büros und Akten mussten ständig verlagert werden. Zur Sicherung der internationalen Sommerseminare wurde auf der Apfelwiese (neben dem jüdischen Friedhof) ein provisorischer Zeltplatz eingerichtet. Die bei der "Petersberg - Auktion" ersteigerten Möbel mussten Stück für Stück deponiert, bearbeitet oder beseitigt werden. Die Entsorgung der Altmöbel auf den Dachböden und in den Zimmern machte besondere Probleme. Der Zugang zur Kapelle musste sechsmal verändert werden. Für den pensionierten Hausmeister des HDH, Hermann Wolkenhaar, war es sicherlich ein besonders herber Schmerz, dass das von ihm in seiner Freizeit erst kürzlich geschaffene Schachbrett vor dem Haupthaus beseitigt werden musste.

Spendenaktionen für die Haupthaus - Sanierung

Am schwierigsten war die Finanzierung: 4,8 Millionen DM waren voraussichtlich aufzubringen - dazu die Verluste durch Belegungsausfall. Das HDH als freier Träger hatte weder gegenüber der öffentlichen Hand noch gegenüber dem Bistum Trier irgendwelche Rechtsansprüche auf finanzielle Stützung der Baukosten ganz zu schweigen von einer Kostenübernahme. In mühsamsten Verhandlungen arrangierte Dieter Kittlauß eine Mischfinanzierung aus freiwilligen Leistungen, Krediten und Eigenmitteln. Wie schwierig dies war, lässt sich am Beispiel der Landeszuwendung erläutern. Bei den ersten Abstimmungen hatte das Land Rheinland - Pfalz eine Subvention von 750.000 DM in Aussicht gestellt. Bei der Erstellung des Doppelhaushaltes wurde diese Mittelzusage zurückgezogen und dies per einfachen Brief mit dem Ausdruck des Bedauerns dem HDH mitgeteilt. Es bedurfte vieler und zäher Verhandlungen, dass es dann doch gelang, 300.000 DM aus anderen Haushaltsmitteln bereit zu stellen, allerdings auf zwei Doppelhaushalte gestreckt, so dass eine Zwischenfinanzierung unumgänglich war. Unkompliziert waren die Verhandlungen mit der (damaligen) Aktion Sorgenkind. Hier stießen die Pläne einer behindertenfreundlichen Sanierung eines Altbaus in Berg - Hang - Lage auf großes Interesse und wurden mit der Maximalförderung von 750.000 DM belohnt. Relativ unkompliziert war auch die Bezuschussung durch den Bundesjugendplan in Höhe von 400.000 DM. Die Restmittel wurden durch Bankkredite, Grundstücksverkauf und Spendenaktionen aufgebracht. Das Bistum Trier beteiligte sich letztlich doch mit 782.000 DM und sicherte die Liquidität durch zinsgünstige Darlehen.

Deprimierend waren die durch die Finanzierungslücken erforderlichen Kompromisse. So konnten die Dachrinnen des Haupthauses und der Kapelle nicht erneuert werden, es musste auf Nasszellen und sogar in Einzelfällen auf Waschbecken verzichtet werden und die Neumöbilierung konnte nur teilweise geschehen. Der neue Aufzug im Haupthaus wurde nur bis zum zweiten Stock geführt und die gesamte Außengestaltung erfolgte in Eigenleistungen. Für Kunst am Bau, Zimmerschmuck und Bilder waren sowie so keinerlei Mittel vorgesehen.

Große Schwierigkeiten gab es bei der Fundamentierung des neuen Speisesaales auf der bergseitig linken Straßenseite. Die Bendorfer Tiefbaufirma Neutzling ramponierte sich sogar an dem massiven Felsen einen Baggerkopf. Aufgrund der schlechten Finanzausstattung mussten die Fundamentstelzen zur Stabilisierung des Schwemmsandstreifens mit Schippe und Kreuzhacke per Hand erstellt werden. Probleme gab es auch bei der Erstellung der Leiterwohnung. Um die wunderschöne nordische Krüppelbirke neben der Kapelle (leider 1997 abgeholzt) zu erhalten, wurde diese mit einer Winde vorsichtig zur Seite gezogen. Um den Baukran durch den Park zu führen, musste eine eigene Rampe aus vielen Lastwagenladungen Betonschutt geschaffen werden. Sorgenkind in besonderer Weise war das Gartenhaus auf der linken Straßenseite. Eigentlich sollte es durch die Abrissbirne entsorgt werden. Es ist "der List" von Dieter Kittlauß zu verdanken, dass dies nicht geschah, indem in der Planung die voraussichtlichen Baukosten von 450.000 DM nur mit 80.000 DM angesetzt wurden. Um das Gartenhaus von außen zu stabilisieren, entwarf der Architekt, Klaus Richter, den Plan, das alte Haus in ein neues Haus "einzupacken". Bendorf kann stolz sein, dass es gelang, damit ein Stück seiner baulichen Geschichte zu erhalten.

Die Errichtung eines neuen Treppenhauses im Haupthaus brachte unvorhergesehene Probleme. Durch die Hanglage wurde auf einmal der Zugang für Rollstuhlfahrer unzugänglich. Deshalb musste nachträglich eine kleine Serpentine eingeplant werden. Nach mehr als drei Jahren war es geschafft.

Straßenseite des sanierten Haupthauses

In der hauseigenen Schrift heißt es: "Mit großzügiger Unterstützung mehrerer öffentlicher und kirchlicher Stellen ist es gelungen, wesentliche Gebäude des Hedwig - Dransfeld - Hauses den behördlichen Auflagen entsprechend zu sanieren.

An dieser Stelle sei für Annemarie Wuttke () ein ehrendes Wort gestattet. Annemarie Wuttke, geb. Knabl, war 1980 erneut zum HDH gestoßen, von der Idee dieses Hauses fasziniert. Ihr Gatte war Großhändler für exquisite Möbel in Belgien und in seiner Freizeit begeisterter Seefahrer. Annemarie Wuttke wollte ihren Beitrag zum Erhalt des HDH einbringen und investierte viel Zeit, Kraft und Geld. Als sie sich nach langem Zögern um die Stelle der Leiterin bewarb, musste dieses Vorhaben aber scheitern, da die Chemie zwischen ihr und der damaligen Vorstandsvorsitzenden, Renate Irskens, nicht stimmte.

hier weitere Fotos:
Die erste Mauer fällt
Die Großbaustelle
Wenn der Zahn der Zeit nagt - die Perle "Gartenhaus" wird erhalten
Rahamim Mizrachi
Immer fehlte das Geld, um die Dinge richtig und schön zu machen
Der Chef greift zum Spaten
Rohbau des neuen Treppenhauses
Die Rampe
Die Serpentine lebt
Das gerettete Gartenhaus
Das neue Hildegardhaus
Der neue Speisesaal "Hildegardhaus"
Das neue Panorama
Einzug der Liturgen zum Einweihungsgottesdienstes
Segnung durch den Trierer Bischof, Dr. Spital
Begegnung, Bildung und Erholung


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